Der Synchron-Gleichrichter
mit Operationsverstärker, Komparator
und JFET-Analog-Schalter
Einleitung
Thematisiert wird hier die Gleichrichtung im Bereich der Signalverarbeitung. Es geht hier stets um kleine Ströme. Im Gegensatz zur Gleichrichtung bei Netzteilen und Netzgeräten spielt im Anwendungsbereich der Signalverarbeitung die Spannungs-Präzision eine wichtige Rolle. Darum nennt man solche Gleichrichterschaltungen oft auch Präzisions- oder Mess-Gleichrichter. Vollweg-Gleichrichterschaltungen dieser Art bestehen in der Regel aus Operationsverstärkern (Opamps), zwei Dioden und einigen Präzisionswiderständen. Bild 1 illustriert zwei solche Schaltungen.
Beide Schaltungen sind Vollweg-Gleichrichter. Die oben abgebildete Schaltung erzeugt positive und die unten abgebildete negative Halbwellen. Der einzige Unterschied liegt in der Polaritätsausrichtung der Dioden D1 und D2. Auf diese Schaltungen wird hier nicht weiter eingegangen. Wer sich dafür interessiert, informiere sich mit dem Buch Halbleiter-Schaltungstechnik von U.Tietze und Ch.Schenk unter dem Kapitel Messschaltungen in Vollweggleichrichter mit geerdetem Ausgang.
Der Synchron-Gleichrichter
Bei einem Synchron-Gleichrichter wird das Vorzeichen des Verstärkers nicht durch die Polarität der Eingangsspannung mittels Dioden umgeschaltet, sondern durch eine Steuerspannung die mit der Eingangsspannung synchronisiert ist. Bild 2 zeigt links die Prinzipschaltung und rechts eine Applikationsmethode, die aber noch vereinfacht werden kann:
Betrachten wir zuerst die Pinzipschaltung auf der linken Bildseite. V
symbolisiert eine Verstärkerschaltung mit zwei Eingängen. Die Spannung
am Eingang -1 wird mit der Verstärkung -1 multipliziert. Die
Spannung am Eingang +1 wird mit der Verstärkung 1 multipliziert.
KO ist ein Komparator der die Eingangsspannung Ue mit GND vergleicht.
Ist die Eingangsspannung positiv gegenüber GND, schaltet der vom Ausgang
des KO gesteuerten Schalter S auf +1. Verstärker V multipliziert
mit einem Wert von 1. Die Ausgangspannung Ua entspricht der
Eingangsspannung Ue. Ua = Ue. Ist die Eingangsspannung negativ, schaltet
S auf -1 und V multipliziert mit einem Wert von -1. Die
Ausgangsspannung Ua ist ebenfalls positiv. Sie hat den Betrag von
Ua=-Ue*-1. Ua zeigt eine positive Vollweggleichrichtung, genauso
wie Bild 1 oben. Für eine negative Vollweggleichrichtung müssen nur die
Eingänge am Komparator KO vertauscht werden.
Im Schaltbild auf der rechten Seite wollen wir untersuchen wie eine
solche Schaltung real aussehen könnte. Diese Schaltung zeigt sich auf
den ersten Blick recht aufwändig. Dies ist sie auch tatsächlich. Wir
werden später erkennen wie es viel einfacher und eleganter geht. In
Wirklichkeit wird bloss ein Komparator (KO) und ein Opamp
(OV) benötigt. Diese Schaltung soll bloss mit Hilfe von zusätzlichen
Opamps das Prinzip verständlich machen.
Betrachten wir den oberen Teil mit -1. Dieser besteht aus dem
Spannungsfolger mit Verstärkung 1 (OV1) und dem invertierenden
Verstärker mit Verstärkung -1 (OV3). Wenn Ue negativer ist als GND, dann
schaltet S auf -1 und somit auf den oberen Teil. Der Wert der
negativen Spannung an Ue erzeugt an Ua den selben jedoch positiven
Spannungswert. Die Spannung wird mit dem Faktor -1 multipliziert.
Betrachten wir den unteren Teil mit +1. Dieser besteht aus zwei
invertierenden Verstärkern mit je einer Verstärkung von -1 (OV2 und
OV3). Wenn Ue positiver ist als GND, dann schaltet S auf + und
somit auf den unteren Teil. Der Wert der positiven Spannung an Ue
erzeugt an Ua den selben positiven Spannungswert. Die Spannung wird mit
dem Fraktor -1*-1=1 multipliziert.
Die Vereinfachung
Wie bereits angedeutet, kann die Schaltung von Bild 2, die hier auf der
linken Seite in Bild 3 noch einmal wiederholt wird, drastisch
vereinfacht werden. Komparator KO und Schalter S bleiben
selbstverständlich, aber aus drei Opamps wird einer (OV). Wie
funktioniert diese Schaltung?
Natürlich hat Schalter S noch immer die selbe Funktion. Er schaltet die
Polarität im Augenblick des Ue-Nulldurchganges um. Ist Ue negativer als
GND, schaltet S auf -. Dadurch ist der nichtinvertierende Eingang
des OV auf GND geschaltet und OV arbeitet in seiner invertierenden
Grundschaltung. Ua = -Ue. Ist Ue positiver als GND, schaltet S auf
+. Man muss wissen, dass an einer stark gegengekoppelten
Opampschaltung die Spannung zwischen invertierendem und
nichtinvertierendem Eingang beinahe Null ist. Dies gilt dann, wenn das
Verhältnis zwischen offener und geschlossener Schlaufenverstärkung
(open-loop-gain/closed-loop-gain) sehr gross ist, wobei dies nur bei
relativ niedrigen Frequenzen wirklich der Fall ist, ausser man verwendet
einen Opamp mit einer hohen sogenannten Unity-Gain-Bandbreite. Wir
nehmen an, dies sei hier der Fall, dann bedeutet dies, dass über R1
(beide Widerstände!) keine Spannung abfällt. Ua = Ue. Diese Schaltung
arbeitet daher exakt gleich wie die sogenannte Spannungsfolgerschaltung,
wie sie mit OV1 im linken Schaltbild gezeigt wird. Man muss sich bloss
vorstellen, dass R1 zwischen Ausgang des OV und seinem invertierenden
Eingang einen Wert von Null Ohm hat. Der Wert des andern R1, zwischen Ue
und dem invertierenden Eingang von OV, ist dabei (fast) irrelavant. Es
spielt nämlich jetzt keine Rolle ob dieser existiert oder nicht.
Beide Widerstände haben die selbe R1-Bezeichnung, weil sie stets den
selben Wert haben müssen und dies möglichst genau! Man sollte also
unbedingt 1%-Widerstände verwenden. Warum? Wenn S auf - steht,
gilt Ua=-Ue*-(R1/R1), also Ua=-Ue*-1. Steht S auf +
arbeitet die Schaltung als Spannungsfolger. Sie ist unabhängig von R1.
Verwendet man für die beiden R1-Widerstände solche mit je einer Toleranz
von 5%, kann die Worstcaseabweichung 10% betragen. Dies wirkt sich
drastisch auf Unterschiede der gleichgerichteten Amplitudenwerte aus.
Das selbe Problem gilt genauso beim Matching der Widerstände in Bild 1,
nur dass es dort noch problematischer ist, weil alle R1- und
R2-Widerstandswerte untereinander gut gematcht sein müssen, soll es eine
Präzisionsgleichrichterschaltung sein.
Praktische Realisierung
Wir kommen nun zur praktischen und einfachen Lösung. Dazu müssen Schalter S realistisch umsetzen. Ein elektromechanisches Relais scheidet wegen seiner viel zu niedrigen Grenzfrequenz aus. In Frage käme ein sogenannter Analog-Switch. Es geht aber noch einfacher mit einem JFET, der als elektronischer Schalter arbeitet. Wer den Junction-FET (JFET) noch nicht kennt, empfehle ich als nächsten Schritt den folgenden Bauteile-Grundlagenkurs im ELKO:
Wir verwenden einen selbstleitenden Junction-FET (JFET). Dies ist ein
FET, dessen Drain-Source-Strecke leitet, wenn sein Gate Sourcepotential
(hier auch GND-Potential) aufweist. Ist das Gate deutlich negativer als
die Source (negativer als GND), ist die Drain-Source-Strecke offen. Das
Gate ist sehr hochohmig, wenn es negativer als die Source des JFET ist.
Es fliesst, ausser einem extrem geringeren Leckstrom, kein Strom. Ist
das Gate jedoch positiver als die Source, dann fliesst oberhalb einer
Schwellenspannung von etwa 0.65 V ein Gatestrom. Dieser Betriebszustand
ist im Grunde nicht erlaubt. Wenn man es trotzdem tut, gibt es einen
Vorteil, jedoch muss der Gatestrom begrenzt sein auf einen kleinen Wert.
Wir werden gleich darauf zurückkommen.
Wenn Ue positiver ist als GND, ist der Ausgang von KO auf -Ub (negative
Betriebsspannung). Dies bedeutet, dass die Drain-Source-Strecke des JFET
offen ist. Über R2 gibt es somit keinen Spannungsabfall. Dies ist exakt
der Zustand des Schalters S wenn dieser auf + liegt (linkes
Schaltbild). OV arbeitet als Spannungsfolger. Ue = Ua. Wenn Ue negativer
ist als GND ist der Ausgang von KO auf +Ub (positive Betriebsspannung).
Widerstand R3 begrenzt jetzt den Gatestrom auf ein Minimum in der
Grössenordnung von 0.1 bis etwa 1 mA. Dieser geringe Gatestrom reduziert
den Drain-Source-Widerstand des JFET zusätzlich. Bei einem BF245A von
etwa 200 Ohm auf etwa 30 Ohm und bei einem J113 von etwa 60 Ohm auf etwa
25 Ohm. Es geht um typische Werte. Damit ist die Drain-Source-Strecke
des JFET leitend. R2 und der Innenwiderstand der Drain-Source-Strecke
wirken jetzt als Spannungsteiler. Da aber R2 einige 100 mal grösser als
der Drain-Source-Widerstand ist, sieht es praktisch so aus, dass der
JFET den nichtinvertierenden Eingang des OV mit GND kurzschliesst und
damit arbeitet OV als invertierender Verstärker, wie bereits beschrieben
und Ua = -Ue.
BF245A, BF245B und BF245C gibt es nicht mehr!: Da ich für viele
Projekte - auch für die Elektronik-Minikurse - stets die A-Version
(BF245A) benötigte, evaluierte ich nach einem Ersatz. Ich fand zwei
JFETs, den J113 und den PN4393 von FAIRCHILD. Beide Typen sind in den
Parametern für Schaltanwendungen praktisch identisch. Der J113 ist
jedoch leichter erhältlich (Farnell: März 2014). Es gibt kleine
Unterschiede im Bereich der Gate-Source-Spannung, wobei allerdings die
Parameter etwas unterschiedlich gesetzt sind. Man informiere sich selbst
in den Datenblättern des
BF245A (obsolet),
J113 und
PN4393.
Für die Schaltungen hier und in andern Elektronik-Minikursen, ist diese
angebotene Alternative problemlos realisierbar.
Die selbe Schaltung noch einmal mit Diagrammen
Auf Grund dessen was wir jetzt wissen, ist dieses Bild selbsterklärend. Man sieht die eingangsseitige Sinuswechselspannung. Unterhalb dieser die synchronisierte Rechteckspannung zwischen den beiden Werten +Ub und -Ub und unterhalb dieser die positiv vollweg-gleichgerichtete Sinus-Halbwellenspannung. Rechts in zwei gestrichelten Rahmen erkennt man zusätzlich die Wirkungsweise des OV für die Erzeugung der beiden Halbwellen.
Lowpower oder schnell, das ist hier die Frage...
Aus der Schaltung in Bild 5 zeigen sich hier gleich fertig
dimensionierte Varianten. Die eine sparsam und langsam, dafür aber
geeignet für Batteriebetrieb und die andere weniger sparsam dafür
schneller. Es kommt also ganz auf die Anwendung an.
Die langsame Version enthält einen Dual-Opamp des Typs TL062 von
Texas-Instruments. Als Komparator KO dient hier der zweite Opamp OV2.
Für niedrige Frequenzen reicht dies. Auch die einprozentigen
Gegenkopplungswiderstände von 15 k-Ohm tragen ihren Teil dazu bei, dass
der Batteriestromverbrauch klein bleibt. Diese Werte darf man durchaus
auch noch erhöhen.
Die schnellere Version verwendet einen Komparator des Typs LM319 und als
Opamp wird die schnellere TI-Version, den TL071, verwendet. Die beiden
R1-Widerstände sind etwas niederohmger angesetzt um den parasitären
Effekten, die bei höheren Frequenzen auftreten, entgegen zu wirken. R4
muss als
Pullup-Widerstand
eingesetzt werden, weil dieser Komparator, wie viele andere auch, einen
Openkollektor-Ausgang hat.
Praktischer Einsatz
Bild 7 illustriert in einem Blockschema wie der Synchrongleichrichter benutzt werden kann um eine Wechselspannung auszuwerten. In diesem Beispiel geht es darum ein elektromyographisches Signal (EMG) mittels Hautoberflächenelektroden zu verstärken. Als Verstärker benutzt man einen sogenannten Instrumentationsverstärker. Wie ein solcher Verstärker aufgebaut ist, wie er funktioniert und wie er im Prinzip für elektromedizinische Anwendungen (EMG, EKG) eingesetzt wird, erfährt man in den beiden Elektronik-Minikursen Echter Differenzverstärker I und Echter Differenzverstärker IV.