Echter Differenzverstärker III
Einleitung
Leserfeedbacks zeigen, dass zum guten Verständnis des
Instrumentationsverstärkers - die korrekte Bezeichnung für den echten
Differenzverstärker - oft grundlegendes Wissen, speziell betreffs
virtueller Masse (GND) bzw. virtueller Spannung, mangelhaft ist. Dies
ist auch der Grund warum die Funktionsweise des Operationsverstärker
(Opamp) nicht ausreichend verstanden wird. Die beiden
Elektronik-Minikurse
Operationsverstärker I und
Operationsverstärker III
thematisieren dies. In diesem Elektronik-Minikurs wird der selbe Inhalt
auf den Instrumentationsverstärker angewendet. Wir tun dies wie üblich
praxisbezogen und auch gleich mit Beispielen. Es empfiehlt sich
besonders für den Anfänger auf einem Testboard diese Schaltungen
aufzubauen und auszumessen. Es eignet sich z.B. ein Quad-Opamp des
Typs TL064, TL074 oder TL084. Selbstverständlich geht es auch mit
Single-Opamps, wie TL061, TL71, TL081 oder LF356.
Manch einer möge an dieser Stelle einwenden, dass man alternativ auch
mit einem guten Simulations-Programm zu den selben Ergebnissen kommt. Je
nach Anspruch mag dies in diesem Fall zutreffen. Auf jedenfall ist das
Erleben und Erfahren nicht identisch. Beim realen Experimentieren
beobachtet man u.a. Seiteneffekte, die bei der Simulation nicht
auftreten, oder man macht beim Simulieren Fehler, die besonders dem noch
Unerfahrenen nicht leicht auffallen und man glaubt, die Schaltung
funktioniere nicht. Gewiss können auch beim Experimentieren Fehler
passieren, aber sie sind oft leichter durchschaubar. Es geht nicht darum
das Experimentieren gegen das Simulieren auszuspielen. Beides hat seine
gleichwertige Daseinsberechtigung. Mehr dazu liest man im folgenden
Artikel:
Instrumentationsverstärker zerlegen und verstehen
Bild 1 zeigt und zerlegt den Instrumentationsverstärker aus Bild 4 des
Elektronik-Minikurses
Echter Differenzverstärker I
in zwei Teile. Wir widmen uns zuerst Teil 1, welcher bekanntlich die
Aufgabe hat, sehr hohe Eingangswiderstände zu erzeugen, damit eine
Signalquelle praktisch nicht belastet wird und sie hat aber ebenso die
Aufgabe Spannungen zu verstärken. Um dies besser nachzuvollziehen,
"tauchen wir ab" zur Opampschaltung...
Teil 2 zeigt den eigentlichen Differenzverstärker, dessen Aufgabe es ist
Gleichtaktsignale (gleiche Spannungen an Ue1 und Ue2) zu unterdrücken.
Dies ist zwar in Echter
Differenzverstärker I im Kapitel "Echter Differenzverstärker"
(Bild 3) thematisiert, aber wir wollen auch hier diesen Teil,
hauptsächlich aus der Sicht der virtuellen Spannungen, an Beispielen
beleuchten.
Teil 1: Die Eingangsstufe
Bild 2 zeigt uns die Eingangsstufe des Instrumentationsverstärkers. Die
Berechnungsformel ist beinahe identisch mit der in Bild 4 in
Echter Differenzverstärker I.
Weil hier in Bild 2 Teil 2 des Instrumentationsverstärkers fehlt, gibt
es anstatt nur Ua als Ausgangsspannung, die beiden Ausgangsspannungen
des Teil 1 in Ua1 und Ua2. Dies drückt sich in der Berechnungsformel
aus.
Es gibt drei Zahlenbeispiele mit Eingangsspannungen die in drei
Ausgangsspannungswerte resultieren. Da die differenzielle
Eingangsspannung im ersten Beispiel asymmetrisch ist, ist es ebenso die
Ausgangsspannung. Auf die Differenzspannung, auf die es letztlich
ankommt, hat dies allerdings keinen Einfluss. Die Schaltung hat eine
differenzielle Verstärkung von einem Faktor 5. D.h. Gegentaktsignale
werden mit 5 verstärkt, Gleichtaktsignale hingegen nur mit 1. R1 ist bei
Gleichtaktsignalen unwirksam. Davon mehr im Kapitel Teil 1 aus Bild
1: Die Gleichtaktverstärkung.
Teil1: Eingangsstufe in Opampschaltungen zerlegt
In den folgenden Bildern 3 bis 5 wird Teil 1 des Instrumentationsverstärkers noch einmal in einzelne Opampschaltungen zerlegt und wir betrachten diese mit den drei Beispielen der Eingangsspannungen.
Teilbild 3.1 zeigt noch einmal kurz zusammengefasst die Schaltung von
Bild 2. Opamp A1 erhält am nichtinvertierenden Eingang die Spannung Ue1
= +1 VDC. Der invertierende Eingang hat somit die selbe virtuelle
Spannung von +1 VDC. Opamp A2 erhält am nichtinvertierenden Einang die
Spannung Ue2 = 0 VDC (GND). Der invertierende Eingang hat somit die
selbe virtuelle Spannung von 0 VDC (GND).
Teilbild 3.2 gibt die Schaltung um den Opamp A1 wieder, jedoch mit dem
Unterschied, dass R1 nicht mit dem invertierenden Eingang des Opamp A2
gezeichnet ist. Man sieht das GND-Symbol. So leuchtet es etwas leichter
ein, wie diese Teilschaltung funktioniert. Die Berechnungsformel, oben
rechts, ist bekannt. Es ist die typische nichtinvertierende
Verstärkerschaltung. Es resultiert an Ua1 eine Spannung von +3 VDC.
Teilbild 3.3 gibt die Schaltung um den Opamp A2 wieder, jedoch mit dem
Unterschied, dass R1 nicht mit dem invertierenden Eingang des Opamp A1
gezeichnet ist. Man sieht einfach das Eingangs-Symbol (Ring mit Strich)
mit einem Spannungswert von +1 VDC. Der nichtinvertierende Eingang hat
die Spannung 0 VDC, liegt also auf GND. Wir können die Schaltung um
Opamp A2 daher als invertierender Verstärker auffassen. Die verstärkte
virtuelle Spannung von +1 VDC (Opamp A1) erzeugt an Ua2 eine Spannung
von -2 VDC. Die Differenzspannung zwischen Ua1 und Ua2 beträgt somit 5
VDC. Man kann dies mit der Formel in Bild 2 überprüfen. Eine allgemein
gültige Betrachtung folgt mit Bild 5.
Teil 1: Die Gleichtaktverstärkung
Teilbild 4.1 zeigt noch einmal kurz zusammengefasst die Schaltung von
Bild 2. Opamp A1 erhält am nichtinvertierenden Eingang die Spannung Ue1
= +1 VDC. Der invertierende Eingang hat somit die selbe virtuelle
Spannung von +1 VDC. Opamp A2 erhält am nichtinvertierenden Eingang die
selbe Spannung von +1 VDC. Der invertierende Eingang hat somit die
selbe virtuelle Spannung von +1 VDC. Der Spannungsbafall über R1 ist 0
VDC. Es fliesst durch ihn keinen Strom. Es spielt im Fall der
Gleichtaktspannung also keine Rolle wie gross R1 ist. Teilbild 4.2
illustriert dies. Damit kommen wir zu Teilbild 4.3 mit zwei autonomen
Impedanzwandlerschaltungen mit je einer Verstärkung von 1. Dieses
Schaltbild gilt aber wirklich nur dann, wenn Ue1 exakt Ue2 ist!
Dieses Schaltbild gilt allerding ebenso für gleich grosse
Spannungsänderungen an Ue1 und Ue2. Angenommen wir haben am Eingang eine
Differenzspannung (Ue1 - Ue2) von 2 VDC. Diese ist zunächst symmetrisch
mit Ue1 = 1 VDC und Ue2 = -1VDC. Zwischen Ua1 und Ua2 stellt sich eine
Differenzspannung 10 VDC ein. Es folgt nun eine Stör-Gleichtaktspannung
von +0.5 VDC auf beide Eingänge, Ue1 = +1.5 VDC und Ue2 = -0.5 VDC. Die
Differenzspannung bleibt auf 2 VDC. Die Absolutwerte von Ua1 und Ua2,
referenziert auf GND, ändern sich, aber die Differenzspannung von 10 VDC
zwischen Ua1 und Ua2 bleibt sich gleich. Auf genau diese Weise werden
z.B. niederfrequente Stör-Brummspannungen unterdrückt, die in der Regel
als Gleichtaktspannungen auftreten. R1 ist auch in diesem Fall betreffs
Gleichtaktspannung so unwirksam, als gäbe es ihn nicht. Würde man R1
jedoch entfernen, würde sogleich die Verstärkung von 5 für die
Differenzspannung wegfallen.
Teil 1 von Bild 1: Die allgemeingültige Betrachtung der Eingangsstufe
Teilbild 5.1 zeigt noch einmal kurz zusammengefasst die Schaltung von
Bild 2. Opamp A1 erhält am nichtinvertierenden Eingang die Spannung Ue1
= +1 VDC. Der invertierende Eingang hat somit die selbe virtuelle
Spannung von +1 VDC. Opamp A2 erhält am nichtinvertierenden Einang die
Spannung Ue2 = -1 VDC. Der invertierende Eingang hat somit die selbe
virtuelle Spannung von -1 VDC.
Teilbild 5.2 zeigt die herausgelöste Schaltung um den Opamp A1 in
Teilbild 5.1. Man sieht hier besser wie R1 mit -1 VDC verbunden ist.
Teilbild 5.2a zeigt noch einmal genau das selbe, jedoch mit der besseren
Darstellung der Spannungen und Differenzspannungen. Opamp A1 verstärkt
hier eine Spannung von 2 VDC. An Ue1 liegt zwar eine Spannung von +1
VDC, aber die Gegenseite des R1 liegt an -1 VDC, - die virtuelle
Spannung des Opamp A2, entsprechend der Eingangsspannung Ue2. Nach
gegebener Dimensionierung mit R2 und R1 ergibt sich eine
Spannungsdifferenz von 6 VDC. Diese 6 VDC bezieht sich aber auf den
Spannungswert von -1 VDC. Daher ist die auf GND referenzierte
Ausgangsspannung Ua1 = 5 VDC.
Teilbild 5.3 zeigt die herausgelöste Schaltung um den Opamp A2 in
Teilbild 5.1. Man sieht hier besser wie R1 mit +1 VDC verbunden ist.
Teilbild 5.3a zeigt noch einmal genau das selbe, jedoch mit der besseren
Darstellung der Spannungen und Differenzspannungen. Opamp A2 verstärkt
hier eine Spannung von 2 VDC. An Ue2 liegt zwar eine Spannung von -1
VDC, aber die Gegenseite des R1 liegt an +1 VDC, - die virtuelle
Spannung des Opamp A1, entsprechend der Eingangsspannung Ue1. Nach
gegebener Dimensionierung mit R3 und R1 ergibt sich eine
Spannungsdifferenz von 6 VDC. Es sind eigentlich -6 VDC bezogen auf den
Spannungspegel von +1 VDC. Daher ist die auf GND referenzierte
Ausgangsspannung Ua2 = -5 VDC.
Teilbild 5.4 illustriert anschaulich die Ausgangsspannungen bezogen auf
die virtuellen Eingangsspannungen des gegenüberliegenden Opamp (hier +1
VDC und -1 VDC) und die Ausgangsspannungen bezogen auf GND.
Teil 2 von Bild 1: Differenz- und Gleichtaktspannung
Wir untersuchen noch einmal wieder die drei Beispiele mit den
unterschiedlichen Eingangsspannungen an Ue1 und Ue2 (Bild 2), aus denen
drei verschiedene Ausgangsspannungen Ua1 und Ua2 resultieren. Teilbild
6.1 mit Ua1 = +3 VDC und Ua2 = -2 VDC. Um zu verstehen wie Opamp A3
arbeitet, muss man stets erst den nichtinvertierenden Eingang
betrachten. An diesem liegt ein Spannungsteiler mit zwei gleich grossen
Widerständen. Die Spannung von -2 VDC halbiert sich zu -1 VDC. Der Opamp
A3 zwingt diese Spannung auf den invertierenden Eingang zur virtuellen
Spannung von -1 VDC. Die Spannung an Ua1 von +3 VDC und die Spannung von
-1 VDC am invertierenden Eingang erzeugen an R einen Spannungsabfall von
4 VDC. Von Ua1 nach Ua fliesst derjenige Strom, der durch den
Spannungsabfall von diesen 4 VDC an R erzeugt wird. Da der
Gegenkopplungswiderstand zwischen Ua und invertierendem Eingang gleich
gross ist, ergibt dies auch den selben Spannungsabfall von 4 VDC. Weil
die virtuelle Spannung -1 VDC hat, subtrahiert sich die Spannung von 4
VDC auf Ua = -5 VDC.
Exakt die selbe Betrachtung gilt für die Teilbilder 6.2 und 6.3, jedoch
mit andern Spannungswerten an Ua1 und Ua2. Es ist dem Leser selbst
überlassen, die Funktionsweise dieser Schaltungen nachzuvollziehen.