Vierkanal-Übersteuerungsanzeige mit LEDs
Vorwort
Dieser Elektronik-Minikurs beinhaltet eine Schaltung die Teil eines
grossen Systems ist. Es ist eine achtkanalige EMG-Messanlage
(EMG = Elektro-Myo-Graphie) und zwar der vollständige analoge Teil.
Dieser besteht pro Kanal aus einem EMG-Vorverstärker, einstellbarer
Verstärker, Antialiasing-SC-Tiefpassfilter mit sehr hoher Steilheit im
Bereich der Grenzfrequenz, ein 50-Hz-Sperrfilter um restliche
50-Hz-Brummspannungen zu beseitigen und eine achtkanalige
Übersteuerungsanzeige mit LEDs. Diese beiden zuletzt genannten Teile
sieht man gemeinsam auf der Frontplatte eines Einschubes dieses
EMG-Messsystemes, aufgebaut in einem sogenannten 19-Zoll-Rack. Siehe
Foto links. Voltage-Overflow to Computersystem bedeutet
auch, dass nach dieser Überspannungsanzeige das achtkanalige analoge
EMG-Signal einem im Prinzip beliebigen Computer zur Verfügung steht, der
eine geeignete vielkanalige AD-Wandlerkarte mit genügend hoher
Geschwindigkeit und Genauigkeit besitzt. Zweck der Schaltung, die hier
gezeigt wird, ist es, rasch zu erkennen ob ein Kanal oder mehrere Kanäle
das digitale System übersteuern.
In "Das SC-Filter, eine kurze Einführung"
schrieb ich im Schlusswort, dass es beim Entwurf komplexer analoger und
digitaler Systeme oft Sinn macht, sich genau zu überlegen, was man
analog und was man digital mit Signalprozessoren realisieren will. Das
was dort steht, wiederhole ich hier nicht. Es sei ergänzend nur noch
erwähnt, wenn die Schaltung einfach ist und man eine diskrete Anzeige
haben will, sollte man eine solche Überlegung auf jedenfall ernst nehmen
und zwar erst recht wenn die Parameter konstant sind. Unter diskreter
Anzeige ist hier zu verstehen, dass diese nicht ein kleines
unscheinbares Teil einer Monitoranzeige (LCD) ist, sondern mit LEDs
deutlich auffallen soll. Natürlich kommt es auch auf den Preis an, wenn
man so etwas entscheiden muss. Allerdings sind solche Geräte in der
Regel kein Massenprodukt und da kommt es meist mehr auf Qualität und
Eigenschaft als auf den letzten Cent an.
Dieser Elektronik-Minikurs soll zeigen, dass die vorliegende Aufgabe mit
einem geringen elektronischen Aufwand realisiert werden kann. Es kommen
acht Kanäle zum Einsatz, aber die Schaltung lässt sich in zwei Einheiten
zu je vier Kanälen aufteilen. Dies ergibt sich auf Grund der Anzahl der
Funktionseinheiten pro verwendetes IC. Für den Aufbau eines
Fensterkomparators braucht es zwei Komparatoren. Es kommt ein LM339 zum
Einsatz, der vier Komparatoren beinhaltet. Also braucht es es für eine
vierkanalige Einheit zwei dieser ICs. Es braucht zusätzlich ein
Schmitt-Trigger-Gatter pro Kanal. Verwendet man für alle vier Kanäle ein
74HC132, benötigt man für diese vier Kanäle drei voll ausgenutzte ICs,
nämlich ein 74HC132 und zwei LM339. Diese Schaltung, welche mit drei
preiswerten ICs und wenigen passiven Bauteilen vier Kanäle ausstattet,
ist leicht zu verstehen und ebenso leicht erweiterbar. Betreffs
Betriebsspannung und Signalspannungen passt der folgende
Schaltungsvorschlag zu den meisten AD-Wandlersystemen. Dieser
Elektronik-Minikurs bietet auch ein schönes Bespiel dafür, wie man
gewisse digitale CMOS-ICs sinnvoll in analogen Schaltungen integriert
und es zeigt am vorliegenden Beispiel, wie nützlich es sein kann, wenn
man sich manchmal auch für das IC-Innenleben interessiert.
Was ist eine Übersteuerung?
Was versteht man unter Übersteuerung eines Signals? Wenn eine Spannung höher ist, als das nachfolgende System verarbeiten kann, dann ist das eine Übersteuerung. Das Signal wird in seiner Amplitude begrenzt.
Wir exerzieren das gleich an praktischen Beispielen. Teilbild 1.1
zeigt eine Operationsverstärkerschaltung mit Verstärkung +1, also ein
typischer Impedanzwandler, wie man diese Schaltung zu nennen
pflegt. Wir gehen einfachheitshalber davon aus, dass es ein moderner
Rail-to-Rail-Opamp ist. Das heisst, dass die Ein- und Ausgangsspannung
maximal den Wert der Opamp-Speisung erreichen können und das wären im
vorliegenden Beispiel ±5 V. Die Ausgangsspannung kann die Spannung der
Opamp-Speisung natürlich nur dann erreichen, wenn der Ausgang
praktisch unbelastet ist. Praktisch bedeutet, wenn die angeschlossene
Last im 10-k-Ohm-Bereich oder höher liegt. Die Dreieckspannung am
Eingang ist höher als die Betriebsspannung und deshalb wird die
Ausgangsspannung mit +5 V und -5 V begrenzt. Hier weiss man
allerdings nicht so genau, was eigentlich die Dreieckspannung mehr
begrenzt, die Ein- oder Ausgangsstufe des Opamp.
Eindeutig ist es in Teilbild 1.2, weil diese Schaltung hat eine
Verstärkung die grösser als +1 ist. Hier begrenzt die Ausgangsstufe
dann, wenn die Eingangsstufe noch im linearen Bereich arbeitet. R1 und
R2 haben einen Wert von je 10 k-Ohm, was eine Verstärkung von +2
bewirkt. Die Ausgangsamplitude ist doppelt so gross wie die
Eingangsamplitude. Also ist klar, dass bei Ansteigen der
Eingangsspannung zuerst die Ausgangsspannung begrenzt wird.
Ganz eindeutig ist es in Teilbild 1.3, weil anstelle des
nichtinvertierenden das invertierende Verstärkerprinzip angewendet
wird. Gleichgültig wie niedrig oder wie hoch die negative Verstärkung
ist, es ist immer die Ausgangsstufe des Opamps welche die
Dreieckspannung begrenzt, weil der invertierende Eingang immer die selbe
Spannung hat wie der nichtinvertierende. Da der nichtinvertierende
Eingang auf GND liegt, liegt der invertierende Eingang auf dem
sogenannten virtuellen GND.
Teilbild 1.4 zeigt eine weitere Begrenzungsmöglichkeit. Es kann sein,
dass bei einer gewissen Eingangsspannung Ue der Opamp weder ein- noch
ausgangsseitig die Amplitude begrenzt, aber der nachfolgende AD-Wandler
tut es, wenn die Eingangsspannung den positiven oder negativen
Digitalwert erreicht hat. Eine zusammengehörende Analog/Digital-Einheit
arbeitet diesbezüglich dann optimal, wenn bei einer bestimmten
Eingangsamplitude die analogen und die digitalen Kompenenten
gleichermassen begrenzen. Eine Übersteuerungsanzeige dimensioniert man
sinnvoll so, dass sie dann anspricht, wenn der positive oder negative
Maximalwert knapp erreicht wird. Will man eine Toleranz von z.B. 6 dB
haben, setzt man die Begrenzungswerte exakt auf die halben Maximalwerte.
Eine solche Übersteuerungstoleranz wird oft in Audioanwendungen
dimensioniert.
Opamps und Komparatoren, Unterschiede!
In diesem Kapitel betrachten wir in Kürze ein wenig die Unterschiede
zwischen Operationsverstärker (Opamps) und Komparatoren. Man kann für
relativ langsame Vorgänge, also nicht allzu steile Flanken der
Ausgangsspannungen auch Opamps anstelle "echter" Komparatoren verwenden.
Verwendet man sehr schnelle Opamps kann man durchaus auch steile Flanken
erzeugen. Also ist es möglich solche Opamps durchaus auch für relativ
schnelle Vorgänge einzusetzen. Allerdings ist dies nicht besonders
ökonomisch, weil sehr schnelle Opamps sind nicht billig und es kommt
dazu, dass man für Komparatoren weder die hervorragenden linearen
Eigenschaften noch andere für Opamps wichtige Daten benötigt, wenn am
Ausgang nur ein Rechtecksignal erzeugt werden muss. Aus diesem Grund
gibt es für diesen Zweck eben "echte" Komparatoren. Sie unterscheiden
sich darin, dass die interne Schaltung oft einfacher ist als die der
Opamps und die Komparatoren haben keine interne Frequenzgangkompensation
und ebenso keine Anschlüsse für eine externe. Wozu auch, eine
Gegenkopplung wird eh nicht benötigt, denn die Verstärkung soll für die
Komparatorfunktion möglichst sehr hoch sein. Wenn schon etwas
zurückkoppeln, dann eher im Sinne einer Mitkopplung, und diese führt
zur Funktion des Schmitt-Triggers. Mit einer nur sehr schwachen
Mitkopplung kann man oft wirkungsvoll die Gefahr des ungewollten
Oszillierens vermeiden.
Es gibt noch einen bedeutenden Unterschied zwischen Opamps und
Komparatoren. Viele Komparatoren haben einen Open-Collector-Ausgang,
wenn der innere Aufbau bipolar ist und einen Open-Drain-Ausgang, wenn
der innere Aufbau in CMOS realisiert ist. Diese Art der Ausgänge bieten
den grossen Vorteil der logischen ODER- bzw. UND-Verknüpfung von vielen
Komparator-Ausgängen. Das geht ganz einfach, in dem man alle
Kollektor-Ausgänge (Drain-Ausgänge) miteinenander verbindet. Es gibt
bloss einen kleinen Wehrmutstropfen: Soll die Flanke beim Ausschalten
des Open-Collector-Transistor oder Open-Drain-FET steil sein, muss der
Pullup-Widerstand relativ niederohmig sein und dies führt je nach Höhe
der Betriebsspannung zu einem respektablen Strom. Die Grösse des
Pullup-Widerstandes ist dabei sehr stark von der Kapazität, die diese
sogenannte Wired-OR- oder Wirded-AND-Verknüpfung erzeugt, abhängig. Je
grösser der Widerstand und je grösser diese parasitäre Kapazität, um
so weniger steil ist die Flanke beim Ausschalten des bipolaren
Transistors oder des FETs. Der Strombewertung durch den
Pullup-Widerstand ist natürlich relativ, bezogen je nachdem wieviel
Strom die Gesamtschaltung benötigt.
Fenster-Komparator und Impulserzeugung
Wir beginnen mit der einfachen Komparatorschaltung. Teilbild 2.1 zeigt die nichtinvertierende und Teilbild 2.2 die invertierende Komparatorschaltung. Das Diagramm in Teilbild 2.1 zeigt eine positive Ausgangsspanng Ua, wenn die Eingangsspannung Ue den GND-Pegel positiv überschreitet. Das Diagramm in Teilbild 2.2 zeigt eine negative Ausgangsspanng Ua, wenn die Eingangsspannung Ue den GND-Pegel positiv überschreitet. Der Pullupwiderstand fehlt hier, falls er überhaupt benötigt würde. Es geht bloss um das Prinzip.
Teilbild 3.1 zeigt den Aufbau eines Fenster-Komparators? Woher die
Bezeichnung Fenster? Das Fenster ist ein Bereich der Eingangsspannung,
bei der die Ausgangsspannung eine bestimmte Spannung, eigentlich einen
logischen Pegel, aufweist. Logischer Pegel, weil ein Komparator immer
nur zwei verschiedene Spannungszustände annehmen kann, eben logisch
HIGH oder logisch LOW. Im vorliegenden Beispiel sind dies +5 V oder -5V.
Wenn Ue zwischen +2.5 V und -2.5 V liegt, haben beide Ausgänge von Ko1
und Ko2 logischen HIGH-Pegel und das bedeutet, dass die
Ausgangstransistoren der Komparatoren offen sind. Wir haben damit eine
logische UND-Verknüpfung, denn der Pegel am Ausgang ist HIGH wenn beide
Open-Collector-Transistoren offen sind. Offene Transistoren mit einem
Pullup-Widerstand Rpu haben HIGH-Pegel. Diese korrekte logische
Definition ist betreffs der eigentlichen Anwendung realitätsfremd. Da
haben wir es mit einer logischen ODER-Funktion zu tun, weil, entweder
übersteuert das Eingangssignal an Ue mit seiner positiven oder negativen
Amplitude und dies löst eine Anzeige, z.B. mittels Leuchten einer LED,
aus.
Nun ist es so, dass wir es mit den Open-Collector-Transistoren mit
Aktiv-Low zu tun haben. Es interessiert was geschieht wenn der
Komparator aktiv ist. So betrachtet heisst es: Wenn einer der beiden
Transistoren aktiv ist, also ein LOW-Pegel erzeugt, soll ein Signal
dies kundtun. Dies geschieht durch die Schaltung im Kästchen IMPV
(Impulsverarbeitung). Impulse durch sehr kurzzeitige Übersteuerungen
werden zeitlich so weit gedehnt, dass auch ein einzelnes Aufblitzen
der LED deutlich wahrnehmbar ist. Gleichzeitig wird das Signal
invertiert und eine LED gegen GND gesteuert. Dies ist zwar nicht
nötig, wenn man die LED an die +5 VDC schaltet. Es ergibt sich
einfach, wie wir in Bild 4 noch sehen werden. Wir haben es hier also
mit einer Wired-OR-Funktion zu tun, die folgendermassen definiert ist:
Wenn das Eingangssignal an Ue positiv oder netagiv übersteuert, dann
ist das Ausgangssignal logisch HIGH und schaltet eine LED zum Leuchten
ein. Das Blockschaltbild hat hier einen rein symbolischen
Charakter. Die wirkliche Ausführung in Bild 4 ist etwas anders. Dies
wird dort genau erklärt.
Das Diagramm in Teilbild 3.2 zeigt an Ue die Dreieckspannung die knapp
den positiven und negativen Spannungslimit von +2.5 VDC und -2.5 VDC
überschreitet. Als Folge davon sehen wir U1 mit den synchronen
schmalen Impulsen t1. Oft zu kurz, um, auf Grund der Augenträgheit, die
LED blitzen zu sehen. IMPV invertiert und verlängert den Impuls. Die
Inversion und die längeren Impulsbreiten t2 sehen wir im untersten
Diagramm U2. Wir kommen jetzt zur konkreten Schaltung.
Schaltung und Signale
Wie der Fensterkomparator mit Ko1 und Ko2 arbeitet, ist bereits erklärt. Es folgt noch eine Ergänzung. Auf Ue folgt hier ein Spannungsteiler. Beide Widerstände R1 und R2 sind mit 49.9 k-Ohm (Toleranz 1%) gleich gross. Daraus resultiert, dass die Übersteuerspannung mit +5 V und -5V (10 Vpp) doppelt so hoch ist. Dieser Grenzwert entspricht vielen AD-Wandlern.
Die Impulsverarbeitung IMPV
Betrachtet man in Teilbild 4.1 R3 zunächst als Drahtbrücke und C1 fehlt,
ist R4, hier mit 1 M-Ohm, der Pullupwiderstand. R4 mit 1 M-Ohm ist der
Pullupwiderstand Rpu aus Bild 3. Wozu es in Serie zum den Ko-Ausgängen den
niederohgmigen R3 benötigt, werden wir gleich sehen. Die Schaltung IMPV,
mit dem HCMOS-IC 74HC132, ist nicht wie gewohnt an eine positive
Betriebsspannung (Pin 14) und GND (Pin7) angeschlossen. Die
Betriebsspannung liegt zwischen GND (Pin 14) und -5 VDC (Pin 7). Ich
empfehle das Studium des Datenblattes zum
74HC132
von Texas-Instruments. In Bild 4 sehen wir bei diesem Gatter die
willkürliche Bezeichnung StG, was Schmitt-Trigger-Gatter bedeutet. Diese
Bezeichnung wird ab hier auch im Text verwendet.
Jetzt aber zurück zur Frage, warum diese kurriose Speisung des StG?
Grund ist ganz einfach der, dass man HCMOS-Logik-ICs nicht mit 10 VDC
speisen kann. Also speisen wir sie hier mit -5 VDC und sorgen dafür,
dass mit R4 die Komparatorausgänge die logischen HIGH-Pegel mit GND und
die logischen LOW-Pegel mit -5 VDC erzeugen. Es gibt aber einen weiteren
Grund, warum man nicht gerade so gut mit +5 VDC und GND speisen
kann. Dies hat mit den Open-Collector-Ausgängen von Ko1 und Ko2 zu tun.
Die Emitter dieser Transistoren (siehe Datenblatt des LM339) liegen bei
dieser symmetrischen Betriebsspannung von ±5 VDC auf -5 VDC. Wenn einer
dieser Transistoren, auf Grund einer Signalübersteuerung, leitet, wird
sein Kollektor auf -5 V und nicht auf GND geschaltet. Mit einem
Pullup-Widerstand (R4) im Einsatz hat der Open-Collector-Transistor zwei
logische Werte, GND (HIGH-Pegel) und -5 V (LOW-Pegel).
Welche Funktion hat das RC-Netzwerk aus R3, R4 und C1? Wenn durch Ue an
(A) eine Übersteuerung auftritt und ein Komparatorausgang auf -5 V (LOW)
geht, wird über den niederohmigen Widerstand R3 von bloss 220 Ohm C1 mit
100 nF sofort geladen. Diese Zeitkonstante beträgt 22 µs. Der Eingang
(B) des folgenden StG liegt dann ebenfalls auf -5 V (LOW). Der Ausgang
von StG (C) liegt invertiert mit dem GND-Pegel auf logisch HIGH. Durch
R5 und der LED fliesst ein Strom von etwa 2 mA nach -5 VDC. Man muss
also unbedingt Leuchtdioden verwenden, die bei niedrigen Strömen schon
anständig leuchten, denn ein Strom von 20 mA, für gewöhnliche LEDs,
liefert ein HCMOS-Ausgang nicht. Man bezeichnet diese hochempfindlichen
LEDs Low-Current-LED. Nicht zu verwechseln mit den hocheffizienten
superhellen LEDs. Diese leuchten bei normalem LED-Strom besonders hell,
während Low-Current-LEDs gerade dies nicht (unbedingt) tun, dafür aber
bei niedrigem Strom bereits eine akzeptable Leuchtkraft haben.
Will man in der vorliegenden Schaltung lieber eine ganz normale oder
sogar superhelle LED bei 20 mA einsetzen, dann geht dies natürlich
auch, wie dies Teilbild 4.1a zeigt. Man schaltet direkt an den Ausgang
von StG die Basis eines NPN-Kleinsignal-Transistors Tx, z.B. einen
BC550. Den Kollektor verbindet man mit GND und den Emitter über einen
Strombegrenzungs-Widerstand Rx über die ganz normale LED mit -5 VDC. Für
eine Strombegrenzung von etwa 20 mA durch die LED, muss Rx einen Wert
von 100 Ohm haben. Wir haben es mit einer Emitterfolgerschaltung
(Kollektorschaltung) zu tun. Wenn GND-Pegel an der Basis, liegt der
Emitter bei minimal -0.7 V. Wier rechnen mit -1 V und so haben wir über Rx
und LED eine Spannung von 4 V und über Rx alleine gerade noch 2.0 bis
2.2 V. Dies ergibt, bei einem Strom von 20 mA, ein Rx-Wert von 100 Ohm.
Die Verlustleistung über R4 beträgt etwa 40 mW. Der Basisstrom muss StG
liefern und der beträgt bei einer Stromverstärkung von 50 (es sind eher
etwas mehr) noch 0.4 mA oder weniger.
Wenn durch Ue an (A) die Übersteuerung wegfällt, sind beide
Openkollektor-Transistor-Ausgänge von Ko1 und Ko2 offen und C3 entladet
sich über R4 mit einer Zeitkonstante von 100 ms. Dabei steigt die
Spannung an (B) von -5 V, mit exponentiellem Verlauf, auf GND und beim
Durchschreiten der Hysterese des StG erlischt die LED augenblicklich,
weil der Ausgang des StG auf -5 V (LOW) schaltet.
Man beachte die Diagramme in Teilbild 4.2. Oben mit (A) sieht man den
Aussschnitt eines niederfrequenten Signales. Man erkennt darin zwei
sehr kurzfristige spannungssymmetrische Übersteuerungen mit nur gerade
einer Maximalwertüberschreitung (1), eine etwas länger andauernde (2),
und eine lang andauernde (3), die sich entsprechend auf die Leuchtdauer
der LED auswirkt.
Komfortverbesserung
Ohne die Massnahme mit R4 und C1 bleiben sehr kurzzeitige
Übersteuerungen unsichtbar. Mit dieser sogenannten One-Shot-Funktion ist
es jedoch möglich auch mit sehr kurzzeitigen Übersteuerungen, durch ein
auffälliges Aufblitzen der LED mit einer Dauer von etwa 100 ms, die
Aufmerksamkeit zu erregen. Dieses Aufblitzen der LED(s) - besonders dann
wenn's vielkanalig ist und viele aufblitzen - fällt auch dann auf, wenn
man man nicht stur die LEDs anschaut, sondern das LED-Panel seitlich
wahrnimmt. Hat man jedoch eine Computer-Softwarelösung, muss man zwecks
Überwachung öfters den Monitor betrachten, es sei man lässt gleich
grössere Flächen des Monitores aufblitzen und der Hintergrund ist
wesentlich dunkler. Hier drin liegt die Komfortverbesserung mit der
LED-Hardwarelösung begründet, die ich eingangs erwähnte.
Die Hysterese des StG ist toleranzbehaftet. Man kann aber mit recht
guter Annäherung annehmen, dass die obere Schwelle der
Hysteresespannung, bezogen auf -5 VDC, recht gut dem Spannungswert der
R4C1-Zeitkonstante (auch bezogen auf -5 VDC) entspricht. Daher die
vereinfachende Gleichsetzung von LED-Leuchtdauer und R4C1-Zeitkonstante.
Sollte die Blitzdauer zu kurz oder zu lang erscheinen, kann man dies
leicht durch eine Anpssung von R4 korrigieren. Siehe dazu die unteren
beiden Teildiagramme in Teilbild 4.2.
Das Diagramm in Teilbild 4.3 zeigt eine Sinusperiode mit einer Frequenz
von 14 kHz und einer einmaligen spannungssymmetrischen Übersteuerung von
10%. Dabei werden die Openkollektor-Transistoren von Ko1 und Ko2
nacheinander kurz eingeschaltet. Dies erkennt man in der schrittenweisen
Ladung von C1 durch R3 (B), wie es sich auf dem Oszilloskopen darstellt.
Daraus kann man einiges herauslesen: Nur eine asymmetrische
Übersteuerung, also entweder im positiven oder negativen
Spannungsbereich, würde bei dieser Frequenz oder höher und nur 10%-iger
Übersteuerungsspannung zum Kippen des StG und Aufblinken der LED noch
nicht ganz ausreichen. In diesem Fall müsste entweder die Frequenz
niedriger oder die Übersteuerungsspannung grösser sein, damit die
Aufladezeit von C1 lange genug andauert. Dieses Diagramm veranschaulicht
ein wenig die Grenzbedingungen.
Die Dimensionierung des R3-R4-C1-Netzwerk
R3 dient nur der Strombegrenzung für die Openkollektor-Transistoren an
den Ausgängen von Ko1 und Ko2. Bei 220 Ohm können maximal 23 mA
fliessen. Der Hersteller des LM339 erlaubt einen maximalen Dauerstrom
von 25 mA. Beim Laden von C1 durch R3 treten diese 23 mA nur extrem
kurzzeitig auf und nach der Zeitkonstante von nur 22 µs sind es nur noch
7.5 mA. Diese Werte gelten allerdings nur bei einem idealen
Transistorschalter, dessen Kollektor-Emitter-Spannung 0 V beträgt.
Danach geht der Strom schnell auf Null zurück. Der nächste maximale
Ladestrom tritt nur dann auf, wenn sich vorher C1 über R4 vollständig
entladen kann.
Der maximale Kollektorstrom dürfte durch den IC-internen
Open-Collector-Transistor generell auch ohne R3 nicht allzu hoch sein.
Er bekommt aus einer Konstantstromquelle einen Basisstrom von 100 µA. Im
Sättigungsfall dürfte die Stromverstärkung eher kleiner 100 sein, was
einem Kollektorstrom von weniger als 10 mA entsprechen würde. Oberhalb
von 16 mA steigt die Kollektor-Emitterspannung, gemäss Datenblatt, an.
Das heisst, dass der Kollektorstrom nicht mehr sehr viel grösser werden
kann. Da die damit involvierte maximale Verlustleistung aber weit
unterhalb einer Dauer der R3C1-Zeitkonstante auftritt und das
Tastverhältnis meist sehr gross ist, dürfte eine Anwendung ohne R3 in
Betracht gezogen werden. Mit R3 ist man aber auf der betriebssicheren
Seite. Im Falle einer dauerhaften Übersteuerung ist C1 ständig geladen
und das soeben diskutierte Problem existiert nicht.
Es gibt aber noch die Alternative in dem C1 auf z.B. 10 nF verringert
und R4 auf 10M-Ohm erhöht wird. Die R4C1-Zeitkonstante bleibt dabei
gleich gross, aber diejenige von R3C1 verringert sich auf ein Zehntel,
was die Schaltung für höherfrequentere Anwendungen attraktiver macht.
Mit niedrigerem Wert von C1 kann man, ohne Einbussen einer hohen
Betriebssicherheit, einen niedrigeren Wert von R3 riskieren, falls man
Wert drauf legt.
Dem HCMOS-Eingang macht es selbst dann keinen Eindruck wenn R4 sogar 100
M-Ohm gross wäre, weil sein Eingangswiderstand noch sehr viel grösser
ist. Man darf allerdings nicht den offenen Openkollektor-Transistor im
LM339 vergessen. Sein Leckstrom wird mit typisch 0.1 nA bei einer
offenen Kollektor-Emitterspannung von 5 VDC und einer Temperatur von 25
Grad Celsius angegeben. Bei 5 VDC entspräche dies einem Widerstandswert
von 50 G-Ohm. R4 mit einem Wert von 10 M-Ohm, oder auch grösser, wäre
daher sicher problemlos. Allerdings sollte man es nicht übertreiben,
denn je höherohmiger man die Schaltung realisiert, um so peinlicher ist
darauf zu achten, dass sie stets sehr sauber, staubfrei und bei geringer
Luftfeuchtigkeit gehalten wird, weil sonst die Übergangswiderstände
zwischen den Leiterbahnen niederohmiger werden. Dass dabei ein
hochwertiger Printschutzlack zur Anwendung kommen sollte, versteht sich
von selbst.
Strom-Betrachtungen
Der LM339-Vierfachkomparator, verschlingt nur wenig Betriebsstrom. Er
liegt typisch bei etwa 1 mA für alle vier Komparatoren. Das
nachgeschaltete HCMOS-Schmitt-Trigger-Gatter StG benötigt statisch gar
keinen Strom, sieht man vom extrem niedrigen Leckstrom im nA-Bereich
ab. Was will uns jedoch Bild 5 sagen? Es zeigt nichts anderes als das
was man von digitalen CMOS-Schaltungen generell weiss. Praktisch
verlustleistungslos sind sie nur dann, wenn sie im einen oder andern
logischen Zustand verharren. Wenn sich der logische Zustand verändert,
fliesst durch die CMOS-Stufe ein Drain-Strom ID.
Grund ist ganz einfach der, dass in der Übergangsphase der beiden
logischen Zustände die Drain-Source-Strecken des P-Kanal- und des
N-Kanal-MOS-Transistors (Teilbild 5.2) etwas leidend sind. Bei der
vorliegenden Speisespannung von 5 VDC steigt dieser Strom bis zu einem
Maximum von etwa -2 mA. Diese Kurve in Teilbild 5.1 nennt man die
Transfercharakteristik. Bei dieser Betrachtung ist es natürlich wichtig,
dass man erkennt, dass man den nicht benutzten Eingang mit logisch HIGH
und nicht etwa mit (B) verbindet!
Der Grund dafür zeigt die Teileauflösung im Teilbild 5.4 deutlich.
Ein solches Schmitt-Trigger-NAND-Gatter, aus einem 74HC132, besteht
eingangsseitig aus zwei Schmitt-Trigger-Invertern, wobei auf den Eingang
zuerst eine simple CMOS-Stufe (Teilbild 5.2) folgt. Der punktierte Pfeil
zeigt auch genau auf den einen Eingang des Schmitt-Trigger-Gatter
(Teilbild 5.3). Die Transfercharakteristik gilt genaugenommen für
ID in Teilbild 5.2 und nicht auf das ganze Gatter
in Teilbild 5.3. Die Schmitt-Trigger-Funktion verzerrt die Kurve durch
den "inneren" Umschaltvorgang wegen dem Mitkopplungseffekt. Wenn man die
Transferkurve messen will, nimmt man besser ein NAND-Gatter ohne
Schmitt-Trigger-Funktion, z.B. den 74HC00.
Zurück zum 74HC132. Erst nach den beiden Schmitt-Trigger, wenn steile
Flanken vorliegen, werden die beiden Signale logisch (im Ganzen
betrachtet) NAND-verknüpft. Würde man beide Eingänge des Gatter parallel
zu (B) schalten, würde sich in der Übergangsphase der Stromverbrauch
verdoppeln. Dies schlägt vor allem dann zu Buche, wenn die
Vierkanal-Übersteuerungsanzeige in einem batteriebetriebenen Gerät zur
Anwendung kommt. Daher muss der unbenutzte Eingang auf logisch HIGH,
hier GND, gesetzt werden.
Falls jetzt jemand auf die Idee kommen sollte, anstatt dieser
One-Shot-Methode ein Monoflopp, z.B. ein 74HC4538 zu verwenden, nützt
dies nichts, denn auch ein CMOS-Monoflop braucht Strom in der
Übergangsphase während des Ladungsvorganges des Kondensators und die
Spannung den Mittelpunkt beider logischen Zustände durchschreitet. Damit
müssen wir leben. Die hier gezeigte One-Shot-Methode hat
gegenüber der Monoflop-Methode zwei Vorteile: Eine Fehltriggerung durch
ein Störsignal ist nicht möglich, weil nur Monoflops positive
Rückkopplungen haben und mit der One-Shot-Methode genügt ein einziger
14-pin-IC um vier One-Shots zu realisieren. Mit der Monoflopmethode
(74HC4538) kann man mit einem 16-pin-IC nur gerade zwei Monoflops
realisieren.
Noch einmal zurück zum Strom- und Leistungsverbrauch von
CMOS-Schaltungen. Es gibt zwei Ursachen:
Die eine ist oben beschreiben. Diese tritt allerdings nicht relevant in
Erscheinung wenn die Übergänge zwischen den beiden logischen Zuständen
steilflankig erfolgen, wie dies in digitalen Systemen üblich ist und die
Taktperiode im Vergleich zur Schaltzeit relativ gross ist. Die mittlere
Verlustleistung ist dann niedrig. Sie steigt allerdings mit zunehmender
Taktfrequenz, weil dann das Tastverhältnis, gegeben aus der Taktperiode
und der Flankensteilheit, kleiner wird. Der zweite Grund liegt in der
Umladung von parasitären Kapazitäten, welche durch die Leitungen an den
CMOS-Ausgängen bedingt sind. Auch diese Verlustleistung wird erst bei
höheren Taktfrequenzen relevant.
Die Vierkanal-Übersteuerungsanzeige
Bild 6 zeigt die vollständige Schaltung für vier Kanäle. Man benötigt
dazu zwei altbewährte Vierfachkomparatoren des Typs LM339 (IC:A,B) und
ein Vierfach-Dual-Input-NAND-Schmitt-Trigger-Gatter des Typs 74HC132
(IC:C). Beide ICs sind sehr preiswert.
Betreffs der von Dimensionierung von R1 und R2. Absolute
Widerstandswerte sind hier irrelevant. Es empfiehlt sich nicht
wesentlich über 100 k-Ohm hinaus zu gehen. Wichtig ist es, auf enge
Toleranzen zu achten. 1%-Widerstände sind nötig, daher auch die 1 in
den Widerstandssymbolen. In der Tabelle links unten sind die Werte für
R1 und R2 für eine Spannungsaussteuerung von 5 Vpp, 10 Vpp und 20 Vpp
angegeben. Dies sind Full-Scale-Grenzwerte, wie sie oft in
AD-Wandlerkarten zur Anwendung kommen.
Für die symmetrische Referenzspannung von ± 2.5 VDC werden zwei
Bandgap-Referenzen REF des Typs LM385-2.5 empfohlen. Alle weiteren
Details sind bereits weiter oben ausführlich erklärt. Also kommen wir zu
den Referenzspannungen, die der Referenzierung für die Übersteuerung
dienen und betrachten dazu Bild 7:
Ist dies einem zu teuer und es reicht die Genauigkeit der stabilisierten Betriebsspannung für die Schaltung, kann man die Referenzspannungen auch mit zwei 1:1-Spannungsteilern realisieren. Dies zeigt Teilbild 7.1. Die Widerstände R6 sollten nicht grösser als 10 k-Ohm sein, damit die Eingangs-Bias- und der Eingangs-Offset-Ströme der Komparatoren irrelevant bleiben. Es empfiehlt sich auf jedenfall ein Blockkondensator C2 mit einzubauen, damit die Referenzquellimpedanz niedrig bleibt. Ob sich diese etwas billigere Methode wirklich lohnt, muss der Anwender selbst entscheiden. Empfehlenswerter ist die Schaltung in Teilbild 7.2 mit den beiden elektronischen Spannungsreferenzen LM385-2.5 (Bandgap-Prinzip) mit den hochstabilen Spannungen von 2.5 VDC. Diese Schaltung sollte man auf jedenfall dann einsetzen, wenn viele Kanäle (Fensterdiskriminatoren) referenziert werden müssen. Die beiden Kondensatoren Ck sind Blockkondensatoren an den Speiseanschlüssen der ICs (Bild 6). Es sind sind hier nur gerade zwei Kondensatoren symbolisch angedeutet.
Eine Vielkanal-Übersteuerungsanzeige
Man kann die vorliegende Schaltung auf x-beliebig Anzahl Kanäle
erweitern. Für acht Kanäle verdoppelt man einfach die vorliegende
Schaltung mit der Einschränkung, dass man die Referenzspannungen mit
zwei LM385-2.5 nur einmal realisieren muss, da man mit ihnen praktisch
beliebig viele Komparatoren referenzieren kann. Der dynamische
Ausgangswiderstand dieser Bandgapreferenzen ist mit 1 Ohm sehr
niederohmig.
An Stelle des 74HC132, kann man auch den Hex-Inverting-Schmitt-Trigger
74HC14 verwenden. Die R4C1-Zeitkonstanten für die minimale
LED-Leuchtdauer, muss vielleicht korrigiert werden. Ich habe dies nicht
getestet. Damit hat man den Vorteil, bei einer 12-kanaligen Anzeige ein
IC zu sparen, weil dieses IC gleich sechs Schmitt-Trigger-Inverter
enthält. Auf diese Weise sind für 12 Kanäle drei LM339 und zwei 74HC14
voll besetzt.
Technische Daten
Betriebsspannung: ± 5 VDC Betriebsstrom: + 2 mA (in jedem Zustand) - 2 mA (keine LED leuchtet) -10 mA (alle vierLEDs leuchten) -20 mA (Logikübergangsphase an allen StG und alle LEDs leuchten) Maximale Frequenz: Komplexe Situation. Siehe Text zu Bild 4. Übersteuerungseinsatz: Abhängig von R1 und R2, Tabelle in Bild 6. Siehe auch Text zu Bild 4.
Bauteil-Liste für Bild 6
IC:A, IC:B LM339N IC:C 74HC132 REF LM385-2.5 R1, R2 siehe Tabelle in Bild 6 R3 220 Ohm (und siehe Text zu Bild 4) R4 1 M-Ohm (und siehe Text zu Bild 4) R5 1.5 k-Ohm R6 4.7 k-Ohm C1 100 nF (und siehe Text zu Bild 4) Ck 100 nF (Keramik, Vielschicht) LED Low-Current-LED z.B. HLMP-K150 (FARNELL: 322-544)