Elektrosmog und Mobilfunk
Die Diskussion über Gesundheitsrisiken durch Mobilfunk-Basisstationen und Mobilfunktelefone (Handys) nimmt kein Ende. Sowohl Kritiker der Mobilfunktechnik, als auch die Mobilfunknetzbetreiber und Mobilfunkhersteller überwerfen sich mit Gutachten und wissenschaftlichen Erkenntnissen, die auf der einen Seite Gesundheitsrisiken aufdecken und auf der anderen Seite Unbedenklichkeit bescheinigen.
Hauptproblem sind die unterschiedlichen Interessen in der Sache und die Verunsicherung durch widersprüchliche Expertenmeinungen, wissenschaftlichem Kauderwelsch, Halbwahrheiten und Tatsachenfälschung. Und das auf der einen, wie auch auf der anderen Seite. Es scheint so, dass sich die Experten und Wissenschaftler letzten Endes nicht einig sind.
Bei den meisten Diskussionen um Elektrosmog geht es nicht um die wissenschaftlichen Tatsachen, sondern um handfeste kommerzielle und politische Interessen.
Der nun folgende Bericht basiert auf der Recherche seit 2002 zum Thema Elektrosmog und Mobilfunk in Zeitungen, Fachzeitschriften, Fernsehen und Radio. Ich habe dabei nur wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt, die mehrfach belegt wurden und die mir als logisch und wahrheitsgetreu erschienen sind. Daher noch ein paar Begriffsdefinitionen, weil gerade Laien, aber auch Fachleute bestimmte Begriffe durcheinander werfen oder unsachgemäß missbrauchen. Wenn man sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzen will, muss man die Begriffe richtig verwenden. Alles andere ist Verfälschung, Übertreibung oder vorverurteilende Meinungsmache.
Was ist Elektrosmog?
Mit Elektrosmog werden üblicherweise elektromagnetische Felder bezeichnet. Die Bezeichnung Smog, im Sinne von Nebel, für elektromagnetische Felder zu verwenden, ist irreführend. Da "Smog" negativ besetzt ist, dürfte es sich beim Begriff "Elektrosmog" um eine Bezeichnung mit negativer Wertung handeln. Elektromagnetische Felder und Nebel haben aber weder physikalisch noch chemisch irgendeine Ähnlichkeit. Trotzdem von Elektrosmog zu reden oder zu schreiben ist aus wissenschaftlicher Sicht falsch. In den weiteren Ausführen wird deshalb der richtige Begriff "elektromagnetische Felder" verwendet.
Handystrahlen und Mobilfunkstrahlen?
Mit Handystrahlen oder Mobilfunkstrahlen werden die elektromagnetischen Felder bzw. Wellen bezeichnet, die von den Antennen der Mobilfunk-Basisstationen und Mobilfunktelefonen ausgehen. Und genau hier liegt der Knackpunkt. Es gibt eine klare wissenschaftliche Grenze zwischen Strahlung und elektromagnetischen Wellen.
Strahlung ist abgeleitet von den sinnlich erfahrbaren Strahlen des Lichts. Zu den elektromagnetischen Wellen gehören Radio- und Mikrowellen, das Infrarot, das sichtbare Licht, das UV-Licht, die Röntgen- bis hinunter zu den Gammawellen bzw. -strahlen. Die "Handystrahlen" liegen im Bereich der elektromagnetischen Wellen. Von Handystrahlen zu reden oder zu schreiben ist also definitiv falsch. Auch dann, wenn Esoteriker, Mobilfunkgegner, sogenannte Fachleute und Meinungsführer diesen Begriff verwenden. Besser wäre es von Funk- oder Mobilfunkwellen zu sprechen. Fachleute verwenden häufig Funk- oder Mobilfunksignale. Aber, das klingt vielleicht nicht böse genug.
Grundlagen zu Funkwellen und elektromagnetischen Feldern
Möchte man sich mit der Wirkung von Mobilfunkwellen beschäftigen, so muss man zuerst berücksichtigen, dass die Zellen im menschlichen Körper sich mit elektrischen Strömen austauschen. Wer sich etwas mehr dafür interessiert, wie es zu den Strömen bzw. Spannungen, in den Nervensystemen kommt, empfiehlt sich der Artikel Elektro-Myographie (EMG) eine kleine Einführung von Thomas Schaerer.
Aus der Kommunikationstechnik ist bekannt, dass Übertragungsstrecken durch mechanische und materielle Gegebenheiten vor elektromagnetischen Störeinwirkungen von außen geschützt werden. Ein Beispiel ist die Schirmung, die sich in ganz einfachen Installationskabeln für Telefon und besonders in hochwertigen Netzwerkkabeln befindet. Kabel und Leitungen werden also grundsätzlich vor elektromagnetischen Feldern von außen geschützt. Wenn also auf Kabel und Leitungen elektromagnetische Felder wirken und die elektrische Signalübertragung stören können, dann ist auch eine Wirkung auf die Signalübertragung zwischen den Körperzellen des Menschen denkbar.
Genau aus diesem Grund wurden Grenzwerte definiert, die dazu zwingen elektromagnetische Felder (EMF) zu reduzieren. Es geht darum, das potenzielle Risiko so weit wie möglich zu minimieren. Kritiker befürchten jedoch, dass die elektromagnetischen Felder unterhalb der aktuellen Grenzwerte bereits negative biologische Auswirkungen ausüben. Nicht nur, dass die Signalübertragung zwischen Zellen gestört wird, sondern dass auch Gehirnströme beeinflusst werden oder Zellen zu Veränderungen angeregt werden und so z. B. Krebs verursacht werden könnte.
Elektromagnetische Felder bei GSM-900
Bei der Verbindungsaufnahme zwischen Mobilfunktelefon (Handy) und der nächstgelegenen Basisstation senden beide Stationen mit ihrer vollen Leistung. Bei Handys in den D-Netzen (GSM-900) ist das maximal 2 Watt. Ist die Verbindung hergestellt, wird die Leistung heruntergeregelt, bis die minimale Leistung zum Aufrechterhalten der Verbindung gefunden ist. Dieses Phänomen hat jeder Mobilfunknutzer schon einmal sehend oder hörend miterlebt. Noch bevor ein Handy klingelt oder den Empfang einer SMS signalisiert, beginnt ein Lautsprecher in der unmittelbaren Nähe ein Knattern von sich zu geben oder die Darstellung eines Bildschirms beginnt kurzzeitig zu zittern. Diese Störungen werden vom Handy verursacht, das beim Verbindungsaufbau kurzzeitig mit voller Leistung sendet. Wenn also elektronische Geräte auf diese Leistungsspitzen so heftig reagieren, ist eine Wirkung auf den menschlichen Körper nicht ausgeschlossen. Vor allem dann, wenn ein Handy direkt am Körper getragen wird.
Mobilfunk auf Basis von GSM-900 wird aus einem anderen Grund noch als gefährlich eingestuft. Die Übertragung von GSM beruht auf einem Zeitmultiplexverfahren (Time Division Duplex, TDD). Es handelt sich dabei um ein Übertragungsverfahren, das eine gepulste Abstrahlung zur Folge hat. Das Verfahren teilt die Trägersignale in acht Zeitschlitze. Jeder Zeitschlitz hat eine Dauer von 0,577 ms und wird während der Dauer eines Gespräches fest zugeordnet. D. h., das Handy sendet in Intervallen, die einen zeitlichen Abstand von 4,615 ms (8 x 0,577 ms) haben. Der Kehrwert eines Intervalls ergibt die Pulsfrequenz 217 Hz. Exakt diese Frequenz soll im menschlichen Organismus Steuerprozesse auslösen. Deshalb gilt die niederfrequente Pulsung als hohes Gefährdungspotential. An anderer Stelle sieht die Wissenschaft keine spezifische Wirkung durch niederfrequente gepulste Mikrowellen. Allerdings führt ein längeres Gespräch mit einem Handy zur Erwärmung des Kopfes, auf der Seite, auf der sich das Handy befunden hat. Manche Handy-Nutzer berichten sogar über Kopfschmerzen nach einem längeren Telefongespräch. Ob diese Schmerzen durch die Erwärmung oder eine ungünstige Kopfhaltung kommen ist jedoch nicht eindeutig klar. Betroffene müssen das für sich selber entscheiden und eventuell Abhilfe schaffen.
Elektromagnetische Felder bei UMTS
Im Gegensatz zu GSM-900 wird bei UMTS die Leistungsregelung beim Verbindungsaufbau verhindert. Anstatt gleich zu Beginn mit der vollen Leistung zu senden, wird erst mit kleiner Leistung gesendet und dann schrittweise erhöht, bis die minimale Leistung für eine störungsfreie Verbindung erreicht ist. Leistungsspitzen treten bei UMTS deshalb nur bei sehr schlechtem Empfang auf.
Bei UMTS kommt mit W-CDMA (Wideband-Code Division Multiple Access) eine Funkübertragung ohne Pulsung der elektromagnetischen Abstrahlung zum Einsatz. Bei diesem Frequenzduplexverfahen senden Mobilfunktelefon und Basisstation auf unterschiedlichen Frequenzen. Und das kontinuierlich, ohne Pulsung.
Aber auch bei UMTS kommt eine zeitschlitzbasierte Funkübertragung zum Einsatz. Es handelt sich dabei um ein Kombination aus CDMA (Code Division Multiple Access) und TDMA (Time Division Multiple Access) für den Vielfachzugriff (Multiple Access). Das Verfahren nennt sich TD-CDMA (Time Division CDMA) und sieht einen Zeitduplexrahmen vor, der 15 Zeitschlitze mit insgesamt 10 ms umfasst. Die Pulsfrequenz daraus beträgt 100 Hz. Das TD-CDMA-Verfahren hat nur den Nachteil, dass es sich für den flächendeckenden Netzausbau weniger eignet als W-CDMA. Deshalb wird zumindest in der Anfangsphase von UMTS nur auf ungepulste Technik gesetzt.
Beinah könnte man den Eindruck gewinnen, dass man UMTS eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen könnte. Doch Vorsicht. Eine unterschiedliche biologische Wirkung von ungepulsten Funksignalen, wie sie vorzugsweise bei UMTS verwendet wird, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Öko-Label, die UMTS als biologisch unbedenklich einstufen, sollte man deshalb kritisch gegenübertreten.
Elektromagnetische Felder bei DECT
Im Vergleich zu GSM oder UMTS ist DECT eine Mobilfunktechnik für kurze Strecken. Also in Gebäuden und in geringem Maße auch im Freien. Z. B. im Garten oder auf einem Werksgelände einer Firma. Die geringe Reichweite kommt durch die geringe Leistung von Mobilteil und Basisstation. 20 bis 30 m in Gebäuden und maximal 100 m im Freien.
Die maximale Abstrahlleistung des Funksignals durch ein Mobilteil liegt bei 0,2 W. Also ein 10tel der Leistung, wie sie bei einem GSM-Mobilfunktelefon möglich ist. Im Normalfall sendet ein DECT-Telefon zwischen 10 und 50 mW. Spezielle DECT-Telefone haben eine besonders gute Leistungsregelung und verringern die elektromagnetische Belastung auf ein Minimum. Weil die elektromagnetische Belastung bei DECT so niedrig ist, sind negative Auswirkungen durch DECT praktisch ausgeschlossen.
Elektromagnetische Belastung
Die tatsächliche Belastung durch Funkquellen ist von den örtlichen Begebenheiten, von Entfernung, Frequenz und der Abstrahlcharakterisik (de Antenne) abhängig. Die Gesamtbelastung aller Funkquellen setzt sich aus Rundfunk im UKW- und UHF-Bereich, sowie den Mobilfunknetzen (GSM, UMTS, LTE) zusammen. Punktuell kommen noch Funksysteme, wie DECT, WLAN und Bluetooth hinzu.
Grundsätzlich ist man bestrebt die Funktechniken effizient zu entwickeln. Dazu gehört es auch, die maximale Sendeleistung jedes einzelnen Geräts zu beschränken. Moderne Übertragungstechniken im Mobilfunk sind so ausgelegt, dass immer nur mit der maximal nötigen Sendeleistung vom Mobilgerät gesendet wird. Zusätzlich versucht man die Energie der elektromagnetischen Wellen mit intelligenten Antennen effizienter zu nutzen. Und durch weniger störanfällige Übertragungsverfahren ist weniger Sendeleistung notwendig.
Bei den Basisstationen setzt man auf möglichst kleine engmaschige Zellen mit geringer Sendeleistung. Doch das ist teuer. Es sind mehr Basisstationen notwendig. Erschwerend kommt hinzu, dass Rundfunk und Mobilfunk mit der zehnfachen Leistung senden müssen, um die Dämpfung von Gebäudewänden zu überwinden. Dadurch kommt es vor, dass in der Nähe von Rundfunk-Sendeanlagen die Sendeleistungen bis an die Strahlenschutz-Grenzwerte heran reichen.
Übersicht der Sendeleistung
Funksystem | Abgestrahlte Sendeleistung |
---|---|
Fernsehsender | max. 500.000 W |
Radiosender | max. 10.000 W |
Mikrowellenherd | ca. 1.000 W (max. 50 W außerhalb) |
D-Netz Mobilfunktelefon (GSM 890 bis 960 MHz) | max. 2 W |
D-Netz Mobilfunk-Basisstation (GSM 890 bis 960 MHz) | max. 50 W |
E-Netz Mobilfunktelefon (GSM 1710 bis 1880 MHz) | max. 1 W |
E-Netz Mobilfunk-Basisstation (GSM 1710 bis 1880 MHz) | max. 10 W |
UMTS-Mobilfunktelefon | max. 125 mW |
WLAN | max. 200 mW, typisch max. 100 mW |
Bluetooth | max. 100 mW, typisch 1, 2, 5 mW |
DECT | 10 bis 50 mW |
SAR - Spezifische Absorbationsrate
Der SAR-Wert ist das Maß für die Aufnahme elektromagnetischer Energie, die in Körperwärme umgewandelt wird. Der SAR-Wert wird in Watt pro Kilogramm Körpermasse (Watt/kg) angegeben. Er wird bei Mobiltelefonen (Handys) und Basisstationen erhoben. Für die meisten in Deutschland erhältlichen Handys ist der SAR-Wert veröffentlicht. Diese Liste wird vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) herausgegeben und aktualisiert.
Machen elektromagnetische Wellen (Elektrosmog) krank?
Folgende Erkenntnisse stammen aus einer Studie des Psychologen Michael Witthöft von der Johannes Gutenberg Universität Mainz, die zusammen mit G. James Rubin in London am dortigen King's College durchgeführt wurde.
In der Studie wurden die Teilnehmer in einer Video-Dokumentation über schwerwiegenden Gesundheitsrisiken durch Funkwellen informiert. Anschließend wurden die Teilnehmer einer "vermeintlichen WLAN-Signalquelle" ausgesetzt. Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer klagte anschließend über psychische oder körperliche Beschwerden. Typischerweise über Kopfschmerzen, Schwindel und Kribbelgefühle. Um die Beschwerden nachzuweisen, wurde die Schmerzverarbeitung mit einem MRT dokumentiert. Die betroffenen Teilnehmer haben sich die körperlichen Beschwerden also nicht eingebildet. Sie waren tatsächlich da.
Das bedeutet, dass eine entsprechend reißerische Berichterstattung über nicht nachgewiesene Gefahren durch Funkwellen nachweisbare körperliche Beschwerden hervorrufen kann. Allein schon das Suggerieren einer Gefährlichkeit von Funkwellen kann tatsächliche Beschwerden erzeugen (Nocebo-Effekt).
Die Unbedenklichkeit von Funkwellen kann aus dieser Studie nicht gezogen werden. Aber sie zeigt auf, dass schon die Berichterstattung über mögliche Gesundheitsrisiken alter und neuer Techniken zu gesundheitlichen Beschwerden führen kann. Mehr Unaufgeregtheit, Wahrheitstreue und sachlicher Umgang mit nicht nachgewiesenen Gefahren würde allen Betroffenen dienlich sein.
Anmerkung
Elektrosmog Elektromagnetische Felder und Mobilfunk ist ein sehr aufreibendes Thema, das letztendlich trotz vieler wissenschaftlicher Untersuchungen immer noch nicht vollständig erforscht ist. Vor allem mangelt es an Langzeitstudien. Ich werde die Entwicklungen zu diesem Thema im Auge behalten und neue Erkenntnisse hier veröffentlichen.
Stand: 16.05.2013