Power-over-Ethernet (PoE) / IEEE 802.af / IEEE 802.3at

Hinter Power-over-Ethernet stehen standardisierte Verfahren, um Netzwerk-Endgeräte über das Netzwerk-Kabel mit Strom zu versorgen. Dadurch sollen Steckernetzteile für die Stromversorgung zum Beispiel für Webcams und WLAN-Access-Points entfallen.
Die Stromversorgung von Endgeräten in der Netzwerktechnik liegt im Einflussbereich der Hersteller der Endgeräte. Die lösen die Stromversorgung von Geräten mit geringen Leistungen meist über Steckernetzteile. Das bedeutet, neben jeder Netzwerkdose muss auch eine 230V-Steckdose sitzen.
Ethernet nimmt nicht nur für die lokale Netzwerkverkabelung, sondern auch für Sicherheitsnetzwerke eine führende Position ein. Da immer mehr Geräte über eine Ethernet-Schnittstelle verfügen, ist vorstellbar, dass man darüber auch gleich die Stromversorgung abwickelt. Mit Power-over-Ethernet (PoE) entfällt der separate Stromanschluss.

Für Power-over-Ethernet gibt es zwei Standards:

PoE-Standard Leistung pro Port nutzbare Leistung
PoE IEEE 802.3af 15,4 Watt 12,95 Watt
PoE+ IEEE 802.3at 25,4 Watt 21,90 Watt
  IEEE 802.3bt   70 bis 100 Watt

Der Hauptvorteil der Power-over-Ethernet-Spezifikationen besteht darin, dass die bestehende Netzwerkverkabelung mit Twisted-Pair weiterverwendet werden kann. Die physikalischen Grenzen der Netzwerkkabel wurden bei der Ausarbeitung der PoE-Standards berücksichtigt. Das bedeutet aber auch, dass sich Twisted-Pair-Kabel wegen ihres geringen Leitungsquerschnitts und der RJ45-Stecker nur für eine bestimmte maximale Leistung eignen. Die beiden Standards beschreiben exakt, wie viel Strom über das Netzwerkkabel fließen darf und sehen auch den Schutz von Altgeräten ohne PoE-Unterstützung vor.

IEEE 802.3af / Power-over-Ethernet (PoE)

Der Standard IEEE 802.3af gilt nur für 10Base-T und 100Base-TX. Das bedeutet, dass nur die Adernpaare 1/2 und 3/6 für die Datenübertragung genutzt werden und die beiden anderen Adernpaare unbenutzt sind. Vorgesehen ist deshalb, die beiden freien Adernpaare für die Energieversorgung zu nutzen. Alternativ sollen die mit Datenübertragung belegten Adern mit der Stromversorgung überlagert werden.
Weil RJ45-Stecker und Twisted-Pair-Kabel nicht für Ströme im Ampere-Bereich ausgelegt sind, wird eine Spannung zwischen 44 V und 57 Volt, im Mittel 48 Volt, verwendet, was den Anforderungen an eine Schutzkleinspannung entspricht. Je Adernpaar ist ein Strom von maximal 175 mA vorgesehen. Bei zwei Adernpaaren ist das in Summe ein Strom von 350 mA. Beim Einschalten sind kurzzeitig 400 mA erlaubt. Die maximale Leistungsaufnahme beträgt 15,4 Watt pro Switch-Port.
Durch die relativ hohe Spannung bleibt die Verlustleistung und damit die Wärmeentwicklung in den Kabeln und an den Steckerübergängen gering. Trotzdem kommt es zu Verlusten auf der Leitung. Der Standard geht davon aus, dass am Ende einer 100 Meter langen Leitung etwa 12,95 Watt nutzbare Leistung übrig bleibt.
Manche PoE-Switches stellen auch 30 Watt pro Port zur Verfügung. Sie arbeiten damit außerhalb der Spezifikation.
Doch schon bei einer maximalen Entnahmeleistung von 12,95 Watt eignet sich diese Technik hervorragend um Webcams, Print-Server, IP-Telefone (Voice-over-IP), WLAN-Access-Points, Handheld-Computer und sparsame Notebooks mit Strom zu versorgen. Den größten Nutzen haben Access-Points und Webcams.

IEEE 802.at / Power-over-Ethernet-Plus (PoE+ / PoE Plus)

Mit IEEE 802.at eignet sich Power-over-Ethernet auch für 1000Base-T. Hier werden alle vier Adernpaare für die Energieversorgung genutzt.
IEEE 802.at verspricht eine Leistung bis 25,5 Watt pro Port. Dabei wird die Minimalspannung von 44 auf 50 Volt erhöht. Der maximale Strom wurde von 350 mA auf 720 mA erhöht. Bei diesen hohen Leistungen wird ein Cat5e/6-Kabel empfohlen. Das hat einen geringeren Widerstand.
Die 25,5 Watt Leistung steht dem Endgerät nicht direkt zur Verfügung. Man muss noch die Verluste zwischen Ethernet-Eingangsbuchse und dem Ausgang des Spannungsreglers abziehen. Man spricht von einem Wirkungsgrad von etwa 85%, was einer Leistung von etwa 21,90 Watt entspricht.

Für PoE+ gibt es momentan kaum sinnvolle Anwendungen. Den meisten PoE-Geräten reichen 10 oder 100 MBit vollkommen aus. Viel interessanter ist die höhere Leistung.

Leistungsklassen

Standard Klasse Typ Klassifikationsstrom Max. Speiseleistung (PSE) Max. Entnahmeleistung (PD)
IEEE 802.3af 0 default 0 - 4 mA 15,4 W 0,44 - 12,95 W
IEEE 802.3af 1 optional 9 - 12 mA 4,0 W 0,44 - 3,84 W
IEEE 802.3af 2 optional 17 - 20 mA 7,0 W 3,84 - 6,49 W
IEEE 802.3af 3 optional 26 - 30 mA 15,4 W 6,49 - 12,95 W
IEEE 802.3at 4 optional 36 - 44 mA 25,5 W 12,95 - 21,90 W

Der Standard IEEE 802.3af beschreibt einen Verbraucher, das Powered Device (PD), und den Stromversorger, das Power Source Equipment (PSE).

Hinweis: In der Regel gibt es eine Begrenzung der PoE-Gesamtleistung. Das bedeutet, nicht an allen Ports ist die volle Stromentnahme gleichzeitig möglich. Deshalb muss man immer die Leistungsaufnahme und den Stromverbrauch der einzelnen PoE-Endgeräte beachten und ggf. nachmessen.

Varianten der Energieversorgung

Varianten der Energieeinspeisung
Der Standard IEEE 802.3af beschreibt einen Verbraucher, das Powered Device (PD). Der Stromversorger ist das Power Source Equipment (PSE). Dabei handelt sich in der Regel um einen PoE-Switch, der auch für die Stromversorgung zuständig ist (Endspan-Verfahren).
Bis alle eingesetzten Switches und Hubs über PoE verfügen muss man noch auf eine Bastellösung zurückgreifen. Bei einzelnen Komponenten, die über Power-over-Ethernet mit Strom versorgt werden können, tut es ein einfacher Power Injektor, der im Leitungsnetz zwischen einem normalen Switch und der abgehenden Netzwerkleitung zum Endgerät geschaltet wird (Midspan-Verfahren).
Gibt es in einem Netzwerk mehrere Power-over-Ethernet-Endgeräte, dann ist ein Power Hub nötig, der beim Hub/Switch installiert sein sollte.
Weil die Polarität nicht festgelegt ist und bei einem Cross-over-Kabel wiederum vertauscht werden kann, erkennt eine Eingangsbeschaltung im Endgerät die Polarität.

Varianten der Energieeinspeisung

Spare-Pairs-Verfahren

Das Spare-Pairs-Verfahren verwendet die beiden unbenutzten Adernpaare im Kabel (4/5 und 7/8) für die Stromversorgung. Dieses Verfahren kommt bei 100Base-TX und 10Base-T zur Anwendung. Strom und Daten sind hierbei sauber getrennt.

RJ45-Stecker

Pin Spare-Pair-
Speisung
Phantom-Speisung
MDI-x MDI
1 RX+ Rx+ / V- Rx+ / V+
2 RX- Rx- / V- Rx- / V+
3 TX+ Tx+ / V+ Tx+ / V-
4 V+ - -
5 V+ - -
6 TX- Tx- / V+ Tx- / V-
7 V- - -
8 V- - -

Phantom-Speisung

Bei der Phantom-Speisung werden alle Adern des Netzwerkkabels verwendet. Phantom-Speisung bedeutet, dass der Strom für die Energieversorgung dem Datensignal überlagert wird.
An dieser Stelle unterscheiden sich die beiden Standards IEEE 802.3af und 802.3at. Während der Standard, der nur 10Base-T und 100Base-TX berücksichtigt, die beiden benutzten Adernpaare (1/2 und 3/6), müssen bei IEEE 802.3at für 1000Base-T (Gigabit Ethernet) alle vier Adernpaare für die Stromversorgung und die Datenübertragung genutzt werden. Hier ist man zwangsläufig auf die Phantom-Speisung angewiesen, bei der der Stromfluss die Datensignale überlagert. Das Power-Device muss die Entkopplung übernehmen, was fehleranfällig, aufwendig und teuer ist.
Auch bei der Phantom-Speisung ist der Strom auf 175 mA pro Adernpaar begrenzt. Bei Gigabit-Ethernet erreicht man per Phantom-Speisung auf allen vier Paaren ca. 25,4 Watt.

PoE-Erkennung

Wird die Netzwerkverkabelung auch für andere Anwendungen, z. B. für Telefonie, genutzt, dann ist Vorsicht beim Einsatz von Power-over-Ethernet-Netzwerk-Komponenten geboten. Mit einem Schutz-Mechanismus sollten die Power-over-Ethernet-Netzwerkkomponenten vor dem Einschalten der PoE-Stromversorgung alle angeschlossenen Endgeräte auf PoE-Unterstützung überprüfen. Auf einen Anschluss sollte nur dann Spannung geschaltet werden, wenn dort auch ein Endgerät mit PoE-Unterstützung angeschlossen ist.
Um PoE-taugliche Endgeräte von untauglichen Endgeräten unterscheiden zu können, kommt im PoE-Versorger ein Verfahren mit dem Namen Resistive Power Directory zum Einsatz. Auf der Engeräteseite sind dazu nur passive Bauteile notwendig. Die Stromquelle prüft mit einer Messschaltung den Innenwiderstand des Verbrauchers. Liegt er zwischen 19 und 26,5 kOhm und hat eine Kapazität von maximal 10 µF wird die Energieversorgung aktiviert. In einer zweiten Erkennungsphase wird die Leistungsklasse ermittelt.
Power-over-Ethernet-Endgeräte müssen in jedem Fall beide Verfahren zur Stromaufnahme beherrschen. Dem Kopplungselement mit PoE-Stromversorgung steht es frei, welches Verfahren es unterstützt. Die gleichzeitige Nutzung beider Verfahren ist jedoch untersagt.