Die komplementäre Darlington-Schaltung
(Sziklai-Connections)
Einleitung
Dieser Elektronik-Minikurs erweitert die Erklärungen zum Darlington-Transistor im Kapitel Schaltungstechnik von Patrick Schnabel. Warum erfolgt dieser Grundkurs eigentlich in diesem Kapitel und nicht im Kapitel Bauteile? Ganz einfach, es gibt zwar käufliche integrierte Darlingtons, man kann sie aber ebenso individuell selbst aus zwei Einzeltransistoren realisieren. Bei diesem Elektronik-Minikurs ist es noch eindeutiger, weil es nämlich integrierte komplementäre Darlingtons als Bauteil nicht oder kaum gibt. Man muss den komplementären Darlington selbst aus einem NPN- und einem PNP-Transistor realisieren. Dies ist aber ebenso leicht, wie wenn man eine herkömmliche Darlington-Schaltung diskret realisiert. Allerdings hat die komplementäre Darlington-Schaltung den entscheidenden Vorteil, dass sie mit geringerem Spannungsabfall und niedriger Verlustleistung arbeiten kann. Aus diesem Grund gibt es diesen Elektronik-Minikurs. Auf die Emitterfolgerschaltung (Kollektorschaltung), die wichtiges Bestandteil vieler linearer Netzteile ist, wird hier besonders differenziert eingegangen.
Komplementär-Darlington in der PNP- und NPN-Version
Die Erläuterungen zu den Teilbildern 1.1 und 1.2 gehen nicht mehr in die selben Details ein wie die welche in Patrick Schnabels Darlington-Transistor bereits beschrieben sind. Anstelle des Elektronenflusses soll hier nur der konventionelle Stromfluss gezeigt werden, der stets von Plus nach Minus fliesst. Es wird gezeigt wie diese komplementäre Methode, die auch als Sziklai-Paar bezeichnet wird, funktioniert. Wir befassen uns mit den Stromstärkenverhältnissen und die auftretenden Spannungen. Um das prinzipielle Funktionsprinzip auf Anhieb zu verstehen, ist jeweils rechts von der Darlingtonstufe eine Ein-Transistorstufe im Vergleich gezeigt, welche verdeutlicht, dass es in Teilbild 1.1 um eine PNP- und in Teilbild 1.2 um eine NPN-Komplementärdarlingtonstufe, jeweils in Emitterschaltung, handelt.
PNP- und die NPN-Komplementärdarlingtonstufe
Die PNP-Komplementärdarlingtonstufe (Teilbild 1.1)
Im Hauptstrompfad erkennt man den NPN-Transistor T1 mit dem durch R1
(Lastwiderstand) fliessenden Kollektorstrom Ic. Ic ist nicht der
Kollektorstrom von T1, sondern funktionell von der ganzen
Komplementärdarlingtonstufe, wie dies Teilbild 1.1b symbolisch zeigt.
Gesteuert wird Ic, Ie1, Ic1 und Ie vom Basisstrom Ib1, der beinahe
identisch ist mit dem Kollektorstrom Ic2 von T2. Fast, weil R2 auch noch
etwas vom Kollektorstrom Ic2 des T2 beansprucht. Für langsame
Schaltfunktionen, wie z.B. zur Steuerung einer Lampe, ist R2 nicht
unbedingt nötig. Bei höheren Schaltgeschwindigkeiten, auch schon im
kHz-Bereich, sollte man R2 einsetzen, weil er viel zur
Schaltgeschwindigkeit beiträgt. Man braucht sich nur vorzustellen, was
geschieht wenn T2 plötzlich öffnet und die Basis von T1 dann offen im
"Freien" ohne Potientialbezug hängt. Es dauert unnötig lange bis die
Ladungsträger von T1 ausgeräumt sind. R2 reduziert diese Zeit. R2 kann
dabei so gross gewählt werden, dass der Strom durch ihn etwa 10 bis 20
mal kleiner ist als der Basisstrom Ib1 in T1. Bei niedrigen
Schaltgeschwindigkeiten darf diese Verhältniszahl auch grösser gewählt
werden. Dann geht es hauptsächlich darum, dass die T1-Basis nie ohne
Potenzialbezug ist.
Wie berechnet man R2? R2 liegt stets an der
Basis-Emitter-Schwellenspannung von T1 und diese hat einen konstanten
Wert von meist etwa 0.65 V bei sehr kleinen Basisströmen. Bei einem
relativ hohen Basisstrom kann dieser Wert jedoch durchaus 0.8 V oder
mehr erreichen. Nehmen wir an, wir haben es mit T1 mit einem
Leistungstransistor zu tun der einen Kollektorstrom Ic = 3A liefert und
die T1-Stromverstärkung ß1 beträgt 40, dann hat Ib1 einen Wert von 75 mA
und das ist bereits ein relativ grosser Basisstrom. Wir wählen einen
Strom durch R2, der etwa 1/10 von Ib1 entspricht. Dies wären also 7.5
mA. Daraus resultiert ein R2-Wert von 107 Ohm. Wir runden ab zu 100 Ohm.
Dieser Strom durch R2 bleibt etwa konstant, denn die
Basis-Emitter-Schwellenspannung von T1 ist dies in groben Zügen auch.
Formel zur Berechnung von R2:
R2 = UBE(T1) /
IR2
T2 ist ein PNP-Transistor. Dieser Transistor bestimmt, dass die
Schaltung als Ganzes PNP-Charakteristik hat. Ebenfalls symbolisch
angedeutet wird dies in Teilbild 1.1b. Es ist die typische
PNP-Emitterschaltung. Bitte nicht verwechseln mit der
Emitterfolgerschaltung! Wenn die Basis von T2 offen ist oder das
Potential der positiven Betriebsspannung +Ub hat, sperrt T2. Es fliesst
kein Ib2, kein Ic2 und somit auch kein Ib1, Ic1, Ie1, Ie und Ic. Die
Basis von T1 hat durch R2 T1-Emitterpotenzial. Die komplementäre
Darlingtonstufe befindet sich im offenen, stromlosen Zustand. Die
Spannung über dem Lastwiderstand R1 ist 0 V.
Wird die Basis von T2 über den Strombegrenzungswiderstand R3 mit einer
Spannung verbunden, welche niedriger ist als +Ub minus die
Basis-Emitter-Schwellenspannung von T2, fliesst ein durch R3 begrenzter
Strom. Dies ist der Basisstrom Ib2. R3 ist hier zwar mit GND verbunden,
dies muss aber keineswegs so sein. T2 verstärkt Ib2 mit seinem
Stromverstärkungsfaktor ß2. Der daraus resultierende Kollektorstrom Ic2
fliesst zur Hauptsache in die Basis von T1. T1 verstärkt mit ß1 Ib1 und
es resultieren Ic1 und Ie1. Ie1, und somit auch Ic, sind um den Wert von
Ib1 ein klein wenig höher als Ic1 und Ie. Und wenn man es genauer nehmen
will, Ie ist um den winzig kleinen Betrag von Ib2 höher als Ic. Die
Spannung über R1 (Lastwiderstand) ist das Produkt aus R1 und dem
Darlington-Kollektorstrom Ic.
Die minimale Spannung über der gesamten Komplementärdarlingtonstufe -
also zwischen dem Darlington-Emitter und dem Darlington-Kollektor - ist
beinahe halb so gross wie die der "normalen" Darlingtonstufe.
Verantwortlich für diesen geringeren Spannungsabfall ist T2, der so
geschaltet ist, dass er bei genügend hohem Basisstrom Ib2 in die
Sättigung gesteuert wird. Die minimale Kollektor-Emitter-Spannung von T2
kann weit weiniger als 0.1 V betragen. Es gibt aber auch hier nichts
umsonst, denn eine zu starke Sättigung von T2 reduziert dessen
Stromverstärkung, und damit die Stromverstärkung der gesamten Schaltung.
Die minimale Sättigungsspannung der gesamten Darlingtonstufe ergibt sich
somit aus der Kollektor-Emitter-Sättigungsspannung von T2 plus der
Basis-Emitter-Schwellenspannung von T1. Kleiner als die
Basis-Emitter-Schwellenspannung von T1 kann die minimale Spannung über
der Darlingtonstufe nie sein, denn ein Kurzschluss zwischen Kollektor
und Basis an T1 erzeugt aus T1 die Funktion einer Diode. Dieser
Kurzschluss ist dann der Fall, wenn die Kollektor-Emitter-Spannung von
T2 praktisch 0 V hat. Dies ist ein Detail das im folgenden
Elektronik-Minikurs beschrieben ist, wo ein Vergleich zwischen einer
Darlingtonstufe und einer MOSFET-Schaltung thematisiert wird. Man
beachte dort Bild 2 und den zugehörigen Text:
Ein paar Worte zu den Stromverstärkungsfaktoren ß1 und ß2. Diese können
stark variieren. Im nichtgesättigten Zustand, also dann wenn die
Kollektor-Emitterspannungen von T1 und T2 einige wenige Volt betragen,
können die Werte von ß1 und ß2 sehr gross sein. T1 als "Arbeitspferd"
kann dann leicht einen Wert von 50 und mehr, T2 sogar weit mehr als 100
haben. Der gesamte Stromverstärkungsfaktor, also das Produkt aus ß2 und
ß1, hat dann einen Wert von 5000 oder auch weit mehr al 10'000. Ein
ausgangsseitiger Kollektorstrom Ic von 5A erfordert dann einen
Basisstrom Ib2 von 1 mA oder auch viel weniger.
Wenn T1 und T2 allerdings beinahe gesättigt sind, also die
Kollektor-Emitter-Spannung von T1 fast gleich niedrig ist wie seine
Basis-Emitter-Schwellenspannung, ist sein Stromverstärkungsfaktor
signifikant niedriger. Dieser kann sogar unter 20 fallen. Der gesamte
Stromverstärkungsfaktor (ß1*ß2) kann im Extremfall einen Wert von nur
noch wenigen 100 haben. Dies ist besonders dann der Fall, wenn eine
solche Darlingtonstufe als Hochstromschalter verwendet wird. Daher
empfiehlt es sich in solchen Fällen zu überlegen, ob man nicht besser
auf einen IGBT ausweicht, der eingangssetig aus einem MOSFET und
ausgangsseitig aus einem bipolaren Leistungstransistor besteht. Oder man
benutzt einen modernen Power-P-Kanal-MOSFET. Dies nur nebenbei
angedeutet.
NPN-Komplementärdarlingtonstufe (Teilbild 1.2)
Im Hauptstrompfad erkennt man den PNP-Transistor T1 mit dem durch R1 (Lastwiderstand) fliessenden resultierenden Darlington-Kollektorstrom Ic. Es ist wiederum T2 welcher den Charakter der ganzen Schaltung bestimmt. Es ist also eine NPN-Komplementärdarlingtonstufe. Die restliche Beschreibung kann man mit kleinen Abweichungen aus der zu Teilbild 1.1a ableiten. Die Unterschiede ergeben sich dadaurch, dass T2 hier durch die positive Spannung über R3 gesteuert wird, wie dies in einer NPN-Emitterschaltungsstufe (Teilbild 1.2b) üblich ist. Es gilt, dass an R3 eine Spannung genügt, die etwas höher ist als die Basis-Emitter-Schwellenspannung von T2 über dem GND-Pegel. R3 muss keineswegs an +Ub angeschlossen sein. Die Kriterien der Stromverstärkungsfaktoren und minimalen Kollektor-Emitter-Spannungswerten des Haupt- oder Leistungstransistors, dem eigentlichen Vorteil des komplementären Darlingtons, sind die selben wie bei der PNP-Darlingtonstufe in Teilbild 1.1a.
Kollektorschaltung mit dem "normalen" Darlington
Bis jetzt ging es in Bild 1 um die Emitterschaltung. Es wäre
unvollständig, würde nicht auch die Kollektorschaltung thematisiert, die
schliesslich die häufigste Schaltung des Leistungtransistors und des
Leistung-Darlingtons in linearen Netzteilen ist. Man nennt diese
Schaltung auch Emitterfolger, weil sie sich dadurch kennzeichnet, dass
ihre Spannungsverstärkung immer knapp 1 und der Eingangswiderstand an
der Basis relativ hochohmig ist. Es wird einfachheitshalber nur auf die
NPN-Schaltungsmethode der beiden Darlingtonschaltungen (Bilder 2 und 3)
eingegangen. Die PNP-Schaltungsmethode kann man sich auf Grund von Bild
1 leicht selbst ausdenken.
Es folgen in den Bildern 2 und 3 je ein kleines nachvollziehbares
Experiment mit handelsüblichen kleinen Transistoren und einer roten LED.
In Bild 2 geht es um die "normale" und in Bild 3 um die komplementäre
Darlingtonschaltung. Ich empfehle diese Experimente in einer realen
Testschaltung selbst zu untersuchen, auszumessen, kennen zu lernen und
zu erleben. Ein Quasi-Nachvollziehen mittels eines Simulationsprogrammes
hat bezüglich persönlicher Erfahrung im Umgang mit Elektronik einen
niedrigeren Stellenwert. Es empfiehlt sich zum Thema Simulation das
Vorwort zu meinen Elektronik-Minikursen
Simulieren und Experimentieren
zu lesen. Damit man den Text leichter versteht, ist es wichtig, dass man
die Schemata in den Bildern 2 und 3 mit den vielen Spannungs- und
Stromangaben genau beachtet und beim Lesen miteinbezieht! Anstelle des
NPN-Transistors BC109C kann man auch andere Klein-Transistoren (BC547C,
BC549C, BC550C) und an Stelle des PNP-Transistors BC178 (BC237, BC556A,
BC214) mit ähnlich hohen Stromverstärkungsfaktoren wählen. Gewisse Werte
weichen dann von denen des hier beschriebenen Experimentes leicht ab.
Die charakteristischen Merkmale bleiben jedoch die selben.
Teilbild 2.1 zeigt die "normale" Darlingtonschaltung mit zwei
NPN-Transistoren. Diese Schaltung ist leicht zu verstehen. In diesem
Versuch ist die Basis von T2 über Rb mit dem Potenzial der Kollektoren
von T2 und T1 und mit +Ub verbunden, die hier eine Spannung von +15 V
hat. Die Basis-Emitter-Schwellenspannung von T2 liegt wegen dem sehr
niedrigen Basisstrom Ib von nur 70 nA unter dem sonst so typischen Wert
von etwa 0.65 V auf nur 0.55V. Daran sieht man wie fliessend der Übergang
zwischen dem nichtleitenden in den leitenden Zustand eines Transistors
ist. Allerdings viel weiter hinunter geht der Basisstrom nicht mehr,
sodass man von einem praktisch sperrenden Transistor, kein Basis- und
kein Kollektorstrom, sprechen kann. Dieser Zustand dürfte bei einer
Basis-Emitter-Spannung von etwa 0.4 V oder 0.3 V erreicht sein.
Der Darlington-Emitterstrom Ie beträgt etwa 12 mA. Dieser Wert ergibt
sich durch 15V minus 1.3V minus 1.8V (LED-Spannung) dividiert durch R1.
Abgesehen von dem extrem niedrigen Basisstrom von 70 nA, fliesst der
selbe Strom auch als Darlington-Kollektorstrom Ic. Das ist zwar noch
immer ein kleiner Kollektorstrom für einen Leistungstransistor, wir
verwenden in dieser Versuchsschaltung jedoch für beide Transistoren
solche für niedrige maximale Kollektorströme von 100 mA. Da wirken sich
diese 12 mA bereits mit einer höheren Basis-Emitter-Schwellenspannung
von 0.75 V aus. Deshalb gibt es in T1 und T2 zwei so unterschiedliche
Basis-Emitter-Schwellenspannungen.
Das eigentliche Experiment besteht darin, dass man mit dem
Basiswiderstand Rb spielt und dabei die Spannungen
UCE(T1), UCE(T2),
UBE(T1), UBE(T2) und die
Ströme Ic, Ie und Ib misst. Was wird einem dabei auffallen? Es fällt
auf, dass man Rb zwischen 0 Ohm und 1 M-Ohm varrieren kann und
UBE(T2) bleibt praktisch auf dem Wert von 0.55 V
und UCE(T2) ändert sich nur gering von 0.55 V bis
0.62 V. Wie erklärt sich das? Auf Grund der sehr hohen
Stromverstärkung von 170'000 fliesst ein Basisstrom Ib von bloss 70 nA
bei Ie = 12 mA. Selbst bei Rb = 1 M-Ohm erzeugen diese 70 nA über Rb
bloss einen Spannungsabfall von 70 mV. Diese Spannung addiert sich zu den
0.55 V von UBE(T2) und daraus wird
UCE(T2) = 0.62 V. Die Stromverstärkung von T2
ändert sich bei dieser geringen Änderung der Kollektor-Emitter-Spannung
von T2 nur sehr gering und so bleibt es bei diesen etwa 170'000. Dieser
Wert wird viel eher durch Exemplarstreuungen der Transistoren
signifikant über- oder unterschritten. Dies muss man beim
Experimentieren, besonders mit andern Transistortypen, unbedingt
berücksichtigen! Dieser geringe Einfluss von Rb zwischen 0 Ohm und 1
M-Ohm wirkt sich ebenso gering auf UCE(T1), die
die Dropoutspannung über dem Darlington ist, aus. Sie ändert sich
bloss zwischen 1.3 V und 1.37 V, ebenfalls um nur 70 mV, denn wie
schon weiter oben angedeutet, beträgt die Spannungsverstärkung des
Darlington beinahe einen Faktor 1.
Es ist jetzt noch nicht klar, warum die Stromverstärkung generell so
hoch ist. Das hat ganz einfach damit zu tun, dass der Nachteil der
doppelten Basis-Emitter-Schwellenspannung, die die höheren
Spannungswerte zwischen den Kollektoren und Emittern von T1 und T2 zur
Folge haben, höhere Stromverstärkungen verursachen.
Wenn man Rb jedoch an eine höhere Spannung als +Ub anschliesst, kann man
mit einem genügend niederohmigen Widerstand Rb den T2-Basisstrom so hoch
treiben, dass UCE(T2) sehr niedrig wird, und dies
bis in den 10-mV-Bereich, falls dies auch nötig ist. Dieses
Schaltungsprinzip kommt im Elektronik-Minikurs
Renovation eines
"Steinzeit"-Netzgerätes
zur Anwendung. Mit diesem Trick sinkt die T2-Stromverstärkung jedoch
massiv. Anstelle des Höherlegens der Spannung zu Rb, kann man ebenso von
einer externen Stromquelle direkt in die T2-Basis den selben
(unerwünschten) Sättigungseffekt erreichen. Mit diesem Sättigungseffekt
an T2 sinkt auch UCE(T1) entsprechend. Ob man
diesen Zustand will oder nicht, kommt ganz auf die Anwendung an. Es gibt
noch einen Kompromiss, in dem Ib maximal so knapp gehalten wird, dass
UCE(T2) niemals niedriger als etwa 0.1 V wird. Man
erreicht damit ähnlich gute Eigenschaften wie mit der komplementären
Darlingtonschaltung, wie wir noch sehen werden, jedoch hier mit dem
Nachteil einer zusätzlich zu +Ub höheren Betriebsspannung. Ohne diese
höhere Zusatzspannung funktioniert es hier nicht.
Teilbild 2.2 zeigt das Symbol der NPN-Darlingtonschaltung.
Kollektorschaltung mit komplementärem Darlington
Teilbild 3.1 zeigt die komplementäre Darlingtonschaltung mit einem NPN-
(T2) und mit einem PNP-Transistor (T1). Wie schon zu Bild 1 erwähnt,
bestimmt der eingangsseitige Transistor, also T2, die Charakteristik der
Darlingtonstufe. Es ist also eine komplementäre NPN-Darlingtonstufe. Wir
betrachten hier vor allem die Spannungen und ich bitte beim Weiterlesen des
Textes Teilbild 3.1 mit den Zahlenwerten und der Tabelle unten links genau
zu beachten.
Wir beginnen mit einem Rb-Widerstandswert von 0 Ohm. Das bedeutet, dass
der Emitter von T1, der an +Ub angeschlossen ist, direkt mit der Basis
von T2 verbunden ist. Was bei der "normalen" Darlingtonschaltung
selbstverständlich erlaubt ist, ist hier total verboten! Wenn man im
Testaufbau diese Schaltungskonfiguration ausmisst, d.h. man misst an Rb
mit einem ganz niedrigen Ohmwert von nur 1 Ohm die Spannung über Rb um
den Strom Ib zu errechnen, stellt man fest, dass der
Stromverstärkungsfaktor der gesamten Darlingtonschaltung nur einen
Wert von 7 hat. Das bedeutet, T2 wäre bezüglich Kollektorstrom
praktisch genau so belastet wie T1 und das ist in der Realität
unzulässig, weil ein solcher Darlington ganz einfach nicht funktionieren
kann. T2 würde, weil er in der Regel schwächer ist als T1, kaputt gehen.
Selbst dann wenn Rb in diesem Beispiel 4.7 k-Ohm hätte, wäre die
Stromverstärkung des Darlington mit etwa 300 noch immer viel zu
niedrig. Dies kommt ganz einfach davon, weil T2, mit
UCE(T2) = 20 mV, noch immer viel zu stark gesättigt
ist. Das kommt davon, weil der Basisstrom Ib in Relation zu Ie,
verglichen an der möglichen Gesamtstromverstärkung noch immer viel zu
hoch ist. Erst wenn Rb mindestens einen Wert von 100 k-Ohm hat und dabei
Ib etwa 3 µA unterschreitet, kommt diese komplementäre
Darlingtonschaltung in den Bereich einer Stromverstärkung die der
Bezeichnung Darlington würdig ist. Noch besser sieht es aus, wenn Rb
einen Wert von 300 k-Ohm hat und dadurch Ib bei 1 µA liegt. Dann liegt
die Stromverstärkung sicher über 10'000 und bei 1 M-Ohm und 0.4 µA
werden sogar mehr als 30'000 erreicht, wobei
UCE(T2) nur 160 mV hat.
Erinnern wir uns an Teilbild 2.1 wo mit einem Basisstrom von etwa 70
nA eine Verstärkung von 170'000 erreicht wird. Diese Grössenordnung
ist auch hier möglich, wenn man Rb weiter erhöht und dadurch Ib weiter
reduziert. Allerdings mit dem Nachteil, dass
U
Welchen Vorteil hat also diese komplementäre Darlingtonschaltung? Man
kann ohne zusätzliche externe Spannung, den T2-Basisstrom so definieren,
dass UCE(T2) etwa 150 mV beträgt und so die
Stromverstärkung der gesamten Darlingtonschaltung ausreichend hoch und
T2 nur schwach gesättigt ist. Eine schwache Sättigung bedeutet eine
relativ rasche Reaktionsfähigkeit des Darlingtons auf schnelle
Stromänderungen. Dann aber unbedingt daran denken zwischen Basis und
Emitter von T1 einen Widerstand zu schalten. Der Grund dafür ist bereits
weiter oben beschrieben (Bild 1).
An Teilbild 3.2 wollen wir jetzt verstehen warum die Verstärkung der
gesamten Darlingtonschaltung extrem niedrig werden muss, wenn Rb einen
Wert von (fast) 0 Ohm hat, also der Emitter von T1 mit der Basis von T2
kurzgeschlossen ist. Wenn diese Darlingtonschaltung mit einem Strom
belastet wird - hier auch wieder mit dem Beispiel von 12.5 mA -, fliesst
erst einmal dieser volle Strom vom Darlington-Kollektor über die
T2-Basis-Emitter-Strecke zum Darlington-Emitter. Dies erzeugt extrem
kurzzeitig eine hohe T2-Basis-Emitter-Spannung (etwa 0.85 V) und dies
erzeugt wiederum einen hohen T2-Kollektorstrom Ic2 der gleichzeitig der
T1-Basisstrom ist und dieser erzeugt den T1-Kollektorstrom Ic1. Nun ist
es so, dass die Summe von Ic1 und Ic2 nicht grösser sein kann als der
Strom durch die gesamte Darlingtonschaltung. In einem inneren
Regelprozess teilt sich der Strom I sehr schnell mit nur sehr kleinen
Unterschieden in die Teilströme Ic1 und Ic2 auf. Woher weiss man
dies, ohne dass man die Ströme direkt misst? Ganz einfach deshalb, weil
die Basis-Emitter-Schwellenspannungen von T1 und T2 praktisch gleich
hoch sind. Dies ist so, weil die Kollektor-Emitter-Spannung von T2 im
gesättigten Zustand nur gerade etwa 10 mV beträgt. Diese niedrige
Spannung bildet zwischen Kollektor und Basis von T1 praktisch einen
Kurzschluss, was T1 zu einer Diode macht. Deshalb ist die
Kollektor-Emitter-Spannung von T1 gleich gross wie dessen
Basis-Emitter-Schwellenspannung. Fragt sich jetzt noch, woher man weiss,
wie hoch die Stromverstärkung in diesem Sonderfall ist. Ganz einfach,
man setzt in die T2-Basisleitung einen Widerstand Rb von 1 Ohm. Das ist
fast so gut wie ein Kurzschluss, den es fällt an Rb, wie Teilbild 3.1
zeigt, nur eine Spannung von weniger als 2 mV ab. Damit kennt man Ib und
wegen I = 12.5 mA die Stromverstärkung des gesamten Schaltung.
Teilbild 3.3 symbolisiert den komplementären NPN-Darlington.
Praktische Anwendung
Diese besteht in erster Linie aus dem Experimentieren des Gelernten. Es steht dem Leser frei dazu selbst Ideen zu entwickeln. Wobei vollständigkeitshalber noch einmal klargestellt werden muss, dass die Power-MOSFET-Alternative oft die bessere Wahl ist. Dieser Elektronik-Minikurs setzt sich in der praktischen Anwendung eines regelbaren Netzteiles fort:
Der Erfinder des Komplementär-Darlington
Wer ist der Erfinder des komplementären Darlingtons? Ich! Richtig
gelesen, ich habe diesen Transistor-Trick erfunden. Erfunden im Stillen,
weil mich ein Nachteil des "gewöhnlichen" Darlington störte. Ich denke,
so erging damals es vielen Elektronikern und gelangten so zur selben
Lösung. Mangels von leicht zugänglichen Informationsquellen in den
1960/70-er Jahren und noch später, wusste ich schlichtweg nichts davon,
dass der komplementäre Darlington bereits im Jahre 1953 von dem Ungaren
George Clifford Sziklai erfunden und im Jahre 1956 zum Patent angemeldet
wurde.
Hier die Geschichte wie es mir erging...
Dazu der folgende Elektronik-Minikurs:
Dieser Elektronik-Minikurs ist zum Teil historisch. Als Spannungsregler
kommt ein 723-er (z.B. LM723) zum Einsatz, der etwa ähnlich alt ist wie
der NE555 (Timer-IC). Beide ICs wurden im Laufe der 1970er-Jahre schnell
berühmt und es entstanden viele Anwendungen. Meine Schaltung mit einem
LM723 stammt aus dem Jahre 1979. Weil ein lineares Netzteil naturgemäss
einen schlechten Wirkungsgrad hat, habe ich damals alle Möglichkeiten
ausgeschöpft, den Wirkungsgrad so hoch wie möglich zu halten. Dies mit
den damaligen Mitteln die mir zur Verfügung standen. Um ein
Ausgangsstrom im Ampere-Bereich zu realisieren, entwickelte ich die
Methode der komplementären Darlingtonschaltung. Aus der Literatur kannte
ich damals diese Schaltungsart nicht. Ich entdeckte erst viel später,
dass die selbe komplementäre Darlingtonschaltung bereits im Jahre 1953
von George Clifford Sziklai erfunden wurde und nach seinem Erfinder als
Sziklai-Paar bezeichnet worden ist.
Einige Links...
- Darlington-Schaltung / Darlington-Transistor ELKO-Grundlagenkurs
- Wiki: Sziklai-Paar: Der komplementäre Darlington
- Wiki: Sziklai pair Erfinder: George Clifford Sziklai
- The Complementary Sziklai Output mit Foto von Sziklai
- Spannungsregelschaltung mit elektronischer Brummsiebung (Brummunterdrückung)
- Schalten und Steuern mit Transistoren I
Weitere Elektronik-Minikurse mit dem komplementären Darlington: