Nebensprechen / Übersprechen / Crosstalk
Als Nebensprechen oder Übersprechen (engl. crosstalk) bezeichnet man die gegenseitige Beeinflussung parallel verlaufender Leitungen. Durch Nebensprechen oder Übersprechen stören sich die verschiedenen Übertragungsverfahren auf überlappenden Frequenzbereichen auf unterschiedlichen Leitungen gegenseitig.
Um eine möglichst hohe Übertragungsrate zu erreichen, müssen alle Arten von Übersprechen (Crosstalk) vermieden oder mindestens reduziert werden.
Physikalische Grundlagen
Wird ein Signal über einen elektrischen Leiter übertragen, so ist er von einem elektromagnetischen Feld umgeben. Dieses Feld erzeugt in anderen Leitern, die sich in der unmittelbaren Umgebung befinden, Spannungen und Ströme. Man spricht von Überkoppeln. In der Kommunikationstechnik wird auch der Begriff Nebensprechen oder Übersprechen verwendet. Das kommt daher, weil bei der Übertragung der analogen Sprache auf langen Leitungen andere Gespräche eingestreut werden und fremde Stimmen hörbar sind. Den physikalischen Effekt bezeichnet man als Überkoppeln.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen kapazitive und induktiven Überkoppeln.
Kapazitives Überkoppeln
Die einzelnen Adern mehrerer Leitungen wirken wie parasitäre Kapazitäten aufeinander. Wenn eine Spannung an den Leitungen anliegt, dann fließen über diese Kapazitäten unerwünschte Ströme. Diese Ströme erzeugen in den parallel liegenden Leitungen eine Spannung. Die Größe dieser übergekoppelten Spannung hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Kabeltypen (Aufbau, Schirmung)
- Abstand der Kabel
- Länge der parallelen Verlegung
- Leitungs-Abschlussimpedanzen
- Frequenzbereich
- Höhe der ursprünglichen Signalspannung
Das kapazitive Überkoppeln tritt vor allem bei der Übertragung von Signalen mit hohen Spannungspegeln, in hohen Frequenzbereichen und bei hohen Leitungsimpedanzen auf.
Induktives Überkoppeln
Die einzelnen Adern mehrerer parallel geführter Leitungen wirken wie ein Transformator. Der Strom auf der einen Leitung bewirkt wegen dem Elektromagnetismus einen Strom auf den anderen Leitungen. Diese magnetische Verkopplung wird als parasitäre Gegeninduktivität M bezeichnet. Die Höhe des übergekoppelten Stroms ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
- Kabeltypen (Aufbau, Schirmung)
- Abstand der Kabel
- Länge der parallelen Verlegung
- Frequenzbereich
- Höhe des Stroms des ursprünglichen Signals
Das induktive Überkoppeln tritt vor allem bei der Übertragung von Signalen mit hohen Strompegeln, in hohen Frequenzbereichen und bei kleinen Leitungsimpedanzen auf.
Vermeidung von Überkoppeln
Bei der Übertragung von Signalen treten immer beide Arten von Überkoppeln auf. Sowohl kapazitives, als auch induktives Überkoppeln. Moderne Übertragungsverfahren arbeiten in der Regel mit hohen Leitungsimpedanzen und geringen Strömen. Deshalb ist der Anteil des kapazitiven Überkoppelns größer.
Um das Überkoppeln generell zu reduzieren oder ganz zu vermeiden, werden Kabeltypen verwendet, die nur ein geringes elektromagnetisches Feld freisetzen. Das sind zum Beispiel Koaxialkabel und Telefonkabel (Twisted-Pair-Kabel). Grundsätzlich werden Kabeltypen mit hochwertiger doppelter Schirmung verwendet. Hochwertig bedeutet, eine Kombination aus Folien- und Geflechtschirm. Die Schirmung verhindert den Austritt des elektromagnetischen Feldes innerhalb des Kabels.
Bei der Installation von Leitungen kann man das Überkoppeln vermindern, in dem man es vermeidet viele parallel geführter Leitungen zu verlegen. Eine Maßnahme ist, den Kabelstrang mehrerer Kabel räumlich zu trennen oder auf unterschiedliche Strecken aufzuteilen.
Signale mit hoher Flankensteilheit (Signale mit hohem Oberwellenanteil) koppeln besonders stark auf parallel geführte Leitungen über. Deshalb ist es optimal, wenn es die Übertragungstechnik erlaubt, den Oberwellenanteil des Signals durch Filter zu verringern.
Um optimale Übertragungseigenschaften bei der Verwendung von elektrischen Leitungen zu erreichen, ist oft eine Kombination aus mehreren Maßnahmen erforderlich. Die beste aller Maßnahmen ist immer noch, der Einsatz von Lichtwellenleitern. Hier tritt überhaupt kein elektromagnetisches Feld auf, das in irgendeiner Weise andere Leitungen stören könnte. Anders herum haben elektromagnetische Felder keinen Einfluss auf den Lichtwellenleiter und das darüber übertragene optische Signal.
Nahnebensprechen - NEXT - Near End Crosstalk
Beim Nahnebensprechen (Near End Crosstalk, NEXT) stört ein Sender einen benachbarten Empfänger. Der NEXT-Pegel ist der Signalpegel, der bei einer Signalübertragung über ein Adernpaar in einem benachbarten Adernpaar durch Induktion auftritt. Je schwächer dieses induzierte Signal ist, desto weniger Störungen gibt es.
Der NEXT-Pegel ist deshalb sehr hoch, weil die Abstrahlung am Anfang der Leitung sehr hoch ist und kaum gedämpft werden kann.
Bei ADSL treten die Störungen durch NEXT an der Grenze von Upstream- und Downstream bei 276 kHz auf.
Unter SelfNEXT ist das Stören gleichartiger Sender gemeint. Das kommt hauptsächlich in Vermittlungsstellen vor, wo aufgrund räumlicher Enge die Baugruppen und Ports aufeinander einwirken.
Das Nahneben- oder Übersprechen wird als Verhältnis von Originalsignal zu induziertem Signal in Dezibel (dB) angegeben.
Bei einer Kabellänge von 100 Meter sollte dieser Wert bei mindestens -32 dB liegen. Jeweils -6 dB entspricht einer Verdoppelung der Signalabschwächung (dB = 20 * log Ausgangssignal / Eingangssignal).
Fernnebensprechen - FEXT - Far End Crosstalk
Das Fernnebensprechen (Far End Crosstalk, FEXT) tritt bei parallel verlaufenden Signalen und dabei über die gesamte Leitungslänge auf. Gleichzeitig wird der FEXT-Pegel auch über die gesamte Leitungslänge gedämpft. Deshalb ist der FEXT-Pegel geringer als der NEXT-Pegel. Die Störungen durch Fernnebensprechen sind deshalb auch geringer.
Fremdübersprechen - AXTLK - Alien Crosstalk
Bei hohen Übertragungsfrequenzen beginnen neben dem üblichen Dämpfungsverhalten und Übersprecheffekten die Kopplungseffekte zwischen den nebeneinanderliegenden Twisted-Pair-Kabeln zu wirken. Außerdem wirken auch die Emissionen anderer Geräte stärker.
Man bezeichnet das Übersprechen zwischen den Kabeln als Fremdübersprechen (Alien Crosstalk, AXTLK). AXTLK lässt sich nicht wie die anderen Übersprechparameter vorausberechnen und dadurch kompensieren. Gegen AXTLK hilft nur, genau auf die Verkabelung, den Leitungsverlauf und ganz allgemein auf die Qualität zu achten.
Gegen AXTLK hilft Schirmung und Abstand. Je höher die Schirmdämpfung, desto besser. Je größer der Abstand der parallel verlegten Leitungen, desto besser. In der Regel sind die Adernpaare in den Kabeln einzeln geschirmt. Ebenso müssen die Steckverbindungen in den Patchfeldern und Anschlussdosen geschirmt sein.
Der Aufwand für die Abschirmung der Leitungen steigt und damit auch der Preis.