48 VDC Phantom-Speisung für Kondensatormikrofone
Einleitung und Zweck dieser Schaltung
Meist ältere Kondensatormikrofone benötigen eine hohe Betriebsspannung.
Diese ist stets als sogenannte Phantomspeisung realisiert, die darin
besteht, dass in der Mikrofonleitung auch die Betriebsspannung
übertragen wird. Diese positive Spannung wird dabei über je zwei
mittelohmige Widerstände in die beiden symmetrischen Signalleiter ein-
und beim Mikrofon wieder ausgekoppelt um den FET-Vorverstärker zu
speisen. GND liegt auf der Abschirmung. Das niederfrequente Audiosignal
wird ein- und ausgangsseitig kapazitiv entkoppelt. Die hohe
Betriebsspannung von oft 48VDC wurde ursprünglich festgelegt um sehr
grosse Amplitudenwerte mit sehr geringen Verzerrungen zu erreichen und
sie dient(e) als Polarisationsspannung. Es gibt aber moderne
Kondensatormikrofone, die mit wesentlich geringeren Betriebsspannungen
arbeiten. Hie hohe Polarisationsspannung, wenn nötig, wird dabei örtlich
mittels DCDC-Wandler erzeugt.
Extrem laute Schallereignisse, wie zum Beispiel eine Explosion, können
sehr hohe Amplitudenspitzenwerte erzeugen. Der Dynamikumfang des
menschlichen Gehörs beträgt rund 130 dB. Das ist der Bereich zwischen
dem was so leise ist das man gerade noch hört und der Schmerzgrenze
durch sehr laute Schallereignisse. Sehr teure und moderne
Kondensatormessmikrofone erreichen beinahe diese hohe Dynamik. Die
vorliegende Schaltung ist praxiserprobt. Sie wird (wurde) in
Freifeldmessungen durch eine Akustikgruppe der schweizerischen
Eidgenössischen Material Prüfungsanstalt (EMPA) eingesetzt.
Weshalb eine DC/DC-Wandlerschaltung zur Erzeugung dieser 48VDC? Oft ist
es so, dass Freifeldmessungen stattfinden und für die Elektronik nach
dem Mikrofon geringere Betriebsspannungen, wie z.B. 9VDC aus einer
Blockbatterie, genügen. Man hat also keine freien 230-VAC-Anschlüsse zur
Verfügung, wo man problemlos ein weiteres Netzgerät mit den benötigten
48VDC anschliessen kann. Das Kondensatormikrofon muss die hohe Dynamik
liefern, damit die Möglichkeit besteht, ganz leise oder ganz laute
Schallereignisse extrem rausch- und verzerrungsarm wiederzugeben. Die
Verstärkung nach dem Mikrofon wird dabei entsprechend angepasst, weshalb
hier eine geringere Speisespannung genügt. Nun ist es natürlich
interessant, wenn man für das Mikrofon nicht auch noch eine separate
Spannungsquelle benötigt. Warum also zur Erzeugung dieser hohen Spannung
nicht z.B. die 9V-Blockbatterie benutzen, welche sowieso im Einsatz ist.
Da die vorliegende DC/DC-Wandlerschaltung auch mit 12VDC gespiesen
werden kann, darf natürlich ebenso ein 12V-Akku im Einsatz sein. Dies
ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Messung lange dauert und deshalb
eine entsprechend hohe Akkukapazität benötigt wird. Aber selbst dann,
wenn man das Kondensatormikrofon stand-allone speisen will, lohnt sich
eine kleine 9V-Blockbatterie mit der vorliegenden ebenfalls kleinen
DC/DC-Wandlerschaltung, weil ein Gebastel einer Batteriespannung von
mehr als 48VDC aus seriegeschalteten Einzelbatterien umständlich ist.
Mehr als 48VDC, weil die Betriebsspannung für das Mikrofon auch noch
stabilisiert werden muss. Es kommt bei dieser Anwendung allerdings nicht
so sehr auf eine hohe Stabilität der DC-Spannung als hauptsächlich auf
die Störfreiheit an.
Die Schaltung
Der Elektroniker kann sich eine solche DC/DC-Wandlerschaltung mehr oder weniger aus der eigenen Bastelkiste zusammenbauen. Es werden keine speziellen Komponenten benötigt. Nicht einmal die Drossel L1. Es genügt eine gewöhnliche kleine Stabdrossel, wie man sie in jedem Elektronikversand findet. Die DC/DC-Wandlung arbeitet nach dem Prinzip des Sperrwandlers, weil der Elko C6 solange nicht geladen wird, wie in der Drossel L1 Energie gespeichert wird. Doch nun zur Wirkungsweise der geregelten Schaltung im Detail...
IC:1, der zentrale CMOS-Baustein der Schaltung, ist ein vierfaches
2-Input NAND-Gatter-Schmitt-Trigger-IC. IC:1A arbeitet als
Taktoszillator mit einer Frequenz von 135 kHz bei Ue = 9VDC. Mit P1 wird
die Frequenz abgestimmt. IC:1B dient der Rückkopplung und die
parallelgeschalteten Gatter IC:1C und IC:1D steuern mit vereinten
Kräften die Basis des bipolaren Kleinleistungstransistors T1. Die
Parallelschaltung vieler solcher Gatter ist bei CMOS, im Gegensatz zu
TTL, erlaubt. C4 kompensiert die Millerkapazität zwischen Kollektor und
Basis des T1. Diese ist bekanntlich die wirksamste parasitäre Kapazität
bei der Emitterschaltung von Transistoren, weil sie sich in der
Auswirkung mit der Stromverstärkung multipliziert, die beim Übergang
vom leitenden in den nichtleitenden Zustand des Transistors und
umgekehrt in Erscheinung tritt.
Wenn T1 bei postiver Flanke an den Ausgängen von IC:1C und IC:1D
eingeschaltet wird, baut sich das Magnetfeld in der Induktivität L1 als
Folge des Stromflusses auf. Wird dieser durch die folgende fallende
Flanke unterbrochen, entsteht eine hohe kurzzeitige Induktionsspannung.
Diese wird mit D3 gleichgerichtet und C6 wird schubweise mit diesem und
den nachfolgenden Induktionsspannungsimpulsen so lange geladen, bis der
Spannungswert Ua, gegeben durch die zwei in Serie geschalteten Z-Dioden
ZD1 und ZD2 plus die Basis-Emitter-Schwellenspannung von T2, erreicht
ist. Dadurch wird T2 leitend, seine Kollektorspannung fällt und wenn die
untere Triggerschwelle am Rückkopplungseingang des IC:1B erreicht ist,
setzt die Oszillation bei T1 aus und T1 öffnet. Damit fällt Ua durch die
Belastung am Ausgang soweit bis ZD1 und ZD2 den Basisstromfluss von T2
unterbrechen, die Kollektorspannung von T2 die oberere Triggerschwelle
des IC:1B überschreitet, die Oszillation an T1 wieder einsetzt und durch
die Erzeugung weiterer Induktionsspannungsimpulse die Spannung an C6
sich wieder soweit erhöht hat, bis die Oszillation an T1 erneut
aussetzt. Damit ist die Spannungsregelung erklärt. Die Rippelspannung an
C6 enthält zwei Frequenzen: Die höhere, gegeben durch den Oszillator mit
IC:A1 und die niedrigere bedingt durch die Regelschlaufe. C5 und R4
arbeiten als Integrator, der die Regelgeschwindigkeit so weit bremst,
damit sich Steuerfrequenz und Rückkopplungsfrequenz keine störenden
Interferenzen liefern. Dies würde den Wirkungsgrad verschlechtern und
die Rippelspannung an C6 erhöhen. Eine zu grosse Verzögerung durch C5
und R4 würde die Rippelspannung allerdings im niedrigeren
Frequenzbereich erhöhen, weil die Regelung dann unnötig spät einsetzt.
Diese Art der Regelung ist einfach und leicht nachbaubar. Sie hat aber
den Nachteil, dass sie an C6 höhere Rippelspannungswerte erzeugt, als
wenn man im Regelkreis eine Impulsbreitenmodulation realisiert. Diesem
Nachteil kann sehr einfach mit dem folgenden doppelten Tiefpassfilter,
bestehend aus R6, C7 und R7, C8, begegnet werden. Die Werte von C7 und
C8 kann man nach Belieben erhöhen um die bereits sehr geringe minimale
Störspannung am Ausgang Ua weiter zu reduzieren. R6 und R7 darf man für
die vorliegende Anwendung zur Speisung von Kondensatormikrofonen
durchaus noch etwas erhöhen, weil die DC-Spannungstabilität nicht
besonders kritisch ist. Man muss sich einfach im Klaren sein, dass die
Erhöhung dieser Werte, den Innenwiderstand der Regelschaltung im
DC-Spannungsbereich erhöht. Selbst bei einer impulsbreitenmodulierten
Regelung würde man solche einfachen Tiefpassfilter, wenn auch mit
geringeren Kapazitäten, für die vorgesehene Anwendung einsetzen müssen,
um eine ebenso niedrige Störspannung zu erzielen, welche für diese
Mikrofonanwendung unbedingt nötig ist.
Die Diode D2 empfiehlt sich um ein Unterschwingen unter den GND-Pegel zu
dämpfen. Dadurch schützt man T1. C1 ist unbedingt nötig um der Schaltung
im mittelfrequenten Bereich eine möglichst niedrige Impedanz zu
verleihen, was die Regelung stabil hält. Benötigt man nur eine
9V-Blockbatterie, kann man, um Platz zu sparen, die Nennspannung von C1
von 16VDC auf 10VDC reduzieren. C2 (Vielschicht-Kondensator) sollte so
nahe wie möglich an die Speiseanschlüsse des IC:1 gelötet werden. D1
dient einzig dem Verpolungsschutz. Wobei klar sein muss, dass diese
Diode bei der Falschpolung spielend den Kurzschlussstrom einer
9V-Blockbatterie erträgt, jedoch ganz bestimmt nicht den eines 12V-Akku.
Eine seriegschaltete Schutzdiode kommt wegen dem Spannungs- und
Wirkungsgradverlust nicht in Frage, es sei man benutzt eine
Schottky-Leistungsdiode bei der Verwendung von 12V-Akkus.
Noch etwas zur Diode D3, welche die Hochspannungsimpulse schnell
reagierend gleichrichten muss. Will man aus der Schaltung betreffs
Wirkungsgrad vielleicht noch 1% mehr herausholen, kann man anstelle der
ganz gewöhnlichen Silizium-Kleinsignaldiode 1N4148 eine Shottky-Diode
verwenden. Es lohnt sich allerdings nicht, weil die Ausgangsspannung so
hoch ist, dass es keine signifikante Rolle spielt, ob diese Diode einen
Spannungsverlust von 0.3 oder 0.7 Volt hat. Eine 1N4148 (1N914) ist auch
schnell genug und ihr Maximalstrom reicht für diese Anwendung längst
aus. Allerdings gilt dies nur im Betriebszustand. Kurzschlusssicher ist
die Schaltung nicht, weil dann der hohe Eingangsstrom aus der Batterie
oder aus dem Akku direkt über L1, D3, R6 und R7 zum Ausgang fliesst.
Diese Schaltung eignet sich daher nur in Verbindung mit
funktionierenden Geräten oder Schaltungen und nicht für
Experimentierzwecke!
Wenn für IC:1 anstelle des MC14093B (ON-Semiconductor) der pinkompatible
CD4093B (Nantional-Semiconductor) verwendet wird, muss das Netzwerk aus
P1, R1 und C3 angepasst werden, weil die Schmittriggerhysterese einen
andern Wert hat und sich die Taktfrequenz stark verändert. Beim MC14093B
liegt der typische Spannungswert der Hysterese bei 25 Grad Celsius bei
0.4 V, beim CD4093B ist es 2.2 V.
Dem aufmerksamen Betrachter der Schaltung fällt auf, dass es unter
einigen GND-Symbolen ein Sternchen hat. Diese deuten drauf hin, dass man
beim Entwurf des Layouts auf der Leiterplatte vor unerwünschten
GND-Loops aufpassen muss, weil sonst die sehr niedrige
Aussgangsstörspannung empfindlich erhöht werden kann. Es ist nicht
nötig, dass die Leiterplatte doppelseitig, mit der einen Seite als
GND-Fläche, realisert wird. Man sollte aber unbedingt darauf achten die
GND-Anschlüsse mit den Sternchen so kurz wie möglich und durch möglichst
breite Leiterbahnen miteinander zu verbinden. Je nachdem wie grosszügig
diese Schaltung mit noch weiterer Elektronik ausgelegt wird, bietet sich
auch die Möglichkeit an, die GND-Verbindungen zusätzlich etwas netzartig
zu realisieren.
Abgleich und Erkärungen
Die Frequenz eines einfachen CMOS-R-C-Taktoszillators ist
betriebsspannungsabhängig. Er muss mit dem Trimmpotentiometer P1 bei Ue
= 9VDC auf 135 kHz abgeglichen werden. Reduziert man die
Betriebsspannung auf 6VDC, reduziert sich die Frequenz auf etwa 109 kHz.
Das Wirkungsgradmaximum liegt im mittleren Batteriespannungsbereich
einer 9V-Blockbatterie bei etwa 120 bis 135 kHz. Benutzt man einen
12V-Akku, kann man zwecks Wirkungsgradmaximierung die 135 kHz bei 12VDC
einstellen. Die Frequenz misst man zur Eichung entweder am Ausgang von
IC:1B oder an den parallelgeschalteten Ausgängen von IC:1C und IC:1D.
Dabei muss die Basis-Emitterstrecke von T1 kurzgeschlossen werden, denn
bei diesem Eichvorgang darf die Spannungsregelung nicht arbeiten, weil
sonst durch den Überlagerungseffekt mit der niederen Frequenz, erzeugt
durch den Regelvorgang, die Messung der Oszillatorfrequenz gestört
würde.
Der Regelbereich ist wie bei jeder Spannungsregelung lastabhängig. Beim
Einsatz einer 9V-Blockbatterie funktioniert die Regelung bei einem
maximalen Laststrom von 8 mA bis hinunter auf 6.1VDC. Dies ist mit etwa
68% der Normspannung die Entladespannung einer 9V-Blockbatterie (z.B.
Alkali-Mangan). Benutzt man ein Kondensatormikrofon, welches nur gerade
3mA benötigt, funktioniert die Spannungsrelegung sogar bis hinunter auf
4.7VDC. Die maximale Betriebsspannung einer Spannungsregelschaltung ist
oft ebenfalls durch den Laststrom definiert. Die obere Spannungsgrenze
ist hier allerdings durch das CMOS-IC vorgegeben. Die
Absolute-Rating-Maximalspannung liegt zwar bei 18 VDC, jedoch sollte die
Betriebsspannung nie so nahe an diesen Maximalwert gelegt werden, weil
sonst die statistische Lebensdauer des CMOS-IC drastisch reduziert
würde. Die vernünftige maximale Betriebsspannung liegt bei etwa 15VDC.
Das Störsignal ist abhängig von der Frequenzbandbreite in der man dieses
Signal misst und von der Last. Es zeigt sich allerdings, dass bei einer
Audiobandbreite von typisch 20 kHz, der Störpegel praktisch
lastunabhängig ist. Erhöht man die Frequenzbandbreite auf 100 kHz,
steigt der Störpegel bis zum doppelten Betrag von 60 µV bei einer
Laststromänderung von 0 auf 8 mA. Grund ist, dass pro Zeiteinheit mehr
Impulse T1 und L1 schalten müssen, um die Ausgangsspannung nachzuregeln.
Dadurch erhöht sich der Energieanteil bei den höheren Störfrequenzen,
welche jedoch bei einer Bandbegrenzung auf 20 kHz (Audiobereich) noch
nicht messbar sind.
Technische Daten
Oszillatorfrequenz: 135 kHz (bei Ue = 9VDC) *) Leerlaufstrom: 8 mA (bei Ue = 6VDC) 7 mA (bei Ue = 9VDC) 8 mA (bei Ue = 12VDC) Stromaufnahme: 76 mA (bei Ue = 6.0VDC und IL = 5mA) 52 mA (bei Ue = 7.5VDC und IL = 5mA) 43 mA (bei Ue = 9.0VDC und IL = 5mA) 35 mA (bei Ue = 12.0VDC und IL = 5mA) Wirkungsgrad: 58% (bei Ue = 6.0VDC und IL = 5mA) 61% (bei Ue = 7.5VDC und IL = 5mA) 62% (bei Ue = 9.0VDC und IL = 5mA) 57% (bei Ue = 12.0VDC und IL = 5mA) Regelbereich: 4.7 VDC bis 15 VDC (IL = 3 mA) 5.2 VDC bis 15 VDC (IL = 5 mA) 6.1 VDC bis 15 VDC (IL = 8 mA) *) 6.7 VDC bis 15 VDC (IL = 10 mA) 8.0 VDC bis 15 VDC (IL = 15 mA) Ausgangsrauschen *): < 30 µVrms (IL = 0 bis 8 mA @ BW = 100 kHz) < 40 µVrms (IL = 3 mA @ fBW = 100 kHz) < 50 µVrms (IL = 5 mA @ fBW = 100 kHz) < 60 µVrms (IL = 8 mA @ fBW = 100 kHz) 48VDC-Spannungsstabilität: 20 mV/mA (bedingt durch R6 und R7) (* siehe in 'Abgleich und Erklärungen'
Bauteilliste
Aktive Bauteile --------------- IC1 MC14093B (CD4093, siehe 'Die Schaltung') T1 2N2219A T2 BC550 D1 1N4002 D2, D3 1N4148 ZD1, ZD2 BZX79C24 (24V-Z-Dioden, 5%, 400mW) Kondensatoren ------------- C1 Elko 1000 µF / 16 VDC C2 Keramikvielschicht-Kond. 100 nF / 50 VDC C3 Polystyrol-Kondensator 1.8 nF / 50 VDC C4 Keramikvielschicht-Kond. 680 pF / 50 VDC C5 Keramikvielschicht-Kond. 10 nF / 50 VDC C6 Elko 10 µF / 64 VDC C7, C8 Elko 100 µF / 64 VDC Widerstände 0.25 Watt ---------------------- R1, R3 10k R2, R4, R5 1k R6, R7 10 Ohm Diverses -------- L1 Stabdrossel 56 µH (Rmax = 3 Ohm) P1 Trimmpotmeter 22 k-Ohm