LMC555 (CMOS) im Vergleich mit NE555 (bipolar)
Einleitung
Dies ist der erste Elektronik-Minikurs im Jahr 2009. Er ergänzt die bereits bestehenden Elektronik-Minikurse zum Thema der 555-Timer-ICs. Immer wieder werden in diesen Minikursen vereinzelt die Vorteile der modernen CMOS- zur alten bipolaren Version hervorgehoben. Dieser Elektronik-Minikurs fasst diese Vorteile zusammen, geht tiefer auf einzelne wichtige Aspekte ein und rundet dieses Thema ab.
Das ELKO-Forum und der 555er
Im Elektronik-Forum des ELektronik-KOmpendium (das ELKO) ist das Thema des 555-Timerbausteins beinahe eine unendliche Geschichte. Es gibt vielleicht kein anderes spezielles IC das derart häufig und intensiv diskutiert wird. Dieser Elektronik-Minikurs soll wichtige Eigenschaften klären, Fragen beantworten und damit versuchen zukünftig den 555er-Trafic im ELKO-Forum etwas einzuschränken, nämlich dort wo Unklarheit besteht bei der Wahl zwischen der bipolaren älteren Version (NE555) oder der moderneren in CMOS-Technologie (LMC555 oder TLC555).
Historisches zum 555er
Es begann alles mit dem NE555, dem ersten 555-Timer-IC im achtpoligen
Dual-In-Line-Gehäuse anfangs der 1970er-Jahre, als der Schweizer Hans R.
Camenzind von der Firma Signetics mit dem Design beauftragt wurde. Es
lohnt sich dafür im
Wikipedia
die Erfolgsgeschichte des NE555 nachzulesen. Ab 1973 war der "555" jedes
Jahr das meist verkaufte IC der Welt. 2003, mehr als 30 Jahre später,
betrug die Jahresproduktion etwa eine Milliarde Stück. Eine wahre
Erfolgsgeschichte!
Die 1980er-Jahre gingen als "das Jahrzehnt des CMOS", ein Slogan von
Motorola, in die Geschichte der modernen Elektronik ein. Die Bezeichnung
Morgendämmerung der CMOS-Technologie finde ich allerdings
passender, weil mit den 1980er-Jahren begann die stürmische Entwicklung
der CMOS-Technolgie, die bis heute, mit immer höheren
Integrationsdichten und immer kleineren Strukturen, ungebrochen anhält.
Für die CMOS-Version des 555-Timer-IC bedeutet dies, mit all den vielen
Vorteilen von der CMOS- gegenüber der bipolaren Technologie, einen
enormen Innovationsschub. Diese Vorteile der CMOS-Version sollen uns in
diesem 555er-Elektronik-Minikurs ständig begleiten und auf diese Weise
einen roten Faden für uns sein.
Für die CMOS-Version beschreibe ich hier den
LMC555,
ursprünglich von National-Semiconductor-Corporation (NSC)
und aktuell von Texas-Instruments (TI). Der
TLC555,
schon immer von Texas-Instruments (TI), ist im Wesentlichen identisch.
Wenn von der alten bipolaren Version die Rede ist, wird der Standarttyp
NE555
genannt. Der LM555 ist elektrisch und pin-kompatibel zum NE555.
Vorteil: Weniger Leistung, besser für Batteriebetrieb
Es ist hinreichend bekannt, dass digitale integrierte Schaltungen in
bipolarer Technologie (z.B. TTL), auch dann signifikant Leistung
konsumieren, wenn gar kein Schaltvorgang vorliegt, d.h. keine
Taktfrequenz wirkt. Der logische Zustand ist also entweder auf dem HIGH-
oder LOW-Pegel. Ganz im Gegensatz zu digitalen integrierten Schaltungen
in CMOS-Technologie. Diese CMOS-ICs konsumieren nur dann Strom und
Leistung, wenn auch etwas geleistet wird. Geleistet im übertragenen Sinn
in Form der Taktfrequenz. Die elektrisch konsumierte Leistung ist direkt
proportional zur Taktfrequenz. Diese Leistung entsteht durch die
endliche Flankensteilheit beim Durchschalten einer
CMOS-Schaltstufe
(Wiki: Siehe Schaltbild ganz rechts im Kapitel "Technik"). Genau so
verhält es sich im Vergleich des LMC555 (CMOS) zum NE555 (bipolar).
Bild 1 illustriert dies mit dem Beispiel einer Betriebsspannung von +12
VDC. Da es stets selbe Betriebsspannung +Ub ist, genügen Vergleiche mit
dem Betriebsstrom anstelle der Leistung. Während bei bipolaren ICs der
Betriebsstrom (Supply-Current) mit Icc bezeichnet wird, kommt bei
CMOS-ICs IDD zum Einsatz. Um es einfacher zu
machen, ist der Betriebsstrom stets mit I bezeichnet oder mit einem
Stromrichtungspfeil mit Angabe des Stromes markiert. Die
Betriebsspannung ist mit +Ub für positive, -Ub für negative und ±Ub für
symmetrische Spannungswerte angegeben.
Bild 1 zeigt den LMC555 und den NE555 in der Funktion als
Schmitt-Trigger.
Wie das funktioniert, liest man im soeben genannten Elektronik-Minikurs.
Der Ruhe- oder Aktivzustand eines LMC555 oder NE555 kann man in der
Funktion als Generator zeigen, der an Pin 4 aus- oder eingeschaltet wird
oder in der Funktion als Schmitt-Trigger, bei dem ein ruhender logischer
Pegel (DC-Spannung) an Ue liegt, der einen invertierten ebenfalls
ruhenden logischen Pegel (DC-Spannung) an Ua erzeugt. Aktiv gilt, wenn
eine Wechselspannung (AC-Spannung) an Ue am Ausgang Ua eine
rechteckförmige Ausgangspannung erzeugt, die zu Ua ebenfalls invertiert
ist. Die Form der AC-Spannung an Ue ist egal, wichtig ist, dass die
Spitzenwerte den oberen und unteren Triggerpegel über- bzw.
unterschreiten. Symbolisch wird in Teilbild 1.2 jeweils bei Ue ein
Dreiecksignal
angedeutet.
Die beiden Teilbilder 1.1a und 1.1b zeigen den LMC555 und den NE555 mit
je einem logischen HIGH oder LOW an Ue und invertiert dazu LOW oder HIGH
an Ua. Ein ganz wichtiger Vorteil erkennt man sogleich. Der Ruhestrom
beträgt beim LMC555 mit 0.15 mA nur 1.8 % vom Ruhestrom des NE555 mit
etwa 8 mA. Das zeigt, dass der LMC555 klarer Sieger ist, wenn
Batteriebetrieb zur Anwendung kommt. Der kritische Leser fragt sich
allerdings, warum der Ruhestrom beim LMC555 nicht praktisch Null ist. So
ist es schliesslich bei allen CMOS-Familien ICs. Nur, das stimmt nicht
ganz. Bei einem Monoflop, z.B. CD4538B (Dual Monoflop), beträgt die
Ruhestrom zwischen maximal 0.3 und 2 mA bei einer Betriebsspannung von
10 VDC. Der Grund liegt daran, dass ein Teil der Schaltung (u.a.
Referenz-Teil) im analogen Bereich arbeiten muss. Beim LMC555 betrifft
dies sicher die drei internen Widerstände zwischen +Ub und GND, welche
die Triggerspannungen definieren und die beiden Komparatoren werden wohl
kaum ganz ohne Betriebsstrom auskommen.
Die beiden Teilbilder 1.2a und 1.2b zeigen die selben Schaltungen noch
einmal, jedoch eingangsseitig an Ue mit einer AC-Spannung die am Ausgang
Ua eine Rechteckspannung, auf Grund der Schmitt-Trigger-Funktion,
erzeugt. Wir wollen wissen, wie sich das auf den Stromkonsum auswirkt.
Der langen Rede kurzer Sinn, auch hier ist die CMOS-Version klar
überlegen. Bei der Maximalfrequenz von 6 MHz verbraucht der LMC555 7 mA
und bei 1 MHz sind es nur noch 1.5 mA. Diese Frequenz ist fast doppelt
so hoch wie die Maximalfrequenz des NE555, wobei der Strom nur 2.5 %,
1.5 mA anstatt 60 mA, ausmacht. Der LMC555 braucht bei 6 MHz etwa 1 mA
weniger als der NE555 im Ruhezustand. Man beachte die punktierte Linie.
Vergleicht man den Stromverbrauch bei den Maximalfrequenzen von LMC555
(6 MHz) und NE555 (600 kHz), begnügt sich der LMC555 mit 12% in Relation
zum NE555 (Teilbild 1.2b). Während beim LMC555 der Strom beinahe
proportional zur Frequenz zunimmt, ist beim NE555 die Stromzunahme vom
unteren bis in den mittleren 10-kHz-Frequenzbereich nur minimal, weil da
der relativ hohe Ruhestrom von 8 mA dominiert.
Gemäss Datenblatt des LMC555 beträgt die Maximalfrequenz 3 MHz. Bezogen
ist dies auf eine Betriebsspannung von +5 VDC. Bei +12 VDC ist leicht
das doppelte erreichbar. Betreffs dieser 6 MHz beim LMC555 und 600 kHz
beim NE555, bei +12 VDC, zeigen sich die Grenzen der Frequenzen optisch
durch das Mass der Verzerrung des Rechtecksignales. Ich empfehle, dies
selbst mit einem Oszilloskopen zu erfahren. Damit man den Ausgang des IC
kapazitiv nicht unnötig belastet, muss man eine niederkapazitive
Mess-Sonde benutzen. Diese haben in der Regel in der Sonde einen
Spannungsteiler von 1:10.
Teilbilder 1.3a und 1.3b führen uns noch einmal zurück zu den
Unterschieden zwischen dem Ruhestrom des LMC555 (CMOS) und des NE555
(bipolar). Was ist die Ursache davon? Eine Ursache kann man leicht
erkennen, wenn man das Innenleben (Schaltung) des LMC555 mit dem des
NE555 vergleicht. Bei CMOS-Schaltungen werden für Endstufen
symmetrisch beschaltete N- und P-Kanal-MOSFETs eingesetzt. Solche Stufen
brauchen, wenn am Anschluss ausserhalb nicht belastet, im Ruhezustand
keinen Strom, weil nur der eine
MOSFET leitend und der andere
gesperrt ist, wie dies Teilbild 1.3a zeigt. Es ist die Wiedergabe der
Ausgangsstufe des LMC555. Mit HIGH und LOW für Pegel und ON und OFF für
den Zustand der MOSFETs ist dies an einem Beispiel illustriert. Beim
Anschluss DISCHARGE steht OPEN, weil es ein Open-Drain-Ausgang ist. Ein
HIGH-Pegel kann es nur geben, wenn zwischen +Ub und Ua eine Last, z.B.
ein Pullup-Widerstand,
angeschlossen ist. Darum die Angabe HIGH in Klammern.
Ganz anders arbeitet die Ausgangsstufe des NE555. Betrachten wir
Teilbild 1.3b, so fällt uns auf, dass die Ausgangsstufe nur mit
NPN-Transistoren realisiert ist. Dies hat zur Folge, dass der
Betriebsstrom etwas höher ist, wenn Ua auf LOW-Pegel liegt. Dies kommt
davon, dass durch R12 ein zusätzlicher Strom fliesst, wenn Ua auf LOW
liegt. Q20 und Q24 sind leitend. Der Strom fliesst von +Ub über R12,
Q20, R14 und Q24 nach GND. Bei +12 VDC an +Ub bedeutet dies, dass der
Strom zusätzlich etwa 1.6 mA beträgt. Dieser Strom fliesst nicht, wenn
Ua auf HIGH liegt. Der restliche Ruhestrom verbraucht die verbleibende
Schaltung des NE555. Abgesehen vom Vergleich zwischen den Endstufen
enthalten LMC555 und NE555 diverse Stromquellen und Stromspiegel. Die
Summe dieser Ströme sind beim LMC555 wesentlich niedriger, obwohl dessen
Schaltung eine höhere Maximalfrequenz ermöglicht als die des NE555.
LMC555 mit 1.5V-Batterie?
Aber nicht nur betreffs des Betriebsstromes ist der LMC555 dem NE555
überlegen. Der LMC555 ist auch überlegen beim Vergleich der minimalen
Betriebspannung. Während der NE555 eine minimale Betriebsspannung von
4.5 VDC zulässt, ist der LMC555 mit 1.5 VDC zufrieden. Das bedeutet,
dass der LMC555 mit einer 1.5V-Batterie einsatzfähig wäre. Ob dem
wirklich so ist, geht aus dem Datenblatt des LMC555 nicht hervor, denn
man liest nichts darüber bei welcher unteren Betriebsspannung der LMC555
seinen Dienst versagt. Diese Information würde erklären, wie stark eine
1.5V-Batterie entladen werden darf, ohne den Betrieb des LMC555 zu
gefährden. Für den sicheren Betrieb ist es besser man unterlässt
diesbezügliche Spekulationen. Experimente taugen bestenfalls für eine
Einzelanwendung.
Zur Speisung des LMC555 und NE555: Es fällt auf, dass der LMC555 nur
einen nichtelektrolytischen Kondensator als Blockkondensator Ck
aufweist, während der NE555 noch extra einen Elektrolytkondensator CkX
(X für extra) hat.
Zu grosse Stromimpulse auf der Speiseleitung
Warum gibt es Stromimpulse auf Speiseleitungen? Sie entstehen durch das
Umschalten des Ausgangspegels an Ua. Wenn der Pegel umschaltet, leiten
im mittleren Spannungsbereich an Ua kurzzeitig beide Transistoren. In
Teilbild 1.3a (LMC555) sind dies T3 (P-Kanal-MOSFET) und T4
(N-Kanal-MOSFET) und in Teilbild 1.3b Q22 und Q24 (beides
NPN-Transistoren). Diese impulsartigen kurzzeitigen Ströme sind mit Bild
2 thematisiert.
Es ist nicht nur so, dass der LMC555 viel weniger Strom konsumiert als
der NE555, auch die Stromimpulse auf der Leitung der Betriebsspannung
+Ub haben eine wesentlich kleinere Amplitude und dies erst noch bei
kürzerer Impulszeit. Dies hat zur Folge, dass beim LMC555
Blockkondensatoren Ck mit kleinen Werten von etwa 100 nF
(Keramik-Multilayer) genügen. Der NE555 gibt sich damit nicht zufrieden
und quittiert eine derart niedrige Kapazität mit querulantem
Störverhalten. Teilbild 2.1 wiederholt grundsätzlich die Schaltung von
Teilbild 1.2, jedoch mit dem Unterschied, dass in der Speiseleitung +Ub
ein niederohmiger Widerstand Rsh (sh = Shunt) eingebaut ist, um an ihm
die Spannungsimpulse zu messen, damit man diese in Stromimpulse
umrechnen kann.
Für Rsh von Teilbild 2.1a (LMC555) empfehlen sich 10 Ohm (niedriger
Stromimpuls) und für Teilbild 2.1b (NE555) genügen 1 Ohm (höherer
Stromimpuls). Im Prinzip müsste man den GND des Oszilloskops mit +Ub und
den Signalleiter mit dem Knotenpunkt Rsh/Pin8 verbinden, weil man die
Spannung über Rsh messen will. Man will jedoch die Spannungsimpulse über
Rsh mit der Rechteckspannung an Ua synchronisieren und beide anzeigen.
Ua ist aber mit dem GND der 555-Schaltung referenziert. Beides zu
realisieren ist logischerweise unmöglich. Trotzdem ist die Lösung
einfach, weil uns nur die dynamischen Vorgänge interessieren, - die
Spannungs-, bzw. Stromimpulse. Deshalb können wir mit Ua auch Ush auf
GND beziehen, wenn wir dafür sorgen, dass die Impedanz zwischen +Ub und
GND so niederohmig wie nötig ist. Dafür sorgen Ck beim LMC555 und Ck mit
CkX beim NE555. Ck sollte immer ein Keramikmultilayer-Kondensator sein.
Er hat eine sehr niedrige parasitäre Eigeninduktivität. Deshalb eignet
er sich zur Erzeugung von besonders niedriger Impedanzen, geeignet für
hohe Frequenzanteile und steile Spannungs- und Stromflanken. Das trifft
hier vor allem auf LMC555 zu. Beim NE555 braucht es parallel dazu noch
einen Elko mit etwa 10µF (es dürfen auch mehr sein!), weil dieser
langsamer arbeitet. Auf diese Weise ist die Schaltung mit einer
wesentlich höhere Frequenzbandbreite mit niedriger Impedanz
ausgestattet. Genau die selben Argumente für Ck und CkX gelten für Bild
1, nur mit dem Unterschied, dass dort kein Shuntwiderstand Rsh zum
Messen im Einsatz ist.
Die folgenden Messungen mit LMC555 wurden an nur je 10 Exemplaren
durchgeführt. Im Prinzip ist das nicht repräsentativ, praktisch gesehen
aber trotzdem, weil hier nur grosse Unterschiede interessieren. Die
Wertestreuungen innnerhalb des selben IC-Typs sind signifikant
niedriger.
Messschaltungen: Teilbilder 2.1a und 2.1b zeigen zwei fast
identische Schaltungen mit dem geringfügigen Unterschied in den
Widerstandswerten von Rsh. Begründung siehe weiter oben. Kanal A des
Oszilloskops ist mit Ua verbunden. Die Triggerung erfolgt auf Ua, also
mit Kanal A. Kanal B dient der Messung von Ush. Es empfiehlt für beide
Kanäle je eine abgschirmte Leitung zu verwenden, die beim Oszilloskopen
mit den GNDs durch die BNC-Buchsen und bei der Messschaltung mit GND
verbunden ist. Zeichnerisch lässt sich das hier nicht so gut darstellen.
Diagramme: Die Diagramme sprechen für sich selbst. Die
Unterschiede betreffs Stromimpulse und Impulsdauer zeigen sich deutlich:
50 mA und 20 ns beim LMC555 zu 700 mA und 200 ns beim NE555. Interessant
dabei ist, dass der LMC555 bei der steigenden Flanke an Ua einen doppelt
so grossen Stromimpuls erzeugt als bei der fallenden Flanke. Diese
Asymmetrie wird darauf zurück zu führen sein, dass der N-Kanal- und der
P-Kanal-MOSFET der Endstufe etwas unterschiedlich sind. Während der
P-Kanal-MOSET nur einem maximalen Strom von 10 mA abgeben
(Source-Current) darf, ist es dem N-Kanal-MOSFET erlaubt 50 mA
aufzunehmen (Sink-Current). Noch viel extremer zeigt sich der NE555.
Während die steigende Flanke an Ua einen massiven Stromimpuls erzeugt,
passiert bei der fallenden Flanke gar nichts. Das muss einem allerdings
auch nicht wundern, weil asymmetrischer kann eine Endstufe kaum noch
realisiert werden, wie dies Teilbild 1.3b im Verhältnis zu Teilbild
1.3a illustriert.
Ausgangsspannungen und Ausgangsströme
Eine CMOS-Endstufe hat so genannte Rail-to-Rail-Eigenschaft. Also hat diese Eigenschaft die Endstufe des LMC555. Dies allerdings nur dann, wenn der CMOS-Ausgang Ua un- oder nur sehr schwach belastet ist. Bild 3 zeigt die Situation der Ausgangsspannung bei unterschiedlichen Lastströmen. Die Werte sind jeweils in einer Tabelle zusammengefasst. Bild 4 zeigt weiter unten das selbe, jedoch mit der bipolaren Endstufe des NE555, die auch ohne äussere Last, keine Rail-to-Rail-Eigenschaft aufweist. Wir kommen zunächst zu Bild 3 mit dem LMC555:
Bild 3 zeigt links die Messschaltung mit dem LMC555, in der Mitte eine
Strom/Spannungs-Tabelle und weiter rechts die CMOS-Endstufe des LMC555.
Diese ist stark vereinfacht, so dass sie gerade für die Erklärung, die
hier nötig ist, ausreicht. Die Messschaltung beinhaltet eine
Spannungsmessung U. Diese soll hochohmig (elektronisches Multimeter)
erfolgen, damit dieses Instrument Ua nicht zusätzlich belastet und das
Messergebnis verfälscht. Zur Spannungsmessung folgt, vorzugsweise
ebenfalls mit einem Multimeter, die Strommessung für
ISOURCE in Teilbild 3.1 und ISINK in Teilbild 3.2 und je ein variabler Widerstand um
die Stromwerte einzustellen. Gezeichnet ist ein Potmeter P, man kann
aber ebenso gut eine
Widerstandsdekade
verwenden. Diese sind in der Regel mit 1 Watt belastbar, das für dieses
Experiment längst ausreicht. Teilbild 3.1 zeigt die Stromquellenmessung.
Ua liegt auf HIGH-Pegel und das heisst, MOSFET T3 ist ein- und MOSFET T4
ist ausgeschaltet. Ausgang Ua liefert den Strom
ISOURCE durch das Strommessgerät I und über
Potmeter P in Richtung GND. Teilbild 3.2 ist gleich angeordnet. Es
besteht nur der Unterschied, dass Ua den Strom nicht liefert, sondern
empfängt, und dies von +Ub über Potmeter P und das Strommessgerät I. Es
ist also eine Stromsenke ISINK. In der Funktion der
Stromsenke ist der MOSFET T4 ein- und der MOSFET T3 ausgeschaltet.
Die MOSFETs verhalten sich wie Widerstände, jedoch nur unterhalb eines
gewissen Stroms quasi linear. Es geht hier aber um etwas anderes. Man
muss verstehen, dass die Widerstandseigenschaft auch dann gilt, wenn
an Ua auch eine noch so kleine Spannung von aussen angelegt wird. Die
Drain-Source-Strecke des leitenden MOSFET regiert mit einem noch so
kleinen Strom auf diese noch so kleine Spannung. Und genau deshalb ist
der HIGH- oder LOW-Pegel auch ohne äussere Last klar definiert. Bei
einer bipolaren Endstufe, wie beim NE555 (siehe weiter unten Bild 4
rechts) ist das nicht so. Für den LOW-Pegel gilt: Unterhalb einer
gewissen Kollektor-Emitter-Spannung, die zwar sehr klein sein kann,
sperrt der Transistor durch seine bipolare Eigenschaft.
Die Tabelle: Betrachten wir die Situation wenn Ua = HIGH. Ohne
Strom oder wenn dieser nur wenige zehn µA beträgt, liegt die Spannung an
Ua bei +Ub, +12 VDC. Bei 1 mA ist die Spannung um 0.1 VDC niedriger, bei
10 mA beträgt der Spannungsabfall rund 1 VDC. Die Werte sind jeweils auf
eine Kommastelle auf- oder abgerundet. Das !-Zeichen macht darauf
aufmerksam, dass mit 10 mA gemäss Datenblatt der maximal zulässige Strom
erreicht ist. Es kommt jetzt sehr genau darauf an, ob man diesen relativ
niedrigen Maximalstrom einhalten will. Man bedenke, die Verlustleistung
beträgt dabei nur etwa 10 mW [(12V-11.1V)*10mA]. Kaum der Rede
wert. Selbst bei 20 mA beträgt die Verlustleistung erst 40 mW, bei einer
Spannungseinbusse von 2 VDC. Fragt sich, was darf man diesem LMC555 im
DIL-Gehäuse an Verlustleistung zumuten? So liest man unter "Absolut
Maximum Rating" 1126 mW, also fast 30 mal mehr. Also ist es aus
praktischer Überlegung möglich ein Relais mit einem Spulenstrom von 20
mA zu betreiben. Allerdings für ein 12V-Relais müsste +Ub dann auf +14
VDC oder +15 VDC angehoben werden. Einem modernen
12V-DIL-Leistungsrelais (Kontakt: 250VAC/6A) genügt ein Spulenstrom von
eher etwas weniger als 20 mA. Allerdings empfiehlt es sich bei +15 VDC
anstelle eines LMC555 den TLC555, wegen der höheren maximalen
Betriebsspannung von +18 VDC statt +15 VDC (LMC555), einzusetzen.
Relais direkt am TLC555: Das heisst, man benötigt keinen
zusätzlichen Transistor. Man muss nicht auf den alten NE555 ausweichen
und man hat den grossen Vorteil, dass der Stromverbrauch bei
ausgeschaltetem Relais sehr niedrig und der TLC555 (auch der LMC555)
sehr stromsparend ist. Das Prinzip dieser Relaisansteuerung ist in der
Skizze von Teilbild 3.1a rechts aussen angedeutet. Natürlich muss man
beifügen, dass diese Stromüberhöhung, ohne Bedenken, je nach Anwendung,
trotzdem nicht zulässig ist, wenn man streng nach industriellen Vorgaben
arbeiten muss. Dann gelten streng die Werte des
IC-Hersteller-Datenblattes. :-(
Teilbild 3.2 zeigt die Spannungssituation an Ua, wenn der Strom ISINK von +Ub über P und Strommessgerät I nach Ua fliesst.
MOSFET T4 ist eingeschaltet. 50 mA ist der Maximalwert und dies ist mit
dem !-Zeichen markiert. Vergleicht man die Maximalstromwerte zwischen
der oberen und unteren Tabelle, fällt auf, dass die
Drain-Source-Spannungen beider MOSFETs etwa gleich gross sind. Da dies
bei T4 bei 50 mA (Teilbild 3.2) und bei T3 (Teilbild 3.1) bei 15 mA
auftritt, erkennt man, dass T4 der "stärkere" MOSFET ist. Dazu liest man
im Datenblatt des TLC555: While the CMOS output is
capable of sinking over 100 mA and sourcing over 10 mA, the TLC555
exhibits greatly reduced supply-current spikes during output
transitions. This minimizes the need for the large decoupling capacitors
required by the NE555. Es ist klar, dass auch 100 mA als
Funktion der Stromsenke zulässig sind. Die Frage wäre also durchaus
berechtigt, warum denn ISOURCE nicht auch von 10 mA
auf 20 mA verdoppelt werden darf. Ich würde es tun... ;-)
Teilbild 3.2a zeigt die direkte Relaisansteuerung, wenn der
TLC555-Ausgang (Pin 3) auf LOW geschaltet ist.
Bild 4 mit NE555: Zu den Unterschieden zu Bild 3. Der NE555 ist
mit bipolaren Transistoren aufgebaut, der LMC555 mit MOSFETs. Daraus
ergeben sich signifikante Unterschiede zu den HIGH- und
LOW-Pegelspannungen an Ua wie die Strom/Spannungs-Tabellen zeigen.
Während beim LMC555 die unbelastete Ausgangsspannung des HIGH-Pegels der
Betriebsspannung +Ub entspricht, ist dies beim NE555 nicht möglich, weil
bei der Endstufe die beiden NPN-Transistoren Q21 und Q22 eine
Darlingtonstufe bewirken. Q21 und Q22 sind rechts in Bild 4
vereinfacht als einen Transistor mit zwei verbundenen Kollektoren
dargestellt. In Teilbild 1.3b kann man die ganze Schaltung sehen.
Teilbild 4.1: Selbst wenn kein Strom aus Ua fliesst, müsste die
Ausgangsspannung etwa zwei Diodenflussspannungen (zwei mal Basis-Emitter
in Serie) niedriger als +Ub sein, also etwa 10.6 bis 10.8 VDC. Dass
diese Spannung jedoch 11.4 VDC beträgt und so nur einer
Diodenflussspannung entspricht, hat damit zu tun, dass R13 (Teilbild
1.3b) die Basis-Emitter-Strecke von Q22 überbrückt. Das gilt aber nur
für einen sehr niedrigen Strom. Bereits bei 1 mA beträgt Ua 10.7 VDC.
Das ist 1.3 VDC unter +Ub und das zeigt, dass der Darlington mit Q21 und
Q22 voll in Funktion ist. Das bleibt auch so bis zu einem Strom von 20
mA. Die Spannung über der Darlingtonstufe Q21 und Q22 bleibt zwischen
1.3 VDC und 1.6 VDC. Danach macht diese Darlingtonstufe jedoch nicht
mehr so recht mit. Die Spannung an Ua fällt zusehends. Beim maximal
zulässigen Strom von 200 mA gemäss Datenblatt "... and the output
structure can source or sink up to 200mA" ist Ua auf 8.3 VDC
reduziert. Über dem Darlington liegt eine Spannung von 3.7 VDC. Diese
Schaltung ist damit grundsätzlich überfordert. Aber verboten ist das
natürlich nicht, wenn dadurch die maximal zulässige Verlustleitung
innerhalb der zulässigen Betriebsspannung nicht überschritten wird.
Trotzdem, so ganz sauber ist diese Sache nicht. Ich erwähne dies ganz
speziell deshalb, weil immer wieder behauptet wird, dass der ganz grosse
Vorteil des NE555, ob als Stromquelle oder als Stromsenke, darin besteht,
dass der Ausgang Ua (Pin 3) symmetrisch mit 200 mA belastet werden kann.
Dass dem nicht ganz so ist, schwächt den diskriminierenden Vergleich zur
CMOS-Version LMC555 erheblich. Der LMC555 punktet auch hier!
Teilbild 4.2: Wir sehen hier, dass der selbe Strom von 200 mA die
Endstufe wesentlich weniger belastet. Das kommt davon, dass Q24 als
Emitterschaltung arbeitet und gut durchgesteuert wird, so dass eine
niedrige Kollektor-Emitter-Spannung entsteht. Bei einem Kollektorstrom
ISINK von 20 mA beträgt diese nur 0.1 VDC. Bei den
erlaubten maximalen 200 mA beträgt diese Kollektor-Emitter-Spannung
(Spannung an Ua) jedoch 1.3 VDC. Das ist trotzdem wesentlich weniger als
der Spannungsabfall über Q21 und Q22 mit 3.7 VDC. Im Prinzip wäre es
also leistungsmässig verantwortbar, wenn man den maximalen Strom für
ISINK auch höher ansetzt als diese 200 mA.
Leistungsmässig ja, aber man weiss nichts darüber, ob die Bondierung
zwischen Chip und Anschlusspin (Pin 3) einen Strom von wesentlich mehr
als 200 mA aushält. Trotzdem, asymmetrisch ist die Endstufe genauso wie
bei der CMOS-Version mit dem LMC555. Es bleibt aber der einzige Vorteil
des bipolaren NE555, dass er einen grösseren Strom treiben kann, falls
man auf einen zusätzlichen kleinen Transistor als Treiberstufe unbedingt
verzichten will, weil es bei einer Serieproduktion auf jeden Cent
ankommt. Nur, das ist nicht unbedingt zuende gedacht! Das
Argument des Preisunterschiedes und des Mehrverbrauchs des Printplatzes
wegen einem zusätzlichen Transistor beim Einsatz des LMC555 oder TLC555
ist hinfällig, weil es bei der CMOS-Version keinen Alu-Elko in der
Betriebsspannung braucht, um die viel geringeren Stromtransienten
abzublocken. Bei der CMOS-Version ist dieser Strom 14 mal niedriger und
dies während einer Zeitdauer die 10 mal niedriger ist. Eine 140-fache
Verbesserung im Vergleich zum NE555! Siehe weiter oben das Kapitel
"Zu grosse Stromimpulse auf der Speiseleitung".
Rechteckgenerator, einfacher und trotzdem besser!
Ob mit dem LMC555 oder mit dem NE555, mit beiden kann man die selben
Timer/Oszillator-Funktionen realisieren und das sind der monostabile und
der astabile Multivibrator. Der LMC555 bietet, weil in CMOS realisiert,
die Möglichkeit, das zeit- oder frequenzbestimmende RC-Netzwerk mit
wesentlich höherer Impedanz zu gestalten. Das heisst praktisch
formuliert, es sind sehr hochohmige R-Werte und ebenso niederkapazitive
C-Werte möglich. Der Elektronik-Minikurs
555-CMOS-Timer,
auch für lange Zeiten
geht auf dieses Thema speziell ein. Beim LMC555 und beim NE555 ist es
möglich mit dem Eingang CONTROL-VOLTAGE (Pin 5) einen
Pulsbreitenmodulator (PWM) zu realisieren.
Es gibt allerdings eine besonders elegante und sehr einfache Form eine
zeitsymmetrische Rechteckspannung zu realisieren, die nur die
CMOS-Version LMC555 (TLC555) ermöglicht. Zeitsymmetrisch heisst t1 = t2
und das bedeutet t1/(t1+t2) oder t2/(t1+t2) haben einen sehr genauen
Tastgrad von 0.5. Siehe Impulsdiagramme in Bild 5. Dass dieser Tastgrad
nicht absolut einen Wert von 0.5 haben kann, hat etwas mit den
Toleranzen der drei IC-internen Widerständen zu tun, welche die obere
und untere Triggerschwelle erzeugen und die äquivalente
DC-Offsetspannung an den Eingängen der Komparatoren KA und KB spielt
auch eine gewisse Rolle. Diese Einfüsse sind aber minimal. Darum kann
man guten Gewissens sagen, dass nur ein getaktetes Toggle-Flipflop die
präzisere Zeitsymmetrie der Rechteckspannung aufweist. Natürlich nur,
wenn die Frequenz des Taktgenerators, der das T-Flipflop steuert,
ausreichend stabil arbeitet. Der NE555 kann ein zeitsymmetrisches
Rechtecksignal nicht so leicht erzeugen. Wir werden gleich erkennen
warum das so ist.
Wir beginnen in Teilbild 5.1 mit dem LMC555. Wir wissen aus Teilbild
1.3, dass eine CMOS-Ausgangsstufe Rail-to-Rail-fähig ist. Das heisst un-
oder nur wenig belastet, erreicht Ua für den HIGH-Pegel praktisch +Ub
und für den LOW-Pegel GND. Genau das macht es sehr einfach mit nur einem
Widerstand RT und einem Kondensator CT (T für Timing) einen astabilen
Multivibrator mit hoher Zeitsymmetrie (Tastgrad = 0.5) zu realisieren
und dazu braucht man den integrierten MOSFET T an Pin7 (DISCHARGE)
nicht, der sonst üblicherweise zum Entladen von CT vorgesehen ist. Das
kommt der Anwendung zu Gute. Man kann Pin 7 als Opendrain-Ausgang z.B.
zur Ansteuerung eines Relais verwenden und so Pin 3 nicht unnötig
belasten, was der stabilen Taktfrequenz und dem stabilen Tastgrad zugute
kommt. Das Relais ist mit der schützenden Freilaufdiode in Teilbild 5.1
angedeutet. Die Betriebsspannung für das Relais ist mit +UbX angegeben.
Das bedeutet, dass diese Betriebsspannung keineswegs der
Betriebsspannung +Ub der Schaltung entsprechen muss. Sie kann, der
Nennspannung des Relais angepasst, höher oder niedriger sein. Gemäss
LMC555-Datenblatt darf +Ub keinesfalls grösser sein als +15 VDC (TLC555
= 18 VDC).
Höherfrequenter Einsatz: Die Schaltung in Teilbild 5.1 kann auch
für hohe Frequenzen im MHz-Bereich eingesetzt werden. Bei der
Maximalfrequenz von 3 MHz, gemäss Datenblatt, ergeben sich nach der
Formel in Teilbild 5.1 RT = 2.31 k-Ohm (1%-Widerstand) und CT = 100 pF.
Um den 50%-Tastgrad aufrecht zu erhalten, sollte RT nicht niedriger als
etwa 2 k-Ohm sein. D.h., dass bei 2 k-Ohm optisch auf dem Oszilloskop
gerade noch keine nennenswerte Abweichung festzustellen ist. Sehr oft
ist allerdings gar kein genauer 50%-Tastgrad nötig und trotzdem lohnt es
sich den LMC555 einzusetzen. Ganz besonders wenn die Frequenz variabel
einstellbar sein muss, z.B. zwecks genauem Abgleich, ausser die
Stabilität reicht für die Anwendung nicht und es kommt nur eine
Generatorschaltung mit einer quarzstabilen Referenz in Frage. Dann aber
ist der Aufwand schnell wesentlich grösser. Dies besonders dann wenn
eine
PLL-Schaltung
nötig ist.
Wir kommen zu Teilbild 5.2 mit der NE555-Schaltung als astabilen
Multivibrator und dem kläglichen Versuch eine zeitsymmetrische
Rechteckspannung präzis zu realisieren. Diese einfache Methode von
Teilbild 5.1 geht hier nicht, weil die Spannung an Ua nicht
Rail-to-Rail-fähig ist. Dies ist weiter oben in Zusammenhang von
Teilbild 1.3b ausführlich erklärt. Es bleibt also nur die Methode mit
der Entladung von CT durch T, dem integrierten NPN-Transistor. Diode D
ist vorläufig noch nicht im Einsatz. So entspricht die Schaltung, wie
sie das Datenblatt des NE555 wiedergibt. Wenn die Lade- und Entladezeit
von CT gleich lang dauern soll, muss RT1 im Verhältnis zu RT2 sehr
niederohmig sein, damit möglichst nur RT2 an der Ladung beteiligt ist.
Beim Entladen schaltet T ein und nur über RT2 wird CT entladen. Der
grosse Nachteil dabei ist, dass der notwendig niederohmige RT1 stark
belastet wird und die Sättigungsspannung der Kollektor-Emitter-Strecke
von T erhöht ist. Keine saubere Lösung!
Jetzt die Diode D dazu. Mal sehen was dieser Trick bringt. Eigentlich
ganz einfach, wenn RT1 = RT2, haben wir eine gewisse Annäherung zu einem
zeitsymmetrischen Rechtecksignal. Über RT1 und D wird CT geladen und
wenn die Triggerschwelle von KA erreicht ist, schaltet T ein und CT
entladet sich über RT2 und T nach GND. Wegen der Durchfluss-Spannung von
D ist die Ladezeit etwas länger als die Entladezeit. Das lässt sich
durch Anpassung von RT1 oder RT2 kompensieren. Allerdings verschlechtert
diese Diode D signifikant die auch noch gute Temperaturstabilität des
NE555, die mit 150ppm/K gerade halb so gut ist, wie die des LMC555. Man
erkennt es, vor allem wenn es um Vorteile der Präzision, Stabilität und
Einfachheit geht, bleibt auch hier die CMOS-Variante des 555er, der
LMC555 und TLC555, der klare Sieger!
555-Timer-IC mit ±Ub
Wie alle analogen und digitalen ICs, kann man auch die 555-Timer-ICs, ob in CMOS (LMC555, TLC555) oder bipolar (NE555), auch symmetrisch speisen (Dual-Supply). In diesem Fall gelten die selben Regeln betreffs der Block-Kondensatoren.
Bild 6 zeigt worauf man achten muss. Das Abblocken von allfällig hohen
störenden Frequenzanteilen oder/und steilen Flanken, sollten sich immer
auch auf das Referenzpotenzial des Eingangssignales Ue beziehen und das
ist in der Regel der GND. Teilbild 6.1a (identisch mit 1.1a) und
Teilbild 6.1b (identisch mit 1.1b) arbeiten im Single-Supply-Modus +Ub
und das bedeutet, dass Ue sich auf den GND bezieht, der identisch ist
mit Pin 1 (GND-Bezeichnung des IC).
In Teilbild 6.2a und Teilbild 6.2b arbeitet der LMC555 bzw. der NE555 im
Dual-Supply-Modus ±Ub. Es genügt nicht, dass man in IC-Nähe direkt
zwischen +Ub und -Ub kapazitiv abblockt. Dies schützt das Timer-IC zwar
gegen hochfrequente Störspannungen und steilflankige Transienten
zwischen +Ub und -Ub, jedoch nicht zwischen +Ub und GND und -Ub und GND.
Deshalb muss man die Entstörmassnahme verdoppeln mit Ck (und CkX)
zwischen +Ub und GND und -Ub und GND.
Es ist üblich, dass man am Eingang einer Platine die Betriebsspannung
gegen GND bereits abblockt. Diese beiden CL sind dann notwendig, wenn
die DC-Sannungsquelle nicht in der Nähe oder selbst auf der Platine ist,
in der Annahme, dass diese DC-Sannungsquelle nicht ausreichend kapazitiv
abgeblockt ist. Die beiden Elkos CLk machen Sinn, damit hochfrequente
Störspannungen und steilflankige Transienten von aussen nicht auf die
Leiterbahnen gelangen. Der Elko CL, wenn nicht der Ladeelko der
DC-Spannungsquelle im mittleren Frequenzbereich bereits ausreichend
wirkt, sollte einen Wert im unteren 100µF-Bereich haben. Für CLk (k =
Keramik) genügt ein Wert im unteren 100nF-Bereich. 100 nF reicht auf
jeden Fall.
Das sind die selben Kriterien die auch für Opamps, Komparatoren und alle
digitalen Schaltkreise gelten. Nicht vergessen, transiente Störquellen
sind diese ICs immer dann selber, wenn ihre Ausgangsstufen die Spannung
schnell durchschalten, weil dann sehr kurzzeitig ein Stromimpuls
auftritt, der von Ck abgefangen wird, in dem Sinne, dass Ck die
Betriebsspannung sicher aufrecht erhält. Siehe dazu weiter oben das
Kapitel "Zu grosse Stromimpulse auf der Speiseleitung" mit
Bild 2.
LMC555 steuert SC-Filter
Zum Schluss noch etwas Spezielles. Es zeigt an einem Beispiel wozu man
den LMC555 als Präzisionstaktgeber einsetzen kann. Hier in einem
medizinischen Forschungsgerät zum intramuskulären Messen und Aufzeichnen
von acht
EMG-Signalen
(8 Kanäle). Vorgestellt wird hier in groben Zügen ein Blockschaltbild
des Filterteils. Dieses Blockschaltbild kann auch einem ganz andern
Zweck dienen, z.B. im Bereich irgend einer niederfrequenten Messtechnik,
wobei die Details entsprechend angepasst werden können.
Weiter oben in Teilbild 5.1 wird erklärt, dass es wegen der
Frequenzstabilität ratsam ist, Ua (Pin 3) nicht für eine weitere
Schaltung, die vom LMC555 gesteuert wird, zu benutzen. Dies gilt aber
dann nicht, wenn Pin 7 (MOSFET-Ausgang) für die Erzeugung der
Taktfrequenz eingesetzt wird. In diesem Fall darf man Ua (Pin 3) ohne
Weiteres zur Ansteuerung weiterer Schaltungen einsetzen. Dies ist vor
allem dann möglich, wenn ein zeitsymmetrisches Taktsignal nicht
zwingend ist. Genau das trifft hier zu. Im Falle des Taktens eines
(SC-Filter)
zählt alleine die steigende oder fallende Taktflanke, sofern das
SC-Filter-IC eine Taktaufbereitung enthält, was oft üblich ist.
Mehr Details zu diesem Thema erfährt man hier in einem speziellen
SC-Filter-Minikurs.
Bild 7 zeigt das Schaltungsprinzip des Teiles des
Antialiasing-Tiefpassfilters in SC-Technologie, getaktet mit drei
umschaltbaren LMC555-Taktgeneratoren:
Ausser der Schaltung des LMC555-Taktgenerators (rechts im Bild), ist der
gesamte Inhalt nur als Blockschaltbild dargestellt und in kurzen Zügen
erklärt, weil es sonst den Rahmen dieses Elektronik-Minikurses sprengen
würde. Die zentrale Figur dieser "Szene" ist der LMC555!
Zur Anpassung an die Spannungswerte des bereits vorverstärkten
EMG-Signals am Eingang folgt ein weiterer Verstärker (A) dessen
Verstärkung in Stufen, z.B. mittels eines Drehschalters, einstellbar
ist. Danach folgt das Antialiasing-Tiefpassfiltersystem, bestehend aus
einem steilen
SC-Tiefpassfilter
(D) im Bereich der Grenzfrequenz und den vor- (B1 bis B3) und
nachgeschalteten (E1 bis E3) umschaltbaren einfachen aktiven
Analog-Tiefpassfiltern. Diese sind nötig, weil ein SC-Tiefpassfilter
selbst ein abgetastetes System ist und Aliaseffekte erzeugt. Das alles
ist relativ leicht verständlich im soeben erwähnten Link beschrieben.
Siehe dort das Kapitel "Das SC-Tiefpassfilter mit analogem Vor- und
Nach-Tiefpassfilter".
Wieder zurück in Bild 7: Nach dieser Filterprozedur führt das EMG-Signal
über ein aktives
50Hz-Sperrfilter
zur Unterdrückung von allfälligen 50Hz-Netzfrequenzanteile und einem
aktiven Hochpassfilter höherer Ordnung - auf dessen Zweck hier nicht
eingegangen werden kann - zur AD-Wandlerkarte des Computersystems zur
Aufzeichnung des EMG-Signals.
Wir kommen jetzt zu den drei LMC555-Generatoren. Der eine erzeugt eine
Taktfrequenz von 30 kHz. Diese Frequenz erzeugt im SC-Tiefpassfilter die
Grenzfrequenz von 300 Hz. Dies genügt zur Messung von EMG-Signalen, die
mittels Oberflächenelektroden auf der Haut erfasst werden. Hier
interessiert nur der Pegel und die Pegeländerungen, jedoch nicht die
Wiedergabe von Aktionspotenzialen. Dazu benötigt man eine höhere
Frequenz-Bandbreite mit der Einstellung der Grenzfrequenz des
SC-Tiefpassfilter auf 3 kHz oder 6 kHz. Dazu dienen die beiden andern
LMC555 mit den Taktfrequenzen von 300 kHz und 600 kHz. Die Schaltung des
LMC555 mit 600 kHz ist in Bild 7 rechts im punktierten Kasten
wiedergegeben. Das 20-gängige Trimmpotmeter, mit hoher mechanischen
Stabilität, dient dem genauen Abgleich der Grenzfrequenz des
SC-Tiefpassfilters. Das ist zwingend nötig, weil das Verhältnis zwischen
Taktfrequenz und Grenzfrequenz nicht exakt 100 beträgt. Eine Schaltung
mit einem Quarzgenerator und einem PLL wäre dafür viel zu aufwändig!
Schalter S1 dient zum Umschalten der drei diskreten Grenzfrequenzen von
300 Hz, 3 kHz und 6 kHz. Die Frequenzen in Klammern sind die
dazugehörigen AD-Wandler-Abtastfrequenzen. S1 wählt mit dem
elektronischen Multiplexer MUX1 die Taktfrequenzen der einzelnen LMC555
zum SC-Tiefpassfilter und S1 schaltet über die Analog-Schalter C1 bis C3
und F1 bis F3 die entsprechenden aktiven analogen Tiefpassfilter ein.
Schalter S2 und Multiplexer MUX2 deuten die weiteren Kanäle an.
LMC/TLC555-Minikurse im Überblick
- 555-CMOS-Timer
Auch für lange Zeiten mit Berechnungsgrundlagen und präzisem Abgleich. - 555-CMOS: 50%-Duty-Cycle-Generator mit nur ein R und ein C
Praktische Anwendung: Eine kapazitive Sensor-Schaltung. - 555-CMOS-Monoflop: Re-Triggerbar!
Der 555-Timer-IC ist nicht retriggerbar. Mit der CMOS-Version ist es aber mit ein wenig Zusatzschaltung problemlos möglich. - Der 555-CMOS-Timer als Impulsbreitenmodulator
Zur Steuerung eines kleinen DC-Ventilators. - 555-CMOS-Impulsbreitenmodulator mit Strombegrenzung
Power-LED-Anwendung, eine kritische Betrachtung... - Positive Zusatzspannung mit dem LMC555
Man benötigt zur positiven Betriebsspannung eine weitere mit höherer Spannung, jedoch nur wenig Strom von einigen Milli-Ampere. Eine CMOS-555-Timer-Anwendung... - 555-CMOS: Sparsame Batteriebetriebsanzeige mit
Lowbatt-Funktion
Sehr niedriger Leistungsverbrauch und geeignet für hochsensible Analogschaltungen. - 230-VAC-Netzfrequenzsynchronisation mit
dem CMOS-555-Timer-IC als Schmitt-Trigger
Speziell geeignet wenn eine Synchronisation mit dem Sinus-Nulldurchgang nicht notwenig ist und eine relativ grosse Hystere erwünscht ist, um die Auswirkungen von Störsignalen (z.B. Rundsteuersignale) zu vermeiden. - TIMER 555 - Das ELKO-Buch
Die Autoren Patrick Schnabel und ich haben alles Wichtige zum Timer 555 in diesem handlichen und praktischen Ringbuch zusammengefasst.
Zum Tod des NE555-Erfinders
Quelle: http://cdn.eetimes.com/electronics-news/
4394166/Hans-Camenzind-dies
Aus einem Bericht vom 15.08.2012 habe ich erfahren, dass der grosse
Schweizer Elektronik-Guru Hans Camenzind, der früh in die USA
auswanderte, im Alter von 78 Jahren am 08.08.2012 starb. Mit seiner
Erfindung des Timer-IC
NE555 im Jahre 1971,
bereicherte Hans Camenzind nachhaltig die Elektronik-Fachwelt. In den
1980er-Jahren kam es zu einer Modernisierung durch die CMOS-Version,
z.B. LMC555 von National und TLC555 von Texas-Instruments. Die
1980er-Jahre standen generell in der CMOS-Aufbruchsphase. Ohne die
Erfindung des originalen NE555 von Hans Camenzind, hätte es auch nie
CMOS-Versionen gegeben. Eine grosse Bereicherung wäre uns versagt
geblieben! Der NE555 ist der weltweit meist verkaufte integrierte
Schaltkreis (2005).
- Mehr dazu in EE|Times
(Connecting the Global Electronics Community):
Hans Camenzind, 555 timer inventor, dies - Mehr zur Entwicklung und grundlegender
Anwendung des NE555 hier im Wiki:
NE555 - Der Lebenslauf von Hans Camenzind im Wiki:
Hans R. Camenzind