Vom Overload-Stromsensor zur
elektronischen Sicherung
Praxis: Teil II
Elektronische Sicherung
Das Funktionsprinzip des Sensorschaltungsteiles ist im
Theorieteil in Bild 6 beschrieben. Einziger
Unterschied: Die beiden Eingänge des Operationsverstärkers IC:A, der als
Komparator arbeitet, sind vertauscht. Im Normalbetrieb hat IC:A somit
High-Pegel, also beinahe die Spannung +Ue und im Überlastbetrieb
Low-Pegel, also beinahe GND-Pegel.
Wenn die Schaltung in Betrieb gesetzt wird, ist C1 entladen und wird
über R3 und R4 geladen. Im noch entladenen Zustand erzeugt C1 an Pin 1
des RS-Flipflop, bestehend aus den beiden NAND-Gattern IC:B1 und IC:B2,
ein Low-Pegel. Dadurch wird das RS-Flipflop automatisch zurückgesetzt.
An Pin 3 ist High-, an Pin 11 und am Gate von T2 ist Low-Pegel. T2
sperrt und der Relaiskontakt bleibt offen. Erst die Betätigung der
EIN-Taste setzt das Flipflop, sofern C1 durch R3 und R4 geladen ist.
Bei Überlast kippt der Ausgang von IC:A von High- auf Lowpegel, C1
wird durch R5 und D1 rasch entladen, das RS-Flipflop wird
zurückgesetzt, T2 wird stromlos und das Relais fällt ab.
C1 hat eine relativ lange Zeitkonstante zum Laden und eine kurze zum
Entladen. Warum? Die relativ grosse Ladezeitkonstante verhindert, dass
das Relais flattert, wenn bei Überlast oder Kurzschluss ständig auf die
EIN-Taste gedrückt wird. Bei vorliegender Dimensionierung des
C1-R3-R4-R5-Netzwerkes, takt das Relais alle drei
Sekunden und schaltet während etwa 100 Millisekunden ein. Das
Tastverhältnis ist 1/30, der Kontaktabbrand bei solcher Spielerei
entsprechend gering und die überlastete und kurzschliessende Schaltung,
angeschlossen an Ua, wird geschont, falls sie nicht bereits defekt ist.
Anders formuliert: Wenn durch Überlast oder Kurzschluss das Relais
abfällt, kann man frühestens in drei Sekunden die elektronische
Sicherung mit der EIN-Taste wieder aktivieren. Damit ist die
VERZÖGERUNG gemeint. Eine Überlastung oder ein Kurzschluss muss 100
Millisekunden dauern bis die elektronische Sicherung ausgelöst
wird. Dies wird mit TRÄGHEIT bezeichnet. VERZÖGERUNG und TRÄGHEIT
lassen sich durch Umdimensionieren von R4, R5 und C1 leicht
verändern. Weil R4 ziemlich hochohmig ist, empfiehlt sich für C1 ein
Tantalelko zu verwenden.
R8 und ZD stabilisieren die Betriebsspannung des IC:B auf 12 VDC. Mit D2
schlägt man zwei Fliegen auf einen Schlag. Einerseits verhindert man,
dass der Eingangspegel an Pin 1 bei IC:B1 zu hoch werden kann. Er wird
auf etwa 12.6 V begrenzt. Anderseits ist damit auch gleich die
Ladespannung für R4 und C1 stabilisiert und daher unabhängig von der
Eingangsspannung +Ue und damit auch von der Ausgangsspannung des IC:A.
Wozu R7 und C2? Damit wird das RS-Flipflop künstlich gebremst. Es werden
Störimpulse mit einer Low-Pegelflanke von mindestens 100 Mikrosekunden
an den RS-Flipflopeingängen benötigt, damit das RS-Flipflop willkürlich
umschalten kann. Dies ist selbst dann praktisch unmöglich, wenn die
Netzspannung sehr gestört ist, denn die Störung muss erst den
Gleichrichter und den Ladeelko vor der Betriebsspannung +Ue passieren.
Dies ist leicht möglich für steilflankige Transienten im 10- bis
100-Nanosekundenbereich, jedoch nicht mehr bei 10 Mikrosekunden und
mehr.
Der Relaisvorwiderstand R9 ist optional. Er wird nur dann benötigt, wenn
die Spulenspannung von der Betriebspannung unzulässig abweicht. D3
arbeitet als Freilaufdiode. Sie schützt T2 vor hohen
Selbsinduktionsspannungen im Augenblick der Relaisabschaltung. IC:B4
wird nicht benötigt. Die Eingänge muss man entweder mit GND oder mit 12
VDC verbinden, denn dieses IC ist eine CMOS-Schaltung!
Highside-Switcher in der Zukunft
Es geht heutzutage und erst recht morgen auch ohne Relais. Naja, nicht immer, aber immer öfter. Es gibt Hochleistungs-MOS-Transistoren, integriert mit komplexen Steuereinheiten und Stromsensorausgängen in TO220-Gehäusen, mit denen man 100 A schalten kann und nur wenige Milli-Ohm Durchlasswiderstand haben. Sie stehen einem kräftigen Relais in keinster Weise nach, denn sie sind enorm belastbar und haben natürlich keine Kontaktabnützung. Führender Hersteller von sogenanten Highside-Switchern ist Infineon, die früher Teil der Siemens AG war.