Operationsverstärker I
Inhaltsverzeichnis
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1. Einleitung
(Sehr wichtig, bitte exakt lesen!)
2. Der virtuelle GND oder die virtuelle Spannung bei der invertierenden Verstärkung
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2.1 Sprunghafte Änderung von Ue und die Folge
2.2 Leerlaufverstärkung, Differenzspannung und Frequenz
2.3 Grenzfrequenz, Slewrate und Leistungsverbrauch
2.4 Eine kleine Software-Unterstützung für die Berechnung der Slewrate
2.5 Anstelle GND eine variable Referenzspannung
2.6 Extra-Link zum Thema virtuelle Spannung
2.7 Der Eingangswiderstand bei der invertierenden Verstärkung
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3.1 Der Eingangswiderstand bei der nichtinvertierenden
Verstärkung
5. Die Ub/2-Referenz und der synthetische GND
6. Der unbenutzte Opamp und die richtige Beschaltung
7. Die Unity-Gain-Bandbreite
8. Was ist der Piezoeffekt?
9. Weitere Elektronik-Minikurse mit passenden Themen
1. Einleitung
Auf englisch heisst der Operationsverstärker Operational-Amplifier.
Abgekürzt bezeichnet man ihn auch im deutschsprachigen Raum oft als
Opamp. Ganz korrekt müsste man OpAmp schreiben, wobei man in der
Fachliteratur sehr oft auch Opamp liest. In meinen Elektronik-Minikursen
kommen immer wieder beide Begriffe, also Operationsverstärker und Opamp,
vor. Opamps sind wesentlich komplexer als es beim Elektronik-Anfänger
den Anschein erweckt. Dies kommt hier darin zum Ausdruck, dass ein
Kapitel sich nicht nur gerade auf seinen Untertitel fixiert. So steht im
folgenden Kapitel das Thema der virtuellen Masse, bzw. virtuellen GND
(Ground), auch in einem gewissen Zusammenhang mit der Geschwindigkeit
des Opamp.
Dieser erste Elektronik-Minikurs über Operationsverstärker befasst sich
mit der invertierenden und nichtinvertierenden Verstärkung. Thematisiert
wird der virtuelle GND, bzw. die virtuelle Spannung, und warum die
Differenzspannung im eingeschwungenen Zustand (fast) immer 0 V sein
muss. Ebenfalls werden die DC-Offsetspannung und die
Kompensationsmethoden, die Arbeitspunktspannung (Referenzspannung), wenn
nur eine Betriebsspannung (Single-supply) zur Verfügung steht und die
Geschwindigkeitsgrenzen des Operationsverstärkers thematisiert. Dabei
wird ausführlich erklärt was die Unity-Gain-Bandbreite und die Slewrate
ist und wie man damit, an einem praktischen Beispiel gezeigt, umgeht.
Es wird gezeigt, wie man eine einfache Messschaltung für Hochspannung
realisieren kann. An anderer Stelle lernt man wie bei einer Schaltung
zur Erzeugung einer aktiven Referenzspannung eine ungewollte störende
parasitäre Induktivität entstehen kann, wenn man diese Schaltung nicht
richtig dimensioniert, was allerdings keine schwierige Sache ist. Ein
interessantes aber störendes Phänomen erzeugen
Multilayer-Keramik-Kondensatoren als akustische Wandler (Piezoeffekt).
Es geht darum, wie man dies durch vernünftige Dimensionierung von
RC-Schaltungen vermeidet.
All diese Inhalte machen diesen Elektronik-Minikurs umfangreich.
Dies ist unvermeidbar, weil diese Inhalte in der elektronischen Realität
gemeinsam betrachtet werden müssen. All diese Eigenschaften beim Einsatz
von Schaltungen mit Operationsverstärkern werden hier mit Bild und Wort
vermittelt. Ich versuche den Inhalt lebendig zu gestalten und so wird
die Elektronik erfahrbar, wenn der Azubi bereit ist, selbst mit dem
Gelernten praktisch zu experimentieren. Simulieren mittels Software
ersetzt das Experimentieren nicht! Trotzdem hat beides seine
Daseinsberechtigung. Mehr zu diesem Thema liest man in
Simulieren und
Experimentieren,
ein Vorwort von Jochen Zilg. Die Mathematik halte ich so knapp wie
nötig. Dazu gibt es genügend Literatur die diesen und die weiteren
Elektronik-Minikurse zum
Thema Operationsverstärker ergänzen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auf die folgenden Grundlagenkurse über
Operationsverstärker von Patrick Schnabel (Inhaber des
Elektronik-Kompendium)
aufmerksam machen. Wenn man noch nichts oder nur sehr wenig über
Operationsverstärker weiss, dann empfiehlt sich der Einstieg mit diesen
Grundlagen. Sie vermitteln u.a. das Wissen wie man einfache
invertierende und nichtinvertierende Verstärkerschaltungen berechnet.
Die Inhalte sind anschaulich und praxisbezogen gestaltet. Man findet
diese Seiten in:
- Anwendungen mit Operationsverstärker
- Invertierender Verstärker
- Nichtinvertierender Verstärker
- Summierverstärker
- Differenzverstärker (Subtrahierer)
- Bauelemente -> Integrierte Schaltkreise (IC)
Wichtiger Hinweis! Im Laufe der
Jahre stellte ich fest, dass es immer wieder schwierig ist, die
Eigenschaft der virtuellen Masse oder der virtuellen Spannung
anschaulich mit Worten zu erklären. Es zeigte sich allerdings, dass es
eine relativ einfache Sache ist, die verstanden werden muss. Danach ist
für den Azubi, ob Lehrling oder Student, das Problem vom Tisch. Damit
auch der Leser dieses Opamp-Minikurses diesen herunterfallenden Groschen
erleben kann, bevor er hier weiterliest, bitte ich darum für kurze Zeit
zum Kapitel "Wie kommt es zur virtuellen Masse (GND)?"
umzuschalten in:
Falls augenblicklich zum Studium nur wenig Zeit zur Verfügung steht, kann man sich das vertiefte Thema zur virtuellen Spannung in Operationsverstärker III auch später vornehmen, falls es auf Grund der persönlichen Vorbildung notwendig ist. Eine Entscheidung die man selber treffen muss.
2. Der virtuelle GND oder die virtuelle Spannung bei der invertierenden Verstärkung
Teilbild 1.1 illustriert den bekannten invertierenden Verstärker. Der nichtinvertierende Eingang des Opamp ist mit GND referenziert, wobei die Schaltung bipolar (dual-supply) gespiesen wird mit +Ub, -Ub und GND. Wenn +Ub gleich gross ist wie -Ub, nennt man die Speisung auch symmetrisch. GND liegt dann in der Mitte zwischen +Ub und -Ub, was üblich ist. Der GND-Pegel ist hier die Arbeitsspannung, der Arbeitspunkt oder die Referenzspannung, wie man es auch immer zu nennen pflegt. Nun wollen wir wissen, wie gross die Spannung U1 am invertierenden Eingang ist. U1 bezieht sich wie Ue und Ua ebenso auf GND. Wir wollen dabei gleich noch etwas wissen, nämlich ob U1 abhängig von der Eingangsspannung Ue ist. Da der nichtinvertierende Eingang mit GND verbunden ist, entspricht U1 ebenso dem GND-Pegel, weil die Differenzspannung Ud = 0 V ist, wenn Ue einen stationären Pegel hat oder Ue sich relativ zur Geschwindigkeit des Opamp nur langsam ändert. Anders formuliert: Die Signalfrequenz an Ue ist wesentlich niedriger als die Grenzfrequenz (Unity-Gain-Bandbreite) und die Anstiegsgeschwindigkeit (Slewrate) der Opampschaltung, wobei die Grenzfrequenz von der Verstärkung, gegeben durch R2/R1 und durch die Unity-Gain-Bandbreite, definiert ist. Die Angelegenheit der virtuellen Spannung und des virtuellen GND wird in Operationsverstärker III in Verbindung mit dem Einschwingvorgang vertieft thematisiert. Dort liest man auch wie es denn überhaupt zu einer solch kleinen Spannung Ud kommt, so dass man sie als 0 V unter den genannten Voraussetzungen bezeichnen kann.
2.1 Sprunghafte Änderung von Ue und die Folgen
Wir setzen den Fokus jetzt auch auf Teilbild 1.2. Ue liegt zunächst auf
0 VDC, also auf dem GND-Pegel. Nun schalten wir Ue sehr schnell auf +1
VDC. Da Ua im ersten Augenblick noch 0 V (GND-Pegel) hat, springt Ud
bzw. U1 kurzzeitig auf den Wert:
U1 = Ud = Ue * (R2 / (R2 + R1))
U1 = Ud = 1V * (200k / (200k + 100k)) = 0.67V
Warum sind es 0.67 V? Im allerersten Augenblick nach dem
Spannungssprungs an Ue sieht es so aus, als ob der Opamp gar nicht
existiert. Er hat mit seiner Arbeit noch gar nicht begonnen. R1 und R2
wirken noch als passive Spannungsteiler zwischen Ue und Ua (noch
GND-Pegel), wie dies oben die Formel ausdrückt. Unmittelbar nach diesem
Sprungereignis beginnt der Opamp mit seiner Arbeit und regelt Ua so, bis
die Bedingung Ud = 0 V erfüllt ist.
Wegen der hohen Leerlaufverstärkung (Open-Loop-Gain), der starken
Gegenkopplung mit R1 und R2 (niedrige Verstärkung, Closed-Loop-Gain) und
der hohen Reaktionsgeschwindigkeit des Opamp sinkt die Ausgangsspannung
Ua rasch ab auf negative Spannungswerte. Dadurch reduzieren sich Ud und
U1 ebenso rasch. Ua ändert sich so lange, bis die Differenzspannung Ud
praktisch 0 VDC erreicht hat. Dies ist dann der Fall, wenn sich im
vorliegenden Beispiel Ua auf -2 VDC eingestellt hat.
Wieso sind es -2 VDC? Die virtuelle Spannung U1 liegt jetzt (fast) auf
GND-Pegel, also 0 VDC. Die Spannung von Ue = +1 VDC liegt somit auch
über R1. Der Strom von Ue über R1 und R2 in Richtung Ua bleibt gleich
gross, weil der sehr geringe Biasstrom am invertierenden Eingang
vernachlässigt werden kann. Da R2 doppelt so gross ist wie R1 und über
R1 die Spannung von 1 VDC liegt, muss logischerweise über R2 eine
Spannung von 2 VDC liegen. Da R2 links auf 0 VDC (virtueller GND, U1)
liegt, muss Ua folgerichtig eine Spannung von -2 VDC haben. So einfach
ist das. Wie man die Ausgangs- aus der Eingangsspannung berechnet, siehe
Formel unten rechts in Bild 1.
Wichtig! Es muss einem nur klar werden, dass der gegengekoppelte
Opamp immer zum Ziel hat, eine ihm aufgezwungene Differenzspannung Ud,
so schnell er eben kann, fast vollständig zu beseitigen. Dies ist seine
eigentliche regelungtechnische Aufgabe, die durch die sehr hohe
Leerlaufverstärkung zustande kommt. Mehr dazu liest man in
Operationsverstärker III
im Kapitel "Wie kommt es zur virtuellen Masse (GND)?" -
falls man es noch nicht gelesen hat, wie in der "Einleitung"
darauf hingewiesen wird...
Die invertierende Verstärkerschaltung kann aber auch dämpfen, nämlich
dann wenn R2 kleiner ist als R1. Eine solche aktive Dämpfung macht dann
Sinn, wenn der Ausgangswiderstand von Ua besonders niederohmig sein
soll. Wenn R1 und R2 gleich gross sind, invertiert die Schaltung in Bild
1 mit einer Verstärkung von -1. Die Verstärkung ist wegen der
Spannungsinversion immer negativ.
Bei mittelschnellen Opamps liegt die Anstiegsgeschwindigkeit im 100ns-
bis in den µs-Bereich innerhalb einer definierten Spannungsänderung. Der
LF356 hat eine Anstiegsgeschwindigkeit von 12 V/µs. Das bedeutet, wenn
am Eingang ein sehr schneller Spannungssprung erfolgt, ändert der LF356
seine Ausgangsspannung mit einer maximalen Geschwindigkeit von 12 V pro
Mikrosekunde. Mann nennt diese Anstiegsgeschwindigkeit Slewrate. Im
eingeschwungenen Zustand des Opamp hat Ud immer einen praktischen Wert
von 0 V, und dies unabhängig von Ue. Praktisch bedeutet hier, dass Ud
nicht exakt 0 V sein kann, weil die Leerlaufverstärkung des Opamp nicht
unendlich hoch ist. Sie ist sogar stark frequenzabhängig, d.h. je
grösser die Signalfrequenz am Eingang ist, um so niedriger ist
Leerlaufverstärkung und damit das Verhältnis von ihr zu Verstärkung,
die durch die R2/R1-Gegenkopplung definiert ist. Ist dieses Verhältnis
klein, misst man auch eine entsprechend grosse Differenzspannung Ud. Man
studiere dies in einem Opamp-Datenblatt und man teste dies selbst an
einem Experiment. Dies beeindruckt am meisten. Dieser dynamische
Einschwingvorgang wird auch in
Operationsverstärker III
thematisiert.
Weil der nichtinvertierende Eingang beim Opamp mit GND verbunden und Ud
= 0 V ist, liegt der invertierende Eingang (U1) ebenfalls auf
GND-Potential. Da dieser U1-Spannungszustand jedoch durch den
Regelvorgang der Gegenkopplung eines Verstärkers mit hoher
Leerlaufverstärkung zustande kommt und U1 nicht wirklich mit GND
identisch ist, nennt man diesen GND-Pegel am invertierenden Eingang, die
virtuelle Masse oder den virtuellen GND. Um die
Ausgangsspannung Ua zu berechnen, gilt folgende Knotenregel:
(Ue / R1) + (Ua / R2) = 0
Daraus folgt das Ergebnis:
Ua = Ue * -(R2 / R1)
Ua = 1V * -(200k / 100k) = -2V
Theoretisch gilt die Knotenpunktregel (der Punkt an dem gleich viel
Strom zu- und abfliesst: invertierender Eingang) und die
Berechungsformel für die Verstärkung nur dann exakt, wenn die
Leerlaufverstärkung des Opamp unendlich hoch wäre. Dies gibt es
natürlich nicht, wie bereits weiter oben erklärt ist. Trotzdem ist für
die meisten Anwendungen diese Formel genügend präzise, weil die
Leerlaufverstärkung meist um viele Grössenordnungen grösser ist als die
gegengekoppelte Verstärkung, gegeben durch R2/R1. Es ist aber sehr
wichtig, dass einem klar ist, dass die sehr hohe Leerlaufverstärkung von
Opamps nur bei DC-Anwendungen und bei Anwendungen mit, relativ zur
Unity-Gain-Bandbreite, niedrigen Frequenzen gilt. Man sollte dazu im
Datenblatt eines Opamp das Diagramm
Open-Loop-Frequency-Response studieren!
Leerlaufverstärkung heisst auf englisch Open-Loop-Gain und die
Verstärkung, welche durch die Gegenkopplung definiert wird, also eine
geschlossene Schlaufenverstärkung ist, als Closed-Loop-Gain bezeichnet.
Die Leerlaufverstärkung sagt aus, wie gross die Verstärkung des Opamp
ist, wenn keine Gegenkopplung wirkt.
2.2 Leerlaufverstärkung, Differenzspannung und Frequenz
Bei dem bereits etwas betagten Opamp LF356, der aber für sehr viele
Anwendungen auch noch heute sehr aktuell ist, beträgt die
Leerlaufverstärkung zwischen DC und etwa 50 Hz 105 dB (~180'000). Selbst
dann, wenn man eine gegengekoppelte Verstärkung von 40 dB (100) oder
auch mehr hat, ist das Verhältnis zur Leerlaufverstärkung bei dieser
niedrigen Frequenz so gross, dass die differenzielle Eingangsspannung Ud
praktisch 0 V ist. Bei einer Frequenz von 1 kHz beträgt die
Leerlaufverstärkung allerdings nur noch 70 dB (~3200). Auch das ist noch
viel für eine gegengekoppelte Verstärkung von 40 dB (100) und Ud bleibt
noch immer vernachlässigbar niedrig. Bei 20 kHz - diese Bandbreite
empfiehlt sich für HIFI-Audioverstärker - beträgt die
Leerlaufverstärkung gerade noch 48 dB (250). Hier wäre die einfache
Berechnungsformel (Bild 1) für die gegengekoppelte Verstärkung von 40 dB
(100) doch etwas ungenau. Realisiert man jedoch einen Audioverstärker
mit einer Bandbreite von eben diesen 20 kHz, d.h. eine
Amplitudendämpfung von 3 dB bei dieser Grenzfrequenz, so darf man
getrost eine gegengekoppelte Verstärkung von 40 bis 46 dB mit diesem
LF356 mit der einfachen Formel (Bild 1) dimensionieren. Es spielt für
eine Audioanwendung überhaupt keine Rolle, dass bei der Grenzfrequenz Ud
nicht mehr bis auf fast 0 V hinunter geht. Diese Abweichung verursacht
übrigens die Dämpfung von 3 dB bei der Grenzfrequenz.
Bei einer Frequenz von 5 MHz beträgt die Leerlaufverstärkung beim LF356
gerade noch 0 dB (1). Dies nennt man die Unity-Gain-Bandbreite oder auch
das Gain-Bandwidth-Product (Verstärkungs-Bandbreite-Produkt). Man
studiere das Datenblatt des
LF356
und man betrachte das Diagramm Open-Loop-Frequency-Response. Man
sieht in diesem Diagramm sehr schön, dass die 3dB-Frequenzbandbreite bei
einer gegengekoppelten Verstärkung (Closed-Loop-Gain) von 46 dB (200)
gerade noch 25 kHz beträgt. Multipliziert man die gegengekoppelte
Verstärkung von 200 mit der wirksamen Frequenzbandbreite von 25 kHz,
kommt man auf den Wert der Unity-Gain-Bandbreite von 5 MHz. Damit wissen
wir auch, wie die nutzbare Frequenzbandbreite (Grenzfrequenz fg, fc [c = cuttoff] und oft auch als GBW
bezeichnet) aus der Unity-Gain-Bandbreite (UGBW) und der
gegengekoppelten Verstärkung berechnet wird:
fg = fUGBW /
GainClosed-Loop
Beispiel für den LF356: 25kHz = 5000kHz / 200
Wir wissen nun, dass bei höheren Frequenzen Ud nicht mehr Null sein
kann. Es stellt sich die Frage, ob dann die Bezeichnung virtueller GND
noch angebracht ist. Die typische Radio-Eriwan-Antwort: Im Prinzip ja,
weil der Spannungsmittelwert noch immer 0 V ist. Es ist bloss die
AC-Spannung welche sich an Ud leicht bemerkbar macht und dazu kommt,
dass die Frequenzanteile weit unterhalb der Grenzfrequenz sich auf Ud
nicht nennenswert auswirken.
2.3 Grenzfrequenz, Slewrate und Leistungsverbrauch
Wir haben zwei Arten der Geschwindigkeitsgrenzen des Opamp
kennengelernt. Die eine ist die Slewrate, die maximale
Anstiegsgeschwindigkeit, mit der die Ausgangsspannung einer sprunghaften
Änderung der Eingangsspannung folgen kann. Die andere Art ist die
Grenzfrequenz, welche durch die Unity-Gain-Bandbreite
(Gain-Bandwidth-Product) und durch die gegengekoppelte Verstärkung
bedingt ist. Da stellt sich natürlich die Frage, bei welchen Kriterien
gilt die Slewrate und bei welchen die Unity-Gain-Bandbreite mit der
Verstärkung als Limit. Das ist gar nicht so einfach. Es kommt ganz
darauf an, wie die Slewrate und die Unity-Gain-Bandbreite
zusammenpassen. Es gibt z.B. Opamps mit besonders niedrigem
Leistungsverbrauch und recht hoher Unity-Gain-Bandbreite. Dies äussert
sich dann darin, dass selbst bei relativ hoher gegengekoppelter
Verstärkung, die Frequenzbandbreite trotzdem relativ hoch ist.
Allerdings nur dann, wenn die Amplitude am Ausgang klein bleibt. Bei
relativ grosser Amplitude, würde man u.U. ein stark verzerrtes
Sinussignal auf dem Bildschirm des Oszilloskopen beobachten. Diese
Verzerrung wird dann durch die zu niedrige Slewrate verursacht und diese
Slewrate kann einfach wegen dem zu geringen Leistungsverbrauch der
Betriebsspannung nicht grösser sein. Legt man Wert darauf, dass bei
relativ hoher Grenzfrequenz der Opamp auch bis fast zur Betriebsspannung
unverzerrt ausgesteuert werden kann, muss man auf leistungsarme Opamps
verzichten. Für den niederfrequenten Bereich (z.B. Audio) haben sich die
tradionsreichen JFET-Opamp LF356 (single), TL071 (single), TL072 (dual)
und TL074 (quad) sehr gut bewährt. Diese TL07x-Familie ist von
Texas-Instruments
und ebenso die Excalibur-Familie TLE2021 (single), TLE2022 (dual) und
TLE2024 (quad).
Nachtrag: Angekommen im Jahre 2014 gibt es Opamps mit noch
wesentlich besseren Eigenschaften. Braucht man solche, muss man
entsprechend evaluieren!
Wir wissen bereits wie man die Grenzfrequenz aus der
Unity-Gain-Bandbreite, aber noch nicht wie man die Slewrate aus der
Frequenzbandbreite und der Amplitude berechnet. Es setzt voraus, dass
man weiss wie hoch die maximale Frequenz und die maximale Amplitude am
Ausgang eines Opamp sein soll. Dann berechnet man die Slewrate mit der
folgenden Formel:
SR = 2 * PI * fg * Up
SR ist die Slewrate in V/µs, fg ist die Grenzfrequenz in MHz und Up
ist die Sinus-Scheitelspannung.
Berechnungsbeispiel: Man benötigt einen Opamp für eine maximale
Ausgangsspannung von Up = 10 Vp und eine maximale Frequenz von 20 kHz.
Dies ergibt eine Slewrate von 1.26 V/µs. Warum gerade 10 Vp? Einfacher
Grund, es gibt A/D-Wandler mit maximalen Eingangsspannungen von ± 10 V
und die Digitalisierung von analogen Signalen ist ja nicht gerade eine
seltene Anwendung.
Wir gehen noch ein Schritt weiter und verlangen von diesem Opamp eine
Verstärkung von 100 (40 dB). Bei einer Frequenz-Bandbreite von 20 kHz
muss der gesuchte Opamp eine Unity-Gain-Bandbreite von mindestens 2 MHz
aufweisen. Wir entscheiden uns für den altbekannten und preiswerten
LF356 und bemerken, dass er sich mit einer Slewrate von 12 V/µs und
einer Unity-Gain-Bandbreite von 5 MHz hervorragend eignet, weil er
liefert eine Bandbreite von 50 kHz (Gain = 100) und erlaubt bei einer
maximalen Sinus-Scheitelwertspannung von 10 Vp eine maximale Frequenz
von 190 kHz. Wozu diese hohe Slewrate gut sein soll, kann man sich
fragen. Einfache Antwort: Diese Slewrate erzeugt bei einer maximalen
Audio-Frequenz von 20 kHz, aber auch bei 50 kHz, noch kein nennenswerter
Klirrfaktor, der durch die Slewrate verursacht wird.
Wenn die Verstärkerschaltung mit einer Batterie gespiesen wird und ein
Opamp in Frage kommen muss, der weniger Leistung verbraucht, muss man
sich nach einem Lowpower-Opamp mit einer niederigeren Slewrate umsehen,
die aber venünftigerweise noch immer etwa doppelt so hoch ein sollte,
wie man errechnet hat, also etwa 3 bis 3.5 V/µs. Da kämen z.B. TL061
(single), TL062 (dual) oder TL064 (quad) in Frage. Allerdings rauscht
diese Opamp-Familie wesentlich mehr als die TL07x-Familie. Das Rauschen
ist Thema des Elektronik-Minikurses
Rauschdämpfung mit
Tiefpassfilter. Es gibt modernere Opamps bei denen die
widersprechenden (antagonistischen) Qualitätsmerkmalen von
Leistungsverbrauch, Rauschen, Slewrate und Unity-Gain-Bandbreite weniger
drastisch sind, wie z.B. bei der weiter oben genannten
Excalibur-Familie. Es empfiehlt stets auch ein Blick über den
Gartenzaun, zu andern Opamp-Hersteller.
2.4 Eine kleine Software-Unterstützung für die Berechnung der Slewrate
- What's All This Slewrate Stuff, Anyhow?
Eingabe: Frequenz-Bandbreite, Amplitude
Resultat: Slewrate
2.5 Anstelle GND eine variable Referenzspannung
Bild 2 zeigt uns, worin sich diese Schaltung von der in Bild 1 unterscheidet:
Der nichtinvertierende Eingang des Opamp ist nicht wie in Bild 1 mit GND
verbunden. Hier kann man die Referenzspannung Ur mit dem Trimmpotmeter P
zwischen +Ub und -Ub einstellen. Man kann Ur so einstellen, dass Ua
exakt auf den GND-Pegel abgeglichen ist oder man stellt an Ua ganz
bewusst einen andern Spannungswert ein. Wozu soll das denn gut sein?
Wenn eine AC-Spannung am Eingang Ue mit einer DC-Spannung
(DC-Offsetspannung) überlagert ist, kann man mit P diese
DC-Offsetspannung kompensieren, damit die AC-Spannung Ua sich auf GND
bezieht. Der Opamp dient hier bei als invertierender Verstärker und als
Subtrahierer. Diese Methode ist vor allem dann die richtige Lösung, wenn
sehr niederfrequente Eingangsspannungen (quasi-stationäre Spannungen)
mit möglichst konstanter Amplitude oder sogar DC-Spannungen verstärkt
werden müssen. Für reine AC-Anwendungen gibt es die alternative
Möglichkeiten den DC-Anteil mittels eines in Serie zu R1 geschalteten
Kondensators zu entkoppeln. Dieses R1'*C1'-Glied wirkt dann als passives
Hochpassfilter mit einer typisch unteren Grenzfrequenz. Siehe dazu
Teilbild 8.1 mit R1 und C1.
Das RPR-Netzwerk: Rechts von P ist P gleich noch einmal, jedoch
mit je einem Seriewiderstand in Richtung +Ub und -Ub erweitert. Wenn man
diese Schaltung benutzt, verkleinert man den Einstellungsbereich von P.
Dies erleichtert den präzisen Abgleich enorm, wenn es kleine
DC-Offsetspannungen sind, die möglichst genau auf Null kompensiert sein
müssen. Wenn die DC-Offsetspannung nur eine bestimmte Polarität haben
kann, darf man das eine Ende des Potmeter (oder der eine Widerstand) mit
GND verbinden. Ist nur eine positive DC-Offsetspannung möglich, liegt
das Potmeter (mit den Widerständen) zwischen +Ub und GND, ist sie
negativ, zwischen -Ub und GND.
Kondensator C unterdrückt eine allfällige mittel- bis hochfrequente
störende Spannungseinkopplung in die Verstärkerschaltung über den
nichtinvertierenden Eingang. Dies ist besonders dann empfehlenswert,
wenn es in der Nähe AC-Spannungen hat, welche parasitär kapazitiv
einkoppeln können. Beim Printdesign muss man hierbei sehr aufpassen,
ob man gewisse Leitungen parallel verlegen darf oder nicht. Parallele
Leitungen erzeugen höhere parasitäre Kapazitäten.
Es geht hier um die selbe Schaltung wie in Bild 2. Allerdings wollen wir uns hier damit beschäftigen, wie sich die Referenzspannung Ur auf die Ausgangsspannung Ua auswirkt. Das ist eigentlich ganz einfach, wenn man erkennt, dass man es von der Seite des nichtinvertierenden Eingangs (Ur) mit der Berechnungsformel für nichtinvertierende Verstärkung zu tun hat. Man muss sich zunächst bloss vorstellen, dass Ue GND-Potential hat. Die extern angeschlossene Spannungsquelle hat 0 VDC und der Innenwiderstand Rq ist im Verhältnis zu R1 sehr niederohmig. Wenn Ur z.B. einen Wert von 1 VDC hat, hat Ua, gemäss vorliegender Dimensionierung mit R1 und R2, einen Wert von 3 VDC. Siehe kleingeschriebene Zahlen. Es gilt dazu die Formel im punktierten Rahmen, wobei Ue = 0 VDC ist.
Bild 4 unterscheidet sich von Bild 3 bloss darin, dass an Ue eine
DC-Spannung vorliegt. Wir überlegen uns jetzt, wie gross ist diese
DC-Offsetspannung, damit die DC-Spannung an Ua von 3 VDC (Bild 3) auf
den GND-Pegel kompensiert wird. Von der Ue-Seite haben wir es mit der
invertierenden Verstärkung zu tun. Bei vorliegender Dimensionierung von
R1 und R2 ergibt sich eine Eingangsspannung von Ue = 1.5 VDC. Fassen wir
also zusammen: Wenn Ue = 1.5 VDC und Ur = 1 VDC ergibt sich Ua = 0
VDC.
Betrachten wir dies jetzt unter dem Aspekt der virtuellen DC-Spannung
von U1. Weil Ud = 0 VDC, ist U1 = Ur und Ur hat im vorliegenden Beispiel
eine Spannung von 1 VDC. Weil Ue = 1.5 VDC und U1 = 1 VDC, entsteht über
R1 eine Spannung von 0.5 VDC. Dieser Spannungsabfall über R1 erzeugt
einen Strom. Dieser Strom fliesst aber ebenso durch R2 - der im
vorliegenden Beispiel den doppelten Wert von R1 hat - zum Ausgang Ua des
Opamp. Also entsteht an R2 ein Spannungsabfall von 1 VDC. Diese Spannung
subtrahiert sich von der virtuellen Spannung U1 = 1VDC und so entsteht
am Ausgang des Opamp Ua = 0 VDC, oder eben GND-Potential.
Wir haben in diesem Gedankenexperiment den umgekehrten Vorgang
durchgespielt. Es begann damit, sich zu fragen, wie sich Ur auf Ua
auswirkt. Praktikabler ist es allerdings zu wissen, wie gross Ur sein
muss, um eine DC-Offsetspannung an Ue zu kompensieren. Dem Leser sei
empfohlen andere Werte für Ue einzusetzen und zu berechnen wie gross Ur
sein muss um Ua auf 0 VDC zu kompensieren. Man kann dabei auch andere
Werte für R1 und R2 wählen. Besonders empfehlenswert ist es solches an
einer echten Testschaltung zu erproben und erfahren! Die
Berechnungsformel steht im punktierten Kasten in Bild 4.
2.6 Extra-Link zum Thema virtuelle Spannung
Dieser Elektronik-Minikurs zeigt wo es beim Opamp zur so genannten virtuellen Spannung oder virtuellem GND kommt, nämlich stets beim invertierenden Eingang des gegengekoppelten Opamp. Es wird aber bloss angedeutet wie es zu diesem Effekt kommt. Vertieft wird dies in Operationsverstärker III.
2.7 Der Eingangswiderstand bei der invertierenden Verstärkung
Wir haben es bis hierher mit der invertierenden Verstärkerschaltung zu
tun. Nun wollen wir uns überlegen, wie gross der Eingangswiderstand an
Ue ist. Wir können dazu irgend eine Schaltung von Bild 1 bis Bild 4
betrachten. Wir wissen nun, dass U1 der virtuelle GND oder die virtuelle
Referenzspannung von Ur ist und dass sich U1 nicht ändert, wenn sich Ue
ändert, ausser Ue ändert sich schneller als der Opamp reagieren kann.
Diesen allerdings sehr kurzen Zeitabschnitt interessiert uns hier nicht.
Wenn U1 der virtuellen Spannung von GND entspricht, können wir uns
ebenso vorstellen, dass R1 zwischen dem Ue-Anschluss und dem richtigen
GND verbunden ist und es leuchtet uns sogleich ein, dass der
Eingangswiderstand an Ue dem Wert von R1 entspricht. Dies ist so, weil
der GND-Pegel vom Strom oder von einer Stromänderung via R1 nicht
beeinflusst wird. Warum der virtuelle GND am nichtinvertierenden Eingang
die selbe Eigenschaft wie der richtige GND hat, kommt vom Ausgang des
Opamps. Dieser stellt seine Ausgangsspannung durch den Regelvorgang so
ein, dass der Strom von Ue über R1 und R2 nach Ua genau so gross ist,
dass der virtuelle GND-Pegel am nichtinvertierenden Eingang konstant
bleibt. Dies funktioniert natürlich nur so gut, wie der Opamp im
linearen Bereich arbeitet, also seine Ausgangsspannung Ua im positiven
und negativen Spannungsbereich nicht zu hoch wird und sein Ausgangsstrom
u.a. in Richtung R2 und R1 nicht die Endstufe des Opamp überlastet und
auf diese Weise die Ausgangsspannung an Ua begrenzt wird. Bei
herkömmlichen Opamps sind dies einige mA. U.a., weil der Opamp via Ua
schliesslich auch noch extern belastet werden kann.
Wenn Ur, und damit U1, einen andern Spannungswert als den GND-Pegel hat,
gilt die selbe Betrachtung. Man stelle sich dann eben vor, dass R1
zwischen Ue und Ur liegt, wobei die Spannungsquelle an Ur im Verhältnis
zu R1 dann allerdings sehr niederohmig sein muss. Auch hier gilt, dass
der Eingangswiderstand an Ue dem Wert von R1 entspricht. Wir können
damit zusammenfassen: Bei einer invertierenden Verstärkerschaltung
entspricht der Eingangswiderstand immer dem Widerstand zwischen dem
Signal-Eingang (Ue) und dem invertierenden Eingang der
Verstärkerschaltung.
3. Die virtuelle Eingangsspannung bei der nichtinvertierenden Verstärkung
Teilbild 5.1 zeigt uns die einfache nichtinvertierende
Verstärkerschaltung. Es gilt selbstverständlich auch hier, dass Ud im
eingeschwungenen Zustand O V beträgt. U1 entspricht also Ue. U1 ist
die virtuelle Eingangsspannung von Ue. Wenn Ue sich ändert passt U1
sich Ue an, allerdings auch hier nur mit der maximal möglichen
Geschwindigkeit des Opamp (Slewrate).
Teilbild 5.2 unterscheidet sich von Teilbild 5.1 nur darin, dass die
Schaltung mit einer DC-Offsetspannungseinstellung mit Trimmpotmeter P
erweitert ist. Auch hier kann man, zwecks besserer Feineinstellung, P
mit Seriewiderständen erweitern, wie dies weiter oben zu Bild 2
beschrieben ist. Bei dieser nichtinvertierenden Verstärkerschaltung hat
diese Art der DC-Offsetspannungseinstellung gegenüber Bild 2 allerdings
einen gravierenden Nachteil: Die Parallelsumme der beiden
Teilwiderstände Rp1 und Rp2 addieren sich zu R1. Dies hat zur Folge,
dass P an der Verstärkung beteiligt ist. Verändert man P zwecks
Einstellung der DC-Offsetspannung, verändert dies auch die Verstärkung.
Soll der Einfluss von P auf die Verstärkung gering sein, muss der
Widerstand von P signifikant niedriger sein als der Eingangswiderstand
in Richtung invertierenden Eingang, und dies entspricht, wie wir jetzt
wissen, dem Wert von R1. Um es noch einmal ganz klar werden zu lassen:
Aus der Sicht von Ue (nichtinvertierend) ist der Eingangswiderstand
praktisch unendlich hoch und aus der Sicht von Ur (invertierend)
entspricht der Eingangswiderstand dem Wert von R1.
Es gibt einen einfachen und eleganten Trick, wenn nur niedrige
DC-Offsetspannungen, z.B. im 1mV- bis 100mV-Bereich, kompensiert werden
müssen. Hier bietet sich das Kompensationsnetzwerk aus R3, R4 und P an.
Auch hier liegt, wie in Bild 2, das Trimmpot P in der Mitte eines
Widerstandsnetzwerkes. Deshalb auch hier die Bezeichnung RPR-Netzwerk.
Wenn R4 wesentlich niederohmiger als R3 ist und P etwa R4 entspricht,
erreicht man einen sehr niederohmigen Quellwiderstand dieses
RPR-Netzwerkes, ohne dass unnötig viel Strom durch P fliessen muss.
Genau dies ist dann der Fall, wenn über R4 nur eine kleine Teilspannung
der Betriebsspannung benötigt wird. Angenommen die Betriebsspannung
beträgt ± 12VDC und über den beiden R4-Widerständen liegt für den
DC-Offsetabgleich eine Spannung von bloss ±50 mVDC, dann haben die
beiden R4-Widerstände je einen Wert von 100 Ohm, wenn die beiden
R3-Widerstände Werte von 10-k-Ohm haben. Für P eignet sich ebenfalls ein
Wert 100 Ohm. Man beachte die Widerstandswerte in Klammern.
BTW: Es versteht sich von selbst, dass für diesen Kompensationszweck +Ub
und -Ub gut stabilisierte Spannungen sein müssen. Die üblichen
Fixspannungsregler, z.B. 7812 und 7912, reichen dafür jedoch meist aus.
Diese Spannungsregler dienen gleichzeitig auch der Speisung der gesamten
analogen Schaltung. Wenn diese Präzision nicht genügt, ist der Einsatz
von
Bandgap-Spannungsreferenzen
angezeigt.
Man kann den Einfluss von P auf die Verstärkung noch unwirksamer machen,
in dem man zwischen dem Ausgang von P und dem Eingang zum R1 einen
Impedanzwandler, also eine Opampverstärkerstufe mit Verstärkung +1,
schaltet. Der Ausgangswiderstand des Impedanzwandlers ist
extrem niederohmig. Aber auch diese Methode hat nicht nur Vorteile:
Der zusätzliche Impedanzwandler ist eine zusätzliche
Rauschspannungsquelle, und diese Rauschspannung wird mit R2/R1
mitverstärkt. Wenn man diese Methode einsetzt, muss man mittels
zusätzlichen Kondensatoren am Ausgang des Impedanzwandlers dafür
sorgen, dass die Rauschsspannung gut bedämpft wird. Mehr dazu liest man
im Kapitel Die Ub/2-Referenz und der synthetische GND.
Teilbild 5.3 entspricht Teilbild 5.2 mit dem einzigen Unterschied, das
Ur frei ist für eine externe Spannungsquelle, die ebenfalls unbedingt
niederohmig sein muss, soll die Verstärkung, gegeben durch R2/R1, nicht
verfälscht werden. Ähnlich zu Bild 4 befassen wir uns hier damit, wie
gross Ur sein muss um eine DC-Offsetspannung an Ue zu kompensieren. Wir
nehmen auch hier an Ur = 1 VDC, dann beträgt bei Ue = 0 VDC die
Ausgangsspannung Ua = -2 VDC. Die positive Spannung an Ue muss einen Wert
von 0.666 VDC haben, um an Ua eine positive Gegenspannung von +2 VDC zu
erzeugen. Diese +2 VDC kompensiert die -2 VDC zu 0 VDC.
3.1 Der Eingangswiderstand bei der nichtinvertierenden Verstärkung
Bild 5 zeigt uns drei
nichtinvertierende Verstärkerschaltungen. Wir wollen uns überlegen, wie
gross der Eingangswiderstand an Ue jeweils ist. Wir bemerken, dass der
nichtinvertierende Eingang unbeschaltet ist. Beim idealen Opamp bedeutet
dies, dass der Eingangswiderstand unendlich hoch ist. Die Realität zeigt
ein etwas anderes Bild. Opamps mit bipolaren Transistoren nach den
Eingängen können recht niederohmige Eingangswiderstandswerte haben. Beim
NE5534 wird der Eingangswiderstand mit bloss 50 k-Ohm angegeben. Wobei
dieser Wert stets ohne Gegenkopplung gilt. Bewirkt die Gegenkopplung
eine niedrige Verstärkung relativ zur wesentlich höheren
Leerlaufverstärkung, multipliziert sich dieser Eingangswiderstand in
etwa mit dem Verhältnis der Leerlaufverstärkung zur gegengekoppelten
Verstärkung. Daraus resultiert der effektive Eingangswiderstand. Wir
wissen jetzt aber auch, dass die Leerlaufverstärkung frequenzabhängig
ist, also gilt dies auch für den Eingangswiderstand: Je höher die
Frequenz am Eingang Ue, um so niedriger der Eingangswiderstand. Dieser
Effekt steht auch ganz klar in Zusammenhang mit Ud, dessen Wert im
Idealfall Null, jedoch real frequenzabhängig ist. Soviel zur Theorie. In
Wirklichkeit ist der Eingangswiderstand eher niedriger.
Sind es jedoch Darlingtonstufen, wie z.B. beim LM324 oder LM358 mit
PNP-Transistoren, im Einsatz, kann der Eingangswiderstand weit im
M-Ohm-Bereich liegen, ohne dass dabei Leerlaufverstärkung und die
Verstärkung durch die Gegenkopplung berücksichtigt sind. Aber auch dies
reisst noch niemanden vom Stuhl, wenn man die Eingangswiderstandswerte
von BiFET-Opamps, wie z.B. beim LF356, betrachtet. Hier liegt der
Eingangswiderstand bei etwa 1 T-Ohm. (Es sei an dieser Stelle kurz
angedeutet, dass es betreffs Opampeingänge noch andere wichtige
Parameter gibt, wie DC-Offset- und DC-Bias-Strom.
Diese nichtinvertierenden Eingänge eignen sich für den Anschluss
hochohmiger Spannungsquellen, wie z.B. biomedizinische Signale (EMG, EEG,
EKG). Auch intramuskuläre EMG-Spannungsquellen, welche Quellimpedanzen
von vielen 100 k-Ohm bis in den M-Ohm-Bereich haben können, eignen sich
sehr gut. Dass hier nur JFET- oder MOSFET-Opamps in Frage kommen, hat
noch den Grund, dass die Eingangsrauschströme um viele Grössenordnungen
niedriger sind als bei Opamps mit bipolaren Eingängen. Diese
Rauschströme multiplizieren sich an den Quellwiderständen zu
Rauschspannungen. Allerdings muss man diese hochohmigen biomedizinischen
Signale differenziell mit sogenannten Instrumentations-Verstärkern
messen. Wie und warum man dies macht, zeigen meine Elektronik-Minikurse
Echter Differenzverstärker I,
Echter Differenzverstärker II,
Echter Differenzverstärker III
und
Echter Differenzverstärker IV
ausführlich.
4. GND oder Referenzspannung, ja nach Art der Schaltung
Eine Verstärkerschaltung kann immer nur Ausgangsspannungen liefern,
welche maximal die Werte der Betriebsspannung haben. In der Praxis ist
dies aber meist weniger. Hat eine Verstärkerschaltung bipolare
Transistoren am Ausgang, reduzieren die einfachen oder mehrfachen
Basis-Emitter-Übergänge der Transistoren die Amplitude am Ausgang.
Besser eignen sich betreffs maximaler Aussteuerung Opamps mit
MOSFET-Ausgangsstufen. Unbelastet oder nur sehr wenig belastet,
erreichen die Ausgangsamplituden Werte der Betriebsspannung. Man nennt
einen solchen Opamp-Ausgang einen Rail-to-Rail-Output. Eine kurze
Erklärung dazu findet man in
555-CMOS: 50%-Duty-Cycle-Generator
im Kapitel "Bipolare 555-Endstufe versus CMOS-555-Endstufe"
illustriert mit Bild 1 am Beispiel einer bipolaren und
CMOS-Ausgangsstufe eines NE555-, bzw. LMC555-Timer-IC.
Auch der Eingangsspannung Ue sind durch die Betriebsspannung ±Ub Grenzen
gesetzt. Dies muss man vor allem dann wissen, wenn die Schaltung bloss
eine Verstärkung von 1 hat. In diesem Fall entspricht die
Eingangsspannung der Ausgangsspannung, Ue = Ua. Diese Betrachtung
betreffs Ue gilt aber nur bei der nichtinvertierenden
Verstärkerschaltung Teilbild 6.2, bei der der Eingang des Opamps mit der
Eingangsspannung Ue identisch ist. Dieses Problem mit dem Eingang
besteht bereits bei niedriger Verstärkung von etwas mehr als 1 nicht,
weil dann Ua vor Ue begrenzt, wenn Ue ansteigt.
Bei der invertierenden Verstärkerschaltung (Teilbild 6.1) erreicht der
invertierende Eingang im schlimmsten Fall die Spannung von Ue nur sehr
kurz, nämlich zu Beginn des Einschwingvorganges, falls sich die
Eingangsspannung schneller ändert als der Opamp reagieren kann. Diese
Angelegenheit ist weiter oben bereits beschrieben. Es ist sogar möglich,
dass man mit einer invertierenden Verstärkerschaltung eine aktive
Abschwächung realisieren kann. Wenn R1 z.B. 1000 mal grösser ist als R2,
kann man aus einer Spannung Ue von z.B. 3300 VDC eine Spannung Ua von
-3.3 VDC erzeugen. Auf diese Weise kann man sehr hohe Spannungen messen
und weiterverarbeiten. Man muss dann allerdings einige
Sicherheitsvorkehrungen treffen, auf die ich hier nicht weiter eingehe.
Für Anfänger und Unerfahrene in der Anwendung von
Hochspannung sollte dies sowieso kein (Bastel-)Thema sein!!!
Wir thematisieren hier GND und Arbeitspunkt. Es geht dabei um den
Unterschied zwischen der Speisung mit nur einer Betriebsspannung
(Single-Supply) oder mit zwei Betriebsspannungen (Dual-Supply), wobei
die eine Spannung positiv und die andere negativ ist (±Ub). Damit
befassen wir uns in Bild 6, das in Teilbild 6.1 eine invertierende und
in Teilbild 6.2 eine nichtinvertierende Verstärkerschaltung enthält.
Beide werden mit Dual-Supply (±Ub) gespiesen. Dies bedeutet, dass die
Ausgangsspannungen theoretisch maximal die positive und negative
Betriebsspannung erreichen können. Jede Verstärkerschaltung muss aber
auch referenziert sein. Das heisst, es muss einen Arbeitspunkt bestimmt
werden, wonach sich die Eingangsspannung bezieht. Will man dabei
erreichen, dass die maximale Eingangsspannung (nichtinvertierend,
Verstärkung = 1) und die maximale Ausgangsspannung einigermassen
symmetrisch sein soll, muss diese Arbeitspunktspannung in der Mitte
zwischen +Ub und -Ub liegen, und das ist der GND. Man verwendet also den
GND, der ein Netzteil mit ±Ub liefert. Vollständigkeitshalber sei aber
erwähnt, dass es Anwendungen gibt, bei denen eine nichtsymmetrische
Referenzierung sinnvoll ist, z.B. +12 VDC, GND und -6 VDC.
Einigermassen symmetrisch bedeutet, dass Opamp-Endstufen mit bipolaren
Transistoren meist nicht symmetrisch aussteuerbar sind. Oft wird die
positive Betriebsspannung schlechter approximiert als die negative. Oder
anders erklärt: Wenn man mit einem Sinussignal den Opamp allmählich
aussteuert, wird z.B. zuerst die positive Spannungsbegrenzung und, bei
weiterem Anstieg der Spannung, danach die negative erreicht. Noch besser
als mit einem Sinussignal erkennt man dieses Clipping mit einem
Dreieicksignal an den Spitzen, wobei ein Dreiecksignal zusätzlich
leichter erkennen lässt, ob es in der Nähe des Limits zu linearen
bereits geringfügigen Verzerrungen (z.B. Slewrate-Effekte) kommt. Damit
man eine symmetrische Signalbegrenzung bekommt, muss die
Referenzspannung nicht mit GND, sondern mit einer DC-Spannung betrieben
werden, die die Ausgangssymmetrie herbeiführt. Dafür benötigt man ein
RPR-Netzwerk, wie dies die Bilder 2 und 5 illustrieren.
Bild 7 illustriert die invertierende und nichtinvertierende
Verstärkerschaltung mit nur einer Betriebsspannung (Single-Supply). Dies
bedeutet, dass die Referenzierung der Eingangsspannung "künstlich"
realisiert sein muss. Wie man dies sinnvoll macht, wird weiter unten
beschrieben. Mit dieser Methode hat man je nach dem, ob der GND dieser
Schaltung mit dem GND weiterer Schaltungen (eines andern Gerätes) in
Verbindung gebracht werden muss, ernsthafte DC-Offsetprobleme.
Allerdings nur dann wenn DC-Spannungen (mit-)verstärkt werden müssen.
ACHTUNG: Ub/2 bedeutet nicht unbedingt exakt die halbe
Betriebsspannung. Falls es wichtig ist, dass die Ausgangsspannung
amplitudensymmetrisch begrenzt, ist "Ub/2" nicht exakt die halbe
Betriebsspannung. "Ub/2" muss in diesem Fall auf eine bestimmte
DC-Spannung justiert werden. Dies gilt auch für die nachfolgenden
Schaltungen in Bild 8 und ganz grundsätzlich bei jeder
Verstärkerschaltung dieser Art! Deshalb gilt für Bild 8 und Bild 10 die
Bezeichnung Ur und (Ub/2). Ub/2 in Klammer, weil dieser
Wert nicht unbedingt gilt. Bei Bild 9 gilt Ub/2, weil R1=R2 definiert
ist. Aber auch hier darf man R1 und R2 bei Bedarf unterschiedlich
dimensionieren...
Bild 8 illustriert die invertierende und nichtinvertierende
Verstärkerschaltung mit nur einer Betriebsspannung (Single-supply),
welche jedoch nur AC-Spannungen verstärken können. Die ein- und
ausgangsseitigen passiven Hochpassfilter ermöglichen die einfache
Anpassung an die externen Quellen und Empfänger. Man muss keine
DC-Potenziale berücksichtigen. Die unerwünschte Erzeugung von
DC-Offsetspannungen bleiben aus. Die Schaltung rechts hat allerdings
noch ein drittes Hochpassfilter. Wozu das nötig ist, wird sogleich
thematisiert.
Teilbild 8.1 illustriert den AC-gekoppelten invertierenden Verstärker.
Er kann also nur AC-Spannungen verstärken! Am nichtinvertierenden
Eingang wird z.B. die halbe Betriebsspannung Ub/2 referenziert. Die
AC-Spannungsquelle an Ue muss wesentlich niederohmiger als R1 sein, weil
R1, wie wir jetzt wissen, den Eingangswiderstand der Verstärkerschaltung
bestimmt. Ein zu hoher Innenwiderstand der AC-Quelle würde die
Verstärkung herabsetzen. C1 und R1 wirken als passives Hochpassfilter
erster Ordnung. Dieses Hochpassfilter verhindert einerseits die
Einkopplung von DC-Spannungsanteilen an Ue und es verhindert die
Verstärkung von DC-Offsetspannungen die der Opamp selbst erzeugt. C1
ladet sich auf den Wert von Ur (Ub/2) auf, wenn die externe
Spannungsquelle an Ue frei ist von einer DC-Offsetspannung. Sonst
addiert sich die externe DC-Offsetspannung zu Ur. R2 existiert für die
Berechnung von fmin nicht, weil R2 jenseits der
extrem niederohmigen virtuellen Spannung am invertierenden Eingang
liegt. R2 beeinflusst daher fmin nicht. Betreffs
Formel zur Berechnung der Grenzfrequenz des Hochpassfilters ist Cx hier
C1 und Rx ist R1.
Es gibt aber nicht nur dieses Hochpassfilter, das die minimale Frequenz
im Durchlassbereich von Ue nach Ua bestimmt. C2 bildet mit dem
Eingangswiderstand der folgenden Schaltung ein Hochpassfilter mit
ebenfalls einer unteren Grenzfrequenz. Will man gar nicht erst den
vielleicht schlecht definierten Eingangswiderstand der nachfolgenden
Schaltung mit einbeziehen, setzt man selbst Ra zwischen Ua und GND, der
signifikant niederohmiger ist. Nun sollte man darauf achten, dass diese
beiden passiven Hochpassfilter nicht dafür sorgen, dass die Amplitude in
einem breiten unteren Nutzfrequenzbereich zu stark abfällt. Dieser Fall
tritt nämlich dann ein, wenn die beiden -3dB-Grenzfrequenzen etwa
identisch dimensioniert sind. Ich empfehle mit R1 und C1 die
Grenzfrequenz zu dimensionieren, die man wirklich haben möchte. Für
einen hochwertigen Audioverstärker z.B. bei 20 Hz oder weniger. Mit C2
und Ra wählt man eine drastisch niedrigere Grenzfrequenz. Diese darf
durchaus bei 1 oder 2 Hz liegen. Es geht hier hauptsächlich nur darum,
dass keine DC-Spannung in die externe Schaltung übertragen wird. Genau
das wäre kurzzeitig möglich, wenn ohne Ra die aktive Verstärkerschaltung
8.1 an eine weitere Schaltung angeschlossen wird, die z.B. einen
Lautsprecher steuert. Ein heftiges Knackgeräusch wäre die Folge. Ra
sorgt dafür, dass C2 rasch geladen wird und so bei nachträglichem
Anschliessen der genannten Schaltung nichts aus dem Lautsprecher zu hören
wäre.
Teilbild 8.2 zeigt den AC-gekoppelten nichtinvertierenden Verstärker. Am
nichtinvertierenden Eingang wird über R3 ebenfalls z.B. auf die halbe
Betriebsspannung Ub/2 referenziert. Ur (Ub/2) muss so niederohmig
dimensioniert sein, dass R3 alleine die Grösse des Eingangswiderstandes
bestimmt. Wie wir bereits wissen, ist ein BiFET- oder MOSFET-Opamp
extrem hochohmig. Also darf, je nach Anwendung, R3 auch sehr hochohmig
gewählt werden. Allerdings sollte man nicht so sehr übertreiben, dass
parasitäre Effekte, wie Widerstandsveränderung durch Umwelteinflüsse
(bereits geringste Feuchtigkeit), sich bemerkbar machen. Man könnte z.B.
für R3 100 M-Ohm und für C3 100 pF einsetzen, um eine untere
Grenzfrequenz von 16 Hz zu erhalten. Dies wäre aber totaler Unsinn, wenn
an Ue z.B. eine Audioquelle mit einem Quellwiderstand von 10 k-Ohm oder
auch etwas mehr angeschlossen wird. Dazu genügt es wenn R3 auf maximal 1
M-Ohm festlegt wird. Mit C3 = 10 nF liegt dann die untere Grenzfrequenz
dieses passiven Hochpassfilters ebenfalls bei 16 Hz.
Um Piezoeffekte möglichst zu vermeiden, sollte man für C3 ein
Wickelkondensator dem Kerko unbedingt vorziehen. Für besonders niedrige
Grenzfrequenzen kann man auch Elkos einsetzen, wobei man dafür
allerdings Tantaltypen verwenden sollten. Es sei generell erwähnt,
dass wegen diesem Piezoeffekt in emfindlichen Signalübertragungen keine
Kerkos eingesetzt werden sollen, wohl aber zum Abblocken von
Betriebsspannungen in der Nähe von empfindlichen Schaltungen! Siehe
Kapitel "Was ist der Piezoeffekt".
C3 und R3 bestimmen die eine untere Grenzfrequenz, C2 mit Ra eine
andere, die, wie wir jetzt wissen, wesentlich niedriger sein sollte, als
die von C3 und R3. Aber es gibt hier noch eine dritte untere
Grenzfrequenz, diejenige welche durch das passive Hochpassfilter mit R1
und C1 bestimmt wird. Dieses Hochpassfilter verhindert, wie bei der
Schaltung in Teilbild 8.1, die Verstärkung der DC-Offsetspannung des
Opamp. C1 ladet sich auf den Wert Ur (Ub/2) auf. Eine allfällige
DC-Offsetspannung an Ue wirkt sich nicht aus, weil diese C3 auflädt. Man
kann auf C1 verzichten und R1 direkt mit Ur (Ub/2) verbinden, wenn die
Verstärkung des Opamp nicht eine unerträglich hohe DC-Offsetpannung an
seinem Ausgang erzeugt, die aus der Verstärkung der eigenen
DC-Offsetspannung entsteht. Es kommt ganz darauf an wie hoch die
sogenannte äquivalente DC-Offseteingangsspannung des Opamps und die
gegengekoppelte Verstärkung ist. Unter äquivalent versteht man, dass es
den selben Effekt hat, als ob der Opamp selbst keine DC-Offsetspannung
erzeugt, die entsprechende DC-Spannung jedoch an einen Eingang gelegt
wird. Für das Verstärkungsverhalten des Opamps kommt beides auf das
selbe heraus. Bitte zu diesem Thema auch ein Opamp-Datenblatt studieren.
Man kann wählen ob man R1*C1 oder R3*C3 als dominierendes Hochpassfilter
dimensionieren möchte. Wählt man R3*C3 für die erwünschte Grenzfrequenz,
ist sichergestellt, dass das Eingangssignal bei einer Frequenz, welche
um Grössenordnungen niedriger ist als die R3*C3-Grenzfrequenz, kaum noch
auf den nichtinvertierend Eingang wirkt. Wählt man jedoch R1*C1 für die
erwünschte Grenzfrequenz und die Grenzfrequenz von R3*C3 ist wesentlich
niedriger, ist es so, dass nur eine Frequenz weit unterhalb dieser
Grenzfrequenz nicht mehr übertragen werden kann. Aus der Sicht des
R1*C1-Hochpassfilters, kann die Verstärkung nicht kleiner als 1 werden.
Dies ist dann der Fall, wenn die Reaktanz (kapazitiver Widerstand) von
C1 so hoch ist, dass C1 mit R1 und R2 nicht mehr als signifikanter
Spannungsteiler wirkt. Man hat in diesem Zustand einen Spannungsfolger,
weil es nur noch eine leitende Verbindung vom Opampausgang über R2 zum
invertierenden Eingang gibt.
Man beachte, in Bild 8 wird für die Kondensatoren, das Symbol des
Elektrolytkondensators verwendet. Der Elko ist hier zulässig, weil die
richtige Polarität der DC-Spannung gewährleistet werden kann. Es
empfielt sich, wenn hohe Widerstandswerte im Spiel sind (R3, R1 und Ra),
Tantalelkos zu verwenden, weil diese wesentlich niedrigere ohmsche
Verluste haben, - sprich DC-mässig hochohmiger sind.
5. Die Ub/2-Referenz und der synthetische GND
Bild 9 illustriert drei Beispiele wie die Referenzspannung Ub/2
realisiert werden kann. Das einfachste Beispiel ist ein Spannungsteiler
mit zwei gleich grossen Widerständen R1=R2 (Teilbild 9.1). Der
Quellwiderstand dieser einfachen Schaltung ergibt sich durch die
Berechnung der Parallelschaltung von R1 mit R2. Wie wir bereits wissen,
muss dieser Quellwiderstand möglichst niederohmig sein, wenn eine
Verbindung zu einem Gegenkopplungsnetzwerk einer Opampschaltung besteht,
damit die Verstärkung der Opampschaltung durch den Quellwiderstand
dieser Ub/2-Quelle nicht signifikant beeinflusst wird. Für Teilbild 7.2
gilt, dass der Ub/2-Quellwiderstand stets wesentlich niederohmiger sein
muss als der Eingangswiderstand der angeschlossenen Schaltung. Der
Eingangswiderstand der Schaltung von Teilbild 7.2 entspricht exakt dem
Wert von R1.
Wesentlich unkritischer ist es, wenn nur AC-Spannungen oberhalb einer
minimalen Frequenz verstärkt werden. Dann könnte man durchaus diese
einfache Ub/2-Schaltung in Teilbild 9.2 verwenden, wenn parallel zu R1
ein Kondensator C1 geschaltet wird. Dieser sorgt dann oberhalb der
minimalen Grenzfrequenz für eine entsprechend niedrige Quellimpedanz des
R1|R2*C1-Netzwerkes. Man beachte, dass in diesem Fall nicht mehr von
Quellwiderstand, sondern von Quellimpedanz die Rede ist. Es handelt sich
um einen komplexen Widerstand. Die Grenzfrequenz des passiven
R1|R2*C1-Tiefpassfilter sollte wesentlich niederfrequenter dimensioniert
sein, als die untere Grenzfrequenz der involvierten Verstärkerschaltung!
Diese Überlegungen gelten nur, wenn Ub/2 von Teilbild 9.2 DC-mässig
praktisch unbelastet bleibt!
R1|R2*C1 bedeutet: R1 mit R2 erzeugt einen
Parallelwiderstandswert und dieser bildet mit C1 einen komplexen
Widerstand, eine Impedanz. Je höher die Frequenz um so niedriger die
Impedanz.
Besonders dann, wenn eine Ub/2-Spannungsquelle an vielen Stellen in
einer Schaltung als Referenz dient und auch etwas belastet wird, eignet
sich die Lösung mit einem Opamp, der mit Verstärkung 1 bloss als
Impedanzwandler arbeitet, am besten. Dabei muss man berücksichtigen,
dass eine Ausgangsstufe eines jeden Opamp rauscht. Problematisch ohne
entsprechenden Filtermassnahmen ist dies, bei empflindlichen
(Vor-)Verstärkern, wie z.B. für Mikrophone, Tonabnehmer, EMG, EKG oder
EEG. Man betrachte dazu Teilbild 9.3. R1 und R2 arbeiten wiederum als
Spannungsteiler, jedoch hat C1 hier eine etwas andere Funktion. Im
Gegensatz zur passiven Schaltung, dürfen hier R1 und R2, besonders beim
Einsatz von BiFET- oder LinCMOS-Opamps (z.B. LF356, TL06x, TL07x,
TLC271), sehr hochohmig gewählt werden.
Extremwerte: Wenn es denn sein muss, mit je 10 M-Ohm. Theoretisch
geht das tatsächlich, weil der maximale Input-Bias-Strom eines
LinCMOS-Opamp des Types TLC271 beträgt gerade noch 60 pA bei 25 Grad
Celsius. Typisch ist 0.1 pA. Ein Strom von 60 pA der durch einen
Widerstand von 5 M-Ohm (beide 10M-Widerstände hier parallel gerechnet)
fliesst, erzeugt eine Spannung von gerade mal 0.3 mV. Um diesen
Spannungswert verändert sich am Knoten von R1 und R2 die Spannung nach
oben oder nach unten. Die R1/R2-Knotenspannung beträgt bei einer
Betriebsspannung +Ub von z.B. 5 VDC 2.5 VDC. Der Spannungsfehler der
durch den Einsatz von 1%-Widerständen entsteht, beträgt maximal 50 mV
und ist somit 170 mal grösser, als die Fehlerspannung verursacht durch
den sehr niedrigen Biasstrom. Also ist der Fall klar, man darf für R1
und R2 je 10 M-Ohm oder auch höhere Werte einsetzen.
Stimmt das nun wirklich? In der Praxis natürlich nicht. Grundsätzlich
gilt, je hochohmiger eine Schaltung konzipiert wird, um so
störanfälliger ist sie. Es geht dabei längst nicht nur um elektrische
Einflüsse. Bei derart hochohmigen Werten spielen bereits schwache
Änderungen der Luftfeuchtigkeitswerte in der Umgebung eine Rolle. Auch
sehr geringe Verschmutzung zwischen den Kontakten auf dem Print
reduzieren signifikant solch hohe Widerstandswerte. Und damit würde sich
die Referenzspannung drastisch ändern. Die Ausgangsspannung in einer
Verstärkerschaltung wird asymmetrisch begrenzt, was die Aussteuerung
herabsetzt. Selbstverständlich kann man eine solch hochohmige Schaltung
mit entsprechendem Aufbau und Einbau stabil arbeitend realisieren. Dies
hier zu thematisieren würde jedoch den Rahmen sprengen.
Passend sind hier R1/R2-Werte (Teilbild 9.3) im unteren
100-k-Ohm-Bereich. C1 muss deshalb auch keinen hohen Kapazitätswert
haben. C1 unterdrückt Stör- und Rauschspannungen. Störspannungen
entstehen durch parasitär kapazitive Einkopplung benachbarter
AC-Spannungen (z.B. zwischen den Leiterbahnen) auf den Eingangsteil
dieser Schaltung. Auch andere Schaltungsteile oder Geräte mit
angeschlossenen Leitungen können stören. Dies soll C1 verhindern. Ist
die Zeitkonstante von C1 mit R1|R2 (parallel) sehr gross, weil die
Grenzfrequenz sehr niedrig gewählt ist, dauert es beim Einschalten der
Betriebsspannung +Ub lange bis sich die Referenzspannung auf Ub/2
eingestellt hat. An so etwas ist bei der Schaltungsdimensionierung auch
zu denken.
Dazu eine kleine Überlegung bei R1 = R2 = 100-kOhm. Für C1 wählen wir 1
µF, ein Tantal-Elko, weil dieser Elko besonders verlustarm ist. Die
Grenzfrequenz des passiven R1|R2*C1-Tiefpassfilter beträgt 3 Hz und die
Ladezeitkonstante 50 ms. Das bedeutet, das eine Viertelsekunde (5-fache
Zeitkonstante) nach dem Einschalten die Ub/2-Spannung praktisch erreicht
ist. Die Grenzfrequenz ist niedrig genug um parasitär einkoppelnde
niederfrequente Störspannungen ausreichend zu dämpfen. Die Bandbreite
und damit die Rauschspannung selbst, am Eingang, ist ebenfalls drastisch
reduziert. Will man eingangseitig auch höherfrequente Störspannungen
berücksichtigen, kann man parallel zu C1 noch einen Kerko mit 100 nF
schalten.
C1 hat keinen direkten Einfluss auf die Schaltung welche an Ub/2(A) oder
Ub/2(B) angeschlossen wird, wie dies im Sinne der passiven Schaltung
(Teilbild 9.2) der Fall ist. Wozu aber C2 am Ausgang des Opamps, der
doch durch die starke Gegenkopplung besonders niederohmig sein soll?
Niederohmig ist er schon, aber nicht niederimpedant. Ich erinnere daran,
dass bei höheren Frequenzen die Leerlaufverstärkung eines Opamp, wegen
seiner (internen) Frequenzgangkompensation, abnimmt. Diese Abnahme hat
zur Folge, dass der Ausgangswiderstand ansteigt (Verschlechterung der
Regeleigenschaft) und dies kann sich ungünstig auf die gesamte Schaltung
auswirken, wenn höhere Signalfrequenzen mit im Spiel sind. C2, ein Elko
mit einem Wert von 10 µF bis etwa 100 µF am Ausgang des Opamp, stellt
eine niedrige Impedanz von niederen bis mittelhohen Frequenzen sicher.
Ein zusätzlich parallel geschalteter Kerko von etwa 100 nF (C4) senkt
die Quellimpedanz zusätzlich für höhere Frequenzen. Will man zusätzlich
niederfrequentes Rauschen des Opamp reduzieren, empfiehlt sich am
Ausgang des Opamp ein zusätzlich niederimpedantes passives
Tiefpassfilter mit R3, C3 und C5. R3 von wenigen zehn bis wenigen 100
Ohm und C3 im unteren 100 µF-Bereich, und parallel dazu ebenso ein Kerko
mit einer Kapazität von 100 nF (C5).
Das Ansteigen des Ausgangswiderstandes bei zunehmender Frequenz ist das
typische Verhalten einer Induktivität. Wir haben es hier mit einer
parasitären Induktivität zu tun. Man merke sich dies, weil, wenn man
den Ausgang des Opamps kapazitiv zu wenig belastet, kann das
Eigenrauschen des Opamps bei einer gewissen Resonanzfrequenz einen
überhöhten Wert annehmen. Ein Resonanzeffekt. Genau das selbe Problem
hat man auch mit Spannungsregler-Schaltungen. Auch diese enthalten
Verstärker. Tiefer mit diesem Thema befasst sich mein
Elektronik-Minikurs
Ein DC-Spannungsregler ist auch eine Induktivität!.
Zum Schluss dieses Thema, wird noch der synthetische GND angedeutet, der im Prinzip das selbe wie bereits beschrieben ist, jedoch etwas anders angewendet wird. Man betrachte dazu Bild 11:
Dieser GND-Generator eignet sich dann, wenn keine symmetrische Betriebsspannung, bestehend aus ±Ub und GND, zur Verfügung steht. Ein GND der durch die angeschlossene Schaltung belastbar sein muss, also entsprechend grosse Ströme verarbeiten kann. Bild 11 ist nur eine Prinzipschaltung, wie sie im Buch Halbleiterschaltungstechnik von Tietze/Schenk im Kapitel Symmetrische Aufteilung einer erdfreien Spannung gezeigt und dort beschrieben wird. Wenn man diese Schaltung für die entsprechende Anwendung, speziell auf den Stromverbrauch, richtig dimensioniert - es können auch Darlington-Transistoren eingesetzt werden - funktioniert sie sehr gut auch im Ampere-Bereich. Ich habe vor einigen Jahrzehnten diese Leistungssymmetrieschaltung in einem Projekt erfolgreich eingesetzt. Die Unterlagen dazu existieren leider nicht mehr, sonst hätte ich sie hier wiedergegeben. Ich schliesse aber nicht aus, dass ich dieses Thema eines Tages praxisorientiert erweitere und hier ergänze. In diesem Fall wird dies im ELKO-Newsletter bekanntgegeben.
6. Der unbenutzte Opamp und die richtige Beschaltung
Es kommt bei einem Vierfach-Opamp (Quad-Opamp) immer wieder mal vor, dass man in einer Schaltung nur drei dieser vier Opamps benötigt und da stellt sich die Frage, wie man den unbenutzten Opamp richtig beschaltet.
Die Methode wie man mit unbenutzten Eingängen von Logikgattern (Teilbild
12.1) richtig umgeht auf unbenutzte Eingänge von Operationsverstärkern
(Teilbilder 12.2 und 12.3) überträgt, ist absolut unzulässig und doch
sieht man immer wieder Schaltungen mit dieser Scheinlösung. Richtig ist
es, dass die Eingänge im zulässigen Gleichtaktbereich liegen müssen. Bei
"normalen" Opamps ist das etwa zwischen +Ub-2V und -Ub+2V, bei
Rail-to-rail-Opamps zwischen +Ub und -Ub und bei so genannten
Single-Supply-Opamps (z.B. LM324, LM358, TLC271 bis TLC274) zwischen
+Ub-2V und GND (Teilbild 12.3). Ob die beiden unbenutzten Eingänge offen
oder an ein gemeinsames Potential innerhalb des Gleichtaktbereiches
verlötet sind, beides ist unstabil. Da nicht gegengekoppelt, wirkt die
extrem hohe innere Leerlaufverstärkung (Open-Loop-Gain) mit einem Faktor
von einigen 10'000 bis mehr als 100'000 im DC-Bereich und bei sehr
niedrigen Frequenzen zwischen etwa 10 und 100 Hz. Oberhalb sinkt die
Leerlaufverstärkung um typisch 20 dB pro Frequenz-Dekade. Hier ein
Beispiel zum JFET-Opamp
TL071.
Geringste Störspannungen an den Eingängen - auch wenn die gemeinsam auf
dem selben Potential liegen (z.B. GND-Loops) - können zu grossen
Spannungsschwankungen am Ausgang des Opamps führen, oft gleich bis in
Grenzbereich, begrenzt durch die Betriebsspannung. Dies stört, je nach
Anwendung, die benachbarten Opamps im selben IC. Auch die thermische
Drift kann ein Auslöser von spontanen Spannungsänderungen am Ausgang
sein.
Die Teilbilder 12.4 und 12.5 zeigen wie man es richtig macht. Man setzt
den Opamp auf Verstärkung 1 und setzt den nichtinvertierenden Eingang
auf ein beliebiges Potential innerhalb des zulässigen
Gleichtaktbereiches. Passend ist im Dual-Supply-Mode (±Ub) stets der
GND-Bezug. Im Single-Supply-Mode taugt ebenfalls der GND-Bezug, wenn der
Opamp Single-Supply-fähig ist (Beispiele: LM324 und TLC274). Dies ist
dann der Fall, wenn der Opamp eine Eingangsspannung bis hinunter auf das
untere Potential der Betriebsspannung (-Ub oder GND) zulässt. In den
Teilbildern 12.5 und 12.7 ist dies der GND. Ist der Opamp nicht
Single-Supply-fähig, muss man den nichtinvertierenden Eingang mit einer
Referenzspannung verbinden, die eine analoge Schaltung im
Single-Supply-Mode oft benötigt (Kapitel "Die Ub/2-Referenz und der
synthetische GND") oder man realisiert einen Spannungsteiler mit
einem Abblockkondensator (R,R,C), wie dies Teilbild 12.5 zeigt.
Die Teilbilder 12.6 und 12.7 zeigen was zu tun ist, wenn der Opamp nicht
Unity-Gain-stabil ist. In diesem Fall liest man im Datenblatt die
Minimal-Verstärkung. Unterschreitet man diese, oszilliert der Opamp. Mit
R1 und R2 wählt man eine Verstärkung die etwas grösser ist als die
zulässige Minimal-Verstärkung. Da solche Opamps meist recht schnell
sind, sollte man besonders darauf achten, dass die Verbindungen zum
invertierten Eingang so kurz wie möglich sind.
6.1 Wenn Opamps andere Opamps stören
In einem Quad- oder auch Dual-Opamp kann man nicht alle Schaltfunktionen
gemeinsam integrieren die man gerne haben möchte. So ist es z.B. nicht
empfehlenswert eine empfindliche Verstärkerschaltung und ein
Rechteckgenerator gemeinsam in einem IC unterzubringen, weil steile
Flanken und hohe Amplituden die analoge Schaltung empfindlich stören
können. Dies hat zur Folge, dass das Ausgangssignal Ua mit schmalen
Impulsen überlagert ist oder das Signal verzerrt wird. Selbst dann wenn
die zugehörigen passiven Bauteile nicht zu nahe beieinander liegen,
erfolgt noch immer ein hohes Mass an Störung im Bereich des Chips. Für
den NF-Verstärker kann man einen Dual-Opamp, z.B. den TLC272, einsetzen.
Jedoch für den einfachen Sinusgenerator, bestehend aus Rechteckgenerator
und aktivem Tiefpassfilter mit einer Festfrequenz, lohnt sich je ein
Opamp zu verwenden, z.B. den TLC271. Diese Schaltung ist nur grad ein
Beispiel um das Störphänomen zu erklären. Selbstverständlich kann man
den Testgenerator auch ganz anders realisieren.
Fazit: Man sollte keine analogen und (quasi-)digitalen Signale in einem
Mehrfach-Opamp unterbringen, wenn Signalreinheit eine signifikante Rolle
spielt. Man kennt dieses Problem z.B. bei integrierten
SC-Tiefpassfiltern.
Allerdings kennt man bei diesen Schaltungen die Verhältnisse. Das
Verhältnis der Abtastfrequenz zur Grenzfrequenz ist gross und konstant.
Dies macht es relativ einfach mit dem Problem des Clock-Feedthrough
vernünftig umzugehen.
7. Die Unity-Gain-Bandbreite
Bild 14 klärt auf, warum die Unity-Gain-Bandbreite nur für die Verstärkung von 1 (nichtinvertierend) und nicht auch für die Verstärkung von -1 (invertierend) gilt. Als Beispiel dient der Opamp LF356 mit einer Unity-Gain-Bandbreite von 5 MHz. Die Frequenzangaben in Klammern beim Ausgang Ua ist jeweils die resultierende Grenzfrequenz. Die DC-Spannungswerte dienen als Beispiele zum leichteren Verständnis.
Teilbild 14.1 zeigt die vollständige Gegenkopplung durch die direkte
Verbindung von Ua mit dem invertierenden Eingang. Auf diese Weise
arbeitet der Opamp mit einer geschlossenen Schlaufenverstärkung
(Closed-Loop-Gain) von 1 bis zur angegebenen Frequenz der
Unity-Gain-Bandbreite (LF356 = 5 MHz). Die Grenzfrequenz ist identisch
mit der Unity-Gain-Bandbreite.
Teilbild 14.2 zeigt die invertierende Verstärkerschaltung mit einer
Verstärkung von -1, gegeben durch R1 = R2. Die Grenzfrequenz beträgt
aber nur die die Hälfte der Unity-Gain-Bandbreite, also 2.5 MHz, weil
die Gegenkopplung nur die Hälfte ausmacht. Der Knotenpunkt R1/R1 liefert
zum invertierenden Eingang nur die halbe Spannung von Ua-Ue. Man beachte
die Spannungswerte für Ue und Ua in Kleinschrift. Dies alleine gilt für
die Opamp-Beschaltung. Ob dabei Ue an R1 liegt (Gain = -1) oder auf den
nichtinvertierenden Eingang in Teilbild 14.3 (Gain = 2) spielt dabei
keine Rolle. Die Schaltung benötigt überhaupt keine Eingangsspannung.
Die Tatsache, dass die Grenzfrequenz der halben Unity-Gain-Bandbreite
entspricht, ist nur abhängig vom Gegenkopplungsnetzwerk.
Teilbild 14.4 zeigt nichts Neues im Vergleich zu Teilbild 14.3. Beide
Schaltungen sind nichtinvertierende Verstärker. Der einige Unterschied
besteht darin, dass in Teilbild 14.3 nur mit einem Faktor 2 und in
Teilbild 14.4 mit 11 verstärkt wird, jeweils nachvollziehbar mit den
DC-Spannungsangaben an Ue und Ua. Mit einer Verstärkung von 11 reduziert
sich natürlich die Grenzfrequenz auf einen Wert von weniger als 0.5 MHz,
berechnet nach der Formel:
( fg = fUGBW /
GainClosed-Loop )
Es mag sich der eine oder andere Leser fragen, warum es denn zu R1
parallel R3 braucht, um auf einen Wert von 220 Ohm zu gelangen.
Schliesslich gibt es Widerstände mit exakt 220 Ohm. Es genügt R1 = 220
Ohm und die Schaltung verstärkt korrekt mit 11. Diese Überlegung ist
richtig, wenn da keine spezielle Absicht dahintersteckt, aber diese gibt
es mit Teilbild 14.5 als invertierender Verstärker. Da gibt es den R3
gleich nochmals zwischen dem invertierenden Eingang und GND. Sogleich
stellt sich die Frage nach dem Wozu, denn R3 verbindet den virtuellen
mit dem echten GND. Kein Strom fliesst durch R3. Also ist das so eine
Witzschaltung.
Keinesfalls! Erstens fliesst ein sehr kleiner Strom durch R3, der für
das richtige Funktionieren sogar wichtig ist und zweitens will ich damit
etwas erklären. Obwohl nur um einen Faktor -1 verstärkt wird, hat diese
Schaltung nicht die selbe Grenzfrequenz wie Teilbild 14.2 zeigt. Es sind
nur 0.5 MHz wie Teilbild 14.4 zeigt. Einen praktischen Nutzen hat diese
Schaltung (Teilbild 14.5) nicht, eher das Gegenteil gibt es. Die
nutzlose Schaltung reduziert die Grenzfrequenz und erhöht an Ua die
äquivalente Eingangs-Rauschspannung des Opamp. Allerdings nicht mit dem
Faktor der nutzlosen Verstärkung, weil durch die Reduktion der
Grenzfrequenz die Rauschspannung reduziert wird. Diese Antagonisten
kompensieren sich aber nicht, weil sich die Rauschspannung nur mit der
Quadratwurzel der Frequenzänderung reduziert. Mehr dazu erfährt man,
wenn man sich mit der so genannten Rauschspannungsdichte befasst. Dazu
eignet sich der Elektronik-Minikurs
Rauschdämpfung mit Tiefpassfilter.
Es gibt allerdings einen praktischen Nutzen mit Teilbild 14.5. Wenn man
einen Opamp einsetzen will, der die Verstärkung 1 nicht zulässt, weil er
intern nur teilweise kompensiert ist, gibt es den Trick, dass man mit
R2, R3 und C die nutzlose Verstärkung bei den höheren Frequenzen anhebt.
Diese muss so hoch, sein, dass die Phasenreserve noch gross genug bleibt
und sicher kein instabiles Verhalten (Oszillation) erzeugt. So kann man
mit einer Verstärkung, unterhalb der minimalen Verstärkung gemäss
Datenblatt, arbeiten und die erhöhte Rauschspannung macht sich innerhalb
z.B. der Audio-Grenzfrequenz nicht nennenswert bemerkbar. R3 bewirkt
mit C ein passives Hochpassfilter. Eine solche Schaltung gibt es als
Applicationnote mit Berechnungsformel im
LF356-LF357-Datenblatt
auf Seite 20 in Figure 52 und Figure 53. Der Kompromiss, den man dabei
eingeht, besteht in der Reduktion der Grenzfrequenz, wie wir jetzt
wissen.
Dieser Hinweis mit dem LF357 dient nur der Anschauung. Der LF357 wird
schon seit vielen Jahren nicht mehr hergestellt, doch den LF356 dürfte
es wahrscheinlich noch lange geben. Man beachte die grosse Vielfalt der
Applicationnotes im Datenblatt. Trotzdem kann das Wissen dieses Tricks
wertvoll sein, wenn man z.B. einen schnellen Quad-Opamp einsetzt, der
intern nur teilkompensiert ist und nicht bis zur Verstärkung 1 benutzt
werden kann. Jedoch einer dieser vier Opamps benötigt man für die
Verstärkung von 1 als Impedanzwandler und die dadurch reduzierte
Grenzfrequenz stört nicht.
Teilbild 14.6 zeigt einen invertierenden Verstärker mit zwei Eingängen
Ue1 und Ue2. Ue1 wird niedrig mit einem Faktor von -1 verstärkt und Ue2
wird höher mit einem Faktor von -10 verstärkt. Betreffs der
Grenzfrequenz für beide Eingänge dominiert Ue2, falls Ue2 an eine
niederohmige Quelle angeschlossen ist, mit den angegebenen 0.5 MHz
(Teilbild 14.5). Wenn Ue2 offen und nur Ue1 in Betrieb ist, gilt die
Grenzfrequenz von 2.5 MHz (Teilbild 14.2).
8. Was ist der Piezoeffekt?
Es gibt den piezoelektrischen Sensor. Bei Belastung durch Zug-, Druck- oder Schubkräfte wird eine elektrische Ladungsverschiebung und dadurch eine elektrische Spannung erzeugt. Diese Spannung tritt aber nur relativ kurzzeitig, während einer Kraftänderung in Erscheinung. Angewendet wird dies auch in einem Gasfeuerzeug mit elektrischem Hochspannungsfunken. Dieser wird durch einen kurzzeitigen mechanischen Schlag auf ein piezosensitives Teil erzeugt. Das selbe passiert - wenn auch nur Spannungen im mV- bis in den 10-mV-Bereich - wenn man mit einem harten Gegenstand auch nur leicht einen keramischen Kondensator beklopft. Den selben Effekt kann man feststellen, wenn man ein abgeschirmtes Kabel an einem empfindlichen Mikrofoneingang anschliesst und das relativ niederohmige Mikrofon nicht angeschlossen ist. Man hört es aus dem Lautsprecher problemlos, wenn man an das abgeschirmte Kabel klopft. Auch das ist eine Art Piezoeffekt. Der mechanische Impuls erzeugt kurzzeitige Ladungsverschiebungen in der Isolation zwischen Innenleiter und Abschirmung. Zu diesem Thema empfehle ich Im Fokus: Der Piezo-Effekt.
9. Weitere Elektronik-Minikurse mit passenden Themen
- Operationsverstärker II: Die Gain- und die Offsetabstimmung, und die Problembeseitigung von kapazitiver Belastung am Ausgang des Operationsverstärkers, die so genannte Lead-Kompensation.
- Operationsverstärker III: Vertiefung zum Thema virtuelle Spannung/GND. Ein etwas anderer Erklärungsansatz, ein Versuch zum leichteren Verständnis...
- Vom Operationsverstärker bis zum Schmitt-Trigger, kontinuierlich einstellbar. Eine Demoschaltung! Vor allem geeignet für Lehrer, welche Elektronik-Azubis ausbilden!
- Echter Differenzverstärker I: Die Überlegenheit des Instrumentationsverstärkers gegenüber dem Operationsverstärker. Elektromedizinische Hinweise wie EMG und EKG.
- Echter Differenzverstärker II: Referenzierung betreffs Spannungsmessung und DC-Offsetspannung.
- Echter Differenzverstärker III: Analysieren und Verstehen des Instrumentationsverstärkers.
- Echter Differenzverstärker IV - EMG-Vorverstärker Deluxe mit INA111: Beachte auch speziell das Kapitel "Erste Stufe stärker als die zweite"
- Rauschdämpfung mit Tiefpassfilter
- Ein DC-Spannungsregler ist auch eine Induktivität! Und das selbe gilt auch für "nur" einen gegengekoppelten Verstärker...
- What's All This Slewrate Stuff, Anyhow?
Eingabe: Frequenz-Bandbreite, Amplitude
Resultat: Slewrate