230-VAC-Netzfrequenzsynchronisation mit
dem CMOS-555-Timer-IC als Schmitt-Trigger
Einleitung
Dieser Elektronik-Minikurs erweitert die vielen Anwendungsbeispiele mit
dem traditionsreichen 555-Timerbaustein. Allerdings kommt auch hier, wie
in allen meinen Elektronik-Minikursen mit dem 555er zum Thema, nur die
moderne CMOS-Version, der LMC555 ursprünglich von
National-Semiconducto und aktuell dieser
LMC555
und der
TlC555
von Texas-Instruments
zum Einsatz.
Es beginnt zunächst mit einer einfachen Komparatorschaltung in Bild 1,
die mittels positiver Rückkopplung eine Hysterese erzeugt. Dies ist die
grundsätzliche Methode eines Schmitt-Triggers, gleichgültig ob ein
integrierter Komparator zum Einsatz kommt, oder ob die Schaltung diskret
mit Transistoren realisiert wird. Bild 2 illustriert als Blockschaltbild
das Innenleben des LMC555 und TLC555, die im Text exakt beschrieben
sind. Diese beiden identischen ICs werden ab hier mit LMC/TLC555
abgekürzt bezeichnet. Die Bilder 3 und 5 zeigen praktische Anwendungen
einer 230-VAC-Netzfrequenzsynchronisation. Bild 4 zeigt was die
Schaltung in Bild 3 nicht kann und warum für eine bestimmte Situation
eine einfache Komparatorschaltung ohne Hysterese im Vorteil ist. Bild 6
zeigt eine alternative Schaltung mit einem HCMOS-Logik-NAND-Gatter, mit
der Funktion eines Schmitt-Triggers. Bild 7 zeigt was man auf garkeinen
Fall bauen darf, also eine perfekte Irrtumsschaltung.
Warum ausgerechnet der LMC/TLC555 zum Zweck der Synchronisation mit der
230-VAC-Netzfrequenz und nicht ganz einfach ein Schmitt-Trigger-IC der
CMOS-Familien MC14xxx (MC14093), CD4xxx (CD4093) oder 74HCxxxx (74HC132)
eingesetzt wird, ist darin begründet, dass gezeigt werden soll, dass man
auch mit dem LMC/TLC555 einen Schmitt-Trigger realisieren kann und
erst noch einen sehr präzisen, wie wir noch sehen werden. Es kommt auch
vor, dass in einer Schaltung gar keine ICs einer der CMOS-Familien zur
Anwendung kommen. Da eignet sich ein LMC/TLC555 mit nur acht Anschlüssen
besser, als ein IC mit vier Logik-NAND-Gatter, bei dem nur eines
gebraucht wird, das IC jedoch Platz mit 14 Anschlüssen einnimmt. Die
Synchronisation mit der 230-VAC-Netzfrequenz ist einfach nur ein
praktisches Beispiel. Es kann ganz andere Gründe geben die
Schmitt-Trigger-Schaltung mit einem LMC/TLC555 einzusetzen, z.B. dort wo
zur Hauptsache die Präzision der Hysterese gefordert wird. Dies ist
hauptsächlich im Bereich der Messtechnik gegeben und dazu gibt es den
speziellen Elektronik-Minikurs
(1).
Schmitt-Trigger mit Komparator
Wird die Schmitt-Trigger-Schaltung in Bild 1 mit +Ub und -Ub
eingeschaltet und Ue liegt zufällig auf GND-Potenzial, entscheidet
weitgehend die stets geringfügig unterschiedliche
Anstiegsgeschwindigkeit von +Ub und -Ub, ob der Ausgang Ua auf den Wert
-Ub oder +Ub kippt. Gehen wir mal davon aus, dass der Ausgang Ua auf -Ub
kippt. In diesem Fall hat Ue' am nichtinvertierenden Eingang, bei der
angegebenen Dimensionierung des Widerstandsverhältnisses von R1/R2 =
10/1, eine negative Spannung im Wert von -Ub/10. Wir gehen hier davon
aus, es ist ein Komparator oder Opamp mit Rail-to-Rail-Ausgang,
dessen Ausgangsspannung Ua die Werte von +Ub und -Ub annimmt,
wenn der Laststrom an Ua nur sehr niedrig ist. Ein solcher Komparator
oder Opamp benötigt Ra als Pullup-Widerstand nicht. Opamps dürfen dann als
Komparatoren eingesetzt, wenn die Frequenz nicht zu hoch ist.
Viele Komparatoren haben Open-Kollektor-, bzw. Open-Drain-Ausgänge. In
diesem Fall muss ein
Pullup-Widerstand (Ra)
zwischen Ausgang Ua und +Ub eingesetzt werden. Ra muss im Verhältnis zu
R1+R2 sehr niederohmig sein, damit die Hysterese nicht zu sehr
asymmetrisch in Bezug auf GND liegt. Dies ergibt sich, weil der
Ausgangswiderstand an Ua bei LOW-Pegel, beinahe -Ub, praktisch 0 Ohm
hat, während bei HIGH-Pegel, beinahe +Ub, ausschliesslich Ra den
Ausgangswiderstand bestimmt. Im vorlegenden Beispiel hat Ra einen Wert
von 1 k-Ohm. Dazu kommt, niederohmige Ra-Widerstände verlangsamen die
Komparatorschaltung nicht unnötig durch parasitäre
Tiefpassfilterwirkung, die durch Ra und einer parasitären Kapazität
(z.B. parallele Leiterbahnen) zustandekommt. Eine Verlangsamung zeigt
sich durch die Reduktion der Steilheit der steigenden Flanke von Ua von
LOW nach HIGH.
R1 und R2 wirken als Spannungsteiler vom Ausgang zum nichtinvertierenden
Eingang. Nun senken wir die Spannung Ue vorsichtig bis zum Betrag von
Ue', also -Ub/10. Unterschreiten wir an Ue diesen Wert auch nur schon um
wenige Millivolt, kippt, bedingt durch die extrem hohe
Leerlaufverstärkung, Ua auf (beinahe) +Ub. Dadurch ändert sich Ue' ebenso
sprunghaft von -Ub/10 auf +Ub/10. Dies beschleunigt den Kippvorgang,
weil die Differenzspannung zwischen Ue und Ue' zusätzlich sprunghaft
zunimmt. Wir haben es also mit einer positiven Rückkopplung, bzw. mit
einer Mitkopplung zu tun.
Nun fahren wir Ue in umgekehrter Richtung langsam hoch nach
+Ub/10, dem jetzigen Spannungswert von Ue'. Überschreiten wir diesen
Wert ebenfalls nur um wenige Millivolt, kippt Ua von +Ub auf -Ub und Ue'
springt erneut auf den Wert von -Ub/10. Die Spannungsdifferenz zwischen
den beiden Werten von +Ub/10 und -Ub/10 an Ue' nennt man Hysterese. Uh
im Diagramm, bedeutet Spannung der Hysterese. Die ganze Übung kann von
Neuem beginnen. Das Diagramm rechts in Bild 1 illustriert die Hystere-
bzw. Schmitt-Trigger-Funktion. Da der invertierende Eingang als
Signaleingang dient, entsteht ein invertierender Schmitt-Trigger. Diese
Funktion wurde hier gewählt, weil der 555er-Schmitt-Trigger ebenfalls
invertierend arbeitet. In diesem Grundlagenkurs zeigt Patrick Schnabel
den
nicht-invertierenden Schmitt-Trigger.
Schneller Komparator entstören mit Hysterese: Damit ist die
Eigenschaft des Schmitt-Triggers hinreichend erklärt. Bleiben wir aber
noch einen kurzen Augenblick bei dieser Schaltungsversion mit einem
Komparator. Da es sehr schnelle Komparatoren gibt, hat man beim
"normalen" hysteresefreien Betrieb, also in der reinen
Komparatorfunktion, oft das Problem, dass die Schaltung in der
Übergangsphase des Ausgangssignales kurz schwingt. Anstelle einer
einzigen Flanke entsteht ein Burst. Steuert ein solcher Burst ein
Flipflop, ein Counter oder ein Register, hat dies schlimme
Funktionsstörungen zur Folge. Abhilfe wird erreicht in dem man dem
Komparator eine ganz kleine Hystere verpasst. Dazu genügt oft ein Wert
von etwa einem Prozent der Betriebsspannung oder weniger. In diesem Fall
wählt man z.B. für R1 = 10k-Ohm und R2 = 100 Ohm oder weniger. Um den
Kippvorgang zu beschleunigen, kann man parallel zu R1 einen kleinen
Keramikkondensator C1 im Wert von etwa 10 pF schalten. Man muss so etwas
praktisch testen!
Das Innenleben des LMC/TLC555
Doch nun verlassen wir den Schmitt-Trigger mit nur einem Komparator und
wenden uns dem Innenleben der modernen CMOS-Version des ebenso
unverwüstlichen LMC/TLC555 zu. Auch damit lässt sich eine
Schmitt-Trigger-Schaltung realisieren. Bezogen auf die Triggerpegel ist
diese wesentlich ganauer, als die mit einem einzelnen Komparator oder
Opamp, weil die Triggerpegel nicht von der Ausgangsspannung abhängig
sind. Die 555er-Schmitt-Trigger-Schaltung besteht aus zwei Komparatoren,
aus einem Widerstandsnetzwerk das präzise die Triggerpegel, bzw. die
Hysterese, festlegt und ein RS-Flipflop, das durch die
Komparatorausgänge gesteuert wird. Man besorge sich jetzt das
Datenblatt zum LMC/TLC555, das diesen Elektronik-Minikurs begleiten
soll.
Vorteile der CMOS-Version in Kürze: Die selbe
Schmitt-Trigger-Funktion kann auch mit der bipolaren Version des
555-Timer-IC (z.B. NE555) erklärt werden und funktioniert ebenso. Ich
verwende hier aber bewusst die CMOS-Version, weil man nur mit ihr
ausgangsseitig unbelastet die maximale Ausgangsspannung von +Ub und -Ub
erreicht. Der Ausgang eines CMOS-Ausganges ist stets Rail-to-Rail-fähig.
Sind +Ub und -Ub stabilisiert, hat man einen hochpräzisen
Schmitt-Trigger. Weitere wichtige Vorteile der CMOS-Version ist der
extrem hohe Eingangswiderstand, die höhere Maximalfrequenz, der
niedrigere Stromverbrauch und kein überhöhter Stromimpuls auf der
Betriebsspannung, wenn das Ausgangssignal des LMC/TLC555 von LOW- auf
den HIGH-Pegel wechselt.
Wir kommen jetzt mit Bild 2 zum Innenleben des LMC/TLC555:
Bild 2 illustriert das blockschematische Innenleben des LMC/TLC555.
Dazu ist kurz auch ein Blick auf das folgende Schaltbild
in Bild 3 notwendig. Wenn man diese Seite mit Bild 2 und Bild 3
gleichzeitig betrachten will, empfiehlt sich ein zweites Fenster mit
Bild 3 zu öffnen. Dazu
einfach nur linke Maustaste klicken. In Bild 3 wird an einem praktischen
Beispiel gezeigt, wie die Schmitt-Trigger-Funktion realisiert wird. Die
beiden Eingänge Threshold (Pin 6) und Trigger (Pin 2) werden zu einem
einzigen Eingang verbunden und von einer Spannungsquelle gesteuert. Pin
3 ist der Ausgang. Doch nun zurück zu Bild 2 zur Funktionserklärung im
Detail.
Der /Reset-Eingang Pin 4 wird stets mit Vcc verbunden, wenn die
Resetfunktion nicht benötigt wird. Die drei gleich grossen Widerstände
R, zwischen Vcc und GND, sorgen für eine äquivalente Dreiteilung der
Betriebsspannung. Am invertierenden Eingang des Komparators A (REF1)
liegt 1/3*Vcc und am nichtinvertierenden Eingang des Komparators B
(REF2) 2/3*Vcc. Dies sind die beiden relativen Referenzspannungswerte.
Die Differenz davon - sie ist die Hysteresespannung - beträgt ebenfalls
1/3*Vcc. Die Threshold- (Bezug auf REF2) und die Triggerspannung (Bezug
auf REF1) lassen sich durch eine Spannungsquelle an Control-Voltage
beeinflussen. Ist der Quellwiderstand dieser externen Spannungsquelle
sehr niederohmig, z.B. ein Opamp-Ausgang, wird der Einfluss der internen
Widerstände an REF2 neutralisiert.
Die beiden kreuzgekoppelten NAND-Gates D und C bilden ein RS-Flipflop.
Umgeschaltet wird das RS-Flipflop mit den fallenden Flanken zu den
LOW-Pegeln an den Eingängen /R (Reset) und /S (Set). Ein LOW-Impuls oder
ein Unterschreiten der Spannung von REF1 am Trigger-Eingang (Pin 2)
setzt das RS-Flipflop. Ausgang Q und OUTPUT (Pin 3) springen auf HIGH
(+Vcc). Ein Überschreiten des REF2-Pegels am Eingang Threshold (Pin 6)
setzt das RS-Flipflop zurück und Ausgang Q und OUTPUT (Pin 3) fallen auf
LOW (GND).
Doch nun zur eigentlichen Schmitt-Trigger-Funktion. Nach dem Einschalten
des LMC/TLC555 liegen Threshold (Pin 6) und Trigger (Pin 2), bei unserem
Gedankenexperiment, gemeinsam auf GND-Potential. Diese beiden Eingänge
werden mit der selben externen Spannung gesteuert. Die Spannung am
nichtinvertierenden Eingang des Komparators A ist mit GND niedriger als
die Spannung REF1. Der Komparatorausgang und /S des RS-Flipflop
liegen auf LOW. Da die Spannung am invertierenden Eingang des
Komparators B niedriger ist als die Spannung REF2, resultiert ein
HIGH-Pegel am /R-Eingang des RS-Flipflops. Damit ist der Zustand des
RS-Flipflop klar auf Set definiert und Ausgang Q und OUTPUT (Pin 3)
liegen auf HIGH.
Nun lassen wir die Eingangsspannung an Threshold und Trigger ansteigen
und sehen was passiert. Sie übersteigt den Wert von REF1 und der Ausgang
des Komparators A kippt von LOW auf HIGH. /S und /R liegen jetzt auf
HIGH, jedoch das RS-Flipflop verharrt weiterhin im Set-Zustand und
Ausgang Q und OUTPUT (Pin 3) bleiben ebenfalls auf HIGH, denn der zweite
Eingang des NAND-Gatters C ist nach wie vor auf LOW und dieser diktiert
schliesslich den Ausgangspegel dieses Gatters und den Zustand des ganzen
RS-Flipflop, weil alle Eingänge des andern NAND-Gatters D auf HIGH
gesetzt sind. Die Spannung an Threshold und Trigger steigt weiter und
überschreitet jetzt den Spannungswert von REF2. Damit kippt der Ausgang
des Komparators B auf LOW und setzt über den /R-Eingang des NAND-Gatters
D das RS-Flipflop zurück. /Q schaltet auf HIGH und Ausgang Q mit OUTPUT
(Pin 3) auf LOW.
Nun kehren wir den Vorgang um. Wir senken die Spannung an Threshold und
Trigger in Richtung GND. Sie unterschreitet den Pegel von REF2, der
Ausgang von Komparator B schaltet auf HIGH. Da die Eingangsspannung aber
noch immer höher ist als die von REF1, ist der Ausgang von Komparator A
ebenfalls auf HIGH. Das RS-Flipflop bleibt noch unverändert im
Reset-Zustand. Die Eingangsspannung sinkt weiter und unterschreitet den
Spannungswert von REF1. Dies schaltet den Ausgang von Komparator A auf
LOW und das RS-Flipflop wird erneut gesetzt. /Q schaltet auf LOW und
Ausgang Q mit OUTPUT (Pin 3) auf HIGH.
Wenn die Eingangsspannung an Threshold und Trigger zwischen den beiden
Spannungswerten von REF1 und REF2 liegt, befindet sie sich innerhalb der
Hysterese. Die Eingänge /R und /S des RS-Flipflop liegen auf HIGH.
Betrachten wir nun den offenen Eingang Control-Voltage (Pin 5). Dieser
ist, gegeben durch die internen Widerstände R, ziemlich hochohmig. Ein
Störimpuls an diesem Eingang, eingekoppelt durch irgendwelche parasitäre
Kapazitäten in der Schaltung auf dem Print, kann das RS-Flipflop in
diesem Zustand in die eine oder andere Richtung fehltriggern. Dies
verhindert der Abblockkondensator C4 in Bild 3, der nie vergessen werden
sollte, ausser dieser Eingang wird zur Steuerung (VCO, FM, etc.) benötigt.
Mehr Infos dazu, siehe Datenblatt von LMC/TLC555.
Die Philosophie des Schmitt-Triggerns....
Vergleichen wir diese Schmitt-Trigger-Schaltung mit LMC/TLC555 mit
derjenigen mit dem positiv rückgekoppelten Komparator in Bild 1, so kann
man sich natürlich fragen, ob die Bezeichnung Schmitt-Trigger auch für
die Schaltungen in Bild 3 und 5 richtig ist. Historisch betrachtet ist
ein Hystereseschalter auf der Grundlage von Mitkopplung ein
Schmitt-Trigger, denn diese Bezeichnung gab es bereits in der
"Elektroniksteinzeit", als man diese Hystereseschaltfunktion mit
Vakuumröhren (zwei Trioden oder eine Doppeltriode) und später mit zwei
Transistoren realisierte. Wie aber sieht es nun aus mit der
555er-Timer-Methode? Identisch ist die Hystereseeigenschaft, allerdings
wird diese nicht durch ein mitgekoppeltes System bedingt, - oder etwa
doch?
Die typische Radio-Eriwan-Antwortet lautet: Im Prinzip Ja. Der
Hysteresespannungswert wird durch die drei gleich grossen internen
Widerstände R und der Betriebsspannung festgelegt. Die
Hystereseeigenschaft bekommt die Schaltung allerdings erst durch das
RS-Flipflop, das immer dann umgeschaltet wird, wenn der Triggerpegel
unter- oder der Thresholdpegel überschritten wird. Ein RS-Flipflop ist
ein positiv rückgekoppeltes System. Es ist also eine Mitkopplung im
Spiel. Daher dürfen wir, bei etwas grosszügiger Denkweise, durchaus von
einem Schmitt-Trigger reden.
230-VAC-Netzsynchronisation, eine praktische Anwendung
Bild 3 zeigt ein praktisches Anwendungsbeispiel mit dem LMC/TLC555 als
Schmitt-Trigger. Er dient als netzfrequenzsynchronisierter
Taktgenerator, den man z.B. in einem
PLL-Frequenzmultiplier
als quasistabile Referenzfrequenzquelle benutzen kann. Damit kann man
z.B. mehrere Netzfrequenz-Sperrfilter, in Switched-Capacitor-Technologie
(SC-Technologie), in einem analogen Signalverarbeitungssystem gemeinsam
taktsteuern. Diese Methode hat den Vorteil, dass sich die Sperrfrequenz
(Notchfrequenz), also die Frequenz mit der maximalen Amplitudendämpfung,
der Veränderung der Netzfrequenz automatisch anpasst. Es ist sogar
möglich die selbe Filterschaltung bei einer Netzfrequenz von 50Hz
(Europa) oder 60Hz (USA) einzusetzen. Das Sperrfilter arbeitet adaptiv.
Die Verwendung des LMC/TLC555 ist vor allem dann geeignet, wenn es um
Präzision geht, wie bereits beschrieben zu Bild 2. Bild 3 zeigt eine
betriebsspannungssymmetrische und zeitsymmetrische Anwendung
(Tastverhältnis = 0.5). Auf der linken Seite sind der Trafo, der
Brückengleichrichter und die beiden Glättungselko angedeutet. Dieser
Teil kann je nach elektrischer Leistung und Spannungen unterschiedlich
dimensioniert sein. Um eine stabilisierte Spannung von ±5 VDC zu
erzeugen, muss ±U unter Volllast mindestens ±8.5 VDC haben, wobei die
Rippelspannung nicht grösser als 1 Vpp sein darf, sollten herkömmliche
Spannungsregler wie der 7805 und der 7905 zum Einsatz kommen. Es spielt
allerdings auch keine Rolle wenn die ungeregelte Spannung ±U grösser als
±50 VDC (dann keine 7805 und 7905 direkt verwenden!) wäre. Einziger
Limit ist die Verlustleistung und die Spannungsfestigkeit von R1.
Mit R1 und R2 kann man einen Spannungsteiler definieren,
der dafür sorgt, dass die Spannung Ue2 nicht zu gross wird. Zwingend
nötig ist dies allerdings nicht. Dem LMC/TLC555 kann eine stark überhöhte
Spannung nichts anhaben, weil die Sinuswechselsspannung des Trafo mit
100 k-Ohm (R1) in Serie ausreichend hochohmig angekoppelt ist. Die
beiden Kleinsignaldioden D1 und D2 leiten die allfällige Überspannung
nach +5 VDC und -5 VDC ab. Die Eingangsspannung an Pin 2 und Pin 6 kann
also nie höher als ±5.7 VDC werden. Sollte ein Strom in die Eingänge von
Pin 2 und Pin 6 fliessen, begrenzt dies R3 mit 10 k-Ohm auf maximal 70
µA.
Wozu dient der Kondensator C1? R1, (R2) und C1 arbeiten als passives
Tiefpassfilter erster Ordnung. Die Aufgabe dieses Filters ist es die der
Netzfrequenz überlagerten Rundsteuersignale und andere höherfrequente
Störsignale wirksam zu dämpfen. Gerade niederfrequente Rundsteuersignale
im 100Hz- bis in den kHz-Bereich können am Schmitt-Trigger-Ausgang leicht zu
einem unerwünschten Phasenjitter führen, der sich je nach
Anwendung störend auswirken kann. Dies unterdrückt wirksam dieses
passive Tiefpassfilter. Die Triggerung des LMC/TLC555 muss einwandfrei,
auch bei Volllast des Trafo, garantiert sein. Im vorliegenden Beispiel
ist die Grenzfrequenz des Tiefpassfilter auf 27 Hz dimensioniert (ohne
R2). Bei der Netzfrequenz von 50 Hz wird die Eingangswechselspannung um
etwa 5 dB gedämpft. Ein Rundsteuersignal von z.B. 600 Hz wird um etwa 26
dB gedämpft, was einem Teilungsfaktor von 20 entspricht. Widerstand R3
ist in Bezug auf die Tiefpassfilterung irrelevant, weil der
Eingangswiderstand der CMOS-Schaltung im G-Ohm-Bereich liegt. Erst dann
wenn die Spannung am Eingang des LMC/TLC555 die positive oder die
negative Betriebsspannung übersteigt, kann R3 Strom leiten. Dies erhöht
dann die Grenzfrequenz des Tiefpassfilters, die jedoch keine Rolle
spielt, weil der Wert der Amplitude am Eingang dann weit ausserhalb der
beiden Triggerpegel liegt.
Bei der relativ grossen Hysterese muss die überlagerte Störspannung
ebenfalls recht gross sein, bis es zu einem unerwünschten zusätzlichen
Nulldurchgang und damit zu einer ebenso unerwünschten Umschaltung des
Schmitt-Triggers kommt und so eine angesteuerte digitale Schaltung
fehltriggern kann. Mit einem hysterefreien Komparator, zwecks
Synchronisation mit dem Sinusnulldurchgang, ist dieses Problem
wesentlich grösser, und das erst recht, weil ein Tiefpassfilter einen
unerwünschten Phasenwinkel verursacht und u.U. nicht zum Einsatz kommen
kann. Dies ist jedoch das Thema eines andern Elektronik-Minikurses
(3).
C2 und C3 dienen als sogenannte Blockkondensatoren. Einerseits dämpfen
diese Keramikmultilayerkondensatoren allfällige hochfrequente
Störsignale und anderseits liefern sie die Energie im steiltransienten
Umschaltmoment der Ausgangsstufe des LMC/TLC555. Warum C4 im Datenblatt
vorgeschlagen wird, steht im Textteil zu Bild 2.
Was die Schaltung in Bild 3 nicht kann!
Mit einem hysterefreien Komparator anstelle eines Schmitt-Triggers ist
es möglich das Rechtecksignal mit dem Sinusnulldurchgang (Bild 4 rechts)
zu synchronisieren, falls dies nötig ist. Das Problem mit Störungen
durch Rundsteuer- und anderer Störsignale ist allerdings beträchtlich
grösser.
Schon einigemale haben ELKO-Leser die Schaltung in Bild 3 nachgebaut und
sie beanstandeten, dass ihre Anwendungen nicht funktionierten. In
E-Mail-Diskussionen stellte sich stets heraus, dass der Leser eine
Netzfrequenzsynchronisation brauchte, welche die Impulsflanken dort
setzt wo die Sinusnulldurchgänge im 230-VAC-Netz erfolgen. Das ist aber
alles nicht so einfach, wie es zunächst aussieht. Dies ist in einem
speziellen Elektronik-Minikurs
(2)
thematisiert.
Synchronisator im Single-Supply-Modus
Schliesslich sei noch erwähnt, dass die Schmitt-Trigger-Schaltung in
Bild 3 auch mit nur einer Betriebsspannung (Singlesupply-Modus)
arbeitet. Dazu verbindet man Pin 1 des LMC/TLC555 mit GND und C3 (siehe
Bild 3) entfällt. Das ist auch schon alles. Die allerdings nicht
zeitsymmetrische Ausgangsspannung - Tastverhältnis < 0.5 - wechselt
zwischen der positiven Betriebsspannung, hier +5 VDC oder +12 VDC und
GND. Mit +5 VDC hat man ein HCMOS- und TTL-kompatibles Logiksignal am
Ausgang Ua.
Diode D2 hat eine etwas andere Funktion. Sie dient zwar genauso wie im
Falle der symmetrischen Betriebsspannung in Bild 3 der
Spannungsbegrenzung. Allerdings tut D2 dies hier ständig. Ohne sie gäbe
es keine saubere Halbwellengleichrichtung, der Nullpegel der
gleichgerichten Spannung Ue2 wäre ständig etwas im negativen Bereich. D2
"drückt" diesen Nullpegel nach oben auf den Wert der Diodenflussspannung
von etwa -0.7 V. D1 arbeitet gleich wie in Bild 3. Sie begrenzt die
positive Spannung Ue2 wenn diese grösser als +Ub wird.
Alternative Schmitt-Trigger-Netzsynchronisation
Besonders in komplexen Digitalschaltungen werden neben den Microcontrollern und DSPs oft auch noch vereinzelte Gatter-, Buffer-, Counter- und Register-ICs aus den bekannten CMOS- und HCMOS-Familien eingesetzt. Braucht man bei einem solchen Design einzelne wenige NAND-Gatter, jedoch z.B. nicht alle vier eines 74HC00, bietet es sich natürlich an, eines dieser NAND-Gatter für eine Netzfrequenzsynchronisation zu verwenden, wenn man nicht gleich die Präzision eines LMC/TLC555-Version benötigt. Da der 74HC00 keine Schmitt-Trigger-Funktionen enthält, muss man dieses IC gegen den 74HC132 tauschen, welches pin- und beinahe funktionskompatibel ist. Beinahe, weil die sogenannte Propagation-Delay-Time des 74HC132 etwa 50% grösser ist als beim 74HC00. Da es sich bei dieser digitalen IC-Familie ebenfalls um CMOS handelt und der Eingangswiderstand ebenfalls im G-Ohmbereich liegt, kann das selbe passive Tiefpassfilternetzwerk mit der Überspannungsschutzfunktion, welche Bild 5 zeigt, verwendet werden. Bild 6 zeigt die Schaltungsvariante mit einem HCMOS-Gatter des 74HC132:
Selbstverständlich kann man an Stelle eines 74HC132-Gatters ebenso ein
74HC14-Inverter einsetzen, der die selben Eigenschaften des
Schmitt-Triggers aufweist. Es kann also sein, dass in einer Schaltung
ein Hex-Inverter 74HC04 zum Einsatz kommt, jedoch nicht alle sechs
Inverter gebraucht werden. Man ersetzt den 74HC04 durch den 74HC14,
falls dies der Geschwindigkeitsnachteil zulässt, und verwendet einer
dieser Inverter für die Netzfrequenzsynchronisation.
Ergänzend sei hier noch erwähnt, dass es die modernere IC-Familie
Adavanced-CMOS gibt, die schneller als HCMOS ist. Anstelle eines 74HC14
käme dann ein 74AC14 zum Einsatz.
Es stellt sich noch die Frage, ob man auch TLL-Schmitt-Trigger-ICs (z.B.
74ALS13, 74ALS14, 74ALS132) einsetzen kann. Man kann, aber man hat mit
einem relativ niedrigen Eingangswiderstand zu kämpfen. Da TTL Schnee von
vorgestern ist, gehe ich nicht weiter darauf ein. Entsprechende
Experimente bleiben dem Leser selbst überlassen...
Irrtum!!! Nicht nachbauen!
Wenn man ein elektronisches System mit einem primärgetakteten
Schaltregler speist, enthält dieses bekanntlich keinen Netztrafo aus dem
man von einer Sekundärwicklung etwas Spannung zur Netzsynchronisation
nutzen kann. In diesem Fall sollte man für etwa 5 Euro einen winzigen
Netztrafo mit einer Leistung von 0.5VA verwenden und die Schaltung von
Bild 3 oder Bild 4 realisieren. Für diesen Zweck reicht diese
Trafoleistung völlig aus. Auf keinen Fall sollte man auf die Idee kommen
den Trafo durch einen kapazitiven Vorwiderstand - wie man ihn oft in
trafolosen ans 230-VAC-Netz geschalteten Niederspannungsanwendungen
antrifft - zu ersetzen und die galvanische Trennung mit einem
Optokoppler zu realisieren! Es gäbe die Möglichkeit mit dem kapazitiven
Vorwiderstand C1 die Infrarot-LED eines Optokoppler zu steuern. Diese
sendet dann netzsynchrone IR-Impulse zum Phototransistor, dessen viel zu
langsamen Flanken ebenfalls geschmitt-triggert werden müssen. Dies
erledigt z.B. ein NAND-Gatter mit Schmitt-Triggerfunktion des 74HC132.
Warum beschreibe ich eine Schaltung, die ein Irrtum ist? Ganz einfach:
Wenn ich auf diese Idee komme, kommen andere auch drauf und ich machte
auf dem Testboard schnell die Erfahrung, dass ich etwas Wichtiges zu
Beginn nicht überlegte. Nämlich die Tatsache, dass der kapazitive
Widerstand von C1 bei den wesentlich höherfrequenten Rundsteuersignalen
sehr viel niederohmiger ist. Die Amplituden der Rundsteuersignale sind
niedrig im Verhältnis zur Amplitude der 230-VAC-Wechselspannung. Da der
kapazitive Widerstand von C1 bei diesen Frequenzen jedoch sehr viel
niederohmiger ist, ist der dadurch erzeugte LED-Strom nicht mehr viel
niedriger wie der welcher durch den 50Hz-Wechselstrom erzeugt wird. Dies
hat zur Folge, dass es weit mehr als nur zwei Amplitudennulldurchgänge
pro Periode der Netzfrequenz geben kann. Anstelle von blossen
Phasenjittern, kommt es zu Fehltriggerungen bei der nachfolgenden
digitalen Schaltung. Eine Tiefpassfilterung, wie R4/C3 zeigt, bringt
keine taugliche Verbesserung. Auch das Hinzufügen von C2 mit der
Tiefpassfilterwirkung in Verbindung mit R1 und R2 bringt nur wenig
Verbesserung, wobei dann C1 wegen dieser Filterschaltung, welche einen
Teil des Stromes abzweigt, grösser gewählt werden muss. Diese ganze
Methode führt zu einem sinnlosen Gebastel, geradewegs in die Sackgasse!
Die Lösung mit einem kleinen Trafo, auch für nur gerade diesen
Synchronisationszweck, ist vielleicht etwas teurer, jedoch elektrisch
wesentlich unproblematischer, betriebssicherer, eleganter und ganz
einfach seriös.
Links, die zum Thema passen!
Die folgenden Links zeigen Anwendungen bei denen die
230-VAC-Netzfrequenzsynchronisation zur Anwendung kommt, z.T. jedoch
etwas anders realisiert ist. Ist eine Synchronisation mit dem
Sinusnulldurchgang nicht notwenig, so ist es sehr leicht mittel- und
hochfrequente Signalüberlagerungen auf der 230-VAC-Netzspannung
wegzufiltern.
Es gibt eine Anwendung mit einem aktiven Tiefpassfilter vierter Ordnung,
das eine exakte Phasendrehung von 180 Grad bewirkt. Dadurch erreicht man
trotz Laufzeit eine Synchronisation im Sinusnulldurchgang, allerdings um
exakt 20 ms verzögert, bei einer Netzfrequenz von 50 Hz. Für eine
Phasenanschnittssteuerung ist die Verzögerung irrelevant, aber der
Sinusnulldurchgang ist wichtig. Wenn man die folgenden Links
durchmustert, wird man fündig... :-)
- (1) Vom Fensterkomparator zum
Präzisions-Schmitt-Trigger:
Die Hysterese dieser Schmitt-Trigger-Schaltung ist nicht von der Ausgangsspannung abhängig, weil die Triggerspannungen mit einer hochstabilen Bandgap-Referenzspannung erzeugt werden können. Sehr geringer Aufwand: Ein Quad-Opamp oder Quad-Komparator genügt!
- (2) Synchronisation mit dem
230-VAC-Sinus-Nulldurchgang:
Dieser Inhalt bringt Licht hinter die Problematik wenn eine Laufzeitverzögerung zwischen Sinus-Nulldurchgang und Triggerimpuls nicht akzeptiert werden kann. Es gibt da noch ein pfiffiges Thema mit dem Untertitel: Phase oder Inversion, das ist hier die Frage...
- (3) Phasenanschnittsteuerung mit
Kommandosteuersignalunterdrückung:
Kommandosteuersignale stören Phasenanschnittsteuerungen. Eine praxisgerechte Filterschaltung illustriert die Beseitigung solcher Störungen und die Funktion der Triggerung bei Sinusnulldurchgang bleibt bestehen!
- (4) Langzeit-Timer-Schaltungen mit den
Frequenzteilern CD4020B und CD4040B:
Eine ganz andere Methode der Synchronisierung mit der 230-VAC-Netzfrequenz, direkt mit CMOS-Frequenzteilern.
- (5)
50-Hz-Notchfilterbank in SC-Filter-Technik:
Es geht um einen PLL-Frequenzmultiplier, der die Taktfrequenz der SC-Filterbank mit der 50-Hz-Netzfrequenz synchronisiert. Auch hier spielt die Synchronisation mit der Netzfrequenz eine zentrale Rolle!