555-CMOS-Monoflop: Re-Triggerbar!
Einleitung
Ich werde von ELKO-Lesern immer wieder angefragt, ob es eine Möglichkeit
gibt, das 555-Timer-IC, das man als Monoflop beschalten kann,
retriggerbar zu realisieren. Obwohl ich selbst kein Bedarf nach einer
retriggerbaren Lösung mit einem 555-Monoflop habe, da es dafür andere
ICs gibt, habe ich im Jahre 2001 über den Wunsch der ELKO-Leser
nachgedacht, eine Schaltung entworfen, damit experimentiert und das
Resultat in diesen Elektronik-Minikurs gepackt. Aber beginnen wir ganz
von vorne. Für den Anfänger der nicht weiss was retriggerbar heisst,
hier zunächst eine kurze Einführung:
Ein "normales" Monoflop wird durch eine steigende oder fallende Flanke
eines Eingangsimpulses gestartet. Getriggert, wie man sagt. Damit wird
am Ausgang des Monoflop ein Impuls mit einer bestimmten Dauer erzeugt.
Diese Impulsdauer ist durch eine RC-Zeitkonstante definiert. Während
dieser Zeit wird C durch R bis zu einem bestimmten Spannungswert geladen
und dann mit dem Impulsende sofort entladen. Erzeugt man weitere
Triggerimpulse am Eingang des Monoflops während der Dauer des
Ausgangsimpulses, so haben diese Impulse keinen Einfluss auf die
Dauer des Ausgangsimpulses. Ein solches Monflop ist nicht retriggerbar.
Ein 555-Timer-IC, wenn als Monoflop beschaltet, ob in der CMOS- oder
in der bipolaren Version, arbeitet als solches.
Im Gegensatz dazu wird bei einem retriggerbaren Monoflop mit jedem
weiteren Triggerimpuls am Eingang die Ausgangsimpulsdauer erneut
gestartet, das heisst C wird stets entladen und die Ladung beginnt von
Neuem. Wenn die Periode der Triggerimpulse kürzer ist als die
Ausgangsimpulsdauer, bleibt der Ausgang im aktiven Zustand.
Von diesen retriggerbaren Monoflops gibt es einige Exemplare: CD4538
(MC14538), 74HC123 (CMOS-Version des TTL-Oldy 74LS123), 74HC423,
74HC4538.
Aus einem nicht retriggerbaren Monoflop ein retriggerbares zu machen ist
weit aufwendiger als umgekehrt. Dazu braucht es bloss ein Logikgatter
mit zwei Eingängen vor dem Triggereingang. Der eine Eingang dient als
eigentlicher Triggereingang und der andere erhält das Logiksignal vom
Ausgang des Monoflops. Dieses Logiksignal sperrt während der Dauer des
Ausgangsimpulses weitere Triggerimuplse am Eingang. Das Logikgatter
dient dem Sperren und Öffnen des Triggereinganges. Wenn das
retriggerbare Monoflop bereits ein solches Gatter enthält, ist es
besonders einfach aus einem retriggerbaren ein nicht retriggerbares
Monoflop zu modifizieren. Diese Modifikation besteht bloss aus einer
einzigen Verbindung. Wie dies gemacht wird zeigt das Datenblatt zum
Dual-Precision-Monostable:CD4538B
in Typical-Applications in Figure 4.
Gibt es einen systemischen Ansatz dafür, dass es einfacher ist ein
retriggerbares Monoflop in ein nicht retriggerbares zu verwandeln als
umgekehrt? Ich denke ja, weil ein retriggerbares Monoflop komplexer
ist als ein nicht retriggerbares. Etwas Komplexes in etwas weniger
Komplexes umzusetzen ist einfacher. Man reduziert die Ordnung eines
Systems.
Darum ist es auch nicht ganz so einfach aus dem 555-Timer-IC ein
retriggerbares Monoflop zu machen. Allerdings kann man es sich sehr
einfach machen, aber das geht kaum ohne (faulen) Kompromisse. Dazu
weiter unten im Kapitel "Einfacher ist nicht immer besser...".
Retriggerbares Monoflop mit LMC555 und TLC555
Wir benutzen hier die CMOS-Version des 555-Timerbausteins. Es ist die
selbe Grundschaltung wie diejenige im Elektronik-Minikurs
555-CMOS-Timer, auch für lange Zeiten in Bild 1.
Welchen Zweck die Autoresetschaltung mit den Bauteilen R1, R2, C1 und D
erfüllt, ist dort bereits mit einder zusätzlichen manuellen
Resetfunktion per Taste und die grundsätzliche Funktion der
Monoflopschaltung erklärt. Darauf werde ich jedoch hier eingehen, weil
diese Funktion durch die Retriggerfunktion erweitert ist und beides
zusammengehört. Die Schreibweise für die CMOS-Version des 555-Timer-IC
mit LMC/TLC555 ist ebenfalls im erwähnten Elektronik-Minikurs erklärt.
Es geht darum, dass es zwei praktisch identische ICs, nämlich den LMC555
und den TLC555, gibt. Deshalb liest man ab hier stets LMC/TLC555.
Durch Betätigung der Drucktaste RST (Start/Restart) wird am Eingang IN
der HIGH-Pegel (+Ub), der durch den Pullup-Widerstand R3 erzeugt wird,
auf LOW (GND) gesetzt. Die Zeitkonstante R4*C2 differenziert die
fallende Flanke durch den Tastendruck zu einem kurzen LOW-Impuls. Symbol
siehe auf der Leitung zu Pin 2 des LMC/TLC555, wo ~10ms auf dem
HIGH-Pegel des Impulses steht. Die Zeitkonstante beträgt 10 ms. Die
steil fallende Flanke dieses Impulses startet am Triggereingang Pin 2
des LMC/TLC555 den Monoflop-Ausgangsimpuls, OUT schaltet auf HIGH,
dessen Impulsdauer durch die Zeitkonstanten RT*CT plus R4*C2 bestimmt
wird. Die Ladung von CT durch RT beginnt erst am Ende des
Eingangstriggerimpulses, weil während der Dauer dieses Impulses die
Ladung von CT verhindert wird und der (fast) vollständigen Entladung
dient. Wenn die CT-Spannung an Pin 6 und Pin 7 den Referenzspannungswert
am nichtinvertierenden Eingang von KA überschreitet, kippt dieser
Komparator und sein LOW-Pegel setzt das zuvor gesetzte RS-Flipflop FF
zurück. OUT schaltet zurück auf LOW. /Q geht auf HIGH, MOSFET T leitet
und entladet CT sehr schnell über seinen niederohmigen Innenwiderstand.
Begriff: LOW-Impuls bedeutet, dass der Ruhezustand auf dem
HIGH-Pegel (+Ub) und die kurzzeitige Impulsspannung auf dem LOW-Pegel
(GND) liegt.
Wird während der Dauer des Ausgangsimpulses OUT an Pin 3 Taste RST
erneut betätigt, hat der kurze LOW-Impuls keinen Einfluss auf den
Triggereingang Pin 2. Der selbe Impuls steuert auch den NPN-Transistor
T1 und öffnet ihn während dieser kurzen Impulsdauer von etwa 10 ms.
Dadurch fliesst ein ebenso kurzeitiger Strom von +Ub über R8 in die
Basis von T2. T2 schliesst und entladet CT sehr schnell über R9. Danach
beginnt die Ladung von CT durch RT von Neuem. Dies ist die
Retriggerfunktion. Im Prinzip sehr einfach. Wir betrachten jetzt noch
das dazughörige Impulsdiagramm:
Der Monoflopimpuls an OUT beginnt mit einem ersten Triggerimpuls,
ausgelöst durch seine fallende Flanke. Man schaue genau hin. Die Ladung
von CT beginnt erst mit dem Ende des Triggerimpulses. Da der
Eingangstriggerimpuls jedoch um Grösserordnungen kürzer ist als der
Monoflopimpuls an OUT, kann man die Dauer des Triggerimpulses in der
Praxis vernachlässigen. In der Skizze in Bild 2 ist der Triggerimpuls im
Verhältnis zum Monoflopimpuls zu breit abgebildet.
Wir warten bis der Impuls an OUT beendet ist. Das Ende ist erreicht,
wenn an CT die Spannung 2/3*Ub extrem knapp überschritten wird. Die
Ladespannung an CT bricht schnell zusammen. Danach folgt ein nächster
Triggerimpuls, wenn RST erneut gedrückt wird und das Monoflop erneut
startet. Danach folgen innerhalb der Monoflop-Impulsdauer drei weitere
Triggerimpulse. Dabei wird jedesmal CT schnell entladen und die Ladung
beginnt stets nach Ende des Triggerimpulses von Neuem. Durch diese
Retriggerimpulse wird die Monoflop-Impulsdauer an OUT verlängert.
Dimensionierungskriterien
Man beachte zu diesem Kapitel erneut
Bild 1.
Bild 1 öffnet durch Klick auf die linke Maustaste in einem zusätzlichen
Fenster.
Die Kondensatoren CT und C2
Wie bereits angedeutet, hat der IC-interne MOSFET T zur Entladung von CT
einen niedrigen Innenwiderstand. Dieser ist allerdings auch abhängig von
der Betriebsspannung des IC. Bei der Verwendung von hohen CT-Kapazitäten
wirkt sich die Entladezeitkonstante dann spürbar aus, wenn nach
Impulsende, das Monoflop unmittelbar erneut getriggert wird. Dann hat CT
wegen zu kurzer Entladedauer eine Restspannung welche die folgende
Monoflopimpulsdauer leicht reduziert.
Die Entladezeitkonstante bei einer CT-Kapazität von 1000 µF (dies ist
natürlich ein Elko) und einem MOSFET-Innenwiderstand von z.B. 30 Ohm
beträgt 30 ms. Bis zur praktisch vollständigen Entladung sind dies mehr
als 200 ms. Eine zu unvollständige Entladung von CT kann die Impulsdauer
nach der Triggerung erheblich reduzieren. In diesem Fall wäre es also
besser für CT maximal nur 100 µF (Tantal-Elko) zu wählen und RT um einen
Faktor 10 zu erhöhen. Damit reduziert sich die Entladezeitkonstante auf
3 ms. Allerdings müssen wir das auch nicht auf die Spitze treiben, denn
die Praxis sieht in der Regel nicht so aus, dass bei einem
Langzeit-Timer (z.B. Treppenhausbeleuchtung) das Monoflop bereits 200 ms
nach Impulsende durch Tastendruck erneut getriggert wird. Alleine die
menschliche Wahrnehmungsverzögerung dauert etwa eine halbe Sekunde und
bis der Finger zur Taste im Dunklen greift, dauert es mindesten noch
einmal so lang oder länger.
Das Problem liegt eher bei der Retriggerung. Da wird der Transistor T2,
welcher CT entlädt, nicht dauernd eingeschaltet, denn man will ja gerade
mit der eingangsseitigen R4*C2-Differenzierung erreichen, dass die
OUT-Impulsdauer nicht von der Dauer des RST-Tastendrucks abhängig ist.
Bei der vorliegenden Dimensionierung von R4 und C2 sind das gerade 10
ms. Damit wird CT bei einem Wert von 100 µF beinahe vollständig
entladen. Der Entladewiderstand mit R9 = 33 Ohm erzeugt mit CT = 100 µF
eine Entladezeitkonstante von 3.3 ms. Es ist tatsächlich etwas mehr,
weil T2 arbeitet nicht als idealer Schalter. Will man einen
Langzeittimer mit sehr grossen Zeiten realisieren, benötigt man auch
grosse CT-Werte, wobei diese zwangsläufig auch Elkos, vorzugsweise
Tantal-Elkos, sein können. Dann muss der Retriggerimpuls so lange sein,
dass CT möglichst vollständig entladen wird, weil sonst, nach der
Retriggerung, die neu gestartete Impulsdauer reduziert ist. Um die
Reproduzierbarkeit dieser Monoflopimpulsdauer an OUT zu verbessern, ist
es besser, wenn man die Triggerimpulsdauer von 10 auf 20 ms oder mehr
verlängert. Dies erreicht man, in dem man C2 von 1 µF auf 2.2 µF erhöht.
Dies gilt für eine CT-Kapazität von mehr als 100 µF.
Man sollte alternativ zu C2 R4 eher nicht erhöhen und wenn, dann nur
wenig. R4 hat nämlich noch eine andere wichtige Aufgabe. R4 dient als
Pullupwiderstand und sorgt einerseits dafür, dass der 555-Triggereingang
Pin 2 auf HIGH gesetzt ist. Um den Störsignalabstand möglichst gross zu
halten, sollte die Ruhepannung an diesem Eingang wesentlich höher als
die Triggerspannung des Komparators KB sein. Am besten so nahe wie
möglich bei +Ub. Anderseits sorgen R4, R5 und R6 für einen begrenzten
Basisstrom von T1. R4, R5 und R6 wirken mit der
Basis-Emitter-Schwellenspannung von T1 als Spannungsteiler. Daher ist
die HIGH-Ruhespannung am Triggereingang Pin 2 stets etwas niedriger als
+Ub. Bei +Ub = 5 VDC sind es 4.6 VDC, bei +Ub = 12VDC sind es 10.9 VDC.
R3 dient einzig dem Zweck, dass C2 nach dem Tastendruck wieder entladen
wird. C2 entladet sich durch R3 und R4. Um diese Entladungszeitkonstante
zu verringern kann man R3 auch niederrohmiger wählen und man schaltet
parallel zu R4 eine Si-Diode D. Kathode nach +Ub, denn sie muss sperren,
wenn sie gerade nicht der Entladung von C2 dient. Wenn C2 nach
Tastendruck durch RST entladen wird, geschieht dies dann zur Hauptsache
über diese Diode und R3. Die Diode 1N914 ist gestrichelt angedeutet.
-
Für diejenigen, die es genauer wissen wollen: Nach dem C2 durch Tastendruck auf RST voll auf +Ub geladen ist, hat die Entladezeitkonstante den Wert von C2*R3. Der Innenwiderstand der für diese Entladung an R4 parallelgeschalteten Diode D ist vernachlässigbar niedrig bis die Spannung über C2 den Wert der Diodenschwellenspannung von etwa 0.65 VDC zu unterschreiten beginnt. Bei der weiteren Entladung von C2 beginnt die Diode zu sperren und die weitere Entladung erfolgt nur noch über R3 und R4. Weil R3 und R4 gleich gross gewählt sind, verdoppelt sich dann die Entladezeitkonstante. Dies gilt jedoch erst für die Entladung der restlichen 0.65 VDC. Für die Praxis ist diese Überlegung bedeutungslos.
Störunempfindlich gemacht
Für diese Störfreiheit sorgt das passive Tiefpassfilter aus R5 und C3.
Angenommen die Taste ist von der Schaltung durch eine lange Leitung
weit entfernt, dann wirkt diese als Antenne. Ohne dieses Filter gelangen
Störimpulse von ihr direkt in den Triggereingang Pin 2 und sie triggern
das Monoflop. Eine Störimpulsdauer von etwa 100 ns genügt bei
ausreichender Amplitude um die Triggerung auszulösen. Die
R5*C3-Zeitkonstante von 10 µs unterdrückt solch kurzzeitige Störimpulse
wirksam.
Einfacher Störtest: Es gibt einen preiswerten, einfachen,
praktischen und wirksamen Trick um dies zu demonstrieren. Es eignen sich
dazu Piezogasanzünder. Diese erzeugen Funken mit Spannungsimpulsen von
etwa 3000 V. Am "heissen" Anschluss des Zünders befestigt man einen etwa
5cm langen isolierten Draht. Nun führt man den Zünder mit diesem Draht
in die Nähe der Eingangsschaltung bei der sich R3, C2, R4 und R5
befinden. C3 fehlt vorläufig. Nun drückt man auf den Knopf des Zünders
und man erkennt an OUT, dass die Triggerung ausgelöst wird. Nun setzt
man C3 ein und man stellt fest, dass der Piezogasanzünder keine
Störwirkung mehr hat. Dies ist eine einfache, praktische und wirksame
Feld-Wald-und-Wiesen-Testmethode. Die selbe einfache
Piezo-Störtestmethode kommt im Kapitel "Trivialer Störtest mit
Ministörsender" hier zum
Einsatz.
Die (Re-)Triggerfunktion: Viele Wege führen nach Rom...
Alternative Lösung mit zwei Lowpower-MOSFETs
Hier eine alternative Lösung mit zwei MOSFETs, welche ebenso leicht
erhältlich sind, jedoch etwas mehr kosten als die bipolaren Transistoren
in Bild 1. Das Funktionsprinzip entspricht dem von Bild 1. Der
wesentliche Unterschied besteht darin, dass anstelle eines Basisstromes
eine Gatespannung gesteuert wird. Daher ist diese Schaltung etwas
hochohmiger mit dem Vorteil ausgelegt, dass man für C2 keinen Elko
braucht und R4 verändert werden darf, ohne dass der Ruhe-HIGH-Pegel an
Pin 2 des LMC/TLC555 beeinflusst wird. Dadurch kann die Impulsdauer zur
Entladung von CT leichter für bestmögliche Entladung angepasst werden.
R7, welcher der schnellen Entladung von CT (Bild 1) dient, kann kleiner
gewählt werden als R9 in Bild 1, weil der BS170 belastbarer ist als der
BC550. Der zulässige Dauerstrom des BS170 beträgt 0.5 A. Angenommen man
wählt für R7 10 Ohm und man rechnet für R_ds_on des BS170 mit typisch 2
Ohm (Gatespannung = min. 6V), dann erzeugt die Entladung von CT bei
einer Ladespannung von 12 V ein Spitzenstrom von 1A. Der mittlere Wert
ist natürlich wesentlich kleiner und die Entladezeitkonstante beträgt
bei CT = 1000 µF nur 12 ms. Die Energie- und Wärmeerzeugung bei so einem
Einzelimpuls ist sehr gering. Es besteht daher keine Gefahr für T2 und
auch nicht für R7, einem kleinen 1/4-Watt-Widerstand.
Einfacher Entladetest mit Elko und 1/4W-Widerstand: Ein Elko mit
1500 µF auf 60 VDC geladen und dann über einen 1/4-Watt-Widerstand mit
10 Ohm spontan entladen, erzeugt beim Berühren des Widerstandes nur dann
eine leicht spürbare Erwärmung, wenn der Vorgang in rascher Folge ein
paar Mal hintereinander wiederholt wird.
Alternative Lösung mit Lowpower-MOSFET und Schmitt-Trigger-Inverter
Besonders dann wenn die retriggerbare 555-CMOS-Monoflopschaltung in
einer Schaltung untergebracht ist, wo es noch freie NAND-Gatter oder
freie Inverter, ebenfalls in CMOS, hat, bietet es sich an, eines dieser
Elemente zu verwenden. Hier wird an stelle des ersten MOSFET ein solcher
Inverter verwendet. Da die ansteigende Flanke an dessen Eingang etwas
langsam erfolgt, sollte es unbedingt ein Schmitt-Trigger-Inverter (oder
Schmitt-Trigger-NAND-Gatter) sein. Daher muss man anstelle eines
"normalen" Inverter- eben ein Schmitt-Trigger-Inverter-IC einsetzen. Das
selbe gilt im Falle von NAND-Gattern.
Ein 74HC04 wird durch ein 74HC14 oder ein 74HC00 wird durch ein 74HC132
getauscht. Man beachte bei diesem Tausch, dass die Propagation-Delaytime
bei den Schmitt-Trigger-Versionen etwa 40% grösser ist, falls dies für
den Rest der Schaltung zum Problem werden könnte. Diese IC-Tauschaktion
käme in einer HCMOS-Schaltung zur Anwendung. Hier gilt in aller Regel
eine Betriebsspannung von 5 VDC. Dazu kommt noch, dass es schon
ziemlich aufwendig wäre in diesem Fall eine selbstgestrickte
retriggerbare CMOS-555-Monoflopschaltung zu realisieren. Dafür eignen
sich besser 74HC123 oder 74HC423 mit sehr viel geringerem Aufwand. Auch
mit diesen Monoflops kann mittels einfachem passiven RC-Tiefpassfilter
eine Entstörung realisiert werden, falls dies nötig sein sollte.
Beim Einsatz der MC14xxx- bzw. CD4xxx-CMOS-Familie muss man wissen, dass
man nur den NAND-Gatterbaustein CD4011B mit der Schmitt-Trigger-Version
CD4093B direkt tauschen kann. Diese beiden IC sind pinkompatibel. Möchte
man jedoch den Inverterbaustein CD4009B oder CD4049B mit der
Schmitt-Trigger-Version CD4584B tauschen, geht dies wegen
Pininkompatibilität nicht ohne weiteres. Elektronisch gäbe es kaum
Probleme, obwohl man auch hier daran denken muss, dass bei der
Schmitt-Trigger-Version die Propagation-Delaytime um 20% oder mehr
grösser ist.
Die nächste Schaltung in Bild 5 zeigt, wie man mit zwei
Schmitt-Trigger-Invertern und einem MOSFET ein retriggerbares Monoflop
mit ansteigenden Triggerflanken realisiert:
Wenn die Taste nicht gedrückt ist, liegt der Eingang von IC:A1 auf LOW.
Sein Ausgang liegt auf HIGH und ist über das Entstörtiefpassfilter R5*C3
mit dem Triggereingang Pin 2 verbunden. IC:A2 invertiert diesen Pegel
und der MOSFET T1 ist durch den LOW-Pegel am Gate-Eingang gesperrt. Bei
Tastendruck wird während dem Aufladen von C2 über R4 am Ausgang von
IC:A1 ein LOW-Impuls mit einer Dauer von etwa 100 ms erzeugt. Dadurch
wird das Monoflop entweder an Pin 2 getriggert oder invertiert mit IC:A2
und MOSFET T1 durch Entladung von CT retriggert. Durch Ändern von C2
oder/und R4 kann man die Dauer des Triggerimpulses beeinflussen.
Die folgende Schaltung in Bild 6 zeigt noch, wie die Schaltung in Bild 5
direkt impulsgesteuert wird:
Einziger Unterschied ist der, dass dieser Schaltung die Tastatursteuerung fehlt. IC:A1 wird direkt von einem Impuls gesteuert, dessen ansteigende Flanke das Monoflop triggert und wiederum die ganze Impulsbreite der Retriggerung dient. Der Impulsbreite t! muss man, wie bereits ausreichend beschrieben, besondere Beachtung schenken. Sie ist massgeblich dafür verantwortlich, dass CT (Bild 1) möglichst vollständig entladen wird.
Einfacher ist nicht immer besser...
Ich erhielt mal eine Leser-EMail. Darin war ein Link, der mir zeigen
soll, dass ein retriggerbares Monoflopp mit einem 555-Timer-IC viel
einfacher zu realisieren ist, als
Bild 1
zeigt. Anstelle von zwei zusätzlichen Transistoren und viel passiven
Bauteilen, geht das auch mit viel weniger Aufwand.
Diese Schaltung findet man in
Doctronics
von Educational Publishing for Design & Technology
auf der Seite der 555-Timerschaltungen unter
555-Retrigger-Monostable from Doctronics. Beim
Betrachten dieser Schaltung fiel mir sogleich auf, dass sie einerseits
funktioniert, jedoch nicht hält was sie verspricht. Ein Experiment
bestätigte dies. Die Betriebsspannung ist mit +3 VDC bis +15 VDC
angegeben. Die Schaltung funktioniert, aber die Präzision leidet
erheblich, wenn die Betriebsspannung höher ist als etwa 9 VDC, wobei
dieser Wert stark variieren kann, wie wir noch sehen. Im nachfolgenden
Bild 7 wird erklärt warum:
Das Problem zeigt sich bei der bipolaren Version NE555 ebenso wie bei
der modernen CMOS-Version LMC555 oder TLC555. Aus diesem Grund zeige ich
das Problem mit dem LMC/TLC555. Weil für diese CMOS-ICs die
Betriebspannung bei +15 VDC Worstcase ist, gilt die empfohlene maximale
Betriebsspannung 12 VDC, die im vorliegenden Beispiel zur Anwendung
kommt. Der Störeffekt ändert sich dabei nicht. Um diesen Störeffekt
signifikanter zu illustrieren, änderte ich den RT- und CT-Wert mit etwa
gleich bleibender Zeitkonstante von 10 Sekunden. Im Originalschaltbild
beträgt das Rp/RT-Verhältnis 0.1 in Bild 7 ist es 0.026.
Teilbild 7.1 zeigt die Schaltung entsprechend der Schaltung im obigen
Link. Beim kurzzeitigen Drücken auf Taste RST (Re-STart) geht OUT auf
HIGH und bereits nach 7 Sekunden zurück auf LOW, - und das bei einer
Zeitkonstante von 10 s, wobei die Triggerschwelle fast auf dem selben
Pegel liegt, wie die Ladung von CT bei der ersten Zeitkonstante. Wenn
ich den Transistor T1 entferne, dann stimmt die Impulsdauer mit 11 s.
Was läuft da falsch? Das erfahren wir in Teilbild 7.2.
+Ub beträgt +12 VDC. Wir starten mit Drücken und loslassen von RST. CT
beginnt beim ersten Start mit 0 V. CT beginnt sich von +Ub durch RT mit
dem Strom I1 zu laden. Aber nicht nur, weil ohne T1 beträgt die Spannung
zwischen Pin 2 des LMC/TLC555 und dem Knotenpunkt CT-RT die volle
Betriebsspannung von 12 V, zu Beginn der Ladung. Diese 12 V besorgt der
Pullup-Widerstand Rp. Wenn T1 jedoch in der Schaltung drin ist, begrenzt
die Emitter-Basis-Spannung diese Spannung auf theoretisch 5 V. In
Wirklichkeit ist mehr. Es zeigten sich beim verwendeten Transistor 9V.
Man konsultiere dazu das Datenblatt
BC560.
Man beachte den Wert unter VEB0. Für den BC557 gilt
der selbe Wert. Das ist der sichere Wert der noch erlaubt ist. Misst man
diese Emitter-Basis-Schwellenspannung,stellt man fest, dass sie höher
liegt. Bei den wenigen Exemplaren des BC560, bei denen ich diese Messung
durchgeführt habe, lag der Wert sogar bei etwa 9 V. Das ist etwas
schwierig zu definieren, weil trotz starker Nichtlinearität, der
Stromanstieg fliessend ist. Ich setze in der Schaltung Teilbild 7.2 den
Wert ~9 V für die störende Emitter-Basis-Spannung ein.
Diese störende Emitter-Basis-Spannung hat zur Folge, das anfänglich auch
ein Ladestrom von +Ub über Rp, Ube(T1-pnp) zu CT fliesst. Wenn, wie im
vorliegenden Beispiel, Rp viel niederohmiger ist als RT, wird die
Aufladung von CT signifikant beschleunigt. Wenn CT auf 2 V geladen ist,
beträgt an Pin 2 die Spannung erst etwa 11 V. An Rp mit 10 k-Ohm liegt
eine Spannung von etwa 1 V und das erzeugt in Richtung CT ein
zusätzlicher Ladestrom I2 von momentan etwa 0.1 mA. Im selben Augenblick
liegt über RT (390 k-Ohm) eine Spannung von 10 V, die einen CT-Ladestrom
I1 von 0.026 mA erzeugt. Der falsche CT-Ladestrom I2 ist kurzzeitig also
wesentlich grösser als der richtige I1. Erst dann wenn am Knotenpunkt
CT-RT die Spannung einen Wert von fast 3 V überschreitet, sperrt T1 und
I2 fliesst nicht mehr. Ab diesem Ladezeitpunkt gilt nur noch die
Zeitkonstante RT*CT, wobei dieser Übergang fliessend erfolgt. Dies ist
der Grund warum die Impulsdauer von etwa 11 s auf etwa 7 s reduziert
wird, wie ich gmessen habe. Wohlverstanden bei +Ub = +12 VDC. Wenn +Ub
niedriger ist, ist der Fehler kleiner und bei +Ub = +5 VDC besteht
dieses Problem sicher noch nicht. Es besteht auch dann nicht, wenn
zwischen dem Knotenpunkt CT-RT und dem Emitter von T1 eine Diode
eingebaut ist. Dann kann man problemlos auch 12 VDC (beim NE555 15 VDC)
einsetzen. Allerdings verstärkt diese Massnahme einen andern Nachteil.
Mahr dazu nachfolgend mit Bild 8.
In Teilbild 8.1 ist die Diode 1N914 (D) in Serie zu T1 geschaltet. So
ist es nicht mehr möglich, dass von +Ub über Rp über T1 zu CT ein
zusätzlich unerwünschter Ladestrom fliessen kann, weil die zusätzliche
Sperrspannung von D bei maximal 100V liegt. Zusätzlich zu D kommt noch
ein Schutzwiderstand Rs. Dass man diesen Widerstand in der Schaltung des
Doctronics-Links nicht vorgesehen hat, ist nachlässig. Warum? Ohne
diesen Schutzwiderstand Rs ist durch das Drücken auf RST der
Entlade-Spitzenstrom von CT im ersten Augenblick sehr hoch. Er kann bei
hohen CT-Kapazitäten leicht T1 und hier in der verbesserten Schaltung,
T1 und D zerstören. Mit Rs = 56 Ohm wird der sehr kurzzeitige
Spitzenstrom auf knapp 200 mA begrenzt. Die Entladezeitkonstante CT*Rs
beträgt nur gerade 16 ms.
Damit haben wir aber noch immer ein Problem! Worum es geht, zeigt
Teilbild 8.2 mit zwei Ersatz-Schaltungen. Linke Schaltung: Beim
Drücken von RST wird CT bis zur Basis-Emitter-Schwellenspannung von etwa
0.7 V blitzartig entladen. Eine weitere Entladung verlangsamt sich
ebenso schlagartig, weil unterhalb dieser Spannung der Innenwiderstand
der Basis-Emitter-Diode drastisch ansteigt. Spätestens bei etwa 0.5 V
gilt nur noch die extrem langsame Selbstentladung von CT. Rechte
Schaltung: Hier veroppeln sich wegen der zusätzlichen Diode D diese
Spannungswerte auf 1.4 V bzw. 1V. Eine unsaubere Entladung
verschlechtert die Reproduzierbarkeit und dies besonders stark bei
niedriger Betriebsspannung. Auch aus dieser Perspektive betrachtet: Dies
ist kein sauberes Schaltungsdesign!
Gibt noch weitere Kritikpunkte? Jedenfalls zwei gibt es noch. Die
Impulsdauer ist von der Dauer des Drückens von RST abhängig und ohne den
Keramik-Kondensator Cki (i = Input) zwischen 10 bis 100 nF parallel zu
RST ist die Schaltung sehr störsensitiv. Es braucht sehr wenig um die
Monoflop-Funktion auszulösen (triggern), wie z.B. eine elektrostatische
Entladung in der Nähe, die leicht durch Personen beim Berühren eines
elektrisch leitenden Objektes ausgelöst werden kann. Besonders heikel
ist diese Angelegenheit bei langer unabgeschirmter Leitung zwischen der
Drucktaste RST und dem Anschluss bei der Schaltung. Abhilfe schafft hier
ein Abblockkondensator Cki bei der Schaltung und nicht etwa bei der
entfernten Drucktaste RST.
Ist die Schaltung des Doctronics-Links bzw. Teilbild 1 überhaupt
brauchbar? Die
Radio-Eriwan-Antwort
lautet: Im Prinzip ja, wenn auf Grund der vorgesehenen Anwendung die
schlechte Reproduzierbarkeit der Impulsdauer, die hohe
Störempfindlichkeit, das Risiko der Zerstörung von T1 durch zu hohe
Entladungsstromimpulse, und die Einschränkungen bei einer höheren
Betriebsspannung als +5 VDC in Kauf genommen werden kann. Will man
jedoch das Schlimmste vemeiden, sollte man auf jedenfalls die
verbesserte Version in Teilbild 8.1 in Erwägung ziehen. Die Verbesserung
betrifft aber nur sicher keine Zerstörung von T1 wegen Rs und keine
störende Fehltriggerung durch Cki parallel zu RST. Die Repruzierbarkeit
der Impulsdauer bei wiederholter Triggerung (RST) ist aber schlechter
als in Teilbild 7.1 wegen der zusätzlichen Diode D. Nur die
diesbezügliche Abhängigkeit von der Betriebsspannung oberhalb von +5 VDC
gibt es, wegen D1, nicht.
Fazit: Nach all diesen eher faulen Kompromissen empfiehlt es oft halt
doch, ein wenig mehr Komponenten in Kauf zu nehmen und die Schaltung in
Bild 1 nachzubauen,
sofern man denn überhaupt den LMC/TLC555 für die Funktion eines
retriggerbaren Monoflops nachbauen will. Die Alternative mit CD4538,
äquivalent zu MC14538 ist bereits weiter oben erwähnt...
Schlusswort
Ich weiss es nicht, aber ich vermute, dass kaum einem ähnlich
universalen und im Prinzip so einfach realisierten integrierten Baustein
soviel Aufmerksamkeit gewidmet wird, wie dem 555-Timer-IC. Dadurch, dass
auch noch eine CMOS-Version das Licht der Welt erblickte, wurde er noch
universeller, weil er hochohmiger beschaltet werden kann und unter der
Kinderkrankheit des bibolaren 555-Oldy nicht leidet. Dieser hat nämlich
den Nachteil, dass er im Umschaltmoment der Aussgangsstufe einen hohen
Stromstoss in der Speisung verursachte. Dies macht es nötig, dass der
bipolare 555, z.B. NE555 von Philips, an den Speiseanschlüssen kapazitiv
kräftig abgeblockt werden muss. Ein Elko mit einer Kapazität von
mindestens 10 µF parallel zur IC-Speisung und ebenso parallel dazu mit
einem zusätzlichen Keramik-Multilayerkondensator mit einer Kapazität von
100 nF sind beim NE555 oder LM555 ein Muss. Weitere Vorteile der CMOS-
gegenüber der bipolaren Version, findet man in ausführlicher Form
hier.