Echter Differenzverstärker IV:
EMG-Vorverstärker Deluxe mit INA111
Vorwort
Wie es das Titelbild zum Ausdruck bringt, ist mit diesem
Elektronik-Minikurs nicht einfach nur der Elektroniker, sondern ganz
speziell auch der Medizin-Elektroniker angesprochen, der mit
Elektromyographie (EMG) zu tun hat. Wenn so jemand vor der Aufgabe steht
einen EMG-Vorverstärker zu realisieren, dann ist das genau der richtige
Einstieg, unabhängig davon, ob man mit EMG-Biofeedback oder mit
EMG-Messung zu tun hat.
Der EMG-Vorverstärker Deluxe zeigt
eine elegante Lösung mit wenig Zusatzaufwand, um intramuskuläre
EMG-Messungen (iEMG) mittels Nadel- oder beinah haarfeinen
Drähtchenelektroden, im Muskel implementiert, durchzuführen. Das
Wichtigste dabei ist die stabile Neutralisation der Kapazität zwischen
der Signalleitung und der Abschirmung im Kabel auf dem Weg von den
Elektroden zum Vorverstärker. Dies ist notwendig, weil der
Kontaktwiderstand zwischen Elektrode und Muskelgewebe, auf Grund der
sehr kleinen Kontaktfläche, sehr hochohmig ist. Ohne eine solche
Massnahme wäre die Frequenzbandbreite viel zu niedrig und deshalb für
iEMG-Messungen untauglich.
Der Sinn dieses Elektronik-Minikurses ist es, die bereits bestehenden
drei zum Thema Instrumentationsverstärker (echte Differenzverstärker) zu
ergänzen. Bereits in diesen drei ist der EMG-(Vor-)Verstärker teilweise
als praktische Anwendung thematisiert. U.a. deshalb gibt es hier zuerst,
im Stil der Indexseite, eine Liste der Elektronik-Minikurse, die
irgendetwas mit Elektro-Myographie (EMG) und mit der Elektronik zur
EMG-Signalverstärkung zu tun haben. Diese Elektronik-Minikurse enthalten
hier eine kleine Einführung zu ihren Inhalten im Kapitel "Wichtige
Links gleich am Anfang!". Mehr zum Thema jeweils in den Links
selbst. Wer nicht genügend Wissen über den Instrumentationsverstärker
mitbringt, möchte ich dringend empfehlen, zuerst die Inhalte dieser
Links zu lesen und zu verstehen.
Dieser Elektronik-Minikurs beginnt zuerst mit einer einfachen und
preiswerten EMG-Verstärkerschaltung. Diese Schaltung ist sehr
ausführlich beschrieben. Um Doppelspurigkeiten zu vermeiden gibt es in
den Texten häufig Links mit Zahlen in Klammern (n). Dies sind Links zu
den Elektronik-Minikursen, die sich bereits mit wichtigen Inhalten
befassen.
Der Hauptteil befasst sich mit dem integrierten
Instrumentationsverstärker INA111 im Einsatz als EMG-Vorverstärker.
Diese Schaltung ermöglicht spezielle EMG-Messungen, die der
Rekonstruktion von Nerven-Aktionspotenzialen (APs) dienen. Da man es bei
EMG-Signalen mit sogenannten Motoneuronen zu tun hat, spricht man von
Motor-Unit-Action-Potential (MUAP). Dazu benötigt man zusätzliche
Schaltungen als Treiber für die Abschirmung der Elektrodenkabel, weil
intramuskulär gemessene EMG-Signale (iEMG) sehr hochohmig sind. Die
Kapazität zwischen Signalleiter und Abschirmung muss man neutralisieren,
um einen unzulässigen Verlust der Frequenzbandbreite zu vermeiden.
Dieser Hauptteil beginnt mit der vollständigen Schaltung in Bild 3. Mit
vielen weiteren Bildern wird dieses Thema differenziert und ausführlich
behandelt. Die Bezeichnung iEMG für intramuskuläre Messung von
EMG-Signalen, ist eine "lokale" Wortschöpfung in einem Team der
Zusammenarbeit und ist keine offizielle Bezeichnung.
Dieser Elektronik-Minikurs, ebenfalls im Stil von Workshops, ist sehr
umfangreich. Es gibt total 16 Bilder mit Schaltungen und Tabellen und
entsprechend dazu unumgänglich viel Text. Das geht nicht anders, wenn
der Inhalt nicht oberflächlich sein soll. Wer sich jedoch für das
vorliegende Thema interessiert, für den lohnt es sich, die Zeit dafür zu
investieren.
Wichtige Links gleich am Anfang!
1. Elektro-Myographie (EMG),
eine kleine Einführung:
Was ist Elektro-Myographie? Es wird in einfacher und kurzer Form
erklärt, wie diese bioelektrischen Signale erzeugt werden, welche
die Muskeln steuern und warum und wie sie gemessen werden können. Diese
Signale bezeichnet man als elektromyographisch (EMG).
Im anschliessenden Kapitel wird differenzierter erklärt wie man
EMG-Signale misst, dessen eigentliche Signalquellen die MUAPs sind. Man
unterscheidet grundsätzlich zwischen der Messung mittels Elektroden,
welche auf der Hautoberfläche und Elektroden, in Form von Nadeln oder
sehr feinen Drähten, welche intramuskulär fixiert werden. Die
erstgenannte Methode dient der Erfassung eines mittleren EMG-Pegels, die
zweitgenannte zur möglichst genauen Wiedergabe von MUAPs. Diese
Messmethode ist elektronisch wesentlich aufwändiger. Mit einem Bild wird
erklärt, wie feine Drahtelektroden mit einer Injektionsnadel in das
Muskelgewebe eingeführt werden und wie man Oberflächenelektroden, zur
Messung auf der Hautoberfläche, mit preiswerten Werkstoffen selbst
herstellen kann.
Es wird blockschematisch dargestellt wie ein EMG-Biofeedbackgerät mit
einfachem akustischen Feedback arbeitet und es wird ebenso gezeigt,
woraus blockschematisch ein (i)EMG-Messgerät aufgebaut ist, das für
wissenschaftliche Arbeiten, z.B. an neurologischen Instituten,
eingesetzt wird.
2.
Operationsverstärker I:
Themen: Virtueller GND; virtuelle Spannung; Differenzspannung immer
Null Volt; GND; Referenzspannung und Eingangswiderstände bei
invertierender und nichtinvertierender Verstärkung; Aussteuerung des
Opamp; DC-Offsetkompensation; Unity-Gain-Bandbreite und Slewrate;
parasitäre Induktivität; unerwünschter Piezoeffekt;...
Siehe auch:
Operationsverstärker II
Operationsverstärker III
3. Echter
Differenzverstärker I:
Wenn man noch nicht so recht weiss wie ein Operationsverstärker (Opamp)
arbeitet, sollte man das Kapitel "Unsicher im Sattel" und vor
allem die dort empfohlenen Links zum Thema Opamp lesen. Im Kapitel
"Wozu überhaupt Instrumentationsverstärker?" beginnt es sogleich
unter dem Aspekt des Einsatzes als EMG-Vorverstärker, wobei auch ein
EKG-Vorverstärker angesprochen ist. Es geht dabei um die wichtige
Gleichtaktunterdrückung mit dem typischen Beispiel eines störenden
elektrischen Wechselfeldes mit der Frequenz von 50 Hz. Beim Weiterlesen
muss der Leser selbst beurteilen, ob er von den Inhalten bereits
genügend Kenntnisse hat. Erneut sehr wichtig in Zusammenhang mit dem
Thema EMG-Signalverstärkung wird es im Kapitel
"Instrumentationsverstärker nur für Wechselspannungen", weil da
werden die elektrochemischen quasistationären DC-Spannungen zwischen den
Elektroden und dem Elektrolyten des organischen Gewebes thematisiert und
was man dagegen unternimmt.
4. Echter
Differenzverstärker II:
Hier wird speziell die Referenzierung der Eingangsspannung und des
Instrumentationsverstärkers thematisiert. Mit der Referenzierung der
Eingangsspannung wird der Arbeitspunkt der gesamten Verstärkerschaltung
festgelegt. Bei einer symmetrischen Betriebsspannung von ±Ub ist dies in
der Regel GND. Mit der Referenzierung des Instrumentationsverstärkers
(REF-SENSE) wird die DC-Offsetspannung des Instrumentationsverstärkers,
wenn nötig, kompensiert. Diese Art der Kompensation ist bei einem
EMG-Vorverstärker nicht notwendig, weil das notwendige passive
Hochpassfilter (HP-Filter) mit niedriger Grenzfrequenz, dafür sorgt,
dass DC-Spannungen bloss mit Verstärkung 1 verstärkt werden können.
Dieses HP-Filter braucht es, damit die elektrochemischen
quasistationären DC-Spannungen zwischen den Elektroden und dem
Elektrolyten des organischen Gewebes nicht verstärkt werden und so
nicht stören können.
5. Echter
Differenzverstärker III:
Dieser Elektronik-Minikurs zerlegt den Instrumentationsverstärker derart
in seine Bestandteile, damit man ihn durch Lesen und Nachvollziehen
verstehen kann, und dies ohne Mathematik. Obwohl man diese
selbstverständlich auch benötigt. Es geht u.a. darum, dass man versteht
was unterschiedlich bei der Gegentakt- und Gleichtaktverstärkung vor
sich geht.
6. Polarisierter
Elektrolytkondensator für Wechselspannung...:
Das sind spezielle teilpolarisierte Elektrolytkondensatoren für den
Einsatz von einer AC-Spannung bis zu 80% der DC-Nennspannung und für
eine inverse DC-Spannung bis zu 30% der DC-Nennspannung. Dieser Elko
gehört zur Klasse der Aluminium-Festkörperelektrolytkondensatoren
(Alu-Elko). Sie sehen einem Tantal-Tropfenelko ähnlich, seine
elektrischen Eigenschaften sind aber nicht vergleichbar. Dieser
spezielle Alu-Elko eignet sich ganz besonders für den Einsatz von
Instrumentationsverstärkern, wenn diese als AC-Verstärker arbeiten. Sie
eignen sich aber ebenso hervorragend, wenn Opampschaltungen mit einer
symmetrischen Betriebsspannung arbeiten, die Gegenkopplung jedoch
mittels passivem HP-Filter mit niedriger Grenzfrequenz DC-entkoppelt
werden muss. Mehr dazu erfährt man mit einer EMG-Verstärkerschaltung
im Kapitel "Zwei Anwendungsbeispiele".
7. Rauschdämpfung mit
Tiefpassfilter:
Es werden zwei Systeme vorgestellt. Das aufwändigere mit gutem linearem
Frequenzgang im Übertragungsbereich und ein stark vereinfachtes Prinzip
mittels Verstärker und Filter in einem. Das zweite System eignet sich
vor allem dann, wenn es nicht auf präzise Pegelresultate ankommt und der
relativ schlechte Frequenzgang ebenfalls keine Rolle spielt. Dies ist
z.B. beim einfachen EMG-Biofeedback der Fall. Diese einfache Methode ist
hier weiter unten in Bild 1 mit den beiden Opamps IC:B1,B2 im Kapitel
"Der einfache und preiswerte EMG-Verstärker" thematisiert.
8. Überspannungsschutz
von empfindlichen Verstärkereingängen:
Es gibt eine einfache und sehr preiswerte Methode mittels
Kleinsignaldioden. Nachteilig ist allerdings der oft zu hohe Leckstrom
mit seinen Auswirkungen. Abhilfe schafft man mit Transistoren, die als
Pico-Ampere-Dioden (pA-Dioden) arbeiten. Transistoren sind wesentlich
preiswerter als echte pA-Dioden. Der gefährliche Latchup-Effekt bei
CMOS-Ein- und CMOS-Ausgängen ist in kurzen Zügen das Schlussthema.
Hier in diesem Elektronik-Minikurs wird allerdings neu eine
SMD-Doppel-pA-Diode thematisiert, die preiswert ist und zum Einsatz
kommt, - die BAV199. Update vom Januar 2014.
9. EMG-Testgenerator . . . . . . . .
Amplifier-Attenuator
Der EMG-Testgenerator ist eine einfache batteriebetriebene
Testschaltung um zu prüfen ob die iEMG-Messanlage funktioniert, bevor
man den Probanden oder Patienten zur Messung vorbereitet. Es ist eine
einfache Go/NoGo-Testschaltung. Der Amplifier-Attenuator ist u.a.
ein einstellbarer Abschwächer, mit dem es möglich ist sehr kleine
symmetrische und rauscharme Ausgangsspannungen bis in den µV-Bereich zu
erzeugen. Am Eingang wird ein externer Sinus- oder Funktionsgenerator
angeschlossen. Diese Schaltung dient der genauen Prüfung, wie z.B.
Linearität und Frequenzgang.
Wichtige Datenblätter zum Verständnis dieses
Elektronik-Minikurses:
BAV199(F) |
1N914 |
TLC274 |
INA111 |
LM385-2.5 |
Der einfache und preiswerte EMG-Verstärker
Wir beginnen zunächst mit einem einfachen und preiswerten EMG-Verstärker. Verstärker und nicht Vorverstärker, weil die Gesamtverstärkung sehr gross und mittels Potmeter einstellbar ist und in der zweiten Verstärkerstufe ist gleich ein einfaches Tiefpassfilter (TP-Filter) enthalten, das der Rauschunterdrückung dient. In der Einführung zur Elektromyographie (1) empfiehlt sich das Kapitel "Ein EMG-Biofeedbackgerät (Blockschaltbild)". Dort wird mit Bild 8 blockschematisch gezeigt, wie ein solches Feedbacksystem mit akustischem Feedback arbeitet. Hier ist die Verstärkerschaltung ausführlich thematisiert. Die Schaltung in Teilbild 1.2 wird aber nur soweit erklärt, als es nicht bereits passende Inhalte in andern Elektronik-Minikursen gibt, welche hier im Text mit Indexzahlen, in ()-Klammern anklickbar (linke Maustaste) sind. Der Link erfolgt jeweils in einem zusätzlichen Fenster.
Teilbild 1.1 zeigt blockschematisch die beiden Teile Vorverstärker und
Verstärker mit variabler Verstärkung und TP-Filterung zum Zweck der
Reduktion der Rauschspannung. Am Eingang des Instrumentationsverstärker
weisen R3 und C1 auf das wichtige HP-Filter hin, dessen Zweck in
(3) im Kapitel
"Instrumentationsverstärker nur für Wechselspannungen"
beschrieben ist. Man lese dort unbedingt auch den Inhalt zu Bild 8, das
die Problematik von den quasistationären DC-Spannungen beschreibt,
welche den Kontaktübergang zwischen Gewebe-Elektrolyt (hier
Hautoberfläche) und der Metallelektrode verursacht. Das ist der Grund,
weshalb das R3*C1-HP-Filter, hier in Bild 1, überhaupt nötig ist!
Ein anderer Elektronik-Minikurs
(6) befasst sich ganz
besonders mit dem Kondensator C1. Dieser Kondensator kann meist nur ein
Elektrolytkondensator sein, weil R3, wegen der meist relativ hohen
Verstärkung, niederohmig sein muss und die Grenzfrequenz des
R3*C1-HP-Filter muss bei der vorliegenden Anwendung meist sehr
niederfrequent sein. R3 könnte man durchaus hochohmiger wählen und
proportinal dazu R4 und R5 (Teilbild 1.2) erhöhen. Damit erreichen R4
und R5 schnell Werte im M-Ohm-Bereich und da muss man daran denken, dass
die Frequenzbandbreite leicht unerwünscht reduziert werden kann. Schuld
daran sind die parasitären Kapazitäten parallel zu R4 und R5, erzeugt
durch Leiterbahnen und Lötaugen und durch diese beiden Widerstände
selbst. Wenn R4 = R5 = 1 M-Ohm (R3 = 20 k-Ohm) und die parasitären
Kapazitäten betragen z.B. 20 pF, dann beträgt die Frequenzbandbreite
noch etwa 8 kHz. Für EMG-Messungen mittels Oberflächen-Hautelektroden,
reicht dies längst. Es gibt aber auch noch die Angelegenheit mit dem
Rauschen. Höherohmige Widerstände rauschen mehr. Das würde sich
bemerkbar machen wenn R3 20 k-Ohm statt nur 2 k-Ohm hätte.
Kommen wir noch einmal zurück zum speziellen Elektrolytkondensator
(6). Es gibt ihn von der
Firma VISHAY - vertrieben durch Distrelec und Farnell - welche eine
inverse DC-Spannung von 30 Prozent der Maximal-DC-Spannung dauerhaft
zulassen. Auf was man bei der Wahl der Maximalspannung dieses speziellen
Elkos achten muss, liest man in
(6) im Kapitel
"Anwendungsbeispiele".
Die Eingänge für den Anschluss der Signalelektroden, -Ue und +Ue, sind
sehr hochohmig. Das ist notwendig, weil der Quellwiderstand, der durch
den Kontaktübergang zwischen Gewebe-Elektrolyt (hier Hautoberfläche) und
der Metallelektrode verursacht wird, selbst hochohmig ist. Die für
solche Schaltungen verwendeten Opamps haben Eingangsstufen die meist aus
JFETs oder MOSFETS bestehen. Solche Eingänge sind extrem hochohmig. Sie
sollten deshalb vor elektrostatischen Überspannungen auch dann geschützt
werden, wenn ein solcher Schutz IC-intern vorhanden ist, gemäss
Datenblatt. Dafür dient das Netzwerk aus R1, D1, D2 (Eingang -Ue) und
R2, D3, D4 (Eingang +Ue). Wie diese Netzwerke bei Überspannungen
arbeiten, erklärt
(8).
Wir kommen zum Opamp IC:A3. Er ist der eigentliche Differenzverstärker.
Er addiert die mit IC:A1,A2 verstärkten Spannungen an den beiden
Eingängen +Ue und -Ue. Sind diese beiden verstärkten Spannungen gleich
gross und in gleicher Phase, resultiert am Ausgang von IC:A3 Pin 7 keine
Spannung, ausser die Referenzspannung Ux. Diese Spannung, erzeugt mit
IC:A4, ist nötig, weil die ganze Schaltung mit nur einer
Betriebsspannung (Single-Supply) arbeitet. Bei einer Betriebsspannung
von 6 VDC, beträgt Ux 2.57 VDC. Der Grund, warum Ux nicht, wie man
annehmen könnte, exakt +Ub/2 = 3 VDC beträgt, kommt daher, dass die in
diesem Beispiel verwendeten LinCMOS-Opamps nicht symmetrisch
aussteuerbar sind. Zu dieser aktiven Referenzspannung, mittels eines als
Spannungsfolger geschalteten Opamp, liest man in
(2) im Kapitel
"Die Ub/2-Referenz und der synthetische GND".
Für das Studium des verwendeten LinCMOS-Opamp konsultiere man das
Datenblatt des TLC274 von Texas-Instruments. Wie der
Instrumentationsverstärker genau arbeitet, erfährt man ausführlich in
den drei Elektronik-Minikursen
(3),
(4) und
(5).
IC:B1 und IC:B2 arbeiten als den nachfolgenden Verstärker mit
einstellbarer Verstärkung mit P1, der dazu dient, die gesamte
Verstärkung der individuellen EMG-Spannung anzupassen. Man stellt mit P1
die Empfindlichkeit der Schaltung ein. Wie diese Schaltung, inklusive
dem einfachen TP-Filter aus R12 mit C4 und R15 mit C5, arbeitet, das der
Reduktion der Rauschspannung dient, liest man im Elektronik-Minikurs
(7) im Kapitel
"Filter gleich im Verstärker implementiert".
Ein EMG-Biofeedbackgerät: Wenn man die verstärkte
EMG-Ausgangsspannung an Ua, bezogen auf die Referenzspannung Ux
gleichrichtet, mit einem einfachen RC-Integrator glättet und diese
DC-Spannung mittels eines VCO (Voltage-Controlled-Oscillator) in eine
Frequenz wandelt, die man mit einer einfachen Audioendstufe hörbar
macht, steht ein einfaches akustisches EMG-Biofeedbackgerät zur
Verfügung. Wichtig ist, dass man dafür sorgen muss, dass die
Verstärkerschaltung eine rippelfreie und stabile Betriebsspannung
erhält, sonst arbeitet sie, wegen der sehr hohen maximalen Verstärkung,
nicht stabil genug. Für einen solchen Ausbau, ist der Leser selbst zur
Tat aufgerufen. Aus meinem
P&S-Praktikum
stelle ich diese
Schaltung
für den Eigengebrauch zur Verfügung. Weitere Erklärungen dazu sind hier
nicht möglich, aber ich denke mit den vorhandenen Elektronik-Minikursen
und sonstigem erwerbbarem Eigenwissen, kann man diese Schaltung
verstehen lernen und umsetzen. Der kommerzielle Nutzen dieser
Schaltung ist verboten!"
Es sind Alternativen, wie z.B. optische Feedbackmethoden, möglich. Der
schlaue Programmierer nutzt diese Verstärkerschaltung, liefert via
einen AD-Wandler das verstärkte EMG-Signal zum Computer und erstellt
eine Software, mit der man x-beliebige optische und klangliche
Feedbackmethoden realisieren kann. Der Fantasie sind da wohl kaum
Grenzen gesetzt...
Referenzspannung nicht nötig: Bild 2 zeigt die selbe Schaltung
noch einmal, allerdings mit dem Unterschied, dass sie nicht mit einer
positiven Betriebsspannung +Ub (single-supply), sondern mit einer
symmetrischen Betriebsspannung ±Ub (dual-supply) gespiesen wird. Dadurch
ändert sich einiges. Es braucht keine Schaltung um die Referenzspannung
Ux zu erzeugen. GND selbst übernimmt die Funktion der Referenz und
deshalb wird die Referenzelektrode, im Fachjargon auch Neutralelektrode
genannt, direkt mit GND verbunden. Mehr zum Thema Elektroden und wie man
sie auch billig selbst herstellen kann, liest man im Elektronik-Minikurs
(1) im Kapitel
"Elektroden" und teilweise auch etwas in den den folgenden
Kapiteln. Die Referenzelektrode am Schwanz des Affen in
Bild 6 ist
natürlich nur ein lustiges Beispiel. Es ist aber richtig, dass diese
Elektrode grossflächigen Kontakt mit der Haut haben sollte. Dieser
Übergangswiderstand sollte so niederohmig wie möglich sein, um ein hohes
Mass an Gleichtaktunterdrückung zu erzielen. Praktisch bedeutet dies,
dass weniger Störsignale wegen E-Felder auftreten. Es gibt dafür
spezielle Elektrodenbänder mit Klettverschluss, die man befeuchtet. Es
gibt aber auch grossflächige spezielle Klebelektroden, die natürlich,
wie alles in der Medizin, stets sehr teuer sind. Man kann für eher
spielerische Versuche auch einen kleinen
Metallstab
benutzen, der gut in die Hand genommen werden kann.
Wie bereits zu Bild 1 erwähnt, befasst sich ein weiterer wichtiger Link
(6) ganz besonders
mit dem Kondensator C1. Dies gilt hier in Bild 2 ebenso mit C6, der wie
C1 ein teilpolarisierter oder ein nichtpolarisierter Elko sein muss,
weil es für ihn, bei der symmetrischen Spannungsversorgung keine
DC-Vorspannung gibt. Man könnte diese DC-Vorspannung dadurch erreichen,
dass man C6 nicht mit GND sondern mit -Ub verbindet. Warum dies keine
gute Idee ist, erklärt ebenso
(6) mit Bild 1. Man kann
sich allerdings fragen, wozu braucht es überhaupt C6? Könnte man nicht
auf C6 verzichten und R16 direkt mit GND verbinden? Das kann man, wenn
man dafür sorgt, dass die Opamps vor der Schaltung mit IC:B1 sehr
niedrige eigene DC-Offsetspannungen haben. Liegen die aber im
"Normalbereich" preiswerter, hier LinCMOS-Opamps, würde wegen der
relativ hohen Summenverstärkung von den beiden Teilschaltungen mit IC:A4
und IC:B1, eine relativ hohe DC-Offsetspannung an Ua wirken und das
beeinträchtigt die maximale Aussteuerbarkeit der Signalspannung u.U.
beträchtlich.
EMG-Vorverstärker Deluxe
Dieser EMG-Vorverstärker eignet sich für den professionellen Einsatz in
EMG-Messsystemen. Das Herzstück der Schaltung ist der integrierte
Instrumentationsverstärker INA111 (IC:A) von Burr-Brown mit
MOSFET-Eingangsstufen. MOSFETs sind auch genau das Richtige, wenn es
darum geht, was man im INA111-Datenblatt unter Applications liest,
nämlich MEDICAL INSTRUMENTATION.
Wichtig: Da innerhalb dieses Kapitels weitere Bilder dazu kommen
und es sich dabei empfiehlt Bild 3 gleichzeitig präsent zu haben, sollte
man Bild 3 in ein separates Browserfenster stellen. Man klicke gleich
hier auf
Bild 3 mit
der linken Maustaste.
Wir wollen nun sehen, was die wesentlichen Unterschiede sind zu den
Schaltungen in den Bildern 1 und 2. Zur Realisierung der Verstärkung
gibt's nur einen einzigen Widerstand. Es ist im INA111-Datenblatt
RG (Figure 1: Basis-Connections). Bei einem
Wert von 500 Ohm ergibt es eine Verstärkung von 100. Diese 500 Ohm sind
in Bild 3 mit zwei Widerständen R11 und R12 aufgeteilt. Diese Aufteilung
macht Sinn, wenn man die Verstärkung möglichst exakt definieren will.
Die Anpassung ist leichter. Es macht auch Sinn, wenn man diesen
Schaltungsteil möglichst symmetrisch haben will, was das Risiko der
Einkopplung von Störsignalen zusätzlich reduziert. Diese Überlegung
spielt hier eine gewisse Rolle, weil parallel zu C3 noch zwei grüne LEDs
LD1 und LD2 antiparallel geschaltet sind. Es geht also darum,
Leiterbahnen von hochsensiblen invertierenden Opamp-Eingängen so kurz
wie möglich zu halten, - übrigens eine generelle Empfehlung für alle
Schaltungen mit Opamps!
Wozu sollen diese LEDs an dieser Stelle gut sein?! So etwas Kurioses hat
man doch kaum irgendwo schon gesehen. Kann schon sein. Ich weiss es
nicht. Wie man im Datenblatt sieht, darf man den INA111 zwischen ±6 VDC
bis ±18 VDC speisen. Die Datenblattspezifikationen gelten für typisch
±15 VDC. Abweichungen sind aber unproblematisch. Ich setze diese
Schaltung mit ±10 VDC ein. Diese ±10 VDC haben sich aus dem gesamten
Umfeld ergeben und stammen aus einem zusätzlichen Netzteil das extra nur
für eine Anzahl dieser EMG-Vorverstärker zuständig ist. Wenn +Ue
oder/und -Ue nicht über die Signalelektroden und dem menschlichen
elektrischen Körperwiderstand mit der Referenzelektrode mit GND
verbunden sind, dann stellt sich an diesen offenen Eingängen eine
Spannung ein, welche durch das augenblicklich vorhandene elektrische
Feld (E-Feld) bestimmt wird. Dies ist so, weil die Eingangswiderstände
des INA111 extrem hochohmig sind. Solche Spannungen an +Ue und -Ue
werden aber durch die Überspannungsschutzschaltung (T1 bis T4) auf die
Werte der Referenzspannung ±Uz±0.7V (Diodenflussspannung) begrenzt.
Dadurch sind die Eingänge des INA111 geschützt.
Mehr als nur ein Überspannungsschutz: Der aufmerksame Leser
überlegt sich, wozu braucht es dafür speziell Uz mit einer Spannung von
±2.5 VDC mit den zwei Bandgap-Referenzen Z (LM385-2.5)? Zum Schutz der
Eingänge des INA111 braucht es dies absolut nicht. Es ginge ebenso, wenn
die Kollektoren von T1 und T3 an +Ub und die Basis/Emitter von T2 und T4
an -Ub angeschlossen sind. Es gibt aber noch eine ganz andere
Perspektive! Angenommen, es trifft die Worstcase-Situation ein und einer
der als Pico-Ampere-Dioden (pA-Dioden) arbeitenden Transistoren T1 bis
T4 geht kaputt und schliesst dabei kurz, dann liegt zwischen der
betroffenen Signal- und GND-Elektrode eine Spannung von 15 VDC (±Ub =
±15 VDC). Wenn z.B. T1 und T4 kaputt gehen, liegen zwischen den beiden
Signalelektroden sogar 30 VDC. Dies wohlverstanden mit einem totalen
Seriewiderstand von etwa 10 k-Ohm (R1+R2). Der maximale Strom beim
Kurzschliessen der beiden Signalelektroden beträgt 3 mA. Der Körperstrom
mit Oberflächen-Elektroden würde sich auf etwa 0.6 mA (50 k-Ohm)
reduzieren und bei intramuskulärer Messung auf sicher weniger als 0.3 mA
(>100 k-Ohm). In der Regel beträgt der Kontaktwiderstand mit feinen
Drähtchen-Elektroden um die 300 k-Ohm, oft auch mehr. Der Körperstrom
beträgt dann noch etwa 0.1 mA. Allerdings ist diese Angabe sehr
unsicher, denn der Widerstandswert kann teilweise auch wesentlich
niederohmiger, manchmal auch hochohmiger sein. Die SEV-Vorschriften (DIN
EN 60601-1) erlauben nur einen maximalen DC-Dauerstrom - gemeint ist der
Patienten-DC-Hilfsstrom - von 50 µA. Das gilt auch hier.
Teilbild 3.1: Für die positive und negative Referenzspannung
dienen zwei Bandgap-Referenzen des Typs LM385-2.5, der mit einem
Strombereich zwischen 20 µA bis zu 20 mA arbeitet, wobei die untere
Grenze typisch bei 8 µA und maximal bei 20 µA liegt. Der INA111 arbeitet
in einem Bereich von ±Ub zwischen ± 6 VDC und ±18 VDC.
Berechnung von Rv:
Rv = (Ub - Uz) / 20µA
(20 µA wegen Worstcase-Betriebsicherheit)
Rv = 180 k-OHM @ ± 6 VDC
Rv = 330 k-OHM @ ± 9 VDC
Rv = 470 k-OHM @ ±12 VDC
Rv = 560 k-OHM @ ±15 VDC
Rv = 680 k-OHM @ ±18 VDC
Bandgap-Referenz versus Zenerdiode: Nur die
Bandgap-Spannungsreferenz weist einen "scharfen" Spannungs/Strom-Knick
im Übergangsbereich auf. Alleine dies garantiert, dass bei einer
Eingangsspannung mit relativ hohem DC-Anteil (DC-Spannung zwischen
Elektrode und Muskelgewebe) der Eingang sehr hochohmig bleibt, bis der
als pA-Diode verwendete Transistor (T1 bis T4) zwischen Basis und
Kollektor zu leiten beginnt. Dieser DC-Anteil darf daher mindestens
einen Wert von +2.5 VDC oder -2.5 VDC annehmen ohne den
Eingangswiderstand auch nur im Geringsten zu beeinflussen. Ist sie höher,
z.B. bei +2.8 VDC oder -2.8 VDC, dann beträgt die Flussspannung der
involvierten "pA-Diode" zwar erst 0.3 VDC anstatt etwa 0.6 VDC. Sie
leitet noch nicht eindeutig, jedoch trotzdem sehr schwach und dies
reduziert dann schon eindeutig den Eingangswiderstand. Wichtig ist die
Sicherheit, welche ±Uz liefert mit seinen ±2.5 VDC. Darauf kann man sich
verlassen.
Anstelle von T1 bis T4 (Bild 3) echte pA-Dioden: pA-Dioden sind
allgemein sehr teuer und diese Qualität benötigt man bei dieser
Anwendung nicht. Darum die Wahl von gewissen Kleinsignal-Transistoren,
wie der BC550C. Es gibt jedoch eine mir bekannte Ausnahme einer echten
pA-Diode. Ist man bereit SMD-Bauteile zu verarbeiten, dann eignet sich
die Doppeldiode BAV199(F) von Infineon, erhältlich bei Farnell und
Distrelec.
Warum genügt nicht Rv alleine?: Betrachten wir dazu als Beispiel
T1 und +Uz. Gelangt ein Hochspannungsimpuls an den Eingang -Ue, fliesst
der Entladestrom von -Ue über T1 nach +Uz. Z (LM385-2.5) ist mit einem
differenziellen Widerstand von nur 0.6 Ohm sehr niederohmig. Auf diese
Weise wird die Überspannung in Richtung INA111 auf etwa 3.2 VDC (Uz +
0.7V) begrenzt. R3 (R4) als zusätzlichen Schutz könnte man grundsätzlich
weglassen, weil die Uz-Spannung sehr viel niedriger ist als die
Ub-Spannung, und so bleibt auch bei einer Überspannung, die
INA111-Eingangsspannung innerhalb des Common-Mode-Bereiches. Genau dies
ist der eine Grund weshalb Z (LM385-2.5) notwendig ist. Ein anderer Grund
ist die Absorption allfälliger Hochspannungsimpulse durch
elektrostatische Entladung. Ck vermag zwar einiges. Die elektrische
Kapazität eines Menschen beträgt etwa 100 pF. Lädt sich der Mensch durch
Reibung im Extremfall auf 5000 VDC auf und eine Entladung erfolgt per
Funke auf eine Elektrode auf Uz (ohne Z), dann steigt auf Ck die
Spannung um 5 VDC, weil diese Kapazität von 100 nF tausend mal höher
ist, als die des Menschen mit etwa 100 pF. Bei mehreren solchen
Entladungen gleich hintereinander kann diese Spannung zu hoch werden. Z
begrenzt sie zuverlässig auf 2.5 VDC.
Hochspannungs-Entladungstest: Ein Kondensator wurde mit 470 pF
(fast fünf mal mehr als die elektrische Kapazität eines Menschen) auf 5
kVDC geladen. Es folgte mittels Funkenstrecke die Entladung über die
Basis-Kollektor-Strecke (Plus an Basis) eines BC550C mit einem
Vorwiderstand von 4.7 k-Ohm (Wert von R1 oder R2). Während 30 Sekunden
erfolgten 120 Entladungen. Es zeigten sich keine Schäden am Transistor
und am Widerstand. Erst bei einer Reduktion auf 470 Ohm, zeigten sich
progressiv Schäden am Kohlenschicht-Widerstand durch Ansteigen des
Widerstandswertes. Eine weitere schrittweise Reduktion des Widerstandes
ergab erst bei weniger als 50 Ohm ein Totalschaden am Transistor durch
dauerhaften Kurzschluss der Basis-Emitter-Strecke. Dies ist ein
Extremereignis, das in Wirklichkeit kaum je eintreffen wird.
Was passiert trotzdem, falls es in dieser Weise zutrifft, für den
Probanden (Patienten)? An der Elektrode liegt die Spannung von Uz mit
einem Quellwiderstand gegeben durch den Wert von Rv. Es fliesst maximal
ein Strom durch den Körper von 25 bis 30 µA, je nach Betriebsspannung
von ±Ub zwischen ±6 VDC und ±18 VDC. Der Widerstand zwischen Muskel und
Elektrode ist dabei unberücksichtigt. In Wirklichkeit ist der Strom
deutlich niedriger. Die SEV erlaubt, wie weiter oben beschrieben, 50 µA.
Falls Z (LM385-2.5) zerstört wird, dann ebenfalls mit einem
Kurzschluss. ±Uz beträgt dann 0 VDC.
Welchen Einfluss hat der zu Z (LM385-2.5) geschaltete Kondensator Ck mit
einer Kapazität von 100 nF? Wenn der soeben beschriebebe Störfall
auftritt, während die Elektroden mit dem Muskelgewebe in Kontakt sind,
fliesst der soeben genannte Strom von 25 bis 30 µA durch das
Muskelgewebe. Am Verhalten ändert Ck nichts, ausser der Störfall tritt
ein, bevor die Elektroden kontaktiert werden. Dann entladet sich Ck mit
seiner Spannung von 2.5 VDC über den Innenwiderstand des Muskelgewebes.
Bei 100 k-Ohm beträgt die Zeitkontante gerade mal 10 ms. Das ist
ungefährlich und dazu kommt, dass man vor einer einer Messung mit all
seinen Vorbereitungen erstmal testet, ob die EMG-Messeinheit auch
funktioniert. Dazu bietet sich folgende sehr einfache
Go/NoGo-Testschaltung als
EMG-Testgenerator
an.
Supressor- und Cera-Dioden: Ist es möglich auf ±Uz mit der
Zusatzschaltung zu verzichten, wenn man ESD-Schutzelemente verwendet?
Diese schaltet man direkt zwischen Signalleiter und GND. Das
funktioniert beim Einsatz von derart hochohmigen Quellen nicht, weil die
die Kapazität viel zu hoch ist. Diese zerstört die Wirkung der
Neutralisierung der Kapazität zwischen dem Signalleiter und dessen aktiv
getriebenen Abschirmung. Dazu kommt, dass diese ESD-Schutzelemente viel
zu hohe Sperrströme haben.
Bild 3a fasst die Problematik zusammen, damit man die Übersicht hat, was
taugt und was nicht. Die Teilbilder zeigen nur die eine Hälfte eines
quasidiskret aufgebauten Instrumentationsverstärkers, entsprechend Bild
2. Die selben Worte gelten aber genau so für einen integrierten
Instrumentationsverstärker, wie z.B. der INA111 in der Schaltung in Bild
3. Mit den Dioden D1 und D2 sind pA-Dioden gemeint, entweder richtige
wie BAV199 oder mit BC550C-Transistoren realisiert. ZD1 und ZD2 sind
Zener- oder Avalanche-Dioden.
Teilbild 3a.1: Die Schaltung enthält zwei antiparallel
geschaltete Dioden zwischen den beiden Eingängen eines der beiden
eingangsseitigen Opamps eines quasi-diskret aufgebauten
Instrumentationsverstärkers mit drei Opamps, wie dies Bilder 1 und 2
zeigen. Damit wird zuverlässig eine zu hohe Differenzspannung vermieden.
Allerdings schützt es eine überhöhte Gleichtakt-Eingangsspannung
überhaupt nicht. Dazu kommt, dass diese Massnahme purer Unsinn ist, weil
nämlich die invertierenden Eingänge der beiden eingangsseitigen Opamps
nur der Einstellung der Verstärkung dienen. Eine Spannung von Aussen
wird nicht zugeführt. Diese Schaltung ist ungeschützt und daher
unbrauchbar!
Teilbild 3a.2: Die Dioden sind ebenfalls antiparallel geschaltet,
jedoch zwischen Signalpfad und GND. Dies funktioniert bei niedrigen
AC-Spannungen bei Werten bis etwa zu 200 mVpp unproblematisch, bei einem
nicht zu hohen Quellwiderstand an Ue. Kommt noch eine DC-Überlagerung
hinzu, wie bei EMG-Messungen, erzeugt diese eine Amplitudenverzerrung.
Diese Schaltung ist geschützt und trotzdem unbrauchbar!
Teilbild 3a.3: ZD1 und ZD2 sind antiseriell geschaltete Zener-
oder Avalanchedioden. Damit erhöht man die Begrenzerspannung gegenüber
Teilbild 3a.2, jedoch ist diese Schaltung für hochohmige Messungen,
wegen zu hohem Strom im Sperrbereich unterhalb der Zener- oder
Avalanche-Spannung, nicht geeignet. Diese Schaltung ist geschützt und
trotzdem unbrauchbar!
Teilbild 3a.4: Diese Schaltung ist okay, jedoch nur für
EMG-Messungen mit Haut-Oberflächenelektroden. D1 und D2 dürfen auch
1N914 bzw. 1N4148 sein. Vor allem geeignet für den Eigenbedarf, weil
nicht SEV-Konform. Kommt jedoch nur eine niedrige Betriebsspannung von
maximal etwa ±5 VDC (dual-supply) oder +10 VDC (single-supply) zum
Einsatz, kann man die Schaltung als ungefährlich einstufen, wenn denn D1
oder D4 (Bild 2) kaputt gehen und kurzschliessen, was aber sehr
unwahrscheinlich ist. Man berühre mal die Kontakte einer
9V-Blockbatterie mit feuchtem Finger. Man spürt nichts.
Teilbild 3a.5: Wenn für die Schutzdioden D1 bis D4 (Bild 3)
pA-Dioden zum Einsatz kommen, hat man mit ±Uz = ±2.5 VDC eine ideale
Voraussetzung für sehr hochohmige intramuskuläre EMG-Messungen (iEMG).
Für einen Deluxe-iEMG-Vorverstärker, der richtige Überspannungsschutz!
Teilbilder 3a.4 und 3a.5: Ob R4 zwischen dem Diodennetzwerk und
dem nichtinvertierenden Eingang notwendig ist, ergibt sich aus der
Innenbeschaltung des Opamp. LinCMOS-Opamps (Bild 2: TLC274) haben
zwischen dem Eingang und dem MOSFET einen Vorwiderstand. Siehe im
Datenblatt des TLC274 auf Seite 3 das Schema mit R1 und R2. Was man
nicht sieht, sind die parasitären Thyristoren, welche einen
Latchupeffekt dann auslösen, wenn (ohne R1 und R2) bei Überspannung ein
zu hoher Gatestrom zustande kommt. Im TLC274-Datenblatt liest man
"Designed-In Latch-Up Immunity" und "ESD-Protection
Circuitry". Der Überspannungsschutz gilt bis 2000 V. Es können aber
auch mal mehr sein. Um es noch sicherer zu machen, empfiehlt sich ein
vorgeschaltetes Dioden-Netzwerk. Ein Latchup wird bis zu einem
Impulsstrom von 100 mA vermieden. Bei einer direkten statischen
Entladung reicht dies nicht immer. Es gelang mir jedenfalls
experimentell einen Latchup zu erzeugen.
Mit einem vorgeschalteten Diodennetzwerk, kann dies nicht passieren. Die
Gefahr eines Latchup-Effektes besteht immer nur dann, wenn die
Eingangsspannung die Betriebsspannung über- oder unterschreitet. Wird
die Eingangsspannung mit ±Uz auf eine Spannung begrenzt die niedriger
ist als ±Ub, kann man auf R4 verzichten. Darum ist in Teilbild 3a.5 R4
nicht zwingend nötig. Man kann den nichtinvertierenden Eingang direkt
mit dem Diodennetzwerk verbinden. Wenn ein INA111 zum Einsatz kommt,
muss man wissen, dass dieser integrierte Instrumentationsverstärker
keinen eingebauten ESD-Schutz hat, weil nur so kann man einen extrem
hohen Eingangswiderstand sicherstellen. Man muss also unbedingt selbst
Massnahmen mit Hilfe von pA-Dioden ergreifen.
Teilbild 3a.6: Wiederholung der Schaltung zur Erzeugung von ±Uz
aus Teilbild 3.1.
Es geht jetzt mit Bild 4 weiter mit Details zum Thema der
INA111-Eingangsstufe. Auch hier nochmals LD1 und LD2 zum Thema:
Spezieller Alu-Elko: Teilbild 4.1 zeigt einen kleinen Ausschnitt
aus Bild 3 mit dem INA111. Die beiden Teilbilder 4.2a und 4.2b zeigen
die inneren Details der Eingangsstufe des INA111 mit den beiden Opamps
am Eingang. Wir betrachten an diesen Schaltungen, was an C3 passieren
kann, wenn die Eingänge von +Ue und -Ue (Bild 3) nicht oder nicht
richtig angeschlossen sind.
Teilbild 4.2a: Die beiden extrem hochohmigen nichtinvertierenden
Eingänge der beiden IC-internen Opamps A1 und A2 sind offen und das
umgebende E-Feld bewirkt zufällig, dass der nichtinvertierende Eingang
von A1 eine negative DC-Spannung erhält. Solange diese Spannung im
Gleichtaktbereich liegt, liegt am invertierenden Eingang von A1 die
virtuelle Spannung mit dem selben Wert und der selben Polarität, weil
die Differenzspannung zwischen den beiden Eingängen 0 V betragen muss.
Bewirkt das E-Feld am nichtinvertierenden Eingang von A1 eine Spannung
die den Gleichtaktbereich übersteigt, stellt sich am invertierenden
Eingang von A1 eine Spannung ein, die knapp den Wert von -Ub hat, dies
allerdings mit einem Quellwiderstand, der dem Gegenkopplungswiderstand
von 25 k-Ohm entspricht. Wir nehmen weiter an, dass mit A2 exakt das
selbe passiert, jedoch durch den Einfluss eines positiven E-Feldes. Die
Spannung am invertierenden Eingang von A2 hat beinahe den Wert von +Ub,
und dies ebenfalls mit einem Quellwiderstand von 25 k-Ohm. R11 und R12
werden hier nicht berücksichtigt, weil diese eh sehr niederohmig sind
bei hohen Verstärkungswerten. In diesem Fall haben wir an C3 eine
inverse Spannung von etwa ±Ub, bzw. 2*Ub. Diese viel zu hohe
Inversspannung kann man leicht mit einer LED LD1 vermeiden, die man zum
Elko C3 parallel schaltet. Nimmt man eine grüne LED, dann liegt die
LED-Spannung bei etwa 2 VDC. Die Inversspannung über C3 beträgt also
etwa 2 VDC. Geht das? Ja und zwar dauerhaft, wenn man einen Elko
verwendet, wie er in
(6) vorgestellt wird,
vorausgesetzt, dass seine Nennspannung mindestens 6 VDC beträgt. Die
Inversspannung darf 30% von der Nennspannung betragen. Natürlich kann
man auch echte nicht polarisierte Elkos verwenden, die ebenfalls in
(6) erklärt sind.
Teilbild 4.2b: Die Situation des Einflusses durch ein E-Feld ist
umgekehrt, wodurch C3 eine richtig gepolte Spannung erhält. Allerdings
kann diese Spannung mit beinahe 2*Ub sehr gross sein. Das bedeutet eine
entsprechend hohe Nennspannung des Elko und wenn auch noch eine hohe
Kapazität zum Einsatz kommen soll, sind die mechanischen Abmessungen
auch entsprechend gross. Dies vermeidet man ganz einfach mit einer
zweiten grünen LED LD2, antiparallel geschaltet zur LED LD1. Damit
reduziert sich die Nennspannung von C3 ebenfalls auf 2VDC. Das hält die
mechanischen Abmessungen des Elko klein.
Wir stellen uns jetzt die Frage, funktioniert denn dieser Trick mit den
antiparallel geschalteten LEDs überhaupt? Und wenn ja, könnte man nicht
ebenso gut "gewöhnliche" Kleinsignaldioden verwenden?
Eins nach dem anderen. Wenn die Anschlüsse der Signalelektroden +Ue und
-Ue und die Referenzelektrode richtig angeschlossen sind, ist das kein
Problem. Antwort gibt uns Elektronik-Minikurs
(3) im Kapitel
"Instrumentationsverstärker für Wechselspannungen". Wichtig dazu
sind
Bild 8
und die beiden nachfolgenden Abschnitte. Die DC-Spannungen, welche
zwischen den Elektroden und dem Elektrolyten (Haut- oder Muskelgewebe)
entstehen, werden zum grossen Teil kompensiert, weil die Metalle der
Elektroden stets die selben sein müssen. Die Eingangs-DC-Spannung liegt
zwischen +Ue und -Ue in der Regel noch bei wenigen 10 mVDC. Diese
DC-Offsetspannung liegt auch an C3. Die Polarität dieser Spannung ist
dabei zufällig davon, welche der beiden Signalelektroden die etwas
höhere DC-Spannung bezogen auf die GND-Elektrode erzeugt. Will man also
sicher sein, dass diese DC-Spannung, wie es sein sollte, an A1 und A2
(Bild 4) nur mit dem Faktor 1 verstärkt wird, muss man dafür sorgen,
dass durch die LEDs kein Strom fliessen kann. Dem ist garantiert auch
so, weil die LED-Spannung mindestens 20 mal höher ist als die restliche
biochemisch erzeugte DC-Offsetspannung, falls diese im allerschlimmsten
Fall 100 mVDC betragen würde. Bei stark unterschiedlich "verwitterten"
Elektroden, könnte der Spannungsunterschied allerdings auch grösser
sein. Selbst dann, sperren auch rote LEDs mit nur 1.6 V
Diodenflussspannung noch immer ausreichend genug. Normalerweise wird die
Flussspannung einer roten LED mit 1.8 V angeben. Das gilt jedoch für den
Nennstrom, der meist bei 20 mA liegt. Dies ist hier nicht der Fall, der
LED-Strom beträgt weniger als 1 mA. Im Übersteuerungsfall leuchten diese
LEDs auch nur ganz schwach, ausser man nimmt dafür extra die teureren
Lowcurrent-LED. Damit hätte man gleich noch einen optischen
Übersteuerungsindikator, wenn der Blick auf den Print frei ist. Jetzt
kommt die Antwort auf die Frage, ob "gewöhnliche" Kleinsignaldioden
ebenso genügen. Unter Einbezug einer Worstcase-Betrachtung, bestimmt
nicht, weil die Diodenflussspannung mit 0.65 V zu niedrig ist. Falls die
DC-Offsetspannung auch nur schon einen ganz kleinen Strom durch die
Dioden fliessen lässt, würde die DC-Verstärkung dramatisch zunehmen und
dies hätte eine hohe DC-Offsetspannung am Ausgang des
Instrumentationsverstärkers zur Folge.
Wir kommen jetzt wieder zum Thema Überspannungsschutz (Bild 3: T1 bis
T4). Es ist mit einer Ausnahme alles im Elektronik-Minikurs
(8) beschrieben. Der
Grund warum Transistoren als preiswerte und deshalb auch leicht
erhältliche pA-Dioden zum Einsatz kommen, wird hier in Zusammenhang
mit der intramuskulären EMG-Anwendung (iEMG) erläutert. In
(8) liest man im Kapitel
"Warum Transistoren anstelle von Dioden", dass man bei der
Verstärkung und Messung quasistationärer DC-Spannungen das Problem haben
kann, dass eine Verfälschung durch zu hohe Sperrströme entstehen können,
wenn der Quellwiderstand hochohmig ist. Dazu kommt, dass der zu hohe
Sperrstrom von Kleinsignaldioden zu den sehr niedrigen Bias- und
Offsetströmen eines INA111 generell nicht passt. Deshalb eignen sich
pA-Dioden eben besser als Kleinsignaldioden. Ein zu hoher Sperrstrom hat
auch einen reduzierten Eingangswiderstand zur Folge und das kann
besonders dann problematisch werden, wenn man auf Grund von hochohmigen
Spannungsquellen (iEMG) gerade erst recht einen hochwertigen
Instrumentationsverstärker verwenden will, der selbst extremst hochohmig
ist. Wir betrachten dieses Problem an Bild 5:
Teilbild 5.1 zeigt an einer vereinfachten Schaltung mit einem Opamp die
Situation mit den Dioden D1 und D2. Für diese Betrachtung wird die
reduzierte Referenzspannung (±Uz in Bild 3) für die Funktion des
Überspannungsschutzes nicht mit einbezogen. Es gilt hier für ±Uz die
Betriebsspannung ±Ub = ±15 VDC.
Der Sperrstrom Is für eine 1N914-Diode beträgt bei 15 VDC etwa 25 nA bei
25 °C. An Ue angeschlossen ist eine AC-Spannungsquelle mit einer kleinen
Spannung. Der Quellwiderstand Ri ist mit 1 M-Ohm hochohmig. 15 VDC über
einem Bauteil, das einen Strom von 25 nA verursacht, hat einen
Widerstand von 600 M-Ohm. Das kommt auf das selbe heraus, wie wenn
zwischen Ue und +Ub und zwischen Ue und -Ub je ein Widerstand von 600
M-Ohm platziert ist, wie dies Teilbild 5.2 zeigt. Allerdings gilt dieser
Vergleich zwischen Diode und Widerstand nur beim selben Wert von ±Ub.
Diese beiden Widerstände muss man allerdings, bezüglich dem
Eingangswiderstand der Schaltung, parallel addieren. Daraus folgt ein
Eingangswiderstand an Ue von 300 M-Ohm. Für einen Quellwiderstand einer
AC-Spannungsquelle (Teilbild 5.1) von 1 M-Ohm wäre dieser
Eingangswiderstand allerdings noch immer sehr hochohmig. Man muss aber
bedenken, dass sich der maximale Sperrstrom von 25 nA auf 25 °C bezieht.
Beim Extremwert von 100 °C ist dieser Sperrstrom mit 1 µA 40 mal
grösser. Der Widerstand von 300 M-Ohm sinkt auf 7.5 M-Ohm. Das bedeutet,
dass die Strombeeinflussung und damit die Beeinflussung des
Eingangswiderstandes, durch Änderungen auch im niedrigen
Temperaturbereich, je nach Anwendung, nicht zu vernachlässigen sind.
Dazu kommt noch: Ein Eingangswiderstand mit "nur" etwa 300 M-Ohm ist so
niederohmig, dass die Einwirkung eines DC-E-Feldes bei offenem Eingang
nur eine sehr kurzzeitige Wirkung zeigt, wie dies im Text zu Bild 4
beschrieben ist. Wenn pA-Dioden zum Einsatz kommen, dann ist die Wirkung
signifikant, und das bedeutet, dass C3 (Bild 3) dadurch aufgeladen
werden kann und die Spannung länger anhält. Die Funktion dieser
pA-Dioden wird von den Transistoren T1 bis T4 in Bild 3 übernommen.
Noch etwas anderes. Exemplarstreuungen bezüglich der Sperrströme der
beiden Dioden D1 und D2 erzeugen eine erhebliche DC-Offsetspannung am
nichtinvertierenden Eingang eines Opamp mit extrem hochohmigen
MOSFET-Eingängen, wobei eine DC-Spannung nur mit Verstärkung 1 (Teilbild
5.1) verstärkt wird. Diese DC-Offsetspannung wirkt sich besonders dann
aus, wenn an Ue keine Spannungsquelle angeschlossen ist. Teilbild 5.3
zeigt dies. Diese angebenen Strom- und Spannungswerte sind nur ungefähr,
weil Dioden auch im Sperrstrombereich, in Funktion der Spannung, nicht
linear sind. So beträgt im vorliegenden Beispiel die DC-Offsetspannung
etwa +5 VDC, wenn an Ue keine Quelle anliegt. Hat es jedoch eine
Spannungsquelle mit einem Innenwiderstand Ri von z.B. 1 M-Ohm reduziert
sich diese DC-Offsetspannung auf etwa +10 mVDC. Wäre die
AC-Spannungsquelle kapazitiv mit C1 entkoppelt, bleibt die
DC-Offsetspannung unabhängig auf mit +5 VDC. Fazit: Will man dieser
Problematik ganz einfach aus dem Weg gehen, lohnt sich der Einsatz von
Transistoren in der Funktion von pA-Dioden!
Schirmtreiber: Es geht dabei darum, dass die Kapazität zwischen
dem Leiter, der das EMG-Signal zum Vorverstärker überträgt, und der
Abschirmung neutralisiert wird. Tut man dies nicht und die
AC-Spannungsquelle ist sehr hochohmig, wie dies im Falle der Messung von
iEMG-Signalen zutrifft, wird die Frequenzbandbreite massiv reduziert
und auch nur eine annähernde Reproduktion der MUAPs
(1) ist nicht möglich.
Wenn die iEMG-Quelle beispielsweise einen Quellwiderstand von 500 k-Ohm
hat und die Kapazität zwischen Leitung und Abschirmung beträgt 150 pF,
resultiert eine Grenzfrequenz von etwa 2 kHz. Diese Bandbreite eignet
sich längst, wenn es nur darum geht den Mittelwert einer EMG-Spannung zu
messen. Für eine approximative MUAP-Reproduktion sollten es etwa 5 kHz
sein, je nachdem ist es besser mit 10 kHz. Mittels Neutralisation der
Kapazität zwischen Leiter und Abschirmung verzehnfacht sich die
Bandbreite oder sogar mehr. Wieviel man wirklich erreicht, kommt auch
sehr auf einen kapazitätsarmen Aufbau der Schaltung bis zu den
Anschlusskontakten an.
Diese Neutralisierung erreicht man, in dem man die EMG-Spannung,
konvertiert auf eine niedrige Impedanz mittels Impedanzwandler, auf die
Abschirmung schaltet. Solange beide Spannungen die selben Werte und die
selbe Phasenlage haben, existiert die Kapazität zwischen Leiter und
Abschirmung nicht, weil durch diese Kapazität kein Strom fliessen kann.
Trotzdem wirkt die Abschirmung gegen äussere störende E-Felder genauso,
weil die Impedanz auf der Abschirmung ähnlich niederohmig ist, wie wenn
diese mit GND verbunden wäre. Diese Methode ist in kurzen Zügen in
(1)
im Kapitel "Ein EMG-Messgerät (Blockschaltbild)" thematisiert.
Mehr schaltungstechnische Details erfährt man hier in Bezug auf die
Hauptschaltung (Bild 3) in Bild 6:
In Teilbild 6.1 sieht man die einfache EMG-Messmethode mittels
zweiadrigem abgeschirmten Kabel. Wie bereits erläutert mit dem Nachteil
der relativ hohen Kapazität zwischen Leiter und Abschirmung. Da diese
Methode jedoch nur dazu dient EMG-Mittelwerte zu erfassen und die
Elektroden für die Hautoberfläche in Relation zu Drähtchenelektroden
relativ grossflächig sind (keine MUAPs), ist die Frequenzbandbreite hier
unkritisch.
Teilbild 6.2 zeigt als Blockschaltbild die Methode der Neutralisation
zwischen Leiter und Abschirmung. Ein EMG-Signal erreicht den
nichtinvertierenden Eingang eines Opamp, der Teil eines
Instrumentationsverstärkers ist. Der invertierende Eingang, der die
selbe Spannung und die selbe Phasenlage wie das ankommende EMG-Signal
haben muss, gelangt über den Impedanzwandler Y zur Abschirmung. Man
benutzt vorzugsweise dazu nicht das originale EMG-Signal, damit dieses
nicht noch zusätzlich belastet wird. Es sei, man benutzt für Y eine
hochwertige Schaltung, die ebenfalls eine sehr hohe Eingangsimpdanz hat
und sehr niedriges Rauschen produziert. Gerade wegen dem Rauschen ist
das nicht so einfach. Darum also die Methode der Anzapfung am
invertierenden Eingang. Wir wissen jetzt, dass es wichtig ist, dass
innerhalb der EMG-Bandbreite Spannung und Phasenlage übereinstimmen
müssen. Ganz besonders was die Phasenlage betrifft, ist es wichtig, dass
die Frequenzbandbreite des Verstärkers sehr viel grösser ist, als die
Frequenzbandbreite des EMG-Signals. Dies ist eindeutig der Fall, wenn
man den INA111 mit einer Verstärkung von 100 einsetzt, weil dann die
Grenzfrequenz noch immer 450 kHz (-3dB) beträgt. Bei einer Verstärkung
von 1000 wären es nur noch 50 kHz und dies wäre bereits zuwenig.
Transistor besser Opamp: Wir kommen jetzt zu den beiden
Schirmtreibern, die Impedanzwandler Y, realisiert mit den Transistoren
T5 und T6, in Bild 3. Diese beiden Schaltungen treiben die Abschirmungen
mit niederimpedanten EMG-Signalen. Warum so einfache Schaltungen mit
Transistoren und erst noch solche die universell und billig sind? Genau
diese Frage stellte ich mich, als ich diese Schaltungen untersuchte, als
ich es zuvor mit rauscharmen Opamps probiert habe. Das Problem ist, dass
auch bei rauscharmen Opamps, die Rauschspannung der Ausgangsstufen
dieser Opamps nicht speziell niedrig ist. Aber genau das braucht es,
wenn ein solcher Ausgang mit der Abschirmung verbunden werden muss. Ist
die Rauschspannung der Ausgangsstufe Y zu hoch, koppelt sich diese
kapazitiv in den Leiter mit der EMG-Spannung und das verschlechtert
messbar den Signal/Rausch-Abstand der ganzen Schaltung. Mit dieser
einfachen diskreten Impedanzwandlerstufe Y mit T5 (T6), stellte ich
fest, dass es die Rauschspannung nicht messbar verschlechtert. Man
könnte den Kollektor von T5 (T6) in Bild 3 direkt mit +Ub verbinden, nur
wäre dann der Schirmtreiber nicht kurzschlussfest. Ein Kurzschluss
zwischen Abschirmung und GND könnte T5 (T6) zerstören. C1 (C2) sorgt für
niedrige Impedanz am Kollektor und dies unterstützt die Stabilität der
ganzen Schaltung.
Wir kommen noch einmal kurz zurück zu den abgeschirmten Leitungen und
betrachten Bild 7:
Das Blockschaltbild von Teilbild 6.2 ist hier in Teilbild 7.1 noch
einmal wiederholt, um es mit dem Blockschaltbild in Teilbild 7.2 zu
vergleichen. Ich bin überzeugt, dass einigen Lesern jetzt die Frage auf
der Zunge brennt, ob man denn, wenn es darum geht die Kapazität zwischen
Leiter und Abschirmung zu neutralisieren, wirklich zwei abgeschirmte
Leitungen, also eine abgeschirmte Stereoleitung benötigt, wie man dies
schliesslich bei Audioanlagen gewohnt ist. Ja, so ist es! Und warum,
sollte jetzt eigentlich klar sein...
Trotzdem verstehe ich die Verunsicherung, denn in fast jedem Datenblatt
zu einem integrierten Instrumentationsverstärker sieht man die
Applikation, wie sie Teilbild 7.2 zeigt. Nur will man damit etwas ganz
anderes erreichen. Die Kapazitäten zwischen den Leitern und der
gemeinsamen Abschirmung sind nicht exakt gleich und dies verschlechtert
die Eigenschaft der Gleichtaktunterdrückung (CMRR) der gesamten
Schaltung, wenn die Impedanz der zu messenden Quelle relativ hochohmig
ist. Die Schaltung in Teilbild 7.2 kompensiert diesen Fehler. Der
Hinweis"Das funktioniert nicht!" über Teilbild 7.2 bezieht
sich auf die Neutralisation der Kapazität zwischen Leiter und
Abschirmung, wenn es darum geht, die Frequenzbandbreite des
Eingangssignales möglichst zu erhalten. Siehe dazu Figure 13 im
INA111-Datenblatt.
Nachdem wir uns ergiebig mit der Eingangsbeschaltung befasst haben,
interessiert uns in Bild 3 noch die Schaltung nach dem Ausgang des
INA111. Es folgt ein passives HP-Filter mit einer Grenzfrequenz von nur
0.3 Hz, bestehend aus C4 und R13. Diese niedrige Grenzfrequenz gibt's
nur dann, wenn der Wert von R13 durch den Innenwiderstand der
nachfolgenden Schaltung nicht reduziert wird. Dies trifft mit dem
angedeuteten Beispiel mit IC:B zu. Wozu benötigt man dieses HP-Filter
und warum bei dieser niedrigen Grenzfrequenz? Da die Gesamtverstärkung
eines EMG-Messgerätes leicht bis 20'000 betragen kann, ist es wichtig,
dass selbst am Ausgang des Vorverstärkers möglichst keine
DC-Offsetspannung anliegt. Bei einer weiteren Verstärkung bis zu 200
kann aus z.B. 5 mVDC leicht 1 VDC entstehen. Ob man dieses HP-Filter
wirklich benötigt, kommt ganz auf die Art der weiteren Schaltung an. Die
HP-Grenzfrequenz muss so niedrig gewählt werden, dass die eigentlich
dimensionierte und erwünschte System-HP-Grenzfrequenz nicht signifikant
durch C4*R13 beeinflusst wird. Der INA111 erlaubt am Ausgang mit maximal
1000 pF eine relativ hohe Kapazität. Siehe INA111-Datenblatt. Eine
Kapazität im 100pF-Bereich entsteht locker, wenn zwischen
EMG-Vorverstärker und der nachfolgenden Schaltungen eine lange
abgeschirmte Leitung zum Einsatz kommt. R14 wirkt zusätzlich dem Risiko
unerwünschter Oszillationen entgegen. Der einfache Überspannungsschutz
mit D1 und D2 am Ausgang ist keineswegs übertrieben. Wenn man selbst
elektrostatisch aufgeladen ist, man hantiert mit dem Verbindungskabel
und es kommt zufällig zur nur schon beinahen Berührung mit dem Signal am
Stecker, könnte ohne diese D1-D2-Massnahme der INA111 durchaus zerstört
werden. Der Leser möge selbst entscheiden, ob er selbst auch solche
Worstcase-Betrachtungen anstellen will. Ich denke, es lohnt sich, weil
der damit verbundene zusätzliche Aufwand sehr gering ist.
Filterschaltungen, kritisch betrachtet
Um zu vermeiden, dass die elektrochemischen quasistationären
DC-Spannungen zwischen den Elektroden und dem Elektrolyten des
organischen Gewebes mitverstärkt werden, braucht man ein HP-Filter und
wie das gemacht wird, wissen wir bereits. Zu sehen ist dies noch einmal
als Ausschnitt im Teilbild 8.1. Einen bereits ebenso bekannten kleinen
Nachteil besteht darin, dass man einen speziellen Alu-Elko braucht, der
eine gewisse inverse DC-Spannung zulässt oder man setzt einen
nichtpolarisierten Elko ein. Warum diese Methode, wegen dem speziellen
Alu-Elko, in Teilbild 8.1 nur ein kleiner Nachteil ist, werden wir
noch sehen.
Irrweg einer offiziellen Applikation: Teilbild 8.2 zeigt uns eine
Hochpass-Alternative. Diese Methode wird in Figure 9 im
INA111-Datenblatt empfohlen. Der erste Nachteil dieser Methode besteht
darin, dass man zwei passive HP-Filter braucht und dazu gesellt sich
gleich der zweite Nachteil, denn die Grenzfrequenzen der beiden
HP-Filter müssen sehr genau übereinstimmen. Ist dies nicht der Fall,
verschlechtert sich sehr empfindlich die Gleichtaktunterdrückung und
dies nicht nur in der Nähe der HP-Grenzfrequenzen. Es sind gleich zwei
Effekte, welche die Gleichtaktunterdrückung reduzieren. Es sind die nur
schon geringen Pegelunterschiede und die Phasenunterschiede, welche noch
weit oberhalb von der HP-Grenzfrequenz im Übertragungsbereich liegen
können. Drittens kommt dazu, dass die notwendigen Widerstände R1 und R2
zwecks Referenzbildung für die beiden Eingänge, den sehr viel höheren
Eingangswiderstand der Eingänge des Instrumentationsverstärkers zunichte
machen. Zum vierten Nachteil: Wählen wir für R1 und R2 je einen Wert von
10 M-Ohm, dann bekommt man sicher noch Widerstände mit einer Toleranz
von 1 %. Für eine HP-Grenzfrequenz von z.B. 10 Hz, müsste man für C1 und
C2 je einen Wert von 1.5 nF einsetzen. Man muss dabei hochwertige
Polystyrol-Kondensatoren einsetzen, die eine hohe Kapazitätstabilität
und minimale Toleranzen von 1 % haben. Es ist aber gar nicht mehr so
einfach solche einprozentige Kondensatoren zu bekommen. Auf keramische
Kondensatoren muss man wegen der hohen
Piezoempfindlichkeit
verzichten, weil die Eingänge, wegen der hohen Verstärkung, sehr
empfindlich sind. R1, R2 und C1, C2 können im ungünstigsten Fall, mit
einprozentigen Komponenten, eine gemeinsame Maximaltoleranz von 4 %
haben und das wirkt sich auf die Symmetrie der beiden HP-Filter und dies
vor allem auf die Gleichtaktunterdrückung sehr ungünstig aus. So viele
Nachteile in Teilbild 8.2, da bleiben wir doch lieber gleich bei
Teilbild 8.1, wo ein einziges HP-Filter sich auf beide Opamps am Eingang
des Instrumentationsverstärker gleichermassen auswirkt und dieses
Schaltungsteil erst noch niederohmig dimensionierbar ist und so erst
recht zur Stabilität beiträgt.
Es gibt noch einen andern verführerischen Trick um sich von der Methode
Teilbild 8.1 zu distanzieren. Es ist die Schaltung in Teilbild 9.1,
entsprechend Figure 11 (High-Pass Input Filter) im INA111-Datenblatt.
Diese Schaltung ist dann hervorragend, wenn man direkt am Ausgang des
Instrumentationsverstärkers eine besonders niedrige DC-Offsetspannung
haben will. Eine DC-Spannung wird regeltechnisch wegkompensiert. Bei
DC-Spannung arbeitet der Opamp IC:B praktisch mit seiner vollen sehr
hohen inneren Verstärkung (Open-Loop-Gain). Die GND-Referenzierung
erfolgt am nichtinvertierenden Eingang von IC:B, der als aktiver
Integrator (eine Art aktives TP-Filter erster Ordnung) arbeitet. Weil
dieses TP-Filter invertierend arbeitend in einer Gegenkopplung wirkt,
resultiert in der Gesamtschaltung ein HP-Filter.
Wo ist jetzt aber der "Haken" bei dieser Applicationnote aus dem
INA111-Datenblatt? Wir betrachten dazu Teilbild 9.2, dessen Schaltung
prinzipiell die von Teilbild 9.1 wiederholt, jedoch differenzierter
dargestellt ist. Die Opamp-Bezeichnung mit IC:A1 bis IC:A4 deutet an,
dass man die selbe Schaltung auch mit einem einzigen preiswerten
Quad-Opamp, z.B. TL074, realisieren kann, wenn einem die damit
erreichbare Präzision genügt. Was passiert aber, wenn eine DC-Spannung
zwischen -Ue und +Ue so gross ist, so dass die Verstärkung von IC:A1 und
IC:A2 ihre Ausgänge in die Begrenzung steuert, also die maximale
Spannung, durch ±Ub begrenzt, anliegt? In diesem Sättigungszustand geht
nichts mehr. Es kann kein AC-Signal (EMG-Signal) mehr verstärkt werden
und die Gleichktaktunterdrückung arbeitet auch nicht mehr richtig. Genau
das kann wegen den bekannten und unerwünschten DC-Spannungen bei
EMG-Messungen auftreten. Daher eignet sich auch diese
DC-Kompensationsmethode nicht und es empfiehlt sich ein weiteres Mal die
schaltungstechnisch einfache Methode von Teilbild 8.1, bei der es auch
keinen zusätzlichen Opamp braucht. Die Methode in Bild 9 eignet sich vor
allem dann, wenn die DC-Offsetspannung, die der
Instrumentationsverstärker selbst erzeugt, auf annähend Null kompensiert
werden soll. Allerdings mit Nachteil für andere Anwendungen, dass man
keine DC-Spannung verstärken kann. Eine echte Auto-Zero-Offset ist dies
nicht, wie man es beim
LMC669
noch gewohnt war, als es diesen begehrenswerten Baustein von NSC noch
gab...
Ein paar technische Daten zu Bild 3
Da die Schaltung in Bild 3 vielseitig mit weiteren Schaltungen eingesetzt werden kann, beschränken sich hier die technischen Daten auf wenige Messwerte betreffs Rauschspannungen bezogen auf den Eingang. Die Messungen erfolgten mit einem abgeschirmten Stereokabel mit einer Länge von 1.8 Meter und einer Kapazität von je 180 pF. Als Rauschquellen dienten einfache Metallfilmwiderstände in einem abschirmenden Gehäuse mit ausreichend grossen Abständen, damit zwischen diesen Widerständen und dem Metallgehäuse eine möglichst niedrige Kapazität vorliegt. Dargestellt ist diese Anordnung in Bild 10:
Eine wichtige Information ist die, welche zeigt, wie stark sich die
Neutralisation der Abschirmungskapazität auf die Frequenzbandbreite
auswirkt und dies in Abhängigkeit mit einem Quellwiderstand von 500
k-Ohm, der etwa für die Messung von iEMG zutrifft. Es gilt der
Widerstandswert zwischen den beiden Signalelektroden Rq. Der Widerstand
zwischen einer Signalelektrode und Referenzelektrode ist mit Rq/2 = 250
k-Ohm etwa halb so gross. Etwa solche Werte ergeben sich, wenn man
teflonisolierte Elektrodendrähte aus oxydierfreiem Stahl, mit einem
Durchmesser von 0.1 mm, einsetzt. Die Kontaktfläche besteht dabei nur
aus der blanken Stirnseite dieses feinen Drahtes. Ohne Neutralisation
der Kapazität beträgt die Bandbreite 1.8 kHz, mit der Neutralisation
sind es 27 kHz.
Die Rauschspannungen (µV in TrueRMS) und ganz besonders die Wirkung der
Neutralisation der Kapazität (Frequenzbandbreite), sind vom Aufbau der
Schaltung in Bild 3 abhängig. Ein besonders kapazitätsarmer Aufbau
erzeugt die besten Werte bezüglich Frequenzbandbreite. Eine erreichte
Bandbreite von mehr als 20 kHz ist für intramuskuläre EMG-Messungen mehr
als ausreichend.
Erste Stufe stärker als die zweite
Beim Betrachten von Datenblättern stellt man in der Regel fest, dass bei einem Instrumentationsverstärker mit hoher Verstärkung stets die erste Stufe die gesamte Verstärkung übernimmt. Die zweite Stufe, welche die verstärkte symmetrische Eingangsspannung zur asymmetrischen Spannung umsetzt, verstärkt nur mit einem Faktor von 1. Diese Art der Aufteilung der Verstärkung hat einen sehr praktischen Grund, welcher in diesem Kapitel thematisiert wird. Solches habe ich bisher noch in keinem Buch gelesen, jedoch ist diese Tatsache, aus der Praxis hergeleitet, einleuchtend und leicht nachvollziehbar. Auch der hier thematisierte INA111 macht keine Ausnahme:
Teilbild 11.1 zeigt das Anschlussschema des INA111 und Teilbild 11.2 die vereinfachte Schaltung (Funktion) davon, bestehend aus drei Opamps. Stufe 1 bildet den Differenzverstärker mit den hochohmigen Eingängen, der eine niedrige, aber auch sehr hohe Verstärkung ermöglicht. Bei einer Verstärkung von 1000 beträgt die Frequenzbandbreite immer noch 50 kHz. Der verstärkerbestimmende Widerstand RG hat dabei einen Wert von 50 Ohm. Aus der 1%-Widerstandsreihe ist dies ein Widerstand mit 49.9 Ohm. Stufe 2 hat eine fixe Verstärkung von 1 mit sehr hoher Präzision. R1 und R2 sind lasergetrimmt (LT).
Bild 12 zeigt den signifikanten Vorteil in Bezug auf die Unterdrückung
der Gleichtaktspannung, wenn die erste Stufe den Löwenanteil der
Gesamtverstärkung übernimmt. Einfacher für die Erklärung ist es, wenn
nur die erste Stufe, wie im Fall des INA111, alleine verstärkt.
Teilbild 12.1 illustriert den Gegentaktbetrieb, wobei Stufe 1 mit einer
Verstärkung von 200 arbeitet. Die Verstärkung ergibt sich aus dem
Quotienten aus zwei mal R2 geteilt durch R1, wie die Formel unter der
Tabelle zeigt. Bei so hohen Verstärkungen kann man "1+" in der Formel
getrost vernachlässigen, weil der Rechenfehler sehr klein ist. Zeile 1
in der Tabelle zeigt eine differenzielle symmetrische Eingangsspannung
von 20 mV (+10 mV und -10 mV). Aus der Verstärkung der Stufe 1
resultiert eine differenzielle und symmetrische Ausgangsspannung
zwischen +Ue' und -Ue' von 4 V. Da Stufe 2 mit einem Faktor von 1
verstärkt, resultiert an Ua eine asymmetrische Ausgangsspannung von
ebenfalls 4 V.
Die Zeilen 2 bis 4 zeigen weitere Beispiele, wobei ein interessanter
Effekt auffällt. Selbst dann, wenn die Eingangsspannung stark
asymmetrisch ist (Zeile 2: +10 mV und 0 mV), ist das Resultat an ±Ue'
mit ±1 V trotzdem symmetrisch. Allerdings gilt das nur für die
relativ grobe Betrachtung und bei relativ hoher Verstärkung, aber das
genügt auch meist in der Praxis. Tatsächlich ist es so, dass -Ue' um 10
mV positiver ist als +Ue'. Was sich zwischen Zeile 1 und Zeile 2
signifikant ändert, ist die differenzielle Ausgangsspannung der Stufe 1,
reduziert auf den halben Wert von 2 V, weil eingangsseitig ebenfalls nur
die halbe differenzielle Spannung von 10 mV anliegt. Darauf kommt es an.
Wenn die Verstärkung der Stufe 1 niedrig ist, wirkt sich eine Asymmetrie
der differenziellen Eingangsspannung relativ zur Asymmetrie der
differenziellen Ausgangsspannung stärker aus. Das ist im
Elektronik-Minikurs
Echter Differenzverstärker III
ab Kapitel "Teil 1: Die Eingangsstufe" thematisiert.
Teilbild 12.2 illustriert den Gleichtaktbetrieb, wobei Stufe 1 ebenfalls
mit einer Verstärkung von 200 arbeitet. Alle vier Zeilen in der Tabelle
zeigen Gleichtaktspannungen und alle haben zur Folge, dass die Stufe 1
anstelle der Verstärkung von 200 nur mit 1 arbeitet. Das kommt davon,
dass nicht nur die virtuellen Eingangsspannungen identisch sind mit den
echten Eingangsspannungen, auch diese untereinander sind sich gleich. Es
gilt: -Ue = -UeV, +Ue = +UeV und -Ue = +Ue. Das bedeutet, dass an R1
keine Spannung anliegt und deshalb durch R1 auch kein Strom fliessen
kann. Das kommt auf dasselbe heraus, wie wenn im Gleichtaktbetrieb R1
fehlt. Deshalb ist R1 punktiert gezeichnet.
So ideal ist die Realität auch hier nicht ganz, weil auch noch so
geringe DC-Eingangs-Offsetspannungen/ströme eine gewisse parasitäre
Rolle spielen, die auffallen, wenn die Eingangsspannungen klein sind.
Trotzdem ist diese Wirkung vorhanden und unterstützt die
Gleichtaktunterdrückung, dessen Aufgabe der Stufe 2 zugedacht ist,
erheblich.
Ein paar Worte zu den R3-Widerständen bei der Stufe 2. Die '1' im
Widerstandssymbol deutet an, dass es eng tolerierte Widerstände mit einer
Präzision von maximal ±1 % sein müssen. Wesentlich bessere
Gleichtaktunterdrückung erreicht man allerdings mit dem Ableich von
einem der R3-Widerstände. Anstelle dieses R3-Widerstandes kommt ein
Trimmpotmeter und ein in Serie geschalteter Widerstand zur Anwendung.
Mit einer solchen Kombination grenzt man den Einstellbereich ein und der
Ableich ist leichter. Dabei empfiehlt sich ein hochwertiges
Cermet-Trimmpot
(siehe Wiki unter Schichtpotentiometer)
mit 10 oder 20 Umdrehungen.
Bild 1
mit IC:A3, R9 und TP1 illustriert dies. In integrierten
Instrumentationsverstärkern sind diese Widerstände lasergetrimmt. Das
kostet selbstverständlich seinen Preis.
Es gibt allerdings einen praktischen Grund die Gesamtverstärkung eines
Instrumentationsverstärkers in Stufe 1 und 2 aufzuteilen, wobei es aus
einem bereits beschriebene Grund sinnvoll ist, den grösseren
Verstärkungsanteil auf die Stufe 1 zu setzen. Bleiben wir mit Bild 13
bei der selben Gesamtverstärkung von 200. Teilbild 13.1 zeigt eine
Aufteilung der Verstärkung von 40 (Stufe 1) und 5 (Stufe 2). Die
unterstützende Wirkung der Stufe 1 betreffs Gleichtaktunterdrückung ist
dadurch schwächer. Sinn macht eine solche Aufteilung der
Gesamtverstärkung dann, wenn Stufe 1 wegen unzureichender
Frequenzbandbreite bei Einheitsverstärkung (Unitygain-Bandwidth), für
eine hohe Verstärkung nicht genügt.
Weil dieses Problem genauso einfache Verstärkerschaltungen mit Opamps
betrifft, gilt auch hier die Aufteilung einer Gesamtverstärkung auf zwei
oder mehrere Opamps. Teilbild 13.2 zeigt dies am Beispiel des
Oldy-Opamp
LM741,
der aber noch immer bei Distrelec und Farnell sogar RoHS-konform
problemlos erhältlich ist (Datum: Dezember 2013).
Die einfache Verstärkerschaltung in Teilbild 13.21 erzeugt mit nur einem
741er eine Verstärkung von 1000. Das ist problemlos machbar, wenn eine
Frequenzbandbreite von 1.5 kHz ausreicht. Für den Audiobereich wohl eher
nicht. Da sich in der Bastelkiste noch haufenweise 741er aufhalten, also
los, man baut sich eine zweistufige Verstärkerschaltung (Teilbild 13.22)
und teilt die Gesamtverstärkung in zwei gleich grosse Teile von je einem
Faktor von 31.623 auf. So genau kommt's ja nicht drauf an und wir runden
auf je 32 auf. Die Unity-Gain-Bandbreite (UGBW) des LM741 beträgt 1.5
MHz. Dividiert durch die Verstärkung von 32, gibt das eine
Frequenzbandbreite von 47 kHz bei einer Dämpfung von 3 dB. Da sich die
selbe Dämpfung beider Teilschaltungen addieren, beträgt die Dämpfung der
ganzen Schaltung 6 dB bei 47 kHz. Bei der üblich definierten
3dB-Bandbreite, beträgt diese immerhin etwa 30 kHz. Das ist 20 mal mehr
als die Schaltung in Teilbild 13.21. Mehr als ausreichend für
Audioanwendungen.
Etwas mehr zu diesem Thema in einem andern Elektronik-Minikurs, wobei es
geht dort um die Kombination von zwei Opampverstärkerstufen, die beide
je auch noch eine einfache Tiefpassfilterfunktion haben. Wie diese
beiden Teilfilter zusammenwirken wird dort erklärt. Der einzige
Unterschied zwischen der Schaltung dort und der hier liegt darin, dass
die Funktion der Tiefpassfilterung hier systembedingt ist
(Unity-Gain-Bandbreite) und dort ganz bewusst als Zusatz in der
Verstärkerschaltung zum Einsatz kommt. Der langen Rede kurzer Sinn, hier
ist der Link:
- Rauschdämpfung mit Tiefpassfilter (siehe Kapitel: "Filter gleich im Verstärker implementiert"
ACHTUNG! Diese Verstärkerschaltungen in Teilbild 13.2 dienen alleine als
Beispiel für die Erklärung der Verstärkeraufteilung. Baut man einen
Niederfrequenz-Verstärker (Audioverstärker), ist es unbedingt ratsam
zuerst weitere wichtige Überlegungen anzustellen, wie Signalquelle,
Eingangsempfindlichkeit, Rauschen von Quelle und Verstärker,
Ausgangspegel, Slewrate, DC-Offset (AC-Entkopplung = ?), Single- oder
Dual-Supply, usw. Einfach nur so nachbauen geht nicht! All diese Themen
würden hier den Rahmen dieses Minikurses sprengen. Es gibt aber andere
Elektronik-Minikurse die sich teilweise mit diesen Inhalten
auseinandersetzen:
Zum Schluss wieder zurück zum Instrumentationsverstärker. Der ganz grosse praktische Vorteil, wenn man Stufe 1 mit dem Löwenanteil der Gesamtverstärkung beschäftigt, liegt darin, dass man mit einem einzigen Widerstand R1 die Gesamtverstärkung definieren oder auch variabel ändern kann, ohne dass man auch noch auf die Gleichtaktunterdrückung achten muss. Ändert man die Verstärkung der Stufe 2, geht das immer nur mit zwei Widerständen. Entweder mit den beiden R3 oder mit den beiden R4. Bild 14 zeigt, welchen Nachteil sich ergibt, wenn R1 nicht beide Opamps der Stufe 1 "bedient":
Teilbild 14.1 wiederholt mit dem Unterschied Teilbild 12.1, dass die
Tabelle rechts an je nur zwei Beispielen Gegen- (GET) und Gleichtakt
(GLT) zusammenfasst. Bisher wurde gezeigt, wie nachteilig es sich für
die Unterdrückung der Gleichtaktspannung auswirken kann, wenn die hohe
Verstärkung Stufe 2 übernehmen muss. Den selben Nachteil muss man in
Kauf nehmen, wenn die Stufe 1 so realisiert wird, wie es Teilbild 14.2
zeigt, obwohl Stufe 1 den hohen Anteil der Verstärkung übernimmt. Hier
ist R1 aufgeteilt in zwei Widerstände R1a und R1b und jeder bezieht sich
auf GND. Auf diese Weise arbeiten beide Verstärkerschaltungen in Stufe 1
getrennt. Weil es den spannungs- und stromlosen Zustand durch R1a und
R1b nicht geben kann, verstärken die beiden Opamps IC:A1,A2 bei
Gegentakt mit der selben hohen Verstärkung wie bei Gleichtakt. Das
zeigen die Zeilen 3 und 4 in der Tabelle im Vergleich mit den selben
Zeilen in der Tabelle von Teilbild 14.1. +Ue' und -Ue' sind hoffnungslos
übersteuert und dies bei einer Eingangsspannung ab etwa 0.1 V. Darum,
bei relativ hoher Gleichtaktstörspannung kann diese Schaltung nicht mehr
korrekt arbeiten. Oder anders formuliert: Der Gleichtakt-Dynamik sind
enge Grenzen gesetzt, wie dies für Teilbild 13.1 ähnlich zutrifft, wenn
auch aus der nicht selben Ursache.
Wie kommt man überhaupt auf diese Idee, IC:A1,A2 getrennt zu betreiben?
Zum Beispiel dann, wenn jemand noch keine Erfahrung hat und beginnt mit
einem einfachen Differenzverstärker (Stufe 2). Weil die
Eingangsimpedanzen unsymmetrisch und zu niederohmig sind und deshalb
Probleme auftauchen, erweitert man Stufe 2 mit IC:A1,A2 als
Impedanzwandler (Stufe 1). Wunderbar, es funktioniert. Dann stellt man
fest, dass man auch noch verstärken will und baut sich wegen Unkenntnis
der Gesamtzusammenhänge aus den Impedanzwandlern mit Verstärkung 1
einzelne getrennt arbeitende Verstärkerstufen, wie eben Teilbild 14.2
(Stufe 1) zeigt, und der Ärger fängt dann erst richtig an, wenn in einem
Messaufbau etwas zu hohe Gleichtaktspannungen ihr Unwesen treiben...
8-KANAL-EMG-MESSANLAGE
Es wurde mir erlaubt, die Inhalte dieses Projektes auch andern Interessenten zukommen zu lassen, welche an der praktischen Elektromyographie-Elektronik interessiert sind. Sei es für die persönliche Weiterbildung, für einen Schulungszweck oder für eine Forschungstätigkeit. Oder auch nur aus Interesse an der elektronischen Schaltungstechnik dieser Art. Was betreffs Gebrauch dieser Schaltungen erlaubt ist und was nicht, liest man ausführlich im Informations-File read_first.txt in EMG8DOKU_PDF.ZIP!
Bild 15 ist das Blockschema einer bestehenden achtkanaligen
EMG-Messanlage, die seit mehr als 20 Jahren regel- und unregelmässig im
Einsatz ist. Ganz links der achtkanalige EMG-Vorverstärker. Angedeutet
sind die Abschirm-Treiber (Active-Guard-Drive), die notwendig sind für
die intramuskuläre EMG-Messung. Dieses Gerät ist relativ klein und
handlich mit dem Anschluss von maximal acht Elektrodenkabeln. Dieses
Gerät trägt der Patient oder der Proband in seiner Nähe. Danach folgen
der achtkanalige Isolationsverstärker und das Hauptgerät mit den einzeln
einstellbaren Verstärkern, die Antialiasing-Tiefpassfilter, die
50-Hz-Notchfilter in SC-Technologie, und die aktiven Hochpassfilter.
Dass der achtkanalige Isolationsverstärker in einem separaten Gehäuse
ist, dazu gibt es keinen elektronischen Grund. Das hat sich so ergeben
aus der historischen Entwicklung von einer vier- zu einer achkanaligen
Anlage. Die einzelnen Schaltungen dieser Anlage kann man auch für ganz
andere Anwendungen einsetzen. In diesem Fall dienen diese Schaltungen
auch als Ideenlieferanten. Wenn man die Messanlage in zwei statt drei
Geräten unterbringen will, dann sollte man den Isolationsverstärker in
das Hauptgerät integrieren, damit der Vorverstärker ohne eigenes
Netzteil betrieben werden kann. Ob dies ein konventionelles mit Trafo,
Gleichrichtung und linearer Spannungsregelung oder ein geschaltetes
Netzteil ist, in beiden Fällen hätte man Störsignalprobleme.
Ein temporärer Wermutstropfen zum Isolationsverstärker: Es gibt
den teuren ISO121 nicht mehr. Festgestellt habe ich dies Ende 2012 oder
Anfangs 2013. Es gibt neu, seit Februar 2013, eine alternative Lösung
mit dem Optokoppler HCNR200 von der Firma AVAGO. Dieser HCNR200 ist sehr
viel billiger als der ISO121, aber man muss einiges an zusätzlicher
Elektronik selbst bauen. Mit dem folgenden Elektronik-Minikurs kann man
sich die Entwicklungsarbeit sparen, ausser man will etwas Spezielles
realisieren. In diesem Fall kann die vorgeschlagene Schaltung noch nach
den eigenen Bedürfnissen angepasst oder/und ergänzt werden. Bild 16
zeigt kurz wie dieser lineare Optokoppler HCNR200 beschaltet ist:
NACHTRAG: Neuerdings gibt es den ISO121
für viel Geld wieder. Mehr dazu hier bei
Texas Instruments
und
Digikey (Stichdatum: März 2014).
Für Einzelanfertigungen oder für sehr niedrige einmalige Stückzahlen,
mag es sich lohnen, den Selbstbau mit dem HCNR200 zu umgehen. Man weiss
aber nie wann es wieder soweit ist, dass die ISO121-Produktion ein
weiteres Mal eingestellt wird. Der HCNR200 ist universeller einsetzbar,
deshalb hat dieses preiswertere IC eine wahrscheinlich bessere
längerfristige Überlebenschance.
Wunsch zum Nachbau...
Falls der Wunsch eines Nachbaus oder Teilnachbaus dieses EMG-Projektes
besteht, oder einfach das Interesse an elektronischer Schaltungstechnik
dieser Art im Vordergrund steht, kann man bei mir
EMG8DOKU_PDF.ZIP via
E-Mail bestellen.
Dieses ZIP-File besteht aus allen Schemata in einem BILDER-Ordner, aus
dem Doku-File emgisi8k.pdf, aus dem Info-File
read_first.txt.
Voraussetzung: Ich antworte nicht auf anonyme EMails. Ich
erwarte Echtnamen. Ich wünsche mir auch einen kurzen Dialog um zu
erfahren, worin das Interesse an diesen Schaltungen besteht. Hat es mit
Elektromyographie zu tun, interessieren mich ganz einfach auch wenig die
Hintergründe, z.B. betreffs Forschung oder/und Unterricht.
Kommerziell dürfen diese Schaltungen nicht genutzt
werden!
Das Erste und das Wichtigste: Nach dem Entpacken des File
EMG8DOKU_PDF.ZIP muss man das Informations-File
read_first.txt
exakt durchlesen, weil damit bereits gewisse Fragen beantwortet sind und
nicht wiederholt gestellt werden müssen. Zusätzliche Fragen, beantworte
ich gerne. Betrifft dies Schaltungen oder Teile daraus, ist es
notwendig, dass man mir Quelle (Filenamen), Schaltbild, Bauteilenummer
und zugehöriger Text nennt. Es wird auch ein wichtiger Sicherheitsaspekt
thematisiert. Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass
ich keine Verantwortung dafür übernehme, wenn irgend etwas nicht
funktioniert, schiefgeht oder/und jemand einen Unfall baut.
Man muss selbst wissen, ob das eigene Wissen über
Elektrotechnik/Elektronik ausreicht, um die Schaltungen nachzubauen und
einzusetzen!
Der Inhalt dieser Betriebsanleitung eignet sich nicht als
Bausatzbeschreibung! Sie ist keine Bauanleitung!