Turbo Boost und Turbo Core

Turbo Boost von Intel und Turbo Core von AMD sind Mechanismen zum automatischen Übertakten eines Prozessors. Da die Übertaktung vollautomatisch ist und vom Prozessor gesteuert wird, handelt es sich um die cleverste Prozessorinnovation seit Jahren.

Der Turbo-Modus, wie Turbo Boost und Turbo Core, wurde für niedriggetaktete Mehrkern-Prozessoren entwickelt, um Software, die nicht für Mehrkernprozessoren optimiert ist, schnell ausführen zu können. Anwendungen, die nicht alle Kerne eines Mehrkern-Prozessors auslasten, werden beschleunigt, in dem ein einzelner Kern des Prozessors höher getaktet wird und die anderen Kerne schlafen gelegt werden.
Der Turbo-Modus ist der Betriebszustand eines Prozessors, in dem die Taktfrequenz eines Kerns erheblich gesteigert wird, sofern nur wenige Kerne ausgelastet sind. Dabei wird die TDP-Grenze berücksichtigt.

Der Unterschied zwischen Übertakten und Turbo Boost oder Turbo Core ist nicht sehr groß. Allerdings bringt der Turbo-Modus nicht wirklich mehr Leistung. Das wäre nur dann gegeben, wenn man per Hand nachhelfen würde.
Der Turbo-Modus hat deshalb einen klaren Vorteil, weil die meisten Anwendungen mit wenigen, dafür schnellen Prozessorkernen besser bedient werden können, als mit mehreren Prozessorkernen. Wenn also nur ein oder zwei Kerne voll ausgelastet sind und mit höherer Taktfrequenz arbeiten dürfen, dann wirkt sich das insgesamt beschleunigend für das ganze System aus.

Funktionsweise

Sind einige Kerne eines Prozessors nicht ausgelastet oder befinden sich im Tiefschlaf, dann werden die anderen Kerne übertaktet. Aber nur, wenn die Gesamtwärme des Prozessors im Rahmen bleibt. Man spricht auch vom Thermal Design Power (TDP). Das ist der Maximalwert der Leistung, den der Prozessor bei der Vollauslastung mit gewöhnlicher Software aufnimmt. Das ist deshalb wichtig, weil je höher ein Prozessor getaktet ist, desto mehr Spannung brauchen die Transistoren, um in einer möglichst kurzen Zeitspanne sicher vom leitenden in den nicht-leitenden Zustand oder umgekehrt umzuschalten. Dabei steigt die Leistungsaufnahme und dadurch die Wärmeentwicklung an.
Der TDP gilt immer für den ganzen Prozessor, also für alle Kerne. Wenn aber nur wenige Kerne beschäftigt sind, wird der maximal mögliche TDP nie erreicht. Dabei entstand die Idee einen einzelnen Kern höher zu takten, wenn die anderen Kerne nichts zu tun haben und dabei den TDP auszureizen.
Zusätzlich machen sich Turbo Boost (Intel) und Turbo Core (AMD) einige längst etablierte Stromsparmechanismen zu Nutze.

Turbo Boost (Intel)

Für Turbo Boost ist die Power Control Unit (PCU) verantwortlich. Die PCU enthält einen integrierten Mikrocontroller für das Power-Management. Die PCU ist dafür verantwortlich, dass der Prozessor seinen TDP, seine Maximalspannung und seine Maximaltemperatur nicht überschreitet. Diese Werte sind in der PCU unveränderlich vorgegeben. Außer in den zum Übertakten geeigneten Extreme-Edition-Versionen. Dort ist die Taktfrequenz offen und der TDP variabel.
Die Monitoring-Logik der PCU misst die Auslastung, Leistungsaufnahme und Temperatur. In Abhängigkeit der drei Werte regelt die Logik den Turbo Boost. Damit Turbo Boost von Intel aktiv wird, müssen die Temperatur des Prozessors und seine Strom- und Leistungsaufnahme unterhalb bestimmter Schwellen liegen. Die Komplexität steigt zusätzlich durch Hyper-Threading. Turbo Boost wird nur dann aktiv, wenn keiner der beiden Threads eines Kerns etwas zu tun hat. Insgesamt ist Turbo Boost technisch sehr raffiniert, aber auch sehr komplex.
Sofern Turbo Boost im BIOS freigeschaltet ist und nicht alle Kerne ausgelastet sind, kann Turbo Boost die Taktfrequenz einzelner CPU-Kerne um bis zu 666,67 MHz oder fünf 133-MHz-Multiplikatorstufen höher einstellen als die nominelle Frequenz des jeweiligen Prozessors. Um wie viel Turbo Boost den Multiplikator nach oben setzt, hängt von der CPU-Version, ihrem maximalen Multiplikator, ausreichender Kühlung (CPU-Kühler) und vom Spannungswandler auf dem Motherboard ab.

Eine Weiterentwicklung ist der Super-Turbo-Boost oder Triple-Turbo, der, wenn ein Kern längere Zeit geschlafen hat und noch kühl ist, dann darf er beim Starten eine Zeitlang höher getaktet werden, als es seinem TDP entspricht. Die Dauer für die Übertaktung ist abhängig von Außentemperatur und Kühlung. Die Übertaktung kann bis zu 20 Sekunden betragen.

Hinweis: Turbo Boost bedeutet nicht, dass zwangsläufig die Taktfrequenz angehoben wird, sondern dass der Prozessor kurzzeitig mehr Wärme produzieren darf. Dabei macht man sich die thermische Trägheit zu Nutze. Wenn die Taktfrequenz erhöht wird, steigt die Hitzeentwicklung nicht sofort sprungartig an, sondern steigt nur langsam. Erreicht die Temperatur einen bestimmten Punkt wird die Taktfrequenz wieder gesenkt. Das Kühlsystem hat dann die Möglichkeit die aufgestaute Hitze abzubauen. Erst wenn die Temperatur einen niedrigeren Punkt erreicht hat, kann Turbo Boost wieder die Taktfrequenz erhöhen. Ob der Turbo zündet hängt also auch davon ab, wie stark der Prozessor vorher in Anspruch genommen wurde.

Turbo Core (AMD)

Bei AMD ist die Übertaktungsautomatik bei weitem nicht so komplex, wie bei Intel. Bei Turbo Core gilt, hat die Hälfte der Kerne nichts zu tun, dann dürfen die anderen mit einer festen Stufe hochtakten. Die Stufe liegt je nach Prozessor bei 400 oder 500 MHz. Dazu reicht es aus, wenn die inaktiven Kerne in den C1-Modus wechseln und zuvor ihre Taktfrequenz auf 800 MHz gesenkt haben. Ein Vorteil von Turbo Core ist: Es muss nicht erst im BIOS eingeschaltet werden.