Automatische Netzspannungsumschaltung für Trafos
(mit Schirmwicklung oder Schirmfolie)
Einleitung
Die vorliegende Schaltung in Bild 4 erkennt, ob sie am 115-VAC- oder am 230-VAC-Netz betrieben wird und sie schaltet einen Netztrafo automatisch auf die korrekte Betriebsspannung. Voraussetzung ist, dass der Trafo zwei Primärwicklungen zu je 115 VAC haben muss. Diese beiden Wicklungen werden bei 115 VAC parallel und bei 230 VAC seriell geschaltet. Man kann aber ebenso zwei Trafos mit je einer Primärspannung von 115 VAC verwenden. Die identischen Sekundärspannungen der beiden Trafo werden - natürlich ebenso phasenrichtig - parallel oder seriell geschaltet, wie dies Bild 1 zeigt:
Teilbild 1.1 zeigt eine Schaltung mit zwei Trafos, wobei die beiden
Sekundärwicklungen parallel geschaltet sind. Der Stromfluss von A nach B
ist doppelt so hoch wie der Strom einer Sekundärwicklung. Beide Trafos
müssen die selbe VA-Leistung haben, sowie auch die beiden
Sekundärspannungen gleich gross sein müssen. Um dies alles sicher zu
stellen, sollten beide Trafos vom selben Typ des selben Herstellers
sein. In Teilbild 1.2 sind die beiden Sekundärwicklungen in Serie
geschaltet. Die Spannung zwischen A und B ist doppelt so hoch wie die
einer Sekundärwicklung. M benötigt man z.B. für eine
Zweiweg-Gleichrichterschaltung. Die Blackbox enthält die Schaltung zur
automatischen Umschaltung der seriellen (230 VAC) oder parallelen (115
VAC) Betriebsart der Primärwicklungen der beiden Trafos.
Die Realisierung dieser automatischen Umschaltung (Bild 4) lohnt sich
besonders dann, wenn das Gerät abwechslungsweise oft mit 230 VAC und 115
VAC betrieben werden muss. Dies ist dann der Fall, wenn ein Gerät oft
Länder mit diesen beiden Netzspannungen wechselt. Der Anwender muss sich
nicht selbst daran erinnern rechtzeitig umzuschalten, was unnötiges
Schadensrisiko vermeidet.
ACHTUNG: Netzspannung!!! Lebensgefahr!!! Nichts für Anfänger!!!
Die Schaltungen in diesem Elektronik-Minikurs arbeiten mit
230-VAC-Netzspannung. Es ist höchste Vorsicht geboten! Alle
Manipulationen in diesen Schaltungen müssen stets mit einem
TRENNTRANSFORMATOR durchgeführt werden! Die Schaltung muss
berührungssicher nach SEV-, bzw. VDE-Norm, realisiert und in
ein Gehäuse eingebaut werden!
Der Nachbau dieser Schaltung ist für Anfänger oder Bastler ohne
notwendiges Wissen im Umgang mit der 115/230-VAC-Netzspannung
ungeeignet!!! Nachbau, Tests, Manipulationen und Einsatz erfolgen stets
auf eigenes Risiko!!!
Gibt es käuflliche Alternativen?
Selbstverständlich gibt es auf dem Markt primärgetaktete Schaltnetzteile
mit grossem Eingangsspannungsbereich, der die beiden Netzspannungen 115
VAC und 230 VAC problemlos abdeckt. Wenn jedoch die zu speisende
Elektronik im analogen Teil sehr empfindlich ist, d.h. einen hohen
Signal-/Störabstand bei relativ grosser Frequenzbandbreite fordert,
jedoch nur einen relativ geringen Leistungsverbrauch hat, ist es ratsam
ein linear geregeltes, praktisch brumm- und störfreies Netzteil
einzusetzen. Verwendet man in diesem Netztteil einen Netztrafo mit zwei
Primärwicklungen zu je 115 VAC, so ist die vorliegende Schaltung in Bild
4 zur automatischen Netzspannungsumschaltung genau das Richtige. Es gibt
käufliche Print- und Ringkerntrafos mit zwei solchen Primärwicklungen.
Aber auch speziell angefertigte Ringkerntrafos sind sogar als
Einzelstück längst erschwinglich geworden.
Passend zum vorliegenden Inhalt: Wer sich für die Schaltung eines
besonders stör- und brummspannungsarmen Netzteiles interessiert,
empfehle ich meinen folgenden Elektronik-Minikurs :
Trafos mit Schirmwicklung oder Schirmfolie
Bei individuell angefertigten Ringkerntrafos können für wenig Geld
zusätzliche Schirmwicklungen oder Schirmfolien angebracht werden. Wozu
das gut ist, erklärt Bild 2. Teilbilder 2.1a bis 2.3a zeigen jeweils die
parasitären Wechselspannungen (AC-Spannungen) zwischen irgend einer
Schaltung - angeschlossen an der Sekundärwicklung - und der Netzerde und
die Teilbilder 2.1b bis 2.3b zeigen die sogenannten Erdableitströme. Der
sonst symbolisch angdeutete Eisenkern ist hier nicht gezeichnet.
Wir betrachten in den Teilbildern 2.1a und 2.1b zunächst einen ganz
gewöhnlichen Trafo ohne Schirmwicklung oder Schirmfolie, wobei die
Primär- und die Sekundärwicklung auf einem einzigen Spulenkörper
angebracht sind. Bei einem Ringkerntrafo ist dies immer der Fall. Die
Folge dieser Wicklungsart ist stets eine relativ starke kapazitive
Kopplung zwischen Primär- und Sekundärwicklung. Diese Kapazität kann
leicht Werte bis weit in den nF-Bereich annehmen. Besteht keine
Verbindung zwischen der Sekundärwicklung und Netzerde, kann leicht eine
dauerhafte AC-Spannung Ue (e = bezogen auf Netzerde), oft bis zur Hälfte
der Primärspannung, auftreten (Teilbild 2.1a), weil der Nullleiter N mit
dem Potenzial der Netzerde praktisch identisch ist. Grob erklärt
bedeutet dies, dass zwischen Phase P und Null N unendlich viele
Teilkapazitäten von Cp über Cm nach Cn (p = Phase, m = Mittelwert, n =
Null) zwischen Primär- und Sekundärspule(n) wirken. 'n' in Klammer, weil
es können auch viele Sekundärspulen angebracht sein. Solch hohe
Spannungswerte zwischen einer Schaltung auf der Sekundärseite des Trafo
gegen Netzerde, können massive Störungen gerade auf diese Schaltung
bewirken, auch wenn diese Störspannung als eine Gleichtaktspannung
vorliegt. Bei Kapazitäten im nF-Bereich kann bei einer galvanischen
Kopplung zwischen irgend einem Teil auf der Sekundärseite und der
Netzerde (Teilbild 2.1b) ein sogenannter Erdableitstrom Ie bis zu
einigen mA resultieren. Dies gilt allerdings nur bezogen auf die
Netzfrequenz von 50 Hz. Schlimmer wird es, wenn auf der Primärseite
steilfankige Überspannungsimpulse auftreten. Für solche Impulse sind
diese parasitären Kopplungskapazitäten sehr viel niederohmiger und
entsprechend hohe Erdableitstromimpulse sind dann die Folge! Ganz
besonders für elektromedizinische Anwendungen, bei denen Elektroden
Personenkontakt haben (EMG, EEG, EKG), ist der Einsatz eines solchen
Trafo schlichtweg verboten, wenn nicht andere niederkapazitive
Isolierungsmassnahmen eingesetzt werden.
Wir kommen zu den Teilbildern 2.2a und 2.2b. Zwischen Primär- und
Sekundärwicklung ist eine weitere Wicklung angedeutet. Es ist die
sogenannte geerdete Schirmwicklung. Der Name deshalb, weil sie die
Sekundärwicklung von den "bösen" Einflüssen der Primärwicklung
abschirmt. Diese Wicklung hat deshalb auch nur einen Anschluss. Bei
Ringkerntrafos ist dieser Anschluss oft mit einem gelb/grün gestreiften
Kabel, typisch für die Netzerde, herausgeführt. Dieser Anschluss wird
mit der Netzerde verbunden. Auf diese Weise wird der gesamte kapazitive
Strom über Cp bis Cn zur Netzerde abgeleitet und so bleibt die
Sekundärwicklung vom kapazitiven Einfluss der Primärwicklung verschont.
Nur ganz so ideal trifft dies nicht zu, weil eine gewisse kapazitive
ganz geringe Restkopplung von der Primär- zur Sekundärwicklung gibt es
noch immer. Die ist aber so gering, dass solche Trafos
elektromedizinisch zulässig sind, wenn sie zusätzlich das Kriterium der
Isolationsspannung und den maximal zulässigen Erdableitstrom erfüllen.
Um sich dazu zu informieren, konsultiere man die einschlägige Literatur
(SEV, VDE). Bei der Schirmwicklung gibt es aber noch ein anderes
Problem. Auch diese Wicklung erhält durch die Induktion eine eigene
sekundäre AC-Spannung. Diese überträgt sich durch die punktiert
gezeichneten Kapazitäten auf die Sekundärwicklung, wenn auch im sehr
viel geringeren Ausmass, als ohne Schirmwicklung, weil diese
Spulenspannung wesentlich niedriger ist als die der Primärwicklung.
Um dieses Problem zu beseitigen, gibt es alternativ die Schirmfolie
(Teilbilder 2.3a und 2.3b). Das ist eine sehr dünne Metallfolie zwischen
Primär- und Sekundärwicklung. Auf diese Folie, die eine Wicklung mit
einer Windung darstellt, wird nur eine vernachlässigbar geringe
AC-Spannung induziert. Natürlich darf diese Folie nicht kurzschliessen
und das heisst, die beiden Enden um die eine Windung dürfen sich nicht
berühren. Diese Art der Abschrimung ist natürlich die beste. Auch diese
Schirmfolie muss natürlich mit der Netzerde verbunden sein.
Zum Schluss dieses Kapitels sei noch erwähnt, dass sich bei diesen
Massnahmen, die Entscheidung für den Ringkerntrafo meist die richtige
Wahl ist, weil dieser Trafotyp erzeugt stets das geringste magnetische
Streufeld, das schädliche Induktionsspannungen in empfindliche
Elektronik einkoppeln kann und ein weiteres Argument ist, dass
Ringkerntrafos bei gleicher Leistung nur etwa halb so schwer sind wie
Mantelkerntrafos.
Einfachst und dumm oder aufwändiger und sicher...
Die Schaltung in Bild 3 ist einfach und billig! Man verwendet ein
AC-Spannungsrelais mit einer Spulenspannung von 230 VAC. Am 115-VAC-Netz
zieht das Relais nicht an, und die beiden Ruhekontakte r1 und r2
schalten die beiden 115-VAC-Primärwicklungen parallel. Beobachte die
beiden Ruhekontakte r1 und r2 und auf welche Spannung am Eingang der
Pfeil gerade zeigt. Wenn die Schaltung am 230-VAC-Netz betrieben wird,
schaltet das Relais ein und die beiden Primärwicklungen sind durch die
beiden Arbeitskontakte a1 und a2 seriell geschaltet. Genau so wie es
sein sollte und man kann Glück haben, wenn es genauso auch funktioniert.
Bloss, was soll denn da schon schief gehen?
Was billig ist muss zwar nicht immer schlecht sein, hier allerdings
schon. Wie jedes Relais hat auch dieses eine gewisse Anzugsverzögerung.
AC-Spannungsrelais haben eine gewisse Trägheit, damit sie nicht mit der
niedrigen 50-Hz-Netzfrequenz flattern. Dies unterdrückt ein
Kurzschlusskupferring, der in den sogenannten Spaltpol im Weicheisenkern
eingepresst ist. Dieser erzeugt beim Rückgang der Sinusspannung einen
Induktionsstrom und magnetisiert den Weicheisenkern in der Zone um den
Spaltpol auch im Bereich des Spannungsnulldurchganges der AC-Spannung.
Dies verursacht die erwünschte Abfallverzögerung. Die Anzugsverzögerung
ist von diesem Kurzschlussring nicht beeinflusst, trotzdem kann
unmittelbar vor dem Umschalten des Relais der Trafo eine hohe
Einschaltstromspitze erfahren. Im ersten Moment des Einschaltens, wenn
der Restmagnetismus im Trafoeisenkern zufällig die selbe Polarität
aufweist wie die des augenblicklichen Einschaltstromes, wirkt wegen dem
Sättigungseffekt zu Beginn alleine der ohmsche Spulenwiderstand beider
parallelgeschalteten Primärwicklungen strombegrenzend. Dieser
Einschaltstromstoss ist allerdings vier mal so gross, weil die doppelte
Netzspannung von 230 VAC an den beiden parallelgeschalteten
115-VAC-Primärwicklungen anliegt.
Massiv verschlimmernd kommt dazu, dass während diesem Überstrom der
Trafokern, wegen der doppelt so hohen Betriebsspannung pro
Primärwicklung, kaum aus der Sättigung herauskommt bis das Relais die
beiden Primärwicklungen (endlich) in Serie umschaltet. Dieses Problem
erzeugt zwar nicht gleich brennende oder explodierende Konsolen, wie man
dies in Sciencefiction-Filmen gewohnt ist, aber ein Minifeuerwerk beim
Öffnen der Relaiskontakte (Ruhekontakte) ist sicher. Wenn es nicht
gleich zu einer Kontaktverschweissung kommt, dann aber bestimmt zum
baldigen Kontaktabbrand. Dagegen schützen auch die beiden PTCs nicht,
welche die Schmelzsicherungen ersetzen und nach Abkühlung wieder
einsetzbar sind. Diese Einfachstschaltung in Bild 3 darf also auf gar
keinen Fall gebaut werden!!!
Die folgende Schaltung in Bild 4, die sich im professionellen Einsatz
bestens bewährt hat, ist wesentlich aufwändiger, dafür ist sie
betriebssicher.
Die Schaltung
Da dieses Kapitel sehr umfangreich ist und dabei die Schaltung in Bild 4 das zentrale Thema ist, ist es vorteilhaft, wenn man diesem Schaltschema ein Extrafenster widmet, damit man beim Lesen des Textes die Schaltung stets vor sich hat. Dies geschieht, in dem man auf Bild 4 mit der linken Maustaste klickt.
Betriebsspannung der Elektronik und Überspannungsschutz
Die gesamte Steuerung wird wegen ihres sehr geringen Leistungsverbrauches direkt aus dem 115-VAC-/230-VAC-Netz gespiesen. Die Komparatorschaltung mit IC:A1 arbeitet mit einer einfachen, mittels Zenerdiode (Z-Diode) stabilisierten Gleichspannung (DC-Spannung) von 10 VDC, die auch als Triggerspannung U2 dient. Die relative Stabilität einer Z-Diode reicht für diese Anwendung völlig aus. Alle Spannungsangaben beziehen sich, wenn nicht anders vermerkt, auf die Leitung die mit REF (Referenz) bezeichnet ist! Parallel zu den beiden Primärwicklungen, die entweder parallel (115-VAC-Netz) oder seriell (230-VAC-Netz) geschaltet sind, liegt ein Zinkoxyd-Varistor VAR, dessen Aufgabe es ist, gefährliche Überspannungen zu begrenzen. Diese können auf dem Netz durch auch weit entfernte Blitzeinschläge oder durch induktive Lastschaltungen auftreten. Aber ebenso kann beim Abschalten (Schalter S) des Netztrafo, wenn dies im Augenblick eines hohen Sinusspannungswertes geschieht, dann eine hohe Selbstinduktionsspannung auftreten, wenn der Trafo sekundärseitig gerade nur wenig belastet ist (geringe Dämpfung). Der Trafo wirkt dann sehr selbstinduktiv. Ein Trafo ohne sekundärseitige Belastung, kommt auf das selbe heraus, wie wenn die Sekundärwicklung gar nicht existiert, und das ist nichts anderes als eine Drossel. Selbst dann wenn der Trafo ohne sensible Elektronik gesteuert wird, lohnen sich oft solche Zinkoxyd-Varistoren: Das Ausschalten eines Trafo kann z.B. problemlos ein ungeschütztes Halbleiterrelais in einem benachbarten Gerät zerstören, wie ich dies selbst einmal erlebt habe, wenn dieses selbst nicht ausreichend gegen Überspannungen geschützt ist. Diese betroffene Schaltung muss dabei keineswegs etwa am selben Netzkabel angeschlossen sein...
Die Steuerung
Die Dioden D1 und D2 arbeiten als Halbwellengleichrichter für positive
Halbwellen. D1 für die Relaisschaltung und D2 für die Elektronik. Eine
1N4007-Diode sperrt 1000 V. Das Netzspannungsmessnetzwerk, bestehend aus
R6, R7, R8, D3, C3 und R10, wird direkt von der
115-VAC-/230-VAC-Netzspannung gespiesen. Der Spannungsteiler R6, R7 und
R8 teilt die AC-Netzspannung auf einen AC-Niederspannungswert, dessen
positive Sinushalbwelle maximal niedriger ist als die Betriebsspannung
des Komparators IC:A1 von 10 VDC. Auf diesen Spannungsteiler folgen D3
und C3 als Gleichrichter und Spitzenspannungsdetektor. Dieser
Spitzenspannungswert U1 gilt als Mass dafür, ob das Netzteil am
115-VAC-Netz oder 230-VAC-Netz arbeitet. Beim Einschalten (S) ladet sich
C3 mit der ersten positiven Sinushalbwelle auf. Die Ladezeitkonstante
ergibt sich aus dem Quellenwiderstand, der praktisch durch R8 bestimmt
wird, und der Kapazität von C3. Diese Zeitkonstante beträgt nur etwa 2.5
ms. Dies entspricht dem halben Wert einer Sinusviertelperiode, hier
zwischen 0 V und dem positiven Scheitelwert, bei der Frequenz von 50Hz.
Die Zeitkonstante von C3 und R10 beträgt hingegen 5 s. Weshalb dies so
sein muss, mehr dazu im Kapitel Betriebssicherheit.
Das Netzwerk aus D2, R1, R2, R3, C1, C2 und ZD liefert eine geglättete
und konstante DC-Spannung für den Betrieb des Komparatorschaltung mit
IC:A1 (IC:A2 wird nicht benötigt). Zum Einsatz kommt ein leistungsarmer
LinCMOS-Typ, der TLC3702CP von
Texas-Instruments.
Siehe dazu weiter unten Kapitel "Alternative zu TLC3702".
Warum sind R1 und R2 nicht in einem Widerstand mit dem doppelten Wert
zusammengefasst? Damit man an dieser Stelle kleine 0.25W-Widerstände
einsetzen kann, muss man zwei mit etwa dem selben Wert in Serie
schalten, um die hohe Spannung zu teilen. Die Spannungsfestigkeit dieser
Widerstände liegt nämlich, je nach Fabrikat zwischen 250 und 300 V und
dies wäre zu wenig für eine maximale Spitzenspannung von 325 VDCp ohne
allfällige Überspannung. Das selbe gilt für R6 und R7. Mehr Details zur
Dimensionierung von R1 und R2 siehe Kapitel "Teil der Schaltung,
nicht leicht zu verstehen"
IC:A (beide Komparatoren A1 und A2 des TLC3702) benötigt gemäss
Datenblatt von TI (Figure 19) 20 µA bei einer Umgebungstemperatur von 25
°C und einer Betriebsspannung von 10 VDC. Bei einer höheren
Umgebungstemparatur von 85 °C reduziert sich der Strom auf 16 µA und bei
einem Wert von nur -55 °C erhöht er sich auf 30 µA. Gut zu wissen, falls
die Schaltung in Polarnächten zum Einsatz kommen sollte. Da diese 30 µA
sehr wenig sind, bleiben wir beim extremen Polarnachteinsatz. Es sei an
dieser Stelle allerdings darauf hingewiesen, dass keine Aussage darüber
gemacht werden kann, ob die andern Bauteile (das Relais lässt
grüssen...) bei solch niedrigen Temperaturen mitmachen. Ich überlasse
dieses Problem gerne dem Nachbauer.
Ein derart niedriger Betriebsstrom erlaubt, dass die Betriebsspannung
ohne nennenswerte Verlustleistung direkt mittels strombegrenzenden
Vorwiderständen R1 und R2 aus der Netzspannung 230 VAC gewonnen werden
kann. Dies erst recht, weil eine Halbwellengleichrichtung (mit D2) die
Verlustleistung von vornherein drastisch reduziert. Wichtig ist jedoch,
dass der Komparator IC:A1 in seiner Umschaltphase mit einer kleinen
Hysterese beschleunigt wird, denn während diesem schnellen Umschalten
sind beide internen MOSFETs der Komparatorausgangsstufe leitend, was ein
Vielfaches des normalen Stromverbrauches bewirkt. Die Hysterese, gegeben
durch den Parallelwiderstandswert von R5 mit R4 und P1 in Serie und R11,
sorgt für ein schnelles Durchschalten. Während diesem sehr kurzen Moment
liefert der Tantalelko C2 genügend Energie zum Aufrechterhalten der
Betriebsspannung an IC:A (Pin 8), die durch ZD (10 VDC) erzeugt wird.
Diese konstante Betriebsspannung dient ebenso zur Erzeugung der
Triggerspannung U2 für den nichtinvertierenden Eingang des IC:A1. U2
wird mit dem Trimmpotmeter P1 kalibriert.
Teil der Schaltung, nicht leicht zu verstehen
Durch eine E-Mail-Anfrage stellte ich im September 2008 fest, dass ein Teil der Schaltung in Bild 4 nicht richtig verstanden wurde. Ich will hier dieses Problem mit Bild 5 erläutern:
Es ging darum, dass nicht verstanden wurde, wie man R1 und R2, als die
eigentlichen strombegrenzenden Widerstände, korrekt dimensioniert.
Schliesslich sei die Angelegenheit mit Sinus-Halbwellen, die aus der
Halbwellen-Gleichrichtung mit D2 entstehen, nicht gerade einfach - hiess
es. Okay, man kann es durchaus kompliziert machen, ist aber im
vorliegenden Fall überhaupt nicht nötig.
Teilbild 5.2 ist ein Ausschnitt aus Bild 4, der zur Erklärung dient. Zum
niedrigen Maximalstrom von IC:A (TLC3702C) mit seinen 30 µA addiert
sich der Strom durch P1, R4 und R5. Je nach Schleiferstand von P1
beträgt dieser Strom zwischen 140 µA und 80 µA. Dieser Strom ist also
einiges grösser als der Strom für IC:A. Würde man die Werte von P1, R4
und R5 um einen Faktor 10 erhöhen, wäre ein Strom von maximal nur 14 µA,
dem Strom des TLC3702C mit maximal 30 µA angepasster. Ein wichtiges
Argument für eine batteriebetriebene Schaltung. Hier, als netzbetriebene
Schaltung, wiegt dieser Nachteil nicht. Die vorliegende Dimensionierung
hat zum Vorteil, dass der Mitkopplungswiderstand R11 (Bild 4) mit 1
M-Ohm auskommt. Mit 10 M-Ohm wäre das Risiko von parasitären
Störeffekten, wie nur schon hauchdünne feine Verschmutzung zwischen den
Kontakten oder eine allfällig störende parasitäre Kapazität, ein nicht
zu vernachlässigender Nachteil, falls eine sehr hohe Betriebssicherheit
während einer langen Einsatzdauer gefordert ist. Bei so einer
Anforderung, sollte man stets darauf achten, dass eine Schaltung nicht
zu hochohmige Elemente enthält.
Wir wissen nun, dass die Schaltung mit und um den Dual-Komparator
TLC3702C einen maximalen Strom von 0.2 mA benötigt. Da zur Erzeugung der
Triggerspannung U2 keine besonders hohe Anforderung an die
Spannungsstabilität gestellt ist, genügt eine kleine Zener-Diode ZD mit
einer Zenerspannung von 10 V und einer maximalen Verlustleistung von
maximal 0.5 W oder weniger. Diese 10 VDC sind nicht zwingend. Es ist eine
Wahl im mittleren zulässigen Betriebsspannungsbereich. Man konsultiere
dafür das Datenblatt zum TLC3702C.
Im nächsten Schritt wollen wir einen vernünftigen Wert für den Strom
durch R1 und R2 finden, so dass die Verlustleistung erträglich niedrig
bleibt. In Teilbild 5.1 sehen wir ganz oben (5.1a) eine Sinusspannung
mit einem Effektivwert von 230 VAC. Wenn man diese Spannung mit einem
Brückengleichrichter vollweggleichrichtet (5.1b )und man nimmt
ausnahmsweise an, dass die Gleichrichterdioden verlustlos arbeiten, dann
ist die Fläche von zwei Sinushalbwellen innerhalb einer Periode bei der
gleichgerichteten DC-Spannung genau gleich gross wie bei der
eingangsseitigen AC-Spannung. Das bedeutet nichts anderes, dass der
Effektivwert der DC-Spannung ebenso 230 VDC beträgt (5.1b). Fehlt durch
die Einweggleichrichtung (5.1c) jede zweite Sinushalbwelle pro Periode,
gibt es auch nur halb so viel Spannungsfläche. Daraus resultiert, dass
die effektive DC-Spannung nur halb so gross ist, nämlich 115 VDC. Leitet
man diese halbierte DC-Effektivspannung durch einen Lastwiderstand,
reduziert sich die Verlustleistung auf 1/4 im Vergleich zur
DC-Effektivspannung bei Vollweggleichrichtung oder AC-Effektivspannung.
Genau diesen Vorteil nutzt man hier aus...
Es interessiert uns zunächst wie gross der maximale Strom durch R1 und
R2 sein darf, wenn man für diese kleine 1/4-Watt-Widerstände einsetzen
will. R1 und R2 teilen sich aber die maximal zulässige Verlustleistung
gleichmässig und das bedeutet, dass pro R1 oder R2 maximal je nur 57.5
VDC anliegen. Wir berücksichtigen die Betriebsspannung von 10 VDC, zu
Gunsten einer leicht niedrigen Verlustleistung an R1 und R2, nicht, was
die Berechnung auch einfacher macht. Daraus berechnet sich:
R1 = R2 = 57.5 V2 / 0.25 W = 13.2 k-Ohm
Es stellt sich nun die Frage, müssen diese kleinen Widerstände denn auch
voll belastet werden und dazu müssen wir als Nächstes wissen, wie hoch
denn der Strom durch R1 und R2 ist:
IR1,R2 = 57.5 V / 13.2 k-Ohm = 4.4 mA
Dieser Strom ist natürlich viel zu hoch, wenn man bedenkt, dass die
gesamte Schaltung, inklusive IC:A, weniger als 0.2 mA benötigt. Im
Prinzip könnte man den Strom nur ganz knapp höher wählen, da nur ein
kleiner Reststrom durch die Z-Diode ZD fliessen muss. Allerdings bildet
eine kleine 0.5W-Z-Diode erst dann einen vernünftigen
Spannungs/Strom-Knick, wenn der Z-Strom minimal etwa 0.5 bis 1 mA
beträgt. Dabei müssen wir berücksichtigen, dass sich die bisherige
Berechnung auf die Speisung mit 230 VAC bezieht. Damit der Strom
durch ZD nicht zu niedrig ausfällt, betrachten wir die Situation, wenn
die gesamte Schaltung mit 115 VAC arbeitet. Wir entscheiden uns bei
dieser Betriebsspannung für einen ZD-Strom von 0.8 mA. Dieser Strom und
der maximale Strom von 0.2 mA der Schaltung mit IC:A beträgt dann gerade
1mA, der durch R1 und R2 fliesst. Die gleichgerichtete (D2)
Effektivwertspannung beträgt dann 57.5 VDC die sich auf zwei Mal 28.8
VDC auf R1 und R2 aufteilt. Für die Berechnung von R1 und R2 gelten:
R1 = R2 = 28.8 V / 1 mA = 28.8 k-Ohm
(Empfehlung: 27 k-Ohm)
Für R1 und R2 werden also Widerstände von je 27 k-Ohm eingesetzt. Bei 230
VAC am Eingang werden dabei an jedem Widerstand eine Leistung von 122 mW
vernichtet. Gerade etwa die Hälfte des erlaubten Maximalwertes.
Wir kommen jetzt noch zu den einzelnen DC-Spannungswerten in Teilbild
5.2, beginnnend mit 10 VDC bei der Z-Diode. Der effektive DC-Strom durch
R3 ist logischerweise gleich gross wie durch R1 und R2. Bei 115 VAC sind
es etwa 1 mA und bei 230 VAC etwa 2 mA. Von diesen 2 mA müssen wir
ausgehen, wenn wir berechnen wollen, wie hoch die maximale Spannung an
C1 sein wird. Bei R3 = 5.6k-Ohm, ist sie etwa 12 VDC höher als die
Z-Spannung von 10 VDC. Die Spannung über C1 beträgt etwa 22 VDC. Ein
Elko mit einer Nennspannung von 35 VDC ist die richtige Wahl.
Alternativen zu TLC3702
Falls dieser Komparator nicht mehr oder nur schwierig erhältlich sein
sollte, muss man einen Komparator mit den ähnlichen Eingenschaften
evaluieren und einsetzen. Dazu gehört, den ähnlich niedrigen
Stromverbrauch, die Eingänge müssen bis auf REF hinuntergesteuert werden
köennen und der LOW-Ausgangspegel sollte ebenfalls den REF-Pegel liefern
können. Anstelle eines "echten" Komparators, taugt für diese Schaltung
auch ein Opamp mit den beinahe selben Eigenschaften. Ein Opamp, weil für
diesen langsamen Prozess keine besonders hohe Flankensteilheit gefordert
ist.
Der LinCMOS-Opamp TLC271 erfüllt die eingangsseitige erwähnte
Eigenschaft, der Stromverbrauch kann man am Bias-Select-Eingang auf den
niedrigsten Wert einstellen. Damit im Falle des LOW-Pegels der MOSFET
BSS125 oder BSP125 (T1) mit REF wirklich definiert ist, muss zwischen
dem Ausgang des TLC271 und REF ein Widerstand von etwa 100 k-Ohm
eingesetzt werden. Dieser LinCMOS-Opamp ist sehr verbreitet.
Anstelle dieses Hochspannungs-MOSFET kann man auch mit bipolaren
Transistoren arbeiten. Dafür empfiehlt sich eine kleine
Kaskadenschaltung aus zwei NPN-Transistoren MPSA42 im kleinen
TO92-Gehäuse, die leicht erhältlich sind. Man lese dazu im
Elektronik-Minikurs
Relaisbetrieb an 230 VAC
den Text unterhalb von Bild 8.
Wie wird beim 115-VAC- bzw. beim 230-VAC-Betrieb umgeschaltet?
Wird die Schaltung am 230-VAC-Netz betrieben, lädt sich C3 mit der
ersten positiven Sinushalbwelle auf den mit R6, R7 und R8 geteilten
Sinusscheitelwert der Netzspannung, auf etwa 6.8 VDC (U1). Die
Diodenflussspannung von D3 ist bei diesem Spannungswert subtrahiert.
Diode D3 wirkt als Einweggleichrichter. Sie verhindert den
Stromrückfluss von C3 nach R8 nach dem Überschreiten des
Sinusscheitelwertes. Man nennt diese Funktion Spitzenwertgleichrichtung.
Komparator IC:A1 misst diese Spannung U1 an seinem invertierenden
Eingang über R9, der bloss eine Schutzfunktion ausübt, und vergleicht
sie mit der mit P1 eingestellten Triggerspannung U2 am
nichtinvertierenden Eingang. U1 ist höher (positiver) als U2, und so
bleibt die Ausgangsspannung von IC:A1 auf 0 VDC (LOW-Pegel = REF). Der
Ausgang von IC:A1 steuert über R12 das Gate von T1. Bei LOW-Pegel,
bleibt T1 offen und das Relais REL bleibt ausgeschaltet. Die beiden
primären 115-VAC-Trafowicklungen sind über die Relaisruhekontakte r1 und
r2 in Serie geschaltet.
Wird die Schaltung am 115-VAC-Netz betrieben, lädt sich C3 ebenso rasch,
jedoch nur auf einen Wert von etwa 3.1 VDC (U1). U1 ist niedriger
(negativer) als U2. Der Ausgang von IC:A1 schaltet etwa auf die
Betriebsspannung von 10 VDC (HIGH-Pegel). T1 und REL schalten ein und
die Arbeitskontakte a1 und a2 schalten die beiden
115-VAC-Primärwicklungen des Trafo parallel. Die LED im Relaisstrompfad
leuchtet und signalisiert, dass das Netzteil an das 115-VAC-Netz
angeschlossen ist. Da der Relaisstrom nur etwa 3 mA beträgt, muss man
eine LED mit hohem Wirkungsgrad einsetzen, damit sie auch bei einem
solch niedrigen Strom hell genug leuchtet.
Die Abstimmung der Triggerspannung
Die Triggerspannung U2 sollte mit dem Trimmpotmeter P1 so eingestellt
werden, dass bei einer Netzspannung von etwa 135 VAC (= 191 VACp) das
Relais sicher auf den 230-VAC-Netzbetrieb umschaltet. Man muss dies mit
einem Variac (regelbarer Spartrafo) einstellen. Diesen schaltet man
zwischen dem 230-VAC-Netzanschluss und dem Eingang der Schaltung in Bild
4. Hat man keinen solchen Trafo zur Verfügung, geht es auch mit der
Berechnung von U1 für diese 135 VAC:
U1 = ((Ueff * 20.5 * R8) / (R6 + R7 + R8)) - UD
UD ist die Diodenflussspannung von D3 mit etwa 0.65
V. Ueff ist der Effektivwert der Netzspannung. Bei einer Netzspannung
von 135 VAC beträgt U1 = 3.7 VDC. Nun gleicht man mit P2 die Spannung U2
auf ebenfalls auf 3.7 VDC ab. Im Prinzip kann man auf das Trimmpotmeter
P1 verzichten und R4 so dimensionieren, dass U2 die Spannung von 3.7 VDC
oder ein bisschen mehr aufweist. Dabei liegt die Umschaltspannung, wie
erwähnt, bei der Netzspannung von 135 VAC oder leicht höher.
Wie aber kommt man auf den Umschaltwert von 135 VAC? Dies hat damit zu
tun, dass der Spitzenwertdetektor aus D3 und C3 den Sinusscheitelwert
ermittelt, weil dies wesentlich einfacher zu realisieren ist als ein
RMS/DC-Spannungswandler. Es gibt davon zwar integrierte Schaltungen,
aber trotzdem, wenn es nicht unbedingt nötig ist sich von Spezial-ICs
abhängig zu machen, sollte man es vor allem dann unterlassen, wenn die
(diskrete) Alternative kaum komplizierter ist und keine hohe Anforderung
an Präzision gestellt ist. Einerseits kann man davon ausgehen, dass auf
dem 115-VAC-Netz kaum je eine derart hohe Dauerüberspannung von mehr als
10 % auftritt, weil sonst etliche Schaltungen und Geräte mit Trafos
wegen Kernsättigungseffekten überhitzt und zerstört würden. Anderseits
muss man daran denken, dass die Sinusscheitelwerte der Netzspannungen
auch nicht mehr das sind was sie einst waren. Die sehr grosse Anzahl von
"harten" Schaltnetzteilen in Computern und vielen andern Geräten, tragen
einiges dazu bei, dass die Spitzen der Sinusscheitelwerte "angeknabbert"
sind. Mit andern Worten: die Sinusspannung hat einen Dachschaden. Dies
reduziert etwas die Spitzenspannung und somit auch das Verhältnis von
Spitzenwert zu Effektivwert. Daher darf man den Umschaltspannungswert
nicht zu niedrig ansetzen, weil sonst bei der Anwendung im 115-VAC-Netz
das Netzteil spontan in die 230-VAC-Betriebsart umschalten könnte.
Relais, Trafo und Kaltleiter
Die Schaltung in Bild 4 zeigt einen Trafo mit zwei
115-VAC-Primärwicklungen, einer geerdeten Schirmwicklung oder
Schirmfolie und einer oder auch mehrere beliebige Sekundärwicklungen.
Zur Umschaltung der Primärwicklungen kommt ein empfindliches
230-VAC-Relais des Typs RT424730 von der Firma SCHRACK zum Einsatz. Man
kann ein solches Relais mit einem Trick sogar an bloss 115VAC betreiben.
Man erzeugt mit einer einzigen Diode eine Halbwellen-DC-Spannung und
versorgt damit die Relaispule. Ein zur Spule parallelgeschalteter
Kondensator C4 glättet die Relaisspannung soweit, dass durch die Spule
etwa der Nennstrom fliesst, damit das Magnetfeld im Eisenkern der Spule
stark genug ist. Dieser Strom beträgt bei diesem Relais 3.3 mA. Dieser
Trick funktioniert auch mit andern 230-VAC-Relais, wenn diese etwa die
selben Spulendaten aufweisen. Bei Abweichungen muss man der Wert von C4
entsprechend anpassen. Mehr zum Thema dieser speziellen Relaisschaltung
erfährt man im Elektronik-Minikurs
Relaisbetrieb an 230 VAC.
Der maximale Schaltstrom liegt bei diesem Relais bei 8A. Bei kleinen
Trafo bis maximal etwa 100 VA, genügt die direkte Einschaltung des Trafo
an die 115-VAC- bzw. 230-VAC-Netzspannung. Wie kann man aber feststellen
ab welcher Trafoleistung eine Einschaltstrombegrenzung betreffs
maximalem Schaltstrom des Relais notwendig ist? Man misst den
DC-Innenwiderstand der einzelnen Primärwicklungen und dividiert den
Scheitelwert von 115VAC durch diesen Widerstandswert. Dies ergibt etwa
den maximalen Strom pro Wicklung im Augenblick des Einschaltens und
dieser sollte auf jedenfall den maximalen Schaltstrom der Relaiskontakte
nicht wesentlich überschreiten. Etwa, weil man einwenden kann, je näher
im Moment des Einschaltens der Sinusspannungswert beim Scheitelwert ist,
um so grösser ist auch der Einschaltspitzenstrom. Dies ist zwar richtig,
er ist allerdings auch zeitlich kürzer. Angenommen, es wird im
Augenblick des positiven Sinusscheitelwertes eingeschaltet, dann nimmt
die Sinusspannung sogleich wieder ab in die negative Richtung und wenn
dann der Restmagnetismus im Eisen des Trafo einen positiven Wert hat,
wird der Kern danach nicht mehr in die Sättigung getrieben. Das
Gegenteil ist der Fall und die Kernmagnetisierung folgt sogleich dem
primären Sinusstrom. Dieses Beispiel soll bloss zeigen, dass das
Erfassen des Einschaltspitzenstromes und dessen Dauer nicht ganz so
einfach zu bestimmen ist.
Dies ist allerdings nicht das einzige Kriterium für den Einsatz einer
Einschaltstrombegrenzung. Wenn eine superträge Feinsicherung (Typ: TT)
mit dem Stromwert knapp oberhalb des primären Nennstromes des Trafo das
Einschalten nicht sicher überlebt, ist eine Einschaltstrombegrenzung
angezeigt. Auf Grund meiner Erfahrung empfehle ich diese Massnahme für
Ringkerntrafos oberhalb etwa 100 VA. Der folgende Link zeigt eine
Möglichkeit zur Realisierung einer elektronischen
Einschaltstrombegrenzung, die zusätzlich für Audioanwendungen eine
Antiploppschaltung enthält, welche auch noch dafür sorgt, dass bei
Netzausfall die Lausprecher sofort stumm geschaltet werden, um keine
lästigen Klangverzerrungen in der Abschaltphase von sich zu geben. Auf
diesen Schaltungsteil kann man jedoch verzichten, wenn er nicht
gebraucht wird. Für diesen Fall gibt es auch eine elegante
Einfachstversion in Form eines Leserbeitrag im folgenden
Elektronik-Minikurs:
Bei der vorliegenden automatischen Netzspannungsumschaltung in Bild 4
wurde ein 50-VA-Ringkerntrafo eingesetzt. Der Nennstrom beträgt bei
Parallelschaltung beider Primärwicklungen am 115-VAC-Netz 440 mA, pro
Wicklung also 220 mA. Verwendet man einen Trafo, wie hier, mit zwei
Primärwicklungen, müssen wegen der Möglichkeit zur Parallelschaltung
beide Wicklungen separat gegen Überlast und Kurzschluss getrennt
gesichert werden (PT1 und PT2). Bei Parallelschaltung (115 VAC = halbe
230-VAC-Netzspannung) fliesst bei Trafonennlast der doppelte Netzstrom.
Bei Serieschaltung (230 VAC) sind die beiden Sicherungselemente PTC1 und
PTC2 in Serie geschaltet. An beiden Netzen ist der Nennstrom pro
Primärwicklung stets gleich gross. An Stelle von Schmelzsicherungen
können, wie hier, Kaltleiter (PTC) verwendet werden. Diese müssen so
gewählt werden, dass bei etwas mehr als Trafonennlast die beiden
Primärströme die beiden Kaltleiter gerade so stark aufheizen, dass diese
langsam hochohmig werden und bei konstanter hoher Temparatur dies
bleiben. Man muss dazu die PTC-Datenblätter studieren. Die Primärströme
reduzieren sich dabei drastisch und der Trafo wird thermisch entlastet.
Die Rückstellung der Kaltleiter erfolgt nach deren Abkühlung durch das
Ausschalten der Betriebsspannung mit Schalter S. Allerdings ist damit
alleine nur das Symptom aber nicht die Ursache behoben!
Für eine Trafonennleistung von 50 VA empfiehlt sich der Kaltleitertyp
C830-22 von EPCOS. Sein Nennstrom beträgt 250 mA, er hat einen
Kaltwiderstand von 3.5 Ohm, hält im heissen Zustand 265 VAC aus und die
maximale Temperatur beträgt 80 Grad Celsius. Der Kaltwiderstand von 3.5
Ohm ist praktisch vernachlässigbar, weil dieser bei einem Nennstrom von
0.22 A bloss einen Spannungsabfall von 0.77 VAC bewirkt. Bei 230 VAC
sind es 1.54 VAC (zwei PTC in Serie). Dies sind bloss 0.67% Abweichung
von der Netzspannung, welche jedoch selbst eine Toleranz von ± 5% haben
darf. In ländlichen Gegenden mit langen örtlichen
Mittelspannungsleitungen sind es leicht noch mehr. Für Trafos mit
abweichender VA-Leistung ist die Wahl der PTCs entsprechend anzupassen.
Betriebssicherheit
Das richtige Timing
Betrachten wir was geschieht, wenn die Schaltung am 230-VAC-Netz
betrieben wird. Nach dem Einschalten mit Schalter S steigt U1 sehr
schnell auf den Wert von 6.8 VDC. Während dem schnellen Spannungsanstieg
von U1 "hinkt" U2 hinterher. Die Ladung von C1 und C2 durch R1, R2 und
R3 geschieht wesentlich langsamer bis zum Begrenzereinsatz mit ZD. U1
bleibt also während der ganzen Einschalt- und Aufladephase grösser als
U2. Damit bleibt gewährleistet, dass der Ausgang von IC:A1 auf LOW-Pegel
bleibt und das Relais REL nie anziehen und somit nie in den
115-VAC-Betrieb schalten kann. Dies wäre äusserst verhängnisvoll, weil
der Trafo praktisch einen Kurzschluss verursachen würde. Die
Kernsättigung wäre sofort total und PTC1 und PTC2 würden sehr schnell
ansprechen!
Als Nächstes untersuchen wir den Fall eines kurzen Unterbruchs der
Netzspannung. C3 (U1) entladet sich nur sehr langsam mit einer
Zeitkonstante von 5 s über R10, während C1 und C2 sich schneller durch
P1, R4 und R5 entladen. Diese Zeitkonstante beträgt etwa 2 s. Die
Spannung U2 fällt somit schneller als die Spannung U1. Wenn der
Netzspannungsunterbruch vorüber ist und U1 und U2 erneut ansteigen, hat
U1 wiederum ständig den höheren Wert als U2. Das Relais kann nicht
anziehen.
Betrachten wir was geschieht, wenn die Schaltung am 115-VAC-Netz
betrieben wird. Nach dem Einschalten steigt U1 sehr schnell auf den Wert
von 3.1 VDC. Während des schnellen Spannungsanstieges von U1 "hinkt" U2
wiederum hinterher, das Relais bleibt zunächst abgeschaltet und die
beiden Primärwicklungen sind seriell geschaltet. U2 übersteigt aber den
Wert von U1, der Ausgang von IC:A1 schaltet auf logisch HIGH, das Relais
zieht an und die beiden Primärwicklungen des Trafo sind parallel
geschaltet, wie es bei 115 VAC auch sein soll.
Als Nächstes untersuchen wir auch hier den Fall eines kurzen Unterbruchs
der Netzspannung. U2 fällt wiederum schneller als U1. Bei nur sehr
kurzem Netzspannungsunterbruch wird das Relais beim Wiedereinschalten
sogleich auf Parallelbetrieb der Primärwicklungen schalten, weil U2 noch
immer grösser ist als U1. Bei etwas längerem Unterbruch, wird das Relais
wiederum verzögert anziehen und erst dann auf Parallelbetrieb schalten.
Um bereits hier einem möglichen Denkfehler vorzubeugen, die Tatsache,
dass die verzögerte Einschaltung des Relais den Trafo erst schwach und
dann verzögert voll einschaltet, bedeutet keineswegs etwa die Funktion
einer Einschaltstrombegrenzung! Dies ist nicht der Fall, weil beim
Umschalten der Kontakte die Primärstomflüsse kurzzeitig unterbrochen
werden! Die Relaiskontakte haben die Funktion des
Breaking-before-Making, was unbedingt auch richtig ist. Der Begriff
Breaking-before-Making kommt von elektronischen Analogschaltern.
Noch einmal der Zinkoxyd-Überspannungsschutz VAR
Seine Funktion ist weiter oben bereits beschrieben. Hier geht es um die
Funktionssicherheit. Der VAR ist durch die beiden Kaltleiter PTC1 und
PTC2 geschützt. Sollte VAR durch einen zu hochenergetischen von aussen
einwirkenden Überspannungsimpuls in der Weise zerstört werden, dass er
kurzschliesst, arbeiten PTC1 und PTC2 als Sicherungen und werden sofort
hochohmig bei einer konstanten hohen Temperatur.
Die Speisung der Elektronik erfolgt hinter den beiden PTCs. Der eine
oder andere Leser mag sich fragen, wozu, denn schliesslich ist die
Elektronik, welche nur wenig Leistung verbraucht, mit der Feinsicherung
F zusätzlich gesichert. Es geht hier nicht um eine doppelte Sicherung.
Man kann auf F sogar verzichten, wenn auf Grund eines kleinen Trafos
PTCs im 10-mA-Bereich (z.B. 50 mA) verwendet werden. Es geht hier einzig
darum, dass die Elektronik direkt durch VAR geschützt wird. Würde man
die Elektronik direkt vom Netz speisen, liegt zum VAR der Widerstand der
beiden PTCs in Serie. Dies könnte die Wirksamkeit des VAR auf die
Elektronik verschlechtern, wenn ein relativ energiereicher
Überspannungsimpuls von aussen in die Schaltung hereinkommt.